Forum Informationsfreiheit veröffentlicht Zahlungsempfänger des NPO-Fonds

Mathias Huter

Beschäftigt sich mit Transparenz, Open Data und Anti-Korruption, interessiert sich besonders für Parteienfinanzierung und Beschaffungen. Von 2009 bis 2014 für Transparency International Georgia in Tiflis tätig.

Das Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (BMKÖS) unter Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) hat nach unserer Anfrage eine vollständige Liste von Empfänger von Hilfszahlungen aus dem NPO-Fonds übermittelt. 721 Millionen Euro an Covid-Hilfszahlungen werden damit erstmals öffentlich bekannt. Wir veröffentlichen diese Liste – großteils.

Der NPO-Fonds wurde von der Bundesregierung aufgesetzt, um „gemeinnützige Organisationen aus allen Lebensbereichen, vom Sozialbereich über Kultur bis zum Sport, freiwilligen Feuerwehren oder gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaften“ mit Zuschüssen in der Covid-Krise zu unterstützen.

Der NPO-Fonds hat aus unserer Sicht jedoch zumindest zwei Schwachstellen: Erstens wurden die Empfänger von Geldern aus dem Fonds bislang nicht veröffentlicht. Zweitens regelt die Verordnung zum Fonds zwar, dass politische Parteien und ihre Teilorganisationen von den Unterstützungsleistungen ausgenommen (§ 5 Z1) sind – dies gilt jedoch nicht für Organisationen, die Parteien nahestehen (gem. Parteiengesetz § 2 Z1).

Das Gesetz, das eine Veröffentlichung der Empfänger zukünftig möglich machen soll, liegt erst im Entwurfsstadium in Parlament – trotzdem haben wir nun Zugang zu den Zahlungen des NGO-Fonds erhalten. Dies passiert auf Basis der zahlreichen Entscheidungen der Höchstgerichte zu Informationsrechten von „public watchdogs“, die wir und andere – etwa Dossier vor dem VwGH und der ORF-Journalist Martin Thür vor dem VfGH – erwirkt haben.

Die Anfrage nach dem Auskunftspflichtgesetz wurde von unserem Obmann Mathias Huter über FragDenStaat.at gestellt, wobei er explizit auf seine Rolle auf „public watchdog“ hingewiesen hat. Das Ministerium hat die Daten ohne Rechtsstreit innerhalb der Antwortfrist übermittelt – in anderen Ländern Alltag, in Österreich positiv bemerkenswert.

Fördergelder an parteinahe Organisationen

Parlamentarische Anfragen der NEOS hatten im Mai gezeigt, dass der Seniorenbund Oberösterreich knapp zwei Millionen Euro an Fördergeldern aus dem NPO-Fonds erhalten hat. Der Seniorenbund wäre als ÖVP-Teilorganisation eigentlich nicht berechtigt gewesen, Gelder abzurufen.

Anhand der Förder-Daten wollten wir nachvollziehen, ob und in welchem Ausmaß Parteien und ihnen nahestehende Organisationen direkt oder indirekt von Geldern aus dem NPO-Fonds profitiert haben (wir sprechen damit  einzelnen Organisationen nicht ab, gemeinnützige Arbeit zu leisten):

  • Zahlungen an Landes-, Bezirks- und Ortsgruppen des Seniorenbundes (Oberösterreich, Kärnten, Tirol und Vorarlberg) belaufen sich laut den uns übermittelten Daten auf 2.141.420€ (30.6.2022); der Verein Wiener Senioren ab5zig, dessen Webseite im ÖVP-Design gehalten ist, erhielt weitere 286.818€.
  • Die Bundes- und mehrere Landesorganisationen der Schülerunion, die der ÖVP zumindest nahe stehen, erhielten insgesamt 49.192€;

Auch SPÖ und FPÖ Parteien nahestehende Organisationen erhielten Gelder aus dem Fonds – jedoch unseren vorläufigen Erkenntnissen nach  in einer sehr viel kleineren Dimension als ÖVP-nahe:

  • Die Mietervereinigung in Oberösterreich, Steiermark und Tirol – der SPÖ nahestehende Organisationen – erhielten insgesamt 43.232€ aus dem Fonds; der Bund sozialdemokratischer AkademikerInnen, Intellektueller und KünstlerInnen (BSA) erhielt 27.177€.
  • Auch einige der FPÖ nahestehende Organisationen wurden gefördert: der Ring Freiheitlicher Studenten (RFS) Oberösterreich bekam 4.956€; der Freiheitliche Familienverband Oberösterreich erhielt 1.871€.

Die ZiB2, der wir die Daten für Recherchen übermittelt haben, berichtete am Dienstag dazu.

Klare Lehren, die aus dem NPO-Fonds gezogen werden sollten: Es braucht bei Förderungen volle Transparenz: Empfänger von öffentlichen Förderungen sollten zeitnah nachvollziehbar sein. Ebenso sollte sichergestellt werden, dass derartige Fördermittel nicht über Umwege bei Parteien bzw. ihnen nahestehenden Organisationen landen.

Wir veröffentlichen die Daten

Es braucht volle öffentliche Kontrolle, um echte Transparenz bei der Verwendung von Steuergeld sicherzustellen. Bürgerinnen und Bürger sollen nachvollziehen können, wer von öffentlichen Fördergeldern profitiert. Nur so ist eine informierte öffentliche Diskussion möglich, nur so können etwaige gesetzwidrige oder missbräuchliche Förderungen identifiziert werden. Und nur so kann Missbrauch in Zukunft effektiv verhindert werden.

Deshalb veröffentlichen wir die Empfänger-Organisationen heute selbst – allerdings vorerst teilweise anonymisiert. Dafür haben wir die per PDF erhaltenen Tabellen maschinenlesbar gemacht – eine fehleranfällige Prozedur, die wir gerne vermieden hätten. Die Empfänger von Zahlungen unter € 1.500,– (insgesamt 8,8 Millionen Euro an Förderungen) anonymisieren wir nachvollziehbar und orientieren uns damit an der Wertgrenze, die die Bundesregierung im Gesetzesentwurf vorsieht. Diese wirkt niedrig, Agrarförderungen an natürliche Personen werden ab € 1.250 namentlich veröffentlicht, warum juristische Personen höheren Datenschutz genießen sollten, sehen wir nicht. Die Anonymisierung nehmen wir rein aus rechtlicher Vorsicht vor, da das öffentliche Interesse an der Nachvollziehbarkeit relativ  kleiner Förderungen als geringer zu bewerten sein könnte – und behalten uns vor, die Anonymisierungen zu einem späteren Zeitpunkt aufzuheben. (Ja, unsere Gerichts-Verfahren haben sich bisher mehr damit beschäftigt, welche Daten wir überhaupt bekommen sollen – nicht damit, welche wir auch veröffentlichen dürfen.)

Wir finden wichtig und richtig, dass das BMKÖS entschieden hat, die Zahlungen bei Übermittlung an uns nicht zu anonymisieren – das macht für „public watchdogs“ Recherchen und Analysen möglich, die ansonsten erschwert oder verunmöglicht würden.