Regierungsentwurf für Informationsfreiheitsgesetz – Unsere Ersteinschätzung

Mathias Huter

Beschäftigt sich mit Transparenz, Open Data und Anti-Korruption, interessiert sich besonders für Parteienfinanzierung und Beschaffungen. Von 2009 bis 2014 für Transparency International Georgia in Tiflis tätig.

Wir begrüßen, dass es nun einen neuen Regierungsentwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz gibt. Jede Bewegung ist positiv, die Politik ist uns schon seit 10 Jahren im Wort.

Es wäre gut und wichtig, dass ein gutes Informationsfreiheitsgesetz kommt und damit ein neues Grundrecht in Österreich geschaffen wird – das Recht auf Zugang zu staatlichen Dokumenten für alle Bürgerinnen und Bürger.

Das Gesetz ist eine historische Chance für Österreich – das vorgesehene Recht auf Information nimmt Behörden viele beliebte Ausreden. Dass das Recht auch gegenüber Staatsunternehmen durchsetzbar sein soll ist jedenfalls ein wichtiger Fortschritt.

Wir müssen den Entwurf aber jetzt noch im Detail analysieren. Denn: Wie die sogenannte Veröffentlichungspflicht für Studien (Art. 20 (5) B-VG) gezeigt hat, liegt der Teufel im Detail. Wegen Formulierungsmängeln ist es bislang bei Transparenz auf dem Papier geblieben: Ministerien etwa veröffentlichen nur einen kleineren Teil aller Studien. So etwas darf hier nicht passieren.

  • Unsere Stellungnahme und unser Blog Post zum Begutachtungsentwurf (2021) – viele dort angeführte Kritikpunkte gelten weiterhin.

Verbleibende No-Gos

Der Entwurf sieht auf Verfassungsebene etwas vor, das man nur als Ewigkeitsklausel bezeichnen kann (Art. 22a (4) B-VG). Jedes Bundesland könnte aus jedem Grund verhindern, dass das Gesetz in Zukunft geändert werden kann. Bei einem Gesetz, dass den Informationszugang von Bürger:innen grundsätzlich neu regelt und völlig ungetestet ist, muss die Reformierbarkeit unbedingt gewahrt bleiben. Andere Länder evaluieren und verbessern die Gesetze nach wenigen Jahren, hier ist das nicht vorgesehen und jeder Landeshauptmann könnte auf jeden anderen verweisen, dass dieser es ja nicht wolle. Das Gesetz geht jetzt in den parlamentarischen Prozess und aus unserer Sicht sollte neben etwas Detailarbeit besonders dieser Punkt entschärft werden.

Nachdem § 10 nicht vorsieht, dass Behörden die Identität des Anfragestellers schützen, ist dies eine Gefahr für die Medienarbeit und würde Interventionen bei laufenden Recherchen begünstigen.

  • „§ 10: Greift die Erteilung der Information in die Rechte eines andere (§ 6 Abs. 1 Z 7) ein, hat das zuständige Organ diesen davor nach Möglichkeit zu verständigen und zu hören. Hat sich die betroffene Person gegen die Erteilung der Information ausgesprochen und wird diese Information dennoch erteilt, ist sie davon schriftlich zu verständigen.“

Auch der § 16, der Einschränkungen des Informationszuganges durch andere Gesetze erlaubt, ist ein gefährliches Einfallstor, dessen Auswirkungen wir bisher nicht einschätzen können.

  • „§ 16: Soweit in anderen Bundes- oder Landesgesetzen besondere Informationszugangsregelungen bestehen oder besondere öffentliche elektronische Register eingerichtet sind, ist dieses Bundesgesetz nicht anzuwenden.“

Im Parlament sind alle Parteien in demokratischen Verhandlungen gefordert, ein möglichst bürgerfreundliches Gesetz zu finalisieren – und sicherzustellen, dass die Transparenz nicht nur auf den Papier steht, sondern auch gelebt wird. 

International gilt für Transparenzgesetze ein einfacher Gradmesser: Ein Informationsfreiheitsgesetz ist immer nur so gut, wie seine schwächste Bestimmung.

Insbesondere muss sichergestellt werden, dass Bürgerinnen und Bürger ihr Recht auf Information effektiv durchsetzen können, also die gewünschten Dokumente unbürokratisch und rasch bekommen können – auch dann, wenn eine staatliche Stelle dies, etwa aus politischen Überlegungen heraus, nicht herausgeben will.

Was wird sich ändern?

  • Die Verkürzung der Fristen im Rechtsweg ist eine positive Entwicklung, die auch schon im vorherigen Entwurf vorgesehen war. Auch das Informationsrecht gegenüber staatseigenen Unternehmen ist jedenfalls eine positive Entwicklung im Vergleich zur jetzigen Rechtslage.
  • Die vorgesehene automatische Veröffentlichung – für die betroffenen Stellen – von staatlichen Verträgen und Informationen allgemeinen Interesses sollte möglichst ambitioniert und klar gestaltet werdenVerträge mit Wert über 100.000 Euro ist eine äußerst unambitionierte Grenze.
  • Die Abschaffung der Veröffentlichungspflicht für manche Gemeinden ist ein Foul an ihren Einwohnern. Sie müssen sich mit ihrem Bürgermeistern anlegen für die Informationen, zu deren Herausgabe andere Bürgermeister verpflichtet sind. Und da geht es nicht um nichts, sondern um Verträge über 100.000 Euro. Das betrifft auch die aktuelle Veröffentlichungspflicht von Studien in kleinen Gemeinden, das wäre also eine Verschlechterung für die Bürger des Großteils der Gemeinden.