Österreich verletzt die Informationsfreiheit und verstößt damit gegen die Menschenrechte

Dass Österreich manchmal Impulse von außen braucht, um auch hierzulande international längst selbstverständliche Standards zuzulassen, ist traurig – aber immer noch wahr. Privatradio und Privatfernsehen verdanken wir etwa dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, der das damalige Rundfunkmonopol im Jahr 1993 als verfassungswidrig eingestuft hat.

Und gestern fiel in Strassburg eine Entscheidung, die für Österreich sogar noch von wesentlich weitreichender Bedeutung sein könnte, als viele bisherigen.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat gestern entschieden, dass Österreich Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonferenz  (EMRK) verletzt und damit gegen die Menschenrechte verstößt. Denn das Recht auf Information ist klar mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung verknüpft.

Was war passiert?

Eine Tiroler NGO hat von der Tiroler Landesgrundverkehrskommission Zugang zu ihren Entscheidungen verlangt, war aber am sogenannten Tiroler “Auskunftspflichtgesetz” und in weiterer Folge an den österreichischen Gerichten gescheitert. Selbst der österreichische Verfassungsgerichtshof interpretierte, dass Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention kein Recht auf Zugang zu Information garantiere.

Die Tiroler NGO beschwerte sich über eine derartige Rechtsauffassung beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Und dieser sieht das – wie gestern bekannt wurde – komplett anders: Denn nicht nur die Presse, sondern auch NGOs, erfüllen in einer demokratischen Gesellschaft die Rolle eines “Watchdog”. Werden einer NGO Informationen von öffentlichem Interesse verweigert – und das war hier der Fall – so berührt das Artikel 10 der Menschenrechtskonvention.

War die Auskunftsverweigerung durch österreichische Behörden zulässig?

Nein, sagt der EGMR und erteilt Österreich (und Tirol) eine schallende Ohrfeige: Denn die Grundverkehrskommission hat über die geforderten Informationen verfügt. Die Schwierigkeiten bei der Anonymisierung (und etwaige damit verbundene Kosten) seien demnach selbstverschuldet. Es war die Grundverkehrskommission die sich dafür entschieden hat, ihre Entscheidungen jahrelang geheim zu halten – obwohl diese von erheblichem öffentlichem Interesse sind.

Das finale furioso der Entscheidung ist es wert wortwörtlich zitiert zu werden:

“[Der Gerichtshof] kommt zum Ergebnis, dass die vollständige Verweigerung des Zugangs zu den Entscheidungen der Grundverkehrskommission unverhältnismäßig  [und damit menschenrechtswidrig] war. Die Grundverkehrskommission, der – kraft eigener Entscheidung – ein Informationsmonopol bezüglich ihrer Entscheidungen zukam, machte es der NGO auf diese Weise unmöglich, ihre Recherche [durchzuführen … ] und sich in sinnvoller Weise am Gesetzgebungsprozess […] zu beteiligen. […] Der Eingriff in das Recht auf Meinungsfreiheit der NGO kann daher nicht als in einer demokratischen Gesellschaft notwendig angesehen werden. Daher ist Art. 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention verletzt“.

Die bisherige österreichische Praxis, Auskünfte als Gnadenakt zu gewähren, ist damit rechtlich nicht mehr haltbar.

Stattdessen sind die Aufkunftspflichtgesetze im Einklang mit Artikel 10 Menschenrechtskonvention so anzuwenden, dass Auskunft grundsätzlich zu erteilen und die Geheimhaltung die Ausnahme ist.

Ein Hinweis zum Schluss: Das Urteil ist noch nicht endgültig. Österreich kann in den kommenden Tagen gegen das Urteil bei der Großen Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte Berufung einlegen.

Das wäre ein Anschlag auf die Informationsfreiheit. Deswegen gilt es in den kommenden Tagen besonders wachsam nach Strassburg zu blicken.

 

Einladung zum ersten Workshop zu Informationsfreiheit in Österreich

Der nächste große Schritt ist gemacht: Am Mittwoch, dem 20. November, wird im Parlament das erste Mal über unseren Antrag zur Abschaffung des Amtsgeheimnis und ein Grundrecht auf Information in der Verfassung abgestimmt. Grüne und Neos finden unseren Entwurf gut und haben ihn eins zu eins übernommen und als Gesetzesantrag im Parlament eingebracht.

Dass es in diesem Land um Informationsrechte nicht gut bestellt ist, zeigt die jüngst veröffentlichte Studie von Access Info Europe. Österreich ist unangefochtener Letzter unter 95 untersuchten Staaten in Sachen Informationsfreiheit. Und das schon das dritte Jahr in Folge! Wie ist das mit einer modernen Demokratie vereinbar?

Schließlich ist das Recht auf Information ein Menschenrecht, das mit dem Recht auf Meinungsfreiheit einher geht. Doch in Österreich darf man nicht wissen. Wir dürfen nicht wissen, wie es zur Ausschreibung für das Schubhaftzentrum in Vordernberg kam. Wir dürfen nicht wissen, aus welchen Untiefen das Budgetloch plötzlich aufgetaucht ist. Wir dürfen nicht einmal wissen, mit viel Vorzugsstimmen ein Bürgermeistern gewählt wurde. Stattdessen tappen wir im Dunkeln, während sich die Regierenden in Schweigen hüllen. Das wollen wir ändern – du auch?

Deswegen veranstaltet das Forum Informationsfreiheit (FOI), Träger der Kampagne „Transparenzgesetz.at – Wir wollen’s wissen“ den ersten Workshop zu Informationsrechten in Österreich.

Der Inhalt des Workshops

Unser Workshop bietet dir einen Einstieg in die aktuelle österreichische Rechtslage und erklärt, was wir konkret ändern wollen und wie wir arbeiten, um ein umfassendes Recht auf Information zu etablieren. Dazu haben wir JournalistInnen, JuristInnen und MitinitiatorInnen eingeladen, die von ihrem persönlichen Zugang zu Informationsfreiheit erzählen und dir ihr Know-How weitervermitteln. Denn am Ende des Vormittags sollst DU wissen, wie du trotz Amtsgeheimnis an Informationen gelangen kannst und was es braucht, um das verschwiegene Österreich Stück für Stück transparenter zu machen. Denn die Wahrheit ist jedem zumutbar!

Warum wollen S’ denn das wissen? – Der Umgang mit Informationsrechten in Österreich. Die jüngst veröffentlichte RTI Studie belegt: Österreich ist weltweit auf Platz 95/95 in Sachen Informationsfreiheit. Transparenz seitens der Behörden bleibt die Ausnahme, das Verschweigen von Informationen die Regel.

Wir vermitteln Grundlagenwissen zu Österreichs Informationsrechten, erläutern die Rechtslage und machen Sie mit den Tücken des Auskunftspflichtgesetzes vertraut.

Das muss sich ändern!Was wir wollen: Das Amtsgeheimnis soll abgeschafft werden – und dann? Wir haben unsere zentralen Forderungen zusammengefasst und präsentieren Ihnen unser Konzept für ein umfassendes Informationsfreiheitsgesetz. Was soll es beinhalten, was nicht? Danach schreiben wir Verfassung: Im Vergleich: Unser Verfassungsentwurf zur Abschaffung des Amtsgeheimnisses vs. jenen der Regierungsparteien – who did it better?

Transparenz einfordern!Was kann ich als Bürgerin oder Bürger tun? Sie wollen’s wissen? Finden sich im bürokratischen Dickicht aber nur schwer zurecht? Dem schaffen wir Abhilfe, mit FragDenStaat.at. Nach einer kurzen Einführung unseres Bürgerportals, werden Sie selbst ihre Anfragen an Österreichs Behörden stellen und beginnen somit gleich staatliches Handeln Stück für Stück transparenter zu machen. (Hierzu empfehlen wir das Mitbringen Ihres Laptop!)

FOI: Wie wir arbeiten. Werfen Sie einen Blick hinter die Kulissen unserer jungen NGO. Wie setzen wir unsere Ziele um und was hat das mit dem Wahlkampf 2008/2012 aus den USA zu tun? Außerdem werfen wir einen Blick zurück zu unseren Anfängen und beantworten die Frage: Was hat sich seitdem verändert?

Transparenz einfordern! – Wie kann ich FOI unterstützen? Die Zukunft bringt uns hoffentlich ein Informationsfreiheitsgesetz. Was wir bis dahin planen, erfahren Sie hier. Wir umreißen unsere nächsten Projekte und Events und laden Sie ein daran teilzunehmen!

Wann und wo: Samstag, 30. November 2013, absolut frei
Kirchberggasse 7, 1070 Wien – gleich hinterm Museumsquartier.
Anmeldung (bis spätestens Dienstag, 26. November) 
und/oder Rückfragen gern an info[ät]transparenzgesetz.at
oder direkt an josef.barth[ät]foi.at

Wir freuen uns auf Euch!

Am 28. September ist “Right To Know”-Day!

In Österreich gehen die Uhren anders. Man könnte auch sagen, sie laufen langsamer. Anders ist nicht zu erklären, …

… dass das Amtsgeheimnis noch immer – seit 1920 – in der Verfassung steht.

… dass Österreich die schlechteste Gesetzeslage in puncto Informationsfeiheit der gesamten EU hat.

… dass der Right To Know Day seit 10 Jahren weltweit gefeiert wird, nur in Österreich bisher nicht.

Wenn es nach uns ginge, wären diese Tatsachen längst Geschichte. Aber für die ersten beiden braucht es die Zustimmung der Regierungsmehrheit.

Was aber den letzten Punkt betrifft, setzen wir dem Warten jetzt ein Ende:

Denn wir holen den Right To Know Day endlich nach Österreich!

Am 28. September, von 9.00 bis 12.00 Uhr, im Presseclub Concordia in der Bankgasse 8, im ersten Bezirk.

Wir wollen mit euch ein Zeichen gegen die Amtsgeheimniskrämerei und eine Herrschaftswissensverwaltung setzen. Schließlich gehören Informationen den Bürgerinnen und Bürgern, die Verwaltung verwaltet sie nur. Denn: Informationsrechte sind Bürgerrechte!

Darum: Kommt vorbei!
Wir freuen uns auf Euch!

Der zweite Entwurf – noch eine Analyse

Nachdem wir letzte Woche den Entwurf des VP-Verhandlungsteams veröffentlicht haben widmen wir uns diese Woche dem Entwurf des Bundeskanzleramts, der im Juni als Initiativantrag ins Parlament eingebracht werden sollte.

Beginnen wir mit dem Positiven: Einige unserer Forderungen, die wir den Verhandlungspartnern der Koalitionsparteien vorgebracht haben, sind in diesen Verfassungsentwurf (“BKA-Entwurf”) eingeflossen. So enthält dieser (wie auch der VP-Entwurf) u.a.:

  • Die Schaffung eines unabhängigen Transparenzbeauftragten
  • Die Verpflichtung zur proaktiven Veröffentlichung von bestimmten Daten

Gleich zu Beginn: Die Entwürfe ähneln einander stark. Der BKA-Entwurf läuft auf eine einheitlichere Regelung hinaus: der Bund wäre zum Erlassen von Grundsatzgesetzen ermächtigt, die den Ländern bei der Umsetzung in Ausführungsgesetzen weniger Spielraum für restriktivere Regelungen lassen würde. In den meisten anderen Aspekten ist der VP-Entwurf sowohl ausgereifter als auch konkreter gefasst.

Die hard facts

Im BKA-Entwurf gibt es kein Auskunftsrecht gegenüber öffentlichen Unternehmen oder gegenüber der Justiz. Der VP-Entwurf geht hier weiter und macht “nur” vor börsennotierten Unternehmen halt.

Die Liste der Einschränkungen der Informationsfreiheit kann in beiden Fällen sehr weit ausgelegt werden. Im VP-Entwurf ist der Katalog der Ausnahmen allerdings präziser formuliert – alle Ziele, zu denen die Auskunftspflicht beschränkt werden darf, sind ausdrücklich genannt. Der BKA-Entwurf ist da etwas schwammiger: Er erlaubt die Verweigerung der Auskunft schon dann, wenn “besonders wichtige[…] öffentliche[…] Interessen” dem Recht auf Information entgegenstehen. Hinter einer derart breiten Formulierung können wichtige und politisch heikle Informationen besonders einfach versteckt werden.

Der VP-Entwurf sieht 10 (9 Länder + 1 Bund) Transparenzbehörden vor, im BKA-Entwurf ist von einem Transparenzbeauftragten die Rede, wobei auch in diesem Punkt Details fehlen. Vor allem bleibt die Frage offen, ob er auch für Landessachen zuständig wäre.

Auffallend einig sind sich die Regierungsparteien in folgenden Punkten: Beide sehen vor, dass der Datenschutz die Informationsfreiheit “sticht”. Unserer Forderung nach einer fallweisen Interessensabwägung zwischen Datenschutz und Informationsfreiheit, die dem Recht auf Information wo möglich Vorrang gibt, wird nicht nachgekommen.

Die Defininition von “Information” ist auch in beiden Entwürfen gleichermaßen fantasievoll:

Information ist jede amtlichen bzw. unternehmerischen Zwecken dienende Aufzeichnung, ausgenommen Entwürfe und Notizen, unabhängig von der Art ihrer Speicherung. Nur gesichertes Wissen im tatsächlichen Bereich stellt eine Information dar.

(Anm.: Hervorhebung von uns)

Dennoch freuen wir uns, dass wir beide Parteien vom Konzept des unabhängigen Kontrollorgans überzeugen konnten. Unsere Forderungen nach einer gut definierten, überschaubaren Liste von Ausnahmen, einem starken und einheitlichen Grundrecht auf Information und einer Formulierung dieses Rechtes in Form einer Staatszielbestimmung bleiben natürlich weiterhin aufrecht!

Wir bleiben weiterhin dran und tun unser Bestes, um die Koalitionsparteien auch von unseren anderen Forderungen zu überzeugen.

Der BKA-Entwurf im Original (PDF)

EIN Verfassungsentwurf zur Abschaffung des Amtsgeheimnisses ist eingetroffen

Vor zwei Wochen haben wir in einem offenen Brief, an Staatssekretär Ostermayer von der SPÖ und Staatssekretär Kurz von der ÖVP, die beiden Regierungsparteien dazu aufgefordert ihre jeweiligen Verfassungsentwürfe zur Abschaffung des Amtsgeheimnisses öffentlich zu machen.

Seitens Staatssekretär Ostermayer gibt es bis heute – trotz erneuter Anfrage – keine Reaktion.

Aus dem Büro von Staatssekretär Kurz liegt uns hingegen ein Entwurf vor, den wir hiermit veröffentlichen.

Der Entwurf der ÖVP

Erfreulich ist, dass einige unserer Forderungen in den Verfassungsentwurf der ÖVP aufgenommen wurden. So enthält dieser u.a.:

  • Die Schaffung einer Kontrollbehörde
  • Die Verpflichtung zur proaktiven Veröffentlichung von bestimmten Daten
  • Die Einbindung von ausgesuchten staatsnahen Unternehmen

Was auf den ersten Blick vielversprechend aussehen mag, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als höchst lückenhaftes Bekenntnis zur Informationsfreiheit.

Wie ist es sonst zu erklären, dass zwar eine Behörde zur Kontrolle der Informationsfreiheit  gefordert wird, jedoch ohne  Auskunft über ihre Bestellung, Funktionsperiode, Verantwortlichkeit und Geheimhaltungspflichten zu geben? Dass man sich zur proaktiven Veröffentlichung bekennt, diese im selben Satz aber nur bei bestimmten Daten anwenden will? Und Ähnliches für staatsnahe Unternehmen gilt?

