Neues Informationsfreiheitsgesetz: Die wichtigsten Punkte

Mathias Huter

Beschäftigt sich mit Transparenz, Open Data und Anti-Korruption, interessiert sich besonders für Parteienfinanzierung und Beschaffungen. Von 2009 bis 2014 für Transparency International Georgia in Tiflis tätig.

Update 22.2.: Der Entwurf liegt vor, wir werden ihn so rasch wie möglich analysieren.

Die Regierung hat am Abend des 19 Februar eine Punktation des lange erwarteten Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) an Medien übermittelt.

Die Punktation geht nur in einigen Bereichen über die bereits im Regierungsprogramm zwischen ÖVP und Grünen vereinbarten Eckpunkte hinaus. Unsere Anmerkungen zum Regierungsprogramm gelten deshalb auch weitgehend für die bislang bekannten Details des IFGs.

Eine detaillierte Analyse des IFG-Entwurfs können wir erst liefern, wenn wir den entsprechenden Gesetzestext samt Erläuterungen kennen. Wir werden etwas Zeit brauchen, um diesen im Detail durchzuarbeiten.
Für den Beschluss des Informationsfreiheitsgesetzes ist eine doppelte 2/3-Mehrheit nötig – sowohl im Nationalrat als auch im Bundesrat (bei einer Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder – Art. 44 Abs. 2 B-VG). Der Bundesrat hat in diesem Fall ein absolutes Veto. Deshalb sehen wir im weiteren Verhandlungsprozess die Möglichkeit, dass wichtige Verbesserungen in den IFG-Entwurf aufgenommen werden.

Kern-Punkte eines starken Informationsfreiheitsgesetzes

Positive Aspekte des geplanten IFG (soweit bislang bekannt):

  • ein verfassungsmäßiges Bürgerrecht auf Zugang zu staatlicher Information soll kommen, das Amtsgeheimnis wird nicht mehr im Verfassungsrang stehen;
  • ein Recht auf Zugang zu staatlichen Dokumenten kommt (wie dies international üblich ist – Österreich ist das letzte Land in der EU, das bislang kein solches Recht kennt);
  • Anfragen und deren Beantwortung werden gebührenfrei sein (statt wie bisher 15 bis 30 Euro);
  • Auskunftspflichtig werden nicht nur Verwaltungsbehörden sein (wie bisher) sondern alle staatlichen Stellen, inklusive vom Rechnungshof geprüfte staatsnahe Unternehmen;
  • ein online Informationsregister soll geschaffen werden;
  • Gutachten, Studien und Verträge müssen dort automatisch von staatlichen Stellen veröffentlicht werden

Besonders wichtig sind bürgerfreundliche Regelungen in den folgenden Punkten:

  • Rasche Antwort: die vorgesehene Antwort-Frist beträgt 4 Wochen, kann jedoch auf bis zu 8 Wochen verlängert werden. Das ist nicht zeitgemäß – eine 2-Wochen Antwortfrist (die in belegten Ausnahmefällen verlängert werden kann) ist notwendig, damit etwa JournalistInnen das IFG als Recherche-Werkzeug effektiv nutzen können. Zum Vergleich: EU-Institutionen müssen binnen 15 Arbeitstagen Auskunft erteilen, in Estland beträgt die Frist 5 Arbeitstage.
  • Umfassender Informationsbegriff: Die Definition der Information, die nach dem Gesetz angefragt werden kann, muss gemäß internationalen Standards möglichst breit gefasst sein und grundsätzlich sämtliche Informationen (und Dokumente) umfassen, die bei staatlichen Stellen vorhanden sind, egal in welcher Form bzw. in welchem Format sie vorhanden sind und wer der Urheber ist.
  • Geheimhaltungsgründe: Im Hinblick auf Geheimhaltungsgründe gibt es klare internationale Standards, an denen sich Österreich orientieren soll, insbesondere Europaratskonvention zum Zugang zu offiziellen Dokumenten und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Essentiell ist ein klar definierter Abwägungsprozess: Sollte eine angefragte Information unter einen Geheimhaltungsgrund fallen (etwa in den Bereich der Nationalen Sicherheit), so sollte erst durch einen “Harm Test” festgestellt werden, ob bzw. welcher konkrete Schaden durch ein Herausgeben der Information entstehen würde. Danach müsste in einem “Public Interest Test” ermittelt werden, ob es ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Herausgabe der Information gibt, und wenn dies der Fall ist, die Information (gegebenenfalls teilweise geschwärzt) herausgegeben werden.
  • Durchsetzung der Transparenzregeln: Laut Punktuation sollen alleine die Verwaltungsgerichte die Durchsetzung der Informationsfreiheit sicherstellen. Dies ist keine zufriedenstellende Lösung:
    1. Verfahren dauern in der Regel mehrere Jahre, insbesondere da Behörden bei Niederlagen in der ersten Instanz oftmals Amtsrevision einlegen und vor den Verwaltungsgerichtshof ziehen.
    2. Viele BürgerInnen werden vor dem Aufwand eines langjährigen Verwaltungsverfahrens gegen staatliche Stellen zurückschrecken.
    3. Behörden können Verwaltungsgerichten ohne Sanktionen Dokumente und Informationen vorenthalten, wodurch diese den Fall nicht umfassend bewerten können.
    4. Verwaltungsgerichte entscheiden nicht über eine Herausgabe der Information, sondern nur über die Rechtmäßigkeit einer Informations-Verweigerung. Entscheidungen für eine Herausgabe von Informationen können sie gegenüber Behörden nicht durchsetzen.
  • Informationsfreiheitsbeauftragte/r: Die Punktuation sieht keine/n unabhängige/n Informationsfreiheitsbeauftrage/n vor. Eine solche Stelle ist international guter Standard und spielt eine essentielle Rolle dabei, eine Transparenz-Kultur voranzutreiben. In vielen Ländern unterstützt diese Stelle einerseits die Verwaltung bei der Auslegung und Anwendung der Transparenz-Bestimmungen und unterstützt BürgerInnen andererseits beim Informationszugang, und kann im Streitfall angerufen werden, um eine rasche und unbürokratische Entscheidung herbeizuführen. Darüber hinaus würde sie die Umsetzung der Transparenz-Regeln überwachen, dem Parlament zumindest jährlich Bericht dazu erstatten und sich für mehr Transparenz in der Verwaltung einsetzten, etwa um Schlupflöcher zu schließen.
  • Rolle der Datenschutzbehörde: Die Punktuation sieht vor, dass die Datenschutzbehörde (DSB) Behörden beim Informationsfreiheitsgesetz in Sachen Datenschutz beraten soll. Die DSB verfügt jedoch weder über das Mandat, die Ressourcen, oder die interne Kultur, um Transparenz voranzutreiben. Es steht zu befürchten, dass die DSB gemäß ihrem gesetzlichen Auftrag stets zu mehr Geheimhaltung raten wird und so ein Ungleichgewicht zum Nachteil der Anfragenden und des öffentlichen Interesses an Transparenz entstehen wird.
  • Automatische Veröffentlichung: Klar und umfassend beschrieben werden sollte im Gesetz, welche Dokumente, Entscheidungen, Statistiken, Daten und Informationen alle staatlichen Stellen automatisch im Informationsregister veröffentlichen müssen.
  • Veröffentlichung von Verträgen: Laut Punktuation der Regierung sollen nur Verträge der öffentlichen Hand mit einem Wert von über 100.000 Euro veröffentlicht werden. Diese Grenze ist viel zu hoch: in Österreich müssen bereits jetzt Daten zu Aufträgen ab 50.000 Euro veröffentlicht werden (wir bereiten sie auf OffeneVergaben.at auf), diese haben jedoch ohne Vertragsdokumente einen geringen Mehrwert.
  • Durchsetzung der Veröffentlichungs-Pflichten: Es braucht effektive Durchsetzungsmechanismen, um sicherzustellen, dass sich staatliche Stellen an die Veröffentlichungspflichten halten.

Unsere Positionen in den Medien

Wir haben die ersten Kernpunkte des IFGs gegenüber einigen Medien kommentiert: