Transparenz im Programm?

Forum Informationsfreiheit

Wir haben uns die Wahlprogramme aller bundesweit zur Nationalratswahl antretenden Parteien angesehen um sie auf Inhalte rund um das Thema Transparenz zu untersuchen.

Welche Positionen und Vorschläge haben die Parteien zur Transparenz bei der Parteienfinanzierung, zur Abschaffung des Amtsgeheimnisses und zur Einführung eines Informationsfreiheitsgesetzes (IFG), sowie generell zu Transparenz in Politik und Verwaltung.

Das Ibiza-Video und die Spendenaffären haben klar gezeigt: Es braucht dringend mehr öffentliche Kontrolle um sicherzustellen, dass Ideen aus dem Ibiza-Video nicht in die Tat umgesetzt werden können. Im Folgenden werden die Positionen der einzelnen Parteien zu diesen Fragestellungen erörtert. Berücksichtigt wurde dabei, was in den Wahl- und Parteiprogrammen steht, die die Prioritäten der Parteien widerspiegeln. Die Nicht-Erwähnung von Themen sehen wir auch als Standpunkte einer Partei: nämlich, dass ihr das Thema nicht wichtig ist.

ÖVP: „100 Projekte“ (werden laufend veröffentlicht) sowie Grundsatzprogramm 2015

Die ÖVP hat kein klassisches Wahlprogramm für die Nationalratswahl 2019 entwickelt sondern einen „100 Projekte für Österreich“, die in mehreren Paketen bis zum Wahltag präsentiert werden. Von den 100 Projekten wurden bisher 88 veröffentlicht. Keiner der veröffentlichten Punkte behandelt die Themen Parteienfinanzierung, Informationsfreiheit oder Transparenz in der österreichischen Verwaltung.

Auf der Website der ÖVP findet sich noch das „Grundsatzprogramm 2015 der österreichischen Volkspartei“. In diesem finden sich ebenso keinerlei Vorhaben zur Parteienfinanzierung oder einem Informationsfreiheitsgesetz. Zwar spricht sich die ÖVP darin ganz generell dafür aus, dass „staatliches Handeln durch ein Höchstmaß an Transparenz gekennzeichnet sein“ soll. Konkrete Vorschläge, wie das erreicht werden soll, sind dem Programm nicht zu entnehmen.

Nachtrag, 27.9.2019:

Kurz vor der Wahl und nach Veröffentlichung unserer Analyse hat die ÖVP die letzten ihrer “100 Projekte” für die Wahl veröffentlicht.
Projekt 100 lautet:

“Informationsfreiheitsgesetz umsetzen. Transparenz im Staat ist ein wichtiges Element in der Demokratie. Wir setzen uns für die Schaffung eines Informationsfreiheitsgesetzes ein, das klar regelt, welche Informationen von welchen Behörden in welcher Form den Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung gestellt werden müssen. Wir wollen keinen gläsernen Menschen, sondern den gläsernen Staat” 

SPÖ: Wahlprogramm NRW 2019

Das Wahlprogramm der SPÖ ist mit 164 Seiten das umfangreichste, das Wort Transparenz kommt darin allerdings nur zwei Mal vor.

Abgesehen von einem Verbot von Großspenden über € 7.500 (das die SPÖ mit FPÖ und Liste Jetzt im Sommer bereits im Parlament beschlossen hat) und einem Funktionsverbot von Großspendern in staatsnahen Betrieben sieht das Programm keine Reformen bei der Parteienfinanzierung vor.

Zur Abschaffung des Amtsgeheimnisses und zur Einführung eines Informationsfreiheitsgesetzes findet sich keine Position im Wahlprogramm der SPÖ.

Ideen für einen transparenteren Staat sind im Programm auf nationaler Ebene nicht zu finden. Es findet sich lediglich ein generelles Bekenntnis zur Meinungs- und Informationsfreiheit in Österreich, diese wird jedoch nur im Kontext von Netzfreiheit und Uploadfiltern im Internet erwähnt, nicht im Zusammenhang mit einem Recht auf Information gegenüber staatlichen Stellen. (Wahlprogramm S. 146)

Auf europäischer Ebene fordert die SPÖ verbindliche und einsehbare Lobbyregister für alle EU-Institutionen, insbesondere für den Europäischen Rat, sowie ausgewogene Berücksichtigung aller Seiten bei der Besetzung von ExpertInnengruppen in der Europäischen Kommission.

FPÖ: Wahlprogramm NRW 2019 und Parteiprogramm 2011

Weder im Wahlprogramm für die Nationalratswahl 2019, noch im Parteiprogramm der FPÖ kommt das Wort Transparenz vor. Es finden sich dort keine Positionen zu Informationsfreiheit oder einer Reform der Parteienfinanzierung.

NEOS: Manifest der NEOS, Pläne von A bis Z

Im Parteiprogramm der NEOS finden sich detaillierte Positionen zu Transparenzbestimmungen in Österreich.

Bezüglich der Parteienfinanzierung setzen sich die NEOS für ein Prüfrecht des Rechnungshofes der Parteienfinanzen ein. Ein Überschreiten der Wahlkampfkostenobergrenze solle sanktioniert und ein Straftatbestand „illegale Parteienfinanzierung“ eingeführt werden, um Umgehungskonstruktionen, etwa über Vereine, zu verhindern. Generell sollten alle Bilanzen von nahestehenden Vereinen und Vorfeldorganisationen von Parteien veröffentlicht werden.