Der wichtigsten Forderung, nach einem einheitlichen Recht auf allen drei Ebenen des Staates, – Bund, Länder, Gemeinden – das allen BürgerInnen das gleiche Recht auf Information gegenüber der Verwaltung zuspricht, wird nicht nachgekommen.
Stattdessen soll jedes Bundesland seine Informationsrechte selbst festlegen und kann sich damit aussuchen, welche Informationen veröffentlicht werden und welche nicht. In solch einem System stöße ein/e WienerIn innerhalb einer Stunde Fahrzeit (Wien–St. Pölten) auf drei verschiedene Rechtsauslegungen und Interpretationen von Informationsfreiheit (Bund, Wien und Niederösterreich). Der Burgenländer erführe weniger als die Tirolerin und ein steirischer Akt würde liberaler gehandhabt als sein Pendant in Oberösterreich.

Außerdem sind anstelle eines zentralen Kontrollorgans  z e h n  Institutionen vorgesehen, eine für jedes Bundesland sowie die zehnte auf Bundesebene. Dadurch kommt es zu einer Zersplitterung der Bürgerrechte, die unserer Forderung nach einer umfassenden und einheitlichen Informationsfreiheit widerspricht. Schließlich sollten Bürgerrechte für alle einheitlich gelten!

Die Definition von Information

Der Entwurf der ÖVP beschreibt Information wie folgt:

Information ist jede amtlichen bzw. unternehmerischen Zwecken dienende Aufzeichnung, ausgenommen Entwürfe und Notizen, unabhängig von der Art ihrer Speicherung. Nur gesichertes Wissen im tatsächlichen Bereich stellt eine Information dar.

Es mutet seltsam an, wenn zwar Statistiken, Gutachten und Studien als Information deklariert werden, Entwürfe und Notizen – sowie individuelle Gutachten (siehe Seite 4 des Entwurfs) – aber nicht. Wenn ein umfassendes Recht auf Information geschaffen werden will – und das ist bekanntlich das Ziel dieses Verfassungsentwurfes – muss den BürgerInnen der Zugang zu allen Arten von Informationen gestattet sein, siehe dazu die Definition im Hamburger Transparenzgesetz:

“Informationen sind alle Aufzeichnungen, unabhängig von der Art ihrer Speicherung”.

Datenschutz sticht Informationsfreiheit

Sobald das Recht auf Datenschutz einer Veröffentlichung “entgegensteht”, darf nicht veröffentlicht werden. Dabei wird allerdings nicht näher definiert welches Recht auf Datenschutz gemeint ist. Auch wir fordern eine Geheimhaltung bestimmter Informationen, sofern das Recht auf Datenschutz natürlicher Personen gefährdet wäre.

Der Entwurf der ÖVP fasst diesen Begriff sehr weit und sieht in diesem Fall weder eine Ausnahme für die Daten von juristischen Personen noch eine Interessensabwägung vor. Folglich wären z.B. Unterlagen zu behördlichen Anschaffungen von der Informationspflicht ausgenommen. Das trifft übrigens auch auf alle börsennotierten Unternehmen zu.

***

Der Entwurf des ÖVP-Verhandlungsteams im Wortlaut:

179_24 06 13 Beilage_Informationsfreiheitsgesetz (1)

 

 

OFFENER BRIEF: Veröffentlichung des nicht-öffentlichen Antrags zur Abschaffung des Amtsgeheimnisses

„Ein Transparenzgesetz durch einen intransparenten Gesetzgebungsprozess abzuwickeln, das wird nicht gehen”
Klubobmann Karlheinz Kopf (ÖVP), 12. Juni 2013, Parlament

Offener Brief

an
Staatssekretär Josef Ostermayer
Staatssekretär Sebastian Kurz

Wien, 11. Juli 2013

Betrifft: Veröffentlichung des nicht-öffentlichen Antrags zur Abschaffung des Amtsgeheimnisses

Sehr geehrter Herr Staatssekretär Dr. Ostermayer,
sehr geehrter Herr Staatssekretär Kurz,

Sie haben den Österreicherinnen und Österreichern seit Februar mehrfach öffentlich versprochen, das Amtsgeheimnis noch in dieser Gesetzgebungsperiode abzuschaffen und an seiner Stelle ein Recht der Bürger auf Information in der Verfassung zu verankern.

Noch am 22. Mai 2013 versprachen Sie, ein entsprechender Initiativantrag würde am 12. Juni 2013 im Parlament eingebracht und nach Behandlung im Verfassungsausschuss Anfang Juli im Plenum beschlossen werden.

Das wäre vor genau einem Monat gewesen. Der Antrag auf Abschaffung des Amtsgeheimnisses wurde nicht eingebracht.

Nur Stunden bevor dieser Antrag eingebracht werden sollte, erklärte Klubobmann Karlheinz Kopf (ÖVP) nämlich, dass über eine derart wichtige Frage ein vorheriges Begutachtungsverfahren unbedingt erforderlich sei, seine Partei werde den Antrag daher nicht mit einbringen. Über eine grundlegende Transparenzbestimmung müsse auch öffentlich diskutiert werden.

Dass eine öffentliche Diskussion der Abschaffung des Amtsgeheimnisses erforderlich ist, steht für uns außer Frage, genau diese haben wir ja initiiert. Dass ein formelles Begutachtungsverfahren durch das Bundeskanzleramt erforderlich sei, wurde von beiden Parteien im Mai aber noch verneint.

(Siehe: http://derstandard.at/1363711872457/Koalition-bei-Informationsfreiheit-weitgehend-einig).

Wie schon bei einigen anderen wichtigen Gesetzen der letzten Zeit wäre natürlich auch eine Begutachtung durch den Ausschuss möglich und sinnvoll gewesen – wenn sich denn die Koalition in den wichtigsten Punkten ohnehin bereits einig gewesen wäre.

