Internationale Organisationen: Informationsfreiheits-Entwurf verstößt gegen europäische Standards

Mathias Huter

Beschäftigt sich mit Transparenz, Open Data und Anti-Korruption, interessiert sich besonders für Parteienfinanzierung und Beschaffungen. Von 2009 bis 2014 für Transparency International Georgia in Tiflis tätig.

Der derzeit vorliegende Entwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz (IFG) bleibt hinter den Regeln einer Europarats-Konvention und den Standards anderer europäischer Staaten zurück. Zu diesem Schluss kommt nicht nur das Forum Informationsfreiheit, sondern auch eine Bewertung durch die Bürgerrechtsorganisation Access Info Europe und den Medienfreiheits-Watchdog International Press Institute (IPI).

Informations-Begriff

Die im Gesetzesentwurf vorgesehene Definition von “Information” – also dem, was BürgerInnen durch ihr Recht auf Informationszugang erfahren dürfen – beschränkt diesen Anspruch auf “zu veraktende Dokumente”. Eine solche Einschränkung stünde im Widerspruch mit der Konvention zum Zugang zu offiziellen Dokumenten des Europarats, so Access Info Europe und IPI. Österreich hat dieses Abkommen bislang nicht unterzeichnet.

Die beiden Nicht-Regierungs-Organisationen empfehlen, die Standards der Europarats-Konvention ins Gesetz zu übernehmen und damit grundsätzlich Zugang zu allen einer Behörde vorliegenden Dokumenten und Informationen einzuräumen.

Ausnahmen

Mehrere im Entwurf vorgesehene Geheimhaltungsgründe stehen laut Access Info Europe und IPI nicht im Einklang mit europäischen oder internationalen Rechts-Standards.

Die Organisationen drängen darauf, dass in jedem Einzelfall durch einen sogenannten Schadenstest ermittelt werden müsse, ob durch die Veröffentlichung von Information schützenswerte Interessen verletzt würden. Ein “Public-Interest-Test” müsse darüber hinaus feststellen, dass kein überwiegendes öffentliches Interesse an der Veröffentlichung besteht. Diese Abwägungen seien im Entwurf nicht ausreichend verankert.

Weiters empfehlen die Organisationen:

  • eine Geheimhaltung von Information zur “unbeeinträchtigten Vorbereitung einer Entscheidung” sowie aus “zwingenden außen- und integrationspolitischen Gründen”, wie sie der Entwurf vorsieht, nur nach Durchführung eines Schadens- und eines Public Interest Tests zu erlauben;
  • Informationen im “wirtschaftlichen oder finanziellen Interesse” einer staatlichen Stelle grundsätzlich öffentlich zu machen, anstatt diese als Geheimhaltungsgrund zu definieren – ein solches Vorgehen stehe im klaren Gegensatz zu internationalen Standards, da die Öffentlichkeit ein Interesse daran habe, nachvollziehen und überprüfen zu können, wie öffentliche Mittel verwendet werden;
  • klar zu regeln, dass etwaige Urheberrechtsansprüche keinen Geheimhaltungsgrund bilden können – allenfalls könnte ein Urheberrechtsanspruch das Recht auf Weiterverwendung einer Information und einschränken, wie dies auch in den Erläuterungen des Europarats-Abkommens beschrieben wird;
  • die Möglichkeit, das Recht auf Informationszugang durch andere Gesetze weiter zu beschneiden und neue Geheimhaltungsgründe einzuführen, solle nicht in das Gesetz aufgenommen werden – diese Idee stünde ebenfalls im Widerspruch zu internationalen Regelungen.

Fristen

Der IFG-Entwurf will heimischen Behörden acht Wochen für eine Antwort geben – eine Frist, die um weitere acht Wochen verlängert werden kann. Österreich solle sich hier an europäischen Standards orientieren, so die Empfehlung.

EU-Institutionen und zahlreiche EU-Staaten haben eine Antwort-Frist von 15 bis 20 Tagen; in Finnland, Dänemark und Portugal müssen Behörden innerhalb von zehn Arbeitstagen Bürgern und Bürgerinnen gewünschte Informationen liefern, in Estland binnen fünf Arbeitstagen.

Gebühren

In Österreich sollen BürgerInnen 30 Euro für eine Anfrage zahlen, wenn sie gleichzeitig auch einen Bescheid im Falle einer (teilweisen) Informationsverweigerung beantragen. Ohne einen solchen Bescheid kann eine Informationsverweigerung nicht beeinsprucht werden, die Gebühr wird schon beim Bescheid-Antrag fällig. Für die internationalen Experten ist klar: diese geplante Regelung komme einer Gebühr für Anfragen gleich und sollte gestrichen werden.

In Europa gibt es kein einziges Land, dass von seinen BürgerInnen eine Gebühr für Informationsfreiheits-Anfragen einhebt, merken Access Info Europe und IPI an. Die Europarats-Konvention sehe einzig die Möglichkeit vor, dass Behörden sich bei Informationsherausgabe Kopier- und Portokosten rückerstatten lassen.

Informationsbeauftragter

Access Info Europe und das IPI unterstreichen auch, dass unabhängige Informationsbeauftragte, wie sie sich etwa in Frankreich, Deutschland, Irland, Slowenien, dem Vereinigten Königreich und auch auf EU-Ebene bewährt haben, eine essentielle Rolle bei der Umsetzung und Durchsetzung des Rechts auf Informationszugang spielen. Die beiden Organisationen empfehlen Österreich klar, eine solche Stelle zu schaffen – entweder als eigenständige Behörde, oder als Teil einer bereits existierenden. Die Regierungsparteien haben sich bislang dagegen ausgesprochen.