Fast 20 Jahre geheim gehalten: Forum Informationsfreiheit erzwingt Herausgabe der Eurofighter-Kaufverträge

Forum Informationsfreiheit

Richtungsweisender Erfolg für das  Forum Informationsfreiheit (FOI) in Transparenzverfahren vor Gericht: Das Verteidigungsminsterium muss den lange zurückgehaltenen Eurofighter-Kaufvertrag herausgeben. Die generelle Geheimhaltung ist laut höchstgerichtlichen Entscheidungen nicht zulässig.

Abgeschlossen am 1. Juli 2003 war der Kaufvertrag lange Gegenstand von journalistischer Berichterstattung und politischen Spekulationen in Österreich. Im Jahr 2015 beantragte schließlich das Forum Informationsfreiheit (FOI) die Herausgabe nach Auskunftspflichtgesetz: Nach über sechs Jahren Gerichtsverfahren und finalen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts wurde klar entschieden, dass die Geheimhaltungsargumentation des Verteidigungsministeriums nicht haltbar war.

Das Verteidigungsminsterium musste damit nun eine erste – teilweise unkenntlich gemachte – Version des Eurofighter-Kaufvertrags übermitteln.

Das Forum Informationsfreiheit veröffentlicht nun diesen Vertrag, um ein Mindestmaß an Transparenz zu schaffen, wie es bei kommenden Beschaffungsvorgängen gelebt werden sollte. Das Vertragswerk des korruptionsumwitterten Rüstungsgeschäftes – es gab rund 183 Millionen Euro an dubiosen Zahlungen – war trotz mehrerer parlamentarischer Untersuchungsausschüsse bis heute geheim gehalten worden.

„Die Herausgabe des Eurofighter-Kaufvertrags nach höchstgerichtlichem Entscheid macht klar: es gibt keine legitimen Gründe, Verträge bei staatlichen Großaufträgen grundsätzlich geheim zu halten”, sagt FOI-Vorstandsmitglied Markus Hametner, der das Transparenz-Verfahren nach dem Auskunftspflichtgesetz angestrengt und geführt hat. „Die Erkenntnis für Politik und Verwaltung sollte sein, bei aktuellen und zukünftigen Großaufträgen sofort echte Transparenz durch eine aktive Veröffentlichung von Verträgen sicherzustellen.“

Den Vertrag erhielt Hametner nach einer richtungsweisenden Entscheidung des VwGH und einer darauffolgenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, in der verbleibende offene Fragen geklärt wurden. Zuvor war das Verfahren um die Auskunftserteilung jahrelang in einer Schleife zwischen Ministerium und Verwaltungsgericht gesteckt:  Die ersten beiden Bescheide der Behörde, mit denen das Verteidigungsministerium die Geheimhaltung des Kaufvertrags rechtfertigen wollte, waren so mangelhaft, dass das Gericht nicht über die inhaltlichen Fragen entscheiden konnte.

Schwärzungen überschießend – und kurioser Weise weiß statt schwarz

Die Schwärzungen des Vertrags erscheinen jedoch überschießend: Passagen in Inhalts- und Abbildungsverzeichnissen, Überschriften, Unterschriften der Verantwortlichen, vereinbarte Liefertermine und vermutlich Preise wurden großflächig unkenntlich gemacht. „Mit einzelnen geheimzuhaltenden Informationen hatte ich gerechnet“, sagt Hametner, „aber in Summe ergibt sich wieder der Eindruck, dass das Amtsgeheimnis überschießend angewendet wurde – und versucht wird, Dinge geheim zu halten, die eigentlich schon bekannt sind.“ Darüber hinaus wurden die fehlenden Passagen nicht wie international üblich erkennbar „geschwärzt“ sondern „geweißt“ – auf leeren Seiten erkennt man also nicht, ob einzelne Wörter oder ganze Textpassagen unkenntlich gemacht wurden.

Gegen einige der Unkenntlichmachungen im Vertrag wird Hametner eine Beschwerde einbringen. „Je klarer die Verwaltungsgerichte die Kriterien für eine legitime Geheimhaltung von Bestandteilen von Verträgen auslegen, desto transparenter werden hoffentlich zukünftige Beschaffungen. Hier schaffen wir einen neuen Mindeststandard für große öffentliche Aufträge. Schon jetzt sollte klar sein: sollten wir wieder Jagdflugzeuge kaufen, wird der nächste Vertrag keine 20 Jahre geheim bleiben“, so Hametner.

International öffentlich, in Österreich geheim

Schon lange war klar, dass eine Veröffentlichung des Eurofighter-Kaufvertrags keine Gefährdung der Nationalen Sicherheit darstellen würde: Bereits 2015 hatte Hametner vom Britischen Verteidigungsministerium auf Basis des UK Freedom of Information Act einen vergleichbaren Kaufvertrag von Eurofightern durch das Vereinigte Königreich angefordert und dieses Vertragswerk mit geringen Schwärzungen erhalten.

Durch die absurd lange Verfahrensdauer und die aufgeworfenen Fragen zu den Geheimhaltungen sieht sich das Forum Informationsfreiheit erneut bestärkt, die international übliche Stelle einer unabhängigen Informationsfreiheitsbeauftragten zu fordern. Diese würde nicht nur Behörden und Beschwerdeführer beraten und zwischen ihnen vermitteln, sondern auch Standards für teilweise Informationsverweigerungen – wie etwa die Art der Unkenntlichmachung – festlegen, für die im Gesetz kein Platz ist.

Dass der Vertrag nun erstmals vorliegt, ist der zweite Erfolg des Forum Informationsfreiheit zur Transparenz rund um den Eurofighter-Skandal: Schon 2015 wurde die lange geheim gehaltene Liste der Eurofighter-Gegengeschäfte nach einer durch das FOI erwirkten Entscheidung des VwGH veröffentlicht.