Neue Regeln zur Parteien-Transparenz: eine Übersicht des Entwurfs

Mathias Huter

Beschäftigt sich mit Transparenz, Open Data und Anti-Korruption, interessiert sich besonders für Parteienfinanzierung und Beschaffungen. Von 2009 bis 2014 für Transparency International Georgia in Tiflis tätig.

Diese Woche diskutieren die Parlamentsparteien erstmals den lange erwarteten Entwurf des neuen Parteiengesetzes, den die Regierung von ÖVP und Grünen vorgelegt hat. Die Transparenz-Schwächen des aktuellen Regelwerks haben wir 2019 im Detail analysiert (mit Hubert Sickinger, Dossier und MeineAbgeordneten).

Was der Entwurf bringt – und wo es noch strengere Regeln bräuchte, um umfassende Transparenz der Parteifinanzen und eine Reduktion von Missbrauchs- und Korruptionsrisiken sicherzustellen:

Bericht zu Wahlkampfausgaben

Neu sind eigene Berichte zu den Wahlkampfausgaben, die Parteien (nur die, die Parteienförderung erhalten) innerhalb von sechs Monaten nach einer Nationalratswahl oder Wahl zum Europäischen Parlament in einem offenen und maschinenlesbaren Dateiformat an den Rechnungshof übermitteln sollen. Die Frist kann vom Rechnungshof um bis zu vier Wochen verlängert werden.

Die Aufwendungen müssen wie schon bislang in den Rechenschaftsberichten nach Posten aufgeschlüsselt werden, allerdings umfasst ein einziger Betrag etwa sämtliche Inserate und Werbeeinschaltungen im Internet (auf Websites und Social Media), ein anderer alle Kommunikations-, PR-, Schalt-, und Werbeagenturen sowie Meinungsforschungsinstitute. Detaillierte Aufschlüsselungen der Ausgaben wird es nicht geben.

Die Sozialpartner (Wirtschaftskammer, Landwirtschaftskammer, Arbeiterkammer, ÖGB) und gesetzliche berufliche Vertretungen (Kammern), müssen dem Rechnungshof vier Wochen nach der Wahl über Ausgaben für Wahlkämpfe Berichte übermitteln, die unverzüglich veröffentlicht werden sollen.

Was fehlt:

Es wird weiterhin keine vorläufige Veröffentlichung von Wahlkampf-Finanzen vor einer Wahl geben. Eine derartige Offenlegung der Wahlkampf-Finanzen vor der Wahl ist international gute Praxis und war eine Reform-Empfehlung für Österreich im Beobachtungsbericht zur Nationalratswahl 2017 von OSCE/ODIHR.

Die nun vorgeschlagene Regelung nimmt die zeitnahe Offenlegung von Spenden über €2.570 zurück. Mit einer Meldung pro Quartal werden Spenden, die im Wahlkampf an Parteien gehen, in den meisten Fällen erst nach einer Wahl offengelegt werden. Damit ist für BürgerInnen vor der Stimmabgabe am Wahltag nicht nachvollziehbar, wie Parteien den Wahlkampf finanzieren.

Die geplanten Wahlkampfberichte gelten nicht für Landtags-, Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen – entsprechende Regeln könnten auf Landesebene beschlossen werden.

Empfehlung aus dem OSCE/ODIHR Election Monitoring Report zur Nationalratswahl 2017, Seite 14.

Die Herkunft der Gelder muss nicht in dem Bericht offengelegt werden – Wahlkampfeinnahmen aus Sponsoring werden so etwa erst nach rund zwei Jahren nachvollziehbar.

Eine detaillierte Aufschlüsselung einzelner Wahlkampfausgaben, die der Öffentlichkeit ermöglichen würden, diese Ausgaben auch zu überprüfen, wäre ebenfalls gute internationale Praxis. In der Slowakei etwa müssen Wahlkämpfe über gläserne Konten geführt werden, Einnahmen und Ausgaben sind so in Echtzeit öffentlich.

Aus den Guidelines on Political Party Regulation 2nd Edition von OSCE/ODIHR und der Venice Commission des Europarats.

Jährliche Rechenschaftsberichte

Erstmals müssen die Parteien (auf den unterschiedlichen Organisationsebenen sowie für ihre Teilorganisationen) in ihren jährlichen Rechenschaftsberichten nicht nur ihre Einnahmen und Ausgaben, sondern auch eine Bilanz mit ihrem Vermögen und Schulden offenlegen. Die Berichte müssen weiterhin bis September des nächsten Jahres an den Rechnungshof geschickt werden, der diese dann veröffentlicht.

Bundes- und Landesparteien müssen Immobilienvermögen und Kredite bzw. Darlehen ab 50.000 Euro ausweisen – Details wie die Bank oder andere Personen, die den Kredit oder das Darlehen gegeben haben und zu welchen Konditionen sollen nur dem Rechnungshof gemeldet werden, aber nicht veröffentlicht werden.

Spenden ab 500€ pro Jahr und Spender sowie Mitgliedsbeiträge ab €5.000 pro Jahr sind namentlich offenzulegen, ebenso wie Unternehmensbeteiligungen ab 5% direkter Anteile oder 10% indirekter Beteiligung.

Der Rechenschaftsbericht soll nun maschinenlesbar sein, was eine Weiterverwendung der Daten wie auf Parteispenden.at erleichtern wird.

In der Bilanz müssen etwa die die Gesamtvermögen aus Grundstücken, Anteile an Unternehmen und sonstigen Finanzanlagen jeweils beziffert werden. Weitere Details dazu sind jedoch laut Entwurf nicht anzugeben.

Was fehlt: 

Bei Offenlegungen zu Immobilien und Unternehmensbeteiligungen der Parteien sollte das Beispiel der Rechenschaftsberichte in Deutschland als Referenz und Untergrenze dienen, was den Detailgrad der zu veröffentlichenden Informationen angeht: bei Grundstücken sind dort etwa jeweils Adresse und Schätzwert zu veröffentlichen; bei Parteifirmen der Wert der Beteiligung und der Gewinn/Verlust des Unternehmens.

Wer die Darlehens- und Kreditgeber einer Partei sind sollte ebenfalls öffentlich sein. Denn es ist etwa weiterhin möglich, dass ausländische Staatsbanken oder Unternehmen Parteien so finanzieren, woraus sich Möglichkeiten für politische Einflussnahme oder Interessenskonflikte ergeben könnten.

Wenn eine Partei Goldbarren im Tresor oder Bitcoin hält, wäre eine entsprechende Erläuterung im Rechenschaftsbericht wichtig, weil sich der Wert dieser Vermögenswerte von Jahr zu Jahr massiv ändern kann –, und dann auch Klarheit herrschen würde, ob Vermögen, das etwa bei einer Hausdurchsuchung gefunden wird, im Rechenschaftsbericht einer Partei aufgeschienen ist.

Wenn es nur einzelne Gesamtsummen zu den Vermögenswerten der Parteien gibt und die sich von einem Jahr aufs andere massiv ändern, wird das Fragen aufwerfen, aber es wird wohl keine Antworten geben. Mehr Details und Erläuterungen in den Bilanzen würden echte Nachvollziehbarkeit für die Bürgerinnen und Bürger sicherstellen und das Risiko von Umgehungskonstruktionen reduzieren helfen.

Offenlegung von Immobilienbesitz im Rechenschaftsbericht der CDU (Deutschland)

Offenlegung von Immobilienbesitz im Rechenschaftsbericht der CDU (Deutschland)

Spenden

Jede Partei und ihr zuzurechnende Organisationen und Personenkommittees dürfen weiterhin nicht mehr als €750.000 pro Jahr an Spenden annehmen (beim ersten Antreten einer Partei dürfen es €1,5 Millionen sein), plus €200.000 für jede Landtagswahl.

Jeder Spender bzw. jede Spenderin, ein Unternehmen oder Verein darf nicht mehr als €7.500 pro Partei spenden. Jede Spende ab €150 muss dem Rechnungshof pro Quartal gemeldet werden, ab €500 werden diese veröffentlicht. Neu: nur mehr Name, Datum und Betrag sollen laut Entwurf veröffentlicht werden, nicht mehr jedoch die Adresse des Spenders. Das bedeutet einen Transparenz-Rückschritt: SpenderInnen können damit nicht mehr identifiziert und zugeordnet werden.

Wer spendet, kann nicht mehr recherchiert werden, weil es oft viele Personen mit dem gleichen Namen gibt. Ob etwa Personen aus dem Vorstand eines bestimmten Unternehmens oder einer bestimmten Organisation die gleiche Partei unterstützen kann nicht mehr nachvollzogen werden. Bislang, und auch etwa in Deutschland, werden die Adressen der SpenderInnen veröffentlicht. In Salzburg etwa werden auch Addressen von Spendern ab €500 publiziert.

Auch bei kleineren Spenden wäre eine Offenlegung wichtig: wenn ein lokaler Bauträger mehrere tausend Euro an eine Gemeinde-Partei oder einen Bürgermeister spendet, sollte das zeitnah nachvollziehbar sein.

Barspenden über €500 und Einzelspenden über €500 Euro von ausländischen Staatsbürgern (ausgenommen EU-Bürger mit Wohnsitz in Österreich) oder juristischen Personen werden verboten.

Was fehlt: 

Bei verbotenen Auslandsspenden könnte es Sinn machen, auf wirtschaftliche Eigentümer von Unternehmen abzuzielen – also die Personen, die ein Unternehmen oder eine Stiftung kontrollieren, nicht darauf, ob das Unternehmen in Österreich sitzt. Seit zwei Jahren gibt es in Österreich ein Register der wirtschaftlichen Eigentümer, das genützt werden könnte.