Gewünscht wurde also eine öffentliche Diskussion des Verfassungsentwurfs zur Abschaffung des Amtsgeheimnisses. Wir wünschen diese ebenfalls. Dieser geplante Antrag ist allerdings bis heute geheim.

Nachdem der Initiativantrag nur Stunden nach der Absage von Klubobmann Kopf von den Verfassungssprechern eingebracht werden sollte, liegt zweifellos ein fertig ausformulierter Entwurf des Bundeskanzleramts vor.

Wir ersuchen Sie um Übermittlung dieses Antrags, um endlich jene breite öffentliche Diskussion zu starten, die von Seiten der Regierungsparteien ja gewünscht ist.

Mit vorzüglicher Hochachtung,
Josef Barth und Hubert Sickinger

Transparenzgesetz.at
Die unabhängige Initiative für Informationsfreiheit in Österreich

Transparenzgesetz tanzt! – Das Fest

Transparenzgesetz tanzt

Der 4. Juli hätte ein besonderer Tag sein können: An diesem Tag, so hatte die Regierung versprochen, würde das Amtsgeheimnis abgeschafft und die Informationsfreiheit in die Verfassung geschrieben. Die Bürgerrechte hätten einen neuen Stellenwert in Österreich bekommen…

Doch die Regierung hat sich’s anders überlegt. Und ihr Versprechen dann doch nicht gehalten.

Wir werden den Damen und Herren nicht den Gefallen tun Trübsal zu blasen. Wir werden ihnen auch nicht den Gefallen tun, das still hinzunehmen.

Im Gegenteil: Wir begehen das mit einem kleinen Protestfest!

“Transparenzgesetz tanzt!”
Am 4. Juli, ab 19.30 Uhr, im Achtundzwanzig in der Wiener Schlösselgasse 28.
(Dafür haben wir uns auch das Bild von den Jungs dort ausgeborgt – Danke euch!;))

Wir würden uns freuen einige von jenen, die uns schon das ganze Jahr bei unserem Engagement unterstützt haben, kennen zu lernen! Wir versprechen euch jedenfalls: Wir werden euch reinen Wein einschenken! – Freuen uns auf euch!

Transparenzgesetz.at kritisiert den ÖVP-Rückzieher zur Abschaffung des Amtsgeheimnisses

+++ Pressemeldung +++

Transparenzgesetz.at kritisiert ÖVP-Rückzieher zur Abschaffung des Amtsgeheimnisses

Initiative: „Regierung hat es nicht geschafft innerhalb eines halben Jahres zwei Absätze umzuformulieren“ – Mit heutigem Plenartag verstreicht wohl letzte Chance auf Änderung in dieser Legislaturperiode

Wien – Die Initiative Transparenzgesetz.at kritisiert den ÖVP-Rückzieher zur Abschaffung des Amtsgeheimnisses. Damit hat die Regierung ihr Versprechen gebrochen, das Amtsgeheimnis noch vor dem Sommer abzuschaffen.

Denn mit dem Ablaufen des letzten Plenartages der aktuellen Parlamentswoche vergeben die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP die letzte Chance, das Amtsgeheimnis noch vor der Wahl aus der Verfassung zu streichen.

Regierungsparteien sollen ihre Vorschläge veröffentlichen

„Die Regierung hat es leider nicht geschafft, innerhalb eines halben Jahres zwei Absätze in der Verfassung zu umzuformulieren“, sagt der Gründer der Initiative Josef Barth. „Hätten wirklich alle Beteiligten gewollt, wäre das problemlos möglich gewesen.“

Das zeige nicht zuletzt der von Experten ausgearbeitete Entwurf, den Transparenzgesetz.at zuletzt vorgestellt hat. Diese Verfassungsbestimmung hatte die Initiative innerhalb weniger Wochen ausformuliert und SPÖ und ÖVP bereits vor drei Wochen zur Verfügung gestellt. Doch bislang gab es keinen Kommentar der beiden Fraktionen dazu, weshalb ihn die Initiative nun selbst veröffentlichte.

Umgekehrt fordert die Initiative nun SPÖ und ÖVP auf, ihren Vorschlag für die Abschaffung des Amtsgeheimnisses vorzulegen. „Wenn die Regierungsparteien eine öffentliche Begutachtung wollen, dann sollen sie die Bürger ihren Vorschlag doch endlich begutachten lassen“, so die Gründer der Initiative. Da die Regierungsparteien ihn diese Woche im Parlament hätten einbringen wollen, muss dieser ja fertig sein.

Konsens der Regierungsmannschaft ausgehebelt

ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf hat nun den Konsens der Regierungsmannschaft über die Vorgangsweise ausgehebelt. Er widerspricht damit der Einigung der koalitionären Arbeitsgruppe: Diese hatte am 22. Mai versprochen, die Verfassungsänderung noch vor dem Sommer via Initiativantrag im Parlament zu beschließen.

„Entweder ist den Beteiligten Politikern erst jetzt klar geworden, was eine Verfassungsänderung bedeutet“, sagt der Politikwissenschafter Hubert Sickinger. „Oder es haben sich in letzter Sekunde die Kräfte in der ÖVP durchgesetzt, die das Amtsgeheimnis um jeden Preis halten wollen – auch wenn dieser Preis die Reputation der Bundesregierung in Sachen Transparenz ist.“

Initiative legte Experten-Entwurf zur Abschaffung des Amtsgeheimnisses vor

Die Initiative Transparenzgesetz.at hat selbst einen Entwurf zur Abschaffung des Amtsgeheimnisses vorgelegt. Die Verfassungsbestimmung wurde von Experten wie dem Rechtsanwalt Alfred Noll, dem Politikwissenschafter Hubert Sickinger, dem Universitätsjuristen Daniel Ennöckl sowie dem ehemaligen Chef der Antikorruptions- Staatsanwaltschaft Walter Geyer erarbeitet und auch vom ehemaligen Rechnungshofpräsidenten Franz Fiedler voll inhaltlich unterstützt.

Mehr als 10.000 Menschen unterstützen Transparenzgesetz.at

Transparenzgesetz.at – Die unabhängige Initiative für Informationsfreiheit in Österreich wurde vom ehemaligen profil-Journalisten Josef Barth und dem Anti-Korruptionsexperten Hubert Sickinger gegründet. Die Petition „Transparenzgesetz statt Amtsgeheimnis“ wurde mittlerweile von mehr als 10.000 Menschen unterschrieben.

Die Initiative setzt sich für einen Transparenzgesetz nach Hamburger Vorbild ein: Mit einem umfassenden Recht auf Information und Einsicht in die Akten der Verwaltung, und einer proaktiven Veröffentlichungspflicht von Daten und Dokumenten für Behörden in einem zentralen Onlineregister, kontrolliert von einem unabhängigen Beauftragten für Informationsfreiheit und Datenschutz.

Die Chronologie der Verhandlungen um das Amtsgeheimnis

Am 30. Jänner starteten wir unsere Kampagne für Informationsfreiheit in Österreich. SPÖ und ÖVP waren sich von Beginn an einig – und haben es dennoch innerhalb eines halben Jahres nicht geschafft die zwei Absätze zum Amtsgeheimnis aus der Verfassung zu streichen – und sich auf einen neue Formulierung zu einigen. Eine kurze Chronologie.

– 12. Feburar: SPÖ und ÖVP sind einig, das Amtsgeheimnis abzuschaffen.

– 5. März: Das Bundeskanzleramt legt einen ersten Entwurf vor.

– 11. März: SPÖ und ÖVP einigen sich auf eine Arbeitsgruppe: mit Staatssekretär Ostermayer, Beamtenministerin Heinisch-Hosek, Verfassunssprecher Wittmann (alle SPÖ) und Staatssekretär Kurz, Justizministerin Karl, Verfassungssprecher Gerstl (alle ÖVP).

– Ende April: Die Verhandlungsgruppe tagt erstmals.

– 3. Mai: SPÖ und ÖVP erklären erneut, dass sie das Gesetz unbedingt wollen – nachdem Umweltminister Berlakovich (ÖVP) unfreiwillig mit der Pestizid/Amtsgeheimnis-Affäre neue Argumente geliefert hat. Die ÖVP erklärt, sie beharre nun doch nicht auf einer parlamentarischen Enquette.

– 21. Mai: SPÖ und ÖVP lassen den letzten Ministerrat verstreichen, mit dem die Verfassungsänderung als Regierungsvorlage vor dem Sommer ins Parlament geschickt hätte werden können. Das nächste Treffen der Arbeitsgruppe wurde erst für den folgenden Tag angesetzt.

– 22. Mai. SPÖ und ÖVP versprechen nach einem Treffen der Arbeitsgruppe, die Verfassungsänderung am 12. Juni per Initiativantrag einzubringen und zu beschließen. (Die Ausarbeitung eines einfachgesetzlichen Transparenzgesetzes wurde dabei ohnehin schon auf 2014 verschoben.)

– 11. Juni: Am Tag vor dem versprochenen Initiativantrag haben SPÖ und ÖVP noch immer keinen gemeinsamen Entwurf veröffentlicht.

– 12. Juni: ÖVP-Klubchef Kopf wagt sich aus der Deckung – gegen die unzähligen Beteuerungen zahlreicher Regierungsmitglieder heißt es nun, die ÖVP werde einer Abschaffung des Amtsgeheimnisses nicht ohne „mehrwöchige Begutachtung“ durch die Öffentlichkeit zustimmen. Seine Begründung: Man sei „textlich noch nicht so weit“ – mehr als vier Monate, nachdem es in der Regierung Konsens in dieser Frage gegeben hat…

Machen Sie sich selbst Ihr Bild.

Der Experten-Entwurf zur Abschaffung des Amtsgeheimnisses

Wir haben eine Verfassungsbestimmung geschrieben. Warum? Weil es nötig war.

Die Regierung hat versprochen, das Amtsgeheimnis abzuschaffen. Die nötigen Absätze (Art. 20, Abs. 3 u. 4) sollen aus der Verfassung gestrichen werden, und durch eine umfassende Regelung der Informationsfreiheit ersetzt werden.

Diese Bestimmung ist die inhaltliche Grundlage für ein späteres Transparenzgesetz. Diese Bestimmung ist aber vor allem die Entscheidung darüber, ob Informationsfreiheit in Österreich ein starkes Bürgerrecht ist, oder sie durch Ausnahmen und Länderregelungen durch zu viele Lücken für Behörden und Politik schwammig oder verwaschen wird.

Üblicherweise werden so wichtige Entscheidungen vom Ministerrat beschlossen, eine Regierungsvorlage erarbeitet und dann in Begutachtung geschickt. Damit möglichst viele Institutionen dazu Stellung nehmen können und seine Bürgerinnen und Bürger Monate im Voraus wissen, was für Österreich beschlossen werden soll.

