Forum Informationsfreiheit fordert echte Transparenz bei der Parteienfinanzierung

Bürgerrechtsorganisation begrüßt die Vorschläge von RH-Präsidentin Kraker, spricht sich für Straftatbestand und Offenlegungen vor der Wahl aus.

Wien, 23 Mai 2019 – Die Entwicklungen der vergangenen Tage zeigen klar: die in Österreich weiter vorherrschende Intransparenz bei der Parteienfinanzierung und von Entscheidungen der Politik erleichtert Korruption und Amtsmissbrauch. Die bisherigen Regeln sind völlig ungenügend.

„Das Ibiza-Video muss ein Weckruf sein. Es braucht jetzt umfassende Offenlegungspflichten und echte Kontrolle der Parteifinanzen und das beste Transparenzgesetz Europas”, sagt Mathias Huter, Generalsekretär des Forum Informationsfreiheit (FOI). „Das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in Demokratie und Rechtsstaat muss gestärkt werden.”

Das FOI begrüßt die Vorschläge von Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker, dem Rechnungshof endlich die Kontrolle der Parteifinanzen sowie von vorgeschalteten Vereinen und Initiativen zu erlauben, und abschreckende Sanktionen bei Verstößen gegen das Parteiengesetz einzuführen.

„Es braucht darüber hinaus auch eine umfassende und zeitnahe Offenlegung der Parteifinanzen. Parteien sollten ihre Wahlkampfausgaben, erhaltene Spenden und Sponsorengelder sowie andere Geldquellen bereits eine Woche vor einer Wahl offenlegen müssen. Damit die Wählerinnen und Wähler diese Informationen haben, bevor sie ihre Stimme abgeben”, sagt Huter.

In der Slowakei etwa werden Wahlkämpfe über gläserne Parteikonten abgewickelt, die die Öffentlichkeit online in Echtzeit einsehen kann. Welche Spenden österreichische Parteien im EU-Wahlkampf erhalten haben, erfährt die Öffentlichkeit nach geltenden Regeln erst im Sommer 2021 – doch selbst diese Offenlegungspflichten können einfach und meist ohne Konsequenzen umgangen werden.

„Ein Straftatbestand der illegalen Parteifinanzierung wäre sinnvoll. Damit wäre es der Staatsanwaltschaft möglich, in schweren Fällen zu ermitteln, was sie bislang nicht kann”, sagt Huter.Eine Neuregelung der Parteienfinanzierung müsse Teil eines umfassenden Transparenzgesetzes sein, fordert das FOI:

  • Ein Bürgerrecht auf Zugang zu staatlicher Information samt Dokumentenzugang, Veröffentlichungspflichten und effektiver Durchsetzung
  • Echte Nachvollziehbarkeit bei staatlichen Auftragsvergaben, Privatisierungen und Förderungen, inklusive der Veröffentlichung von Verträgen
  • Offenlegung von wirtschaftlichen Interessen, Positionen und Funktionen von gewählten Mandataren, mit Kontrolle und Sanktionsmöglichkeiten
  • Klare Regeln, um die Grenze zwischen staatlichen Institutionen und Parteiinteressen zu markieren und den Missbrauch staatlicher Ressourcen durch Parteien zu verhindern

Das Forum Informationsfreiheit hat, zusammen mit Hubert Sickinger, Dossier.at und MeineAbgeordneten.at, bereits vor zwei Jahren umfassende Reform-Vorschläge zur Parteienfinanzierung vorgelegt: https://www.informationsfreiheit.at/2017/09/01/transparenzpaket_evaluierung/

Rückfragehinweis:
Mathias Huter
Generalsekretär, Forum Informationsfreiheit
mathias.huter@informationsfreiheit.at
+43 699 126 39 244

Sozialhilfe: Bürgerrechtsorganisationen warnen vor „gläsernem Bürger“

epicenter.works und Forum Informationsfreiheit kritisieren geplante Datensammlung zu Sozialhilfeempfängern

23. April 2019, Wien – Vor einer massiven und unverhältnismäßigen Sammlung von höchst persönlichen Daten zu den Bezieherinnen und Beziehern der geplanten „Sozialhilfe“ warnen die Bürgerrechtsorganisationen epicenter.works und Forum Informationsfreiheit vor dem für Donnerstag geplanten Beschluss des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes sowie des Sozialhilfe-Statistikgesetzes. Letzteres verlangt von den Ländern, die für die Auszahlung und Kontrolle der Sozialhilfe zuständig sind, Daten wie etwa die Staatsangehörigkeit und den Geburtsort der leiblichen Eltern der Sozialhilfe-Bezieherin bzw. des Beziehers zu sammeln und in die sogenannte Transparenzdatenbank einzuspeisen. Damit bekommt die Bundesregierung Zugang zu diesen höchst persönlichen Daten.

„Zum einen gehen die Zwecke der Verarbeitung von Daten im Gesetz weit über die Statistik hinaus. Der Bund hat zudem keine Kompetenzgrundlage für die Vollziehung der Sozialhilfe, ist also nicht zur im Statistikgesetz genannten ‚Aufrechterhaltung des Sozialwesens und der Feststellung der Voraussetzungen und Höhe der Leistung der Sozialhilfe‘ berechtigt“, sagt Iwona Laub von epicenter.works. „Aufgrund der Verarbeitung dieser großen Menge an vorwiegend sensiblen Daten bedarf es einer Datenschutz-Folgenabschätzung, die im vorliegenden Entwurf aber noch gänzlich fehlt“, sagt Laub.  

Der Begriff Transparenz werde jetzt von der Politik gezielt umgedeutet, um höchst sensible Daten über Bürger zu sammeln. Wer in Zukunft in eine soziale Notlage gerate, drohe zum „gläsernen Bürger“ zu werden, warnen die beiden Organisationen.

Bislang wurden in der sogenannten Transparenzdatenbank in erster Linie Fördergelder von zwei mitmachenden Bundesländern erfasst. Die dringend nötige Transparenz hat die Datenbank jedoch nicht geschaffen – anders als ihr Name vermuten lassen wurde, sind die darin erfassten Informationen nicht für die Öffentlichkeit zugänglich.

Bei echter staatlicher Transparenz geht es darum, dass die Bürger als Souverän des Staates kontrollieren können, welche Regierungsstellen welche Aufträge, Förderungen und Subventionen an sich darum bewerbende Unternehmen und Organisationen vergeben. Die Politik hat dabei einen großen Entscheidungsspielraum. Die Öffentlichkeit muss deshalb die Legitimität dieser Ausgaben prüfen können, um die Entscheidungsträger zur politischen Verantwortung für ihr Handeln ziehen zu können.

Bei der Sozialhilfe geht es jedoch um Bürgerinnen und Bürger, die ihren Rechtsanspruch geltend machen und in das letzte soziale Auffangnetz unserer Gesellschaft fallen. Die Landesverwaltungen haben aufgrund der detaillierten gesetzlichen Vorgaben keinen Entscheidungsspielraum, müssen anhand enger Vorgaben über die Auszahlung entscheiden und können diese auch anhand der vorgegebenen Kriterien kontrollieren. Eine exzessive Datensammlung, die Einspeisung in die sogenannte Transparenzdatenbank und die willkürliche oder gar mutwillige Verknüpfung von ganz unterschiedlichen Datenbeständen erfüllt kein Kontrollziel. Eine verantwortungsvolle Politik erkennt diesen Unterschied.

„Es ist zu befürchten, dass diese persönlichen Daten in der Folge für parteipolitische Zwecke instrumentalisiert werden könnten. Anders lässt sich die Datensammlung kaum erklären“, sagt Mathias Huter, Generalsekretär des Forum Informationsfreiheit. „Nachdem sich die Regierungsparteien jeglicher Transparenz dort verweigern, wo sie nötig ist, wird der Begriff nun dafür missbraucht, um die Bekanntgabe höchstpersönlicher Informationen von besonders bedürftigen Bürgerinnen und Bürger zu rechtfertigen“, sagt Huter.

Rückfragehinweis:

Iwona Laub, Kommunikation epicenter.works
+43 699 181 77 005
iwona.laub@epicenter.works

Mathias Huter, Generalsekretär des Forum Informationsfreiheit (FOI)
+43 699 126 39 244
mathias.huter@informationsfreiheit.at

Reform der „Transparenzdatenbank“ bringt hohe Strafdrohung für Transparenz

Die „Transparenzdatenbank“ wird kosmetisch reformiert. Förderungen der öffentlichen Hand werden für die Bürgerinnen und Bürger jedoch weiterhin nicht nachvollziehbar sein.

Schlimmer noch: die geplante Novelle des Transparenzdatenbankgesetzes 2012 (die Begutachtung endet am 4. Jänner 2019) sieht eine existenzbedrohende Geldstrafe für das Herstellen von Transparenz vor.

Wir befürchten dadurch eine massive Einschränkung der Meinungs- und Informationsfreiheit.

Klar ist: Die „Transparenzdatenbank“ verdient ihren Namen nicht, wie wir in unserer Stellungnahme an Parlament und Finanzministerium im Rahmen des Begutachtungsprozesses betonen. Es sind weiterhin keine Pläne ersichtlich, weitläufige Transparenz über die Empfänger von Förderungen zu schaffen, wie es beispielsweise bei der Transparenzdatenbank für EU-Agrarförderungen, sowie bei anderen EU-Förderungen längst der Fall ist.

Strafbestimmung

„§38. Wer über das Transparenzportal abrufbare Daten verarbeitet ohne dazu berechtigt zu sein, begeht, sofern die Tat nicht einen Tatbestand nach Art. 83 DSGVO verwirklicht oder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 50.000 Euro zu bestrafen. Auch der Versuch ist strafbar.“

Diese Verschärfung der Strafbestimmung könnte zu einer völlig unverhältnismäßigen und damit unzulässigen Einschränkung des Grundrechts auf Meinungs- und Informationsfreiheit gemäß Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention führen:

Die auf 50.000 Euro erhöhte Geldstrafe für das Verarbeiten – und damit auch das Veröffentlichen – von Daten betreffend öffentliche Subventionen und Förderungen könnte eine abschreckende Wirkung haben und Recherchen und Analysen durch Journalist_Innen, Blogger_Innen, universitäre Forscher_Innen und zivilgesellschaftliche Organisationen bedrohen.

Das Einbringen eines Auskunftsbegehrens zu ausbezahlten Förderungen, etwa über unser Bürgerportal FragDenStaat.at, könnte in Zukunft existenzbedrohend werden – und zwar sowohl für Anfragende, als auch für die Mitarbeiter_Innen der Verwaltung, die eine Auskunft auf Basis der anwendbaren Auskunftspflichtgesetze erteilen. Besorgniserregend ist insbesondere, dass die Strafbestimmung auf Fälle abzielt, in denen dezidiert kein Straftatbestand wie Amtsmissbrauch oder Verletzung des Amtsgeheimnisses und keine Verletzung der DSGVO vorliegt.

Ebenso ist unser Projekt Parteispenden.at von der Geldstrafe bedroht, weil wir dort Daten zu Förderungen an Parteien und parteinahen Organisationen so weit als möglich recherchieren und aufbereiten – die auch in der Transparenzdatenbank erfasst sein könnten (was wir nicht nachprüfen können, denn die Daten dort sind ja geheim).

Daten zu öffentlichen Förderungen finden sich in (oft unvollständigen und kaum zugänglichen und weiterverwendbaren) jährlichen Förder- bzw. Subventionsberichten, die das Finanzministerium, einige Bundesländer und Städte in verschiedenen Formen und Formaten veröffentlichen, sowie etwa auch in Rechenschaftsberichten, die Parteien an den Rechnungshof übermitteln müssen und von diesem veröffentlicht werden. Wer „berechtigt“ ist, derartige Daten weiterzuverarbeiten, ist nicht geregelt.

Werden solche Daten weiterverwendet, oder auf andere Weise recherchiert und aufbereitet – oder wird dies auch nur versucht – so sollen nun 50.000 Euro Geldstrafe drohen, ohne dass abgewogen wird, ob ein öffentliches Interesse an der Verarbeitung und Veröffentlichung der Daten besteht, oder auf welchem Wege die Daten erworben bzw. erhoben wurden. Diese Novelle schafft somit zusätzlich Rechtsunsicherheit in einem nicht zu tolerierenden Ausmaß.

Abschreckung von Whistleblowern, die fragwürdige Förderungen bekannt machen

Abschreckend wirkt die Gesetzesänderung auch auf Whistleblower, die Informationen zu Förderungen der öffentlichen Hand öffentlich machen.

Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit sind etwa geheime Förderungen des Landes Niederösterreich an die Dr. Erwin Pröll Privatstiftung (aufgedeckt durch den „Falter“ nach Hinweis eines Whistleblowers – der Zugang zur Förderentscheidung