Gemäß dem Entwurf wäre es etwa möglich, dass ein ausländischer Oligarch mehrere GmbHs in Österreich besitzt (über die er vielleicht schon Immobilien hält), und diese an eine Partei spenden. Das könnte für politischen Einfluss aus dem Ausland auf österreichische Parteien missbraucht werden.

Sponsoring und Inserate

Parteien müssen in den Rechenschaftsberichten namentlich offenlegen, wenn sie von Sponsoren über €7.500 pro Jahr erhalten, und wenn sie aus Inseraten in parteieigenen Medien mehr als €2.500 pro Inserat erhalten.

Was fehlt: 

Während Behörden und staatseigenen Unternehmen verboten ist, an Parteien zu spenden, um Missbrauch öffentlichen Geldern zu verhindern, dürfen diese jedoch weiterhin ohne Einschränkungen Parteien und deren Wahlkämpfe sponsern oder in Parteimedien inserieren. Inserate und Sponsoring können als Werbungskosten steuerlich abgesetzt werden und sind dehalb für Unternehmen attraktiver als Spenden. So könnten sich Personen, die von Parteien in Vorstandsposten von staatlichen Unternehmen gehoben werden, auf Kosten der Allgemeinheit weiterhin mit Sponsoring und Inseraten erkenntlich zeigen.

Kontrolle

Erstmals soll der Rechnungshof in Zukunft die Wahlwerbungs- und Rechenschaftsberichte der Parteien prüfen dürfen, wenn er konkrete Anhaltspunkte für falsche oder unvollständige Angaben hat. Die Rechenschaftsberichte, die aktuell oft erst mit zwei bis drei Jahren Verspätung veröffentlicht werden, sollen in Zukunft am Beginn des übernächsten Kalenderjahres veröffentlicht werden.

Was fehlt: 

Die Kontrollrechte des Rechnungshofs könnten noch weiter gestärkt werden und auch Prüfungen ohne Anfangsverdacht ermöglichen, wie es etwa der frühere RH-Präsident Franz Fiedler fordert.

Sanktionen

Geldbußen gegen Parteien werden deutlich verschärft: Parteien können vom unabhängigen Parteien-Transparenz-Senat mit bis zu €50.000 Geldbuße für nicht gesetzeskonforme oder nicht abgegebene Rechenschaftsberichte sanktioniert werden – wird der Bericht nicht abgegeben kann auch die Parteienförderung ausgesetzt werden.

Für illegale Parteispenden droht eine Geldbuße bis zum Dreifachen des erlangten Betrags, mindestens jedoch in der Höhe der unzulässig angenommenen Spende.

Für Überschreitungen der Wahlkampfkosten-Obergrenze von €7 Millionen gibt es gestaffelte Geldbußen für die Partei die bis zum Doppelten des Überschreitungsbetrags gehen können.

Darüber hinaus drohen Geldstrafen von bis zu €50.000 für Partei-Manager, etwa für nicht korrekt gemeldete Spenden und unrichtige Angaben in Rechenschaftsberichten und bis zu €15.000 für Spender, die Spenden stückeln um Obergrenzen zu umgehen.

Was fehlt: 

Ein Straftatbestand der illegalen Parteienfinanzierung wäre wichtig, um neue Umgehungsstrukturen einen Riegel vorzuschieben.

Ein Straftatbestand, wie es ihn etwa in Deutschland gibt, würde bei Verdacht der Staatsanwaltschaft erlauben, zu ermitteln – falls nötig könnte sie Zeugen vernehmen, Konten öffnen und Hausdurchsuchungen vornehmen. Diese Ermittlungs-Möglichkeiten hat der Rechnungshof nicht. Den Beteiligten an illegaler Parteienfinanzierung könnte Gefängnis drohen würde, was eine abschreckende Wirkung entfalten hätte.

Parteienregister

Das Parteienverzeichnis ist voll von Karteileichen. Eine Liste von mehr als 1.200 Parteien finden sich dort aktuell, die allermeisten sind nicht (mehr) aktiv. Ein neues Parteienregister wird in Zukunft auch die zeichnungsberechtigten Personen einer Partei enthalten, auch ihre Satzungen sollen online zugänglich werden.

Klubs, Akademien, Bundespräsidentschaftswahl

Das Parteiengesetz gilt weiterhin nicht für Parlaments- und Landtagsklubs sowie für Parteiakademien, die keinen Offenlegungspflichten unterliegen. Diese können auch Spenden ohne Einschränkungen annehmen.

Auch für Wahlkämpfe von KandidatInnen für die Bundespräsidentenwahl, die heuer stattfindet, gelten die Regeln des Parteiengesetzes nicht.