Nicht so hier.

Trotz frühzeitiger Willenserklärungen beider Koalitionsparteien schon Anfang des Jahres das Amtsgeheimnis abschaffen zu wollen, ließ sich die Regierung nun lange Zeit mit einer Einigung. So lange, dass diese Verfassungsänderung nach über 90 Jahren nun in nicht mal drei Wochen gemacht werden muss.

Die Verfassungsänderung wird als Initiativ-Antrag einzelner Abgeordneter ins Parlament gebracht, vom Verfassungsausschuss nicht öffentlich (!) hinter verschlossenen Türen diskutiert – und damit einer breiten Debatte in und mit der Öffentlichkeit entzogen.

Zwar wurden wir Ende Mai einmal eingeladen unseren Standpunkt vor den Regierungsparteien SPÖ und ÖVP darzulegen, umgekehrt haben wir bis heute – dem Tag, an dem der Antrag ins Parlament kommen soll – noch keine Information darüber, wie diese Verfassungsbestimmung nach Vorschlag der beiden Regierungsparteien aussehen soll. Das ist umso bemerkenswerter, als es die Stimmen einer der beiden Oppositionsparteien FPÖ oder Grüne braucht, um das Gesetz beschließen zu können…

Wir schreiben Verfassung

Darum haben wir mit Experten selbst einen Entwurf formuliert, den wir in einer ersten Version auch den Regierungsparteien als Arbeitsvorschlag zur Verfügung gestellt haben. Stilistisch kann man ihn anpassen, inhaltlich enthält er aber das, was ein Bürgerrecht wirklich braucht.

Der wichtigste Punkt: Das Recht auf Information muss einheitlich geregelt sein auf allen drei Ebenen des Staates – Bund, Länder, Gemeinden. In einem Verfassungsgesetz, das allen Bürgern Österreichs das gleiche Recht auf Information gegenüber der Verwaltung verbrieft, samt Zugang zu deren Dokumenten. Informationsfreiheit muss in Österreich Bundessache sein. Bürgerrechte dürfen nicht durch Bundesländerregelungen zersplittert werden.

Eine Staatszielbestimmung soll das Bekenntnis Österreichs zu Transparenz postulieren, die Verfassungsbestimmung das Recht auf Informationsfreiheit seiner BürgerInnen verbriefen.

Hinter dem nun vorgelegten Entwurf stehen führende Juristen wie der Rechtsanwalt Alfred Noll, der Korruptionsforscher Hubert Sickinger, der Universitätsjurist Daniel Ennöckl, der ehemalige Chef der Anti-Korruptionsstaatsanwaltschaft Walter Geyer sowie auch der ehemalige Rechnungshofpräsident Franz Fiedler. Sie alle haben uns unterstützt diesen Entwurf zu formulieren. Sie alle stehen voll inhaltlich dahinter.

Wir können nur hoffen, dass er von der Regierung auch gehört wird.

Um auch Österreichs BürgerInnen ein Recht auf Informationsfreiheit zu garantieren, das diesen Namen auch verdient.

***

Ersatz für die Verfassungsbestimmungen zum Amtsgeheimnis

Der Experten-Entwurf im Wortlaut:
1. STAATSZIELBESTIMMUNG
(IM VERFASSUNGSRANG)

§ 1. (1) Die Republik Österreich (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich zur umfassenden Transparenz des staatlichen Handelns und zur Informationsfreiheit seiner Bürgerinnen und Bürger.

(2) Umfassende Transparenz erfordert die möglichst weitgehende öffentliche Zurverfügungstellung aller Informationen betreffend staatliches Handeln. Sie ist insbesondere durch umfassende amtliche Zugänglichmachung der Ergebnisse staatlichen Handelns – auch in maschinenlesbarer Form -, rasche und kostenlose Hilfeleistung bei Auskunftsbegehren sowie durch Maßnahmen zur Erleichterung und Gewährleistung der Akteneinsicht herzustellen.

§ 2. Mit der Vollziehung dieses Bundesverfassungsgesetzes ist die Bundesregierung betraut.

2. VERFASSUNGSBESTIMMUNG
(ALS ERSATZ FÜR DIE DERZEITIGEN REGELN ZUR AMTSVERSCHWIEGENHEIT IM B-VG)

1.
Jede Person hat ohne Darlegung eines berechtigten Interesses an der Kenntnis des jeweiligen Vorgangs das Recht auf unverzügliche und kostenlose Information über alle Angelegenheiten des Wirkungskreises von Organen,
– die mit Aufgaben der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung betraut sind,
– Organen anderer Körperschaften des öffentlichen Rechts,
– Organen der Gerichtsbarkeit
– Organen der Gesetzgebung
– der Rechnungshöfe,
– der Volksanwaltschaft,
– und sämtlicher Einrichtungen, die der Kontrolle des Rechnungshofes oder vergleichbarer Kontrollinstitutionen der Länder unterliegen sowie Gemeindeverbände, Stiftungen, Fonds und Anstalten.

Dieses Recht umfasst den Zugang zu Akten, Dokumenten und allen sonstigen Informationen, unabhängig von der Art ihrer Speicherung, über die diese Organe verfügen. (Informationsfreiheit)

2.
Beschränkungen dieses Rechts sind nur zulässig, wenn sie ausdrücklich gesetzlich vorgesehen sind.
Eine Beschränkung muss im konkreten Einzelfall zwingend erforderlich sein,
– weil überwiegende berechtigte Geheimhaltungsinteressen Dritter im Sinne des Datenschutzgesetzes (DSG2000) bestehen,
eine unmittelbare und schwerwiegende Gefahr besteht
– für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit,
– für die militärische Landesverteidigung,
– für die außenpolitischen Interessen der Republik Österreich,
– für die wirtschaftliche Existenz einer Körperschaft des öffentlichen Rechts,
oder sie unmittelbar der Vorbereitung einer Entscheidung dienen.

Juristische Personen des Privatrechts, die im Wettbewerb stehen, dürfen die Auskunft beschränken, soweit dies zwingend erforderlich ist, um Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zu wahren.

Bei Beschränkungen ist stets das gelindeste Mittel zu wählen.

3.
Akten, Dokumente und Informationen, die sich unmittelbar auf die Verwendung öffentlicher Mittel beziehen, sind jedenfalls zu erteilen.

Akten, Dokumente und Informationen, die nicht zugänglich gemacht worden sind, weil sie der Vorbereitung einer Entscheidung dienen, sind jedenfalls zugänglich zu machen, sobald die Entscheidung getroffen worden ist.

4.
Angelegenheiten der Informationsfreiheit, einschließlich der Beschränkungen dieses Rechts, sind Bundessache in Gesetzgebung und Vollziehung.

***

Von Eisenstadt nach Bregenz – eine bürokratische Odyssee

Ex-Rechnungshofpräsident Franz Fiedler hat kürzlich den Gesetzesentwurf des Bundeskanzleramts kritisiert – und das zu Recht, wie wir finden. Ein Hauptkritikpunkt von Fiedler: Nach dem Plan der Regierung soll das Informationsfreiheitsgesetz auf den drei Ebenen Bund, Länder, Gemeinden aufgeteilt geregelt werden. Auf diesen Punkt gehen wir hier genauer ein.

Die beanstandete Unterteilung ist problematisch: Die Aufteilung in unterschiedliche Landesgesetze würde laut Franz Fiedler zur „Zersplitterung der Bürgerrechte führen“. Ein solches System relativiert die Informationsfreiheit, was fatal sein könnte. Hierzu ein Gedankenexperiment:

Ein/e WienerIn stößt innerhalb einer Stunde Fahrzeit (Wien–St. Pölten) auf zwei verschiedene Rechtsauslegungen und Interpretationen von Informationsfreiheit. Der Kärntner darf weniger erfahren als die Tirolerin; ein steirischer Akt wird liberaler gehandhabt als sein Pendant in Oberösterreich. Die „Pforten der Wahrnehmung“ stehen dem/der niederösterreichischen AntragstellerIn offen, in Vorarlberg steht man indessen vor verschlossenen Türen.

Dieser Vorschlag der Regierung steht also im Widerspruch zu der umfassenden Informationsfreiheit, die wir fordern und für die Franz Fiedler wirbt. Zudem führt- wie auch Fiedler argumentiert- eine derartige Fragmentierung dazu, dass Bundesländer „mit dem Entwurf ihre Geheimhaltungsinteressen selbst festlegen und sich damit aussuchen welche Informationen sie weiterhin zurückhalten könnten“. Ein „untragbarer Zustand“ – nicht?

Deshalb stimmen wir mit Fiedler überein, wenn er sich für eine zentrale Regelung ausspricht: „Informationsfreiheit muss ausschließlich Bundeskompetenz sein, sowohl in Gesetzgebung als auch Vollziehung.“ 

Denn wir wollen kein Recht mit spezifischer regionaler Prägung- “Made in Styria” und “Made in Tyrol” sind Qualitätskriterien für Lebensmittel – nicht für Bürgerrechte, die österreichweit für alle einheitlich gelten sollten.

Die Autorinnen, Catharina Felke und Sara Hassan, studieren an der Universität Wien Politikwissenschaft und Kunstgeschichte bzw. Psychologie und Komparatistik und sind im Team von Transparenzgesetz.at.

 

Einstimmiges „Ja“ von SPÖ und Grünen: Beide Wiener Regierungsparteien wollen ein Transparenzgesetz

Die „Sektion 8“ der Bezirksorganisation Alsergrund hat am Landesparteitag der Wiener SPÖ (27. April) einen Transparenz-Antrag zur Abstimmung vorgelegt. Die Sektion fordert, dass Bund, Länder und Gemeinden alle Dokumente und Daten der Verwaltung offenlegen – dabei aber gleichzeitig die individuellen Daten sowie Geschäfts- und Staatsgeheimnisse schützen.Zudem fordert die „Sektion 8“, dass die Verwaltung die Information „in einem offenen, maschinlesbaren Format im Internet in einem Informationsregister verfügbar macht“. Die seitens der SPÖ Wien vorgelegten Pläne „sehen neben der Erteilung von Auskünften auch ein Recht auf Akteneinsicht und Aktenkopien vor.“ Dieser Antrag wurde einstimmig angenommen.

Auch die Landeskonferenz der Grünen Wien hat sich vor zwei Wochen einstimmig für die Abschaffung des unzeitgemäßen, obrigkeitsstaatlich Amtsgeheimnisses und für ein modernes Informationsfreiheitsgesetz nach Hamburger Vorbild ausgesprochen. Die Grünen sind eigentlich für eine bundesweite Regelung. Allerdings halten sie eine Realisierung vor der Nationalratswahl im Herbst für „äußerst unwahrscheinlich”  und konzentrieren sich deswegen vorrangig auf Wien.