Reform der „Transparenzdatenbank“ bringt hohe Strafdrohung für Transparenz

Mathias Huter

Beschäftigt sich mit Transparenz, Open Data und Anti-Korruption, interessiert sich besonders für Parteienfinanzierung und Beschaffungen. Von 2009 bis 2014 für Transparency International Georgia in Tiflis tätig.

Die „Transparenzdatenbank“ wird kosmetisch reformiert. Förderungen der öffentlichen Hand werden für die Bürgerinnen und Bürger jedoch weiterhin nicht nachvollziehbar sein.

Schlimmer noch: die geplante Novelle des Transparenzdatenbankgesetzes 2012 (die Begutachtung endet am 4. Jänner 2019) sieht eine existenzbedrohende Geldstrafe für das Herstellen von Transparenz vor.

Wir befürchten dadurch eine massive Einschränkung der Meinungs- und Informationsfreiheit.

Klar ist: Die „Transparenzdatenbank“ verdient ihren Namen nicht, wie wir in unserer Stellungnahme an Parlament und Finanzministerium im Rahmen des Begutachtungsprozesses betonen. Es sind weiterhin keine Pläne ersichtlich, weitläufige Transparenz über die Empfänger von Förderungen zu schaffen, wie es beispielsweise bei der Transparenzdatenbank für EU-Agrarförderungen, sowie bei anderen EU-Förderungen längst der Fall ist.

Strafbestimmung

„§38. Wer über das Transparenzportal abrufbare Daten verarbeitet ohne dazu berechtigt zu sein, begeht, sofern die Tat nicht einen Tatbestand nach Art. 83 DSGVO verwirklicht oder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 50.000 Euro zu bestrafen. Auch der Versuch ist strafbar.“

Diese Verschärfung der Strafbestimmung könnte zu einer völlig unverhältnismäßigen und damit unzulässigen Einschränkung des Grundrechts auf Meinungs- und Informationsfreiheit gemäß Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention führen:

Die auf 50.000 Euro erhöhte Geldstrafe für das Verarbeiten – und damit auch das Veröffentlichen – von Daten betreffend öffentliche Subventionen und Förderungen könnte eine abschreckende Wirkung haben und Recherchen und Analysen durch Journalist_Innen, Blogger_Innen, universitäre Forscher_Innen und zivilgesellschaftliche Organisationen bedrohen.

Das Einbringen eines Auskunftsbegehrens zu ausbezahlten Förderungen, etwa über unser Bürgerportal FragDenStaat.at, könnte in Zukunft existenzbedrohend werden – und zwar sowohl für Anfragende, als auch für die Mitarbeiter_Innen der Verwaltung, die eine Auskunft auf Basis der anwendbaren Auskunftspflichtgesetze erteilen. Besorgniserregend ist insbesondere, dass die Strafbestimmung auf Fälle abzielt, in denen dezidiert kein Straftatbestand wie Amtsmissbrauch oder Verletzung des Amtsgeheimnisses und keine Verletzung der DSGVO vorliegt.

Ebenso ist unser Projekt Parteispenden.at von der Geldstrafe bedroht, weil wir dort Daten zu Förderungen an Parteien und parteinahen Organisationen so weit als möglich recherchieren und aufbereiten – die auch in der Transparenzdatenbank erfasst sein könnten (was wir nicht nachprüfen können, denn die Daten dort sind ja geheim).

Daten zu öffentlichen Förderungen finden sich in (oft unvollständigen und kaum zugänglichen und weiterverwendbaren) jährlichen Förder- bzw. Subventionsberichten, die das Finanzministerium, einige Bundesländer und Städte in verschiedenen Formen und Formaten veröffentlichen, sowie etwa auch in Rechenschaftsberichten, die Parteien an den Rechnungshof übermitteln müssen und von diesem veröffentlicht werden. Wer „berechtigt“ ist, derartige Daten weiterzuverarbeiten, ist nicht geregelt.

Werden solche Daten weiterverwendet, oder auf andere Weise recherchiert und aufbereitet – oder wird dies auch nur versucht – so sollen nun 50.000 Euro Geldstrafe drohen, ohne dass abgewogen wird, ob ein öffentliches Interesse an der Verarbeitung und Veröffentlichung der Daten besteht, oder auf welchem Wege die Daten erworben bzw. erhoben wurden. Diese Novelle schafft somit zusätzlich Rechtsunsicherheit in einem nicht zu tolerierenden Ausmaß.

Abschreckung von Whistleblowern, die fragwürdige Förderungen bekannt machen

Abschreckend wirkt die Gesetzesänderung auch auf Whistleblower, die Informationen zu Förderungen der öffentlichen Hand öffentlich machen.

Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit sind etwa geheime Förderungen des Landes Niederösterreich an die Dr. Erwin Pröll Privatstiftung (aufgedeckt durch den „Falter“ nach Hinweis eines Whistleblowers – der Zugang zur Förderentscheidung wurde in der Folge durch ein von uns angestrengtes Verfahren vom Landesverwaltungsgericht NÖ bestätigt) und zuerkannte Fördermittel des Landes Tirol an Vereine und Unternehmen aus dem Umfeld des ehemaligen ÖVP-Abgeordneten Dominik Schrott (dokumentiert durch dieTiwag.org sowie durch eine Aufstellung, die wir durch ein Auskunftsbegehren vom Land Tirol erhielten). Beides Fälle, in denen ein überwiegendes öffentliches Interesse an echter Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Verwendung öffentlicher Gelder besteht.

Genauso betroffen von dieser Strafverschärfung können auch parlamentarische Anfragen von Mandataren auf Landes- und Bundesebene im Rahmen des parlamentarischen Interpellationsrechts sein.

Es braucht echte Transparenz

Um Kontrolle und Effizienz von eingesetzten Förderungen und Subventionen zu erhöhen und Nachvollziehbarkeit für Bürgerinnen und Bürger zu schaffen, sollten Details und Daten zu zuerkannten Förderungen und Subventionen zeitnah, umfassend und bürgerfreundlich als Open Data veröffentlicht werden – insbesondere solche an juristische Personen (Vereine, Stiftungen, Unternehmen, etc.).

Veröffentlicht werden sollten auch Details zu den erfolgten Zahlungen: wann welche Gelder ausbezahlt wurden, und ob es zu Rückzahlungen kam. Nur so kann eine effizientere Verwendung öffentlicher Mittel sichergestellt werden. Einzelne Städte – Salzburg, Linz, Innsbruck, Bregenz, Wels, Villach und Eisenstadt – zeigen über die „Subventionschecker“ auf OffenerHaushalt.at längst vor, dass ein Mindestmaß an aktiver Transparenz einfach umsetzbar ist.

Weiters sollte für die Öffentlichkeit klar nachvollziehbar gemacht werden, welche staatlichen Stellen Förderdaten in die „Transparenzdatenbank” einspeisen.

Wir haben die Veröffentlichung der „Transparenzdatenbank“-Evaluierung erreicht

Eine „Kosten-Nutzen-Rechnung für das Projekt Transparenzdatenbank“, die die Universität Innsbruck im Auftrag der Bundesländer erstellt hat, kam 2015 zu dem Schluss, dass die „Transparenzdatenbank“ von Ländern und Gemeinden kaum genutzt wird und keinen monetären Nutzen bringt.

Diese Evaluierung war bis vor kurzem geheim und wurde erst nach einem Auskunftsbegehren des Forum Informationsfreiheit im Oktober 2018 von der Stadt Wien veröffentlicht, wobei ein von uns wenige Monate davor erreichtes Urteil des Verwaltungsgerichtshofs, das erstmals eine Möglichkeit auf Dokumenteneinsicht einräumt, für die Herausgabe ausschlaggebend gewesen sein dürfte.

Dem Wiener NEOS-Landtagsabgeordneten Christoph Wiederkehr war die Studie in einem Auskunftsbegehren 2016 verweigert worden – eine Veröffentlichung sei „nicht vorgesehen“. Eine NEOS-Anfrage im Wiener Landtag hatte ebenso gezeigt, dass selbst die Evaluierung der Transparenzdatenbank intransparent war.

Der Rechnungshof hat die Transparenzdatenbank 2017 unter die Lupe genommen, und das Projekt ebenfalls scharf kritisiert:

„Die Zielsetzungen der Transparenzdatenbank (Transparenz, Missbrauchsverhinderung und Steuerung) waren – sechs Jahre nach ihrer Einführung und nach einem Mittelinstanz des BMF von etwa 13,6 Mio. EUR – nicht erreicht. (…) Die Inhalte der Transparenzdatenbank waren für Entscheidungsträger, abwickelnde Stellen und Öffentlichkeit weitgehend unzugänglich.”