Internationale NGOs kritisieren SPÖ und ÖVP für Amtsgeheimnis 2.0-Gesetz

Mathias Huter

Beschäftigt sich mit Transparenz, Open Data und Anti-Korruption, interessiert sich besonders für Parteienfinanzierung und Beschaffungen. Von 2009 bis 2014 für Transparency International Georgia in Tiflis tätig.

Forum Informationsfreiheit fordert Nachbesserung von Regierung für echtes Transparenzgesetz

Wien, 9. Februar 2016 – Das Forum Informationsfreiheit (FOI) unterstützt die Kritik der beim Thema Informationsrecht führenden internationalen Nicht-Regierungs-Organisation Access Info Europe und des International Press Institute am letztgültigen Gesetzesentwurf der Regierung für ein Informationsfreiheitsgesetz (IFG).

Die internationalen NGOs kritisieren, dass Österreich nach dem Entwurf der Regierung weit hinter internationalen Standards zurückbleibe. Besonders im Mittelpunkt der Kritik: dass Österreich entgegen etablierten europäischen Standards nicht alle bei Behörden vorhandenen Dokumente dem BürgerInnenrecht auf Informationszugang unterwerfen will, sondern nur solche, die „zu verakten“ sind.

Die österreichischen Pläne sähen auch mehrere international unübliche Geheimhaltungsgründe vor – und zwar, ohne dass eine Behörde im Einzelfall evaluieren müsse, ob eine Herausgabe wegen öffentlichem Interesse angebracht sei, und ob durch eine Veröffentlichung überhaupt ein Schaden entstehen würde. Dass Behörden acht Wochen für die Beantwortung einer BürgerInnen-Anfrage bekommen sollen – mit der Möglichkeit, diese Frist um weitere acht Wochen zu verlängern – sei fern der Praxis in anderen EU-Staaten. In Dänemark, Finnland und Portugal etwa müssen Behörden auf Anfragen binnen zehn Arbeitstagen antworten, in Estland binnen fünf. Eine geplante Gebühr von 30 Euro für den Antrag auf Bescheid-Ausstellung im Fall einer Informationsverweigerung komme effektiv einer Auskunftsgebühr gleich, die es in keinem anderen EU-Staat gäbe. Weiters regen die Organisationen in ihrer Bewertung an, dass Österreich das internationale Erfolgsmodell einer unabhängigen Informationsfreiheits-Stelle übernehmen solle.

Das FOI fordert nun, dass die internationale Kritik in den Entwurf eingearbeitet wird, und sichergestellt wird, dass das IFG den Standards der Europäischen Menschenrechtskonvention, der Europaratskonvention über den Zugang zu offiziellen Dokumenten und den Regelungen anderer europäischer Länder entspricht.

FOI-Generalsekretär Mathias Huter: „Führende europäische Experten bestätigen jetzt: das, was heute auf dem Tisch liegt, ist ein Amtsgeheimnis 2.0. Die internationale Kritik zeigt, dass die Regierungsparteien den ÖsterreicherInnen bislang nicht die Informationsrechte und die Verwaltungs-Transparenz zugestehen wollen, die fast überall sonst in Europa längst Teil der demokratischen Kontrolle sind. Das Parlament sollte den Entwurf dringend nachbessern und sicherstellen, dass hier europäische und internationale Standards respektiert werden.”

Rückfragehinweis:
Mathias Huter, Generalsekretär des Forum Informationsfreiheit
Email: mathias.huter@informationsfreiheit.at
Mobil: 0699/126 39 244
Web: https://www.informationsfreiheit.at

Die Stellungnahme von Access Info Europe und IPI ist unter http://www.access-info.org/frontpage/21940 bzw. http://www.freemedia.at/newssview/article/austria-draft-foi-law-falls-short-of-international-standards.html verfügbar.