Die NEOS sprechen sich für die Abschaffung des Amtsgeheimnisses und für ein Grundrecht auf Informationsfreiheit aus. Das von den NEOS unterstütze Transparenzgesetz soll sich am Hamburger Transparenzgesetz orientieren [das wir vom Forum Informationsfreiheit als Vorbild-Modell für Österreich sehen], inklusive Schaffung einer unabhängigen Beschwerdestelle für abgelehnte Anfragen und der Verpflichtung zur automatischen Veröffentlichung von Informationen allgemeinen Interesses. Der Zugang zu Information soll verfassungsrechtlich garantiert werden.

Zur Steigerung der Transparenz in der Verwaltung sieht das Programm der NEOS eine Veröffentlichungspflicht von öffentlichen Aufträgen vor. Diese Aufträge sollen erst rechtswirksam werden, nachdem sie veröffentlicht wurden.

Ebenso soll eine echte Transparenzdatenbank für öffentliche Förderungen entstehen und es ist eine Ausweitung der Meldepflicht für Inserate der öffentlichen Hand vorgesehen.

JETZT: 12 Pläne für 5 Jahre

Die Liste JETZT geht mit 12 Plänen als Programm in die Nationalratswahl.

Sie fordert bei der Parteienfinanzierung ein umfassendes Kontrollrecht des Rechnungshofes und ein strafrechtliches Verbot von Umgehungskonstruktionen.

Die Abschaffung des Amtsgeheimnisses und ein Bekenntnis zur Einführung eines „Bürgerinformationsgesetzes“ findet sich ebenfalls im Programm.

Die Vergabe von Förderungen soll transparenter gestaltet werden und gegen die Ablehnung von Förderansuchen soll Einspruch erhoben werden können.

Die Grünen: Wahlprogramm NRW 2019

Die Grünen sprechen sich für eine verpflichtende Offenlegung der Einnahmen und Ausgaben von Parteien aus, für volle Kontroll- und Einsichtsrechte des Rechnungshofes in die Parteifinanzen, eine Offenlegung von Spenden bereits vor dem Wahltag und ein Verbot von Vereinskonstruktionen und Stückelungen von Parteispenden samt Sanktionsmechanismus.

Das Überschreiten der Wahlkampfkostenobergrenze solle zur Folge haben, dass die den Betrag von 7 Mio Euro übersteigenden Ausgaben von der Parteienförderung abgezogen werden. Bei schweren Verstößen gegen Parteienfinanzierungs-Regeln sollen strafrechtliche Sanktionen eingeführt werden.

Die Abschaffung des Amtsgeheimnisses und Einführung eines IFG sind ebenfalls im Wahlprogramm zu finden. Das Recht auf Information soll als Grundrecht etabliert werden. Die verschiedenen Auskunftspflichtsgesetze der Bundesländer sollen aufgehoben und stattdessen ein einheitliches IFG mit 4-wöchiger Frist für die Anfragebeantwortung eingeführt werden.

Studien, die mit öffentlichen Mitteln finanziert wurden, sollen einer Veröffentlichungspflicht unterliegen. Die Grünen fordern generell mehr Transparenz in der Politik und Verwaltung. Die Vergabe öffentlicher Aufträge soll auf Grundlage öffentlicher Hearings erfolgen. Damit soll die Auftragsvergabe objektiv nachvollziehbar werden und Aufträge nur aufgrund von Expertise und Qualifikation der BieterInnen vergeben werden.

Auf europäischer Ebene sollen alle Standpunkte der Mitgliedstaaten im EU Rat veröffentlicht werden. Mehr Transparenz von Lobbying soll auf europäischer Ebene die Entstehung von Gesetzen besser nachvollziehbar zu machen.

KPÖ plus: Wahlprogramm NRW 2019

Die KPÖ möchte eine Umgestaltung der Parteienfinanzierung, um die Transparenz zu erhöhen und die Pluralität an Parteien und Bewegungen zu fördern. Weiters ist die KPÖ für eine „klare Obergrenze und strenge Regeln für Spenden an Parteien, deren Verletzung zu harten Sanktionen führt.“ Generell spricht sie sich für eine transparente Verwaltung aus.

Zur Abschaffung des Amtsgeheimnisses und zur Einführung eines Informationsfreiheitsgesetzes findet sich keine Position im Wahlprogramm.

Wandel: Ein Manifest für den Wandel*

Im Programm des Wandels findet sich keine Position zur Parteienfinanzierung.

Der Wandel spricht sich generell für Transparenz und den Einsatz von Open Data in den Parlamenten, Behörden und Ministerien aus. Das Amtsgeheimnis soll abgeschafft werden. Weiters fordert der Wandel „transparente Rechenschaftspflichten im Gesetzgebungsprozess sowie klar definierte Mitsprache- und Repräsentationsrechte für Zivilgesellschaft und Wissenschaft“.

*UPDATE: Nach Veröffentlichung hat Wandel mitgeteilt, dass sie die Forderungen unterstützen. “Wir können nämlich alle 10 Forderungen Ihrer Organisation mit einem klaren JA beantworten.” Weiters erklärt Wandel, dass sie für eine Abschaffung des Amtsgeheimnisses, ein Grundrecht auf Information im Verfassungsrang und umfassende Prüfrechte für den Rechnungshof sind. Außerdem sollen Firmenspenden an Parteien verboten und die Parteienförderung “an Parteien und Parlamentsklubs von einer gleichen Geschlechtsverteilung abhängen.”