Unsere Dankesrede zum Demokratiepreis

Markus »fin« Hametner

"Besonders wichtig für ein Transparenzgesetz im 21. Jahrhundert: die Verfügbarkeit von Originaldaten in maschinenlesbarer Form. Niemand sollte mit dem Scannen von tausenden Seiten Zeit verschwenden müssen."

Folgende Rede hat unser Executive Director Mathias Huter heute im Parlament bei der Verleihung des Demokratiepreises gehalten:

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrte Abgeordnete, werte Mitpreisträger, liebe Gäste, Freunde, Unterstützerinnen und Unterstützer des Forum Informationsfreiheit.

Im Namen unseres Teams herzlichen Dank für diesen Preis! Bedanken möchte ich mich auch bei der Jury, die uns diesen Preis zuerkannt hat. Allen voran den Vorsitzenden, Dr. Manfried Welan und Dr. Brigitte Bierlein.

Ein großes Danke geht an alle, die sich in den vergangenen zwei Jahren für das Forum Informationsfreiheit ehrenamtlich ins Zeug gelegt haben: Ganz besonders Josef Barth, der heute leider nicht hier sein kann. An Nelson Carr, Catharina Felke, Markus Hametner, Sara Hassan, Andreas Krisch, Tanja Malle, Gert Nepel, Dominik Sinnreich und Alexander Wacker! Danke auch an unserem Beiratsvorsitzenden Hubert Sickinger und an alle, die uns immer wieder mit Rat und Tat unterstützen!

Eigentlich sollten wir diesen Preis ja gar nicht bekommen. Seit 1987 ist die Information in Österreich nämlich frei. Zumindest hat man das damals so in diesem Haus beim Beschluss des Auskunftspflichtsgesetzes angekündigt.

Und trotzdem sind wir hier.

Über unsere Webseite FragDenStaat.at können Bürgerinnen und Bürger einfach öffentliche Anfragen an Behörden stellen. Unsere Erfahrung zeigt, dass auf rund 40 Prozent aller Anfragen eine zufriedenstellende Antwort folgt. Fast ebenso oft passiert es aber, dass Behörden innerhalb der geltenden Acht-Wochen-Frist nicht reagieren.
Was passiert, wenn man als Bürger dann trotzdem versucht, sein Recht auf Information durchzusetzen? Eine österreichische Bürgerinitiative hat genau das probiert. Neun Jahre, zwei verlorene Verfahren und tausende Euro an Kosten später, hat sie in Straßburg vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Recht bekommen. Genutzt hat es nichts. Die gewünschte Auskunft wurde bis heute nicht gewährt.

Es ist ein Spießrutenlauf, sich Auskünfte zu erstreiten.

Seit über zwei Jahren setzen wir uns nun für ein Ende des Amtsgeheimnisses ein. Dafür, dass jeder rasch und unkompliziert Zugang zu Informationen bekommt, die Behörden bunkern.

Aber warum das alles?

Transparenz ist kein Selbstzweck, sondern Voraussetzung für Demokratie. Nur ein informierter Bürger ist ein informierter Wähler. Ein Staat, der vor seinen Bürger so viel Angst hat, dass er sein Tun vor ihnen geheim hält, untergräbt sein eigenes Fundament.

Jetzt gibt es eine historische Chance, es besser zu machen. Vor wenigen Stunden hat der Verfassungsausschuss zum ersten Mal eine Verfassungsänderung diskutiert, die das Amtsgeheimnis streichen und ein Recht auf Informationszugang einführen soll. Der vorliegende Entwurf zeigt jedoch: der Regierung fehlt der Mut zu einer tiefgehenden Reform. Mehr noch: der Entwurf schafft neue Möglichkeiten, Informationen geheim zu halten. Und das sehen nicht nur wir so: auch die OSZE, das Ludwig-Boltzmann Institut für Menschenrechte und viele Rechtsexperten teilen unsere Meinung.

Unsere zentralen Forderungen bleiben aufrecht: Es braucht eine Informationsbeauftragte, die einerseits den Behörden bei der Umsetzung des Rechts zur Seite steht, und andererseits Bürgerinnen und Bürgern schnellen und kostenlosen Informationszugang gewährt. Die sicher stellt, dass Geheimhaltungsgründe nicht nur vorgeschoben werden.

Bürger können sich nur in politische Diskussionen und Prozesse einbringen, wenn sie rasch Antworten auf ihre Fragen bekommen.

Das Gesetz muss klar definieren, in welchen Fällen die Auskunft verweigert werden darf. Für alle muss das gleiche Recht gelten – in Wien darf es nicht mehr Geheimhaltungsgründe geben als in Vorarlberg. Es ist absurd – aber wahr: wenn der Regierungsentwurf kommt, dann darf sich jedes Bundesland eigene Geheimhaltungsgründe ausdenken.

Viel braucht es nicht, um es besser zu machen – guter Wille und ein Blick über die Grenze genügen. Die Transparenz, die wir fordern, ist auf EU-Ebene und in zahlreichen Mitgliedsstaaten, etwa in Slowenien und in Kroatien, längst Alltag. Wir fordern nur, dass Österreich sich an internationale Vorbilder hält.

In den zwei Jahren unserer Kampagne haben wir viele Lippenbekenntnisse für mehr Transparenz gehört. Alle Politiker sind dafür. Sobald es aber um die Umsetzung geht, sobald über Gesetzestexte diskutiert wird, verstummt die Politik und entwirft im Hinterzimmer neue Regeln, die mehr Geheimhaltung erlauben. Wie soll diese Kultur der Geheimhaltung in unserem Land jemals überwunden werden, wenn die Politik sie noch weiter stärkt?

Statt mutig einen Kulturwandel einzuleiten, versucht die Regierung trotz der Skandale der letzten Jahre einen Etikettenschwindel. Eine ehrliche und selbstkritische Auseinandersetzung mit dem Thema Transparenz wird verweigert. Eine Initiative, die von knapp 15.000 Menschen unterstützt wird, lässt man ins Leere laufen.

Der Fehler von 1987 – eine zahnlose und biegsame Regelung zu beschließen und sich dafür auch noch feiern zu lassen – der darf sich nicht wiederholen.

Wir hoffen, dass das Parlament bei diesem Etikettenschwindel der Regierung nicht mitmacht. Sondern dass es die Herausforderung annimmt, die Informationsfreiheit so in die Verfassung aufzunehmen, wie es wir Bürgerinnen und Bürger verdienen. Besonders in diesem Fall hoffen wir auf eine öffentliche Diskussion ohne Absprachen im Hinterzimmer.

Die Auswahl der Preisträger zeugt von grandiosem Urteilsvermögen, guten Geschmack und einem Gespür für wichtige Themen. Hoffentlich kommt das auch gleichermaßen dem nächsten Informationsfreiheitsgesetz zu Gute.

(Dies ist das Manuskript der Rede, der Vortrag könnte in kleinen Teilen abgewichen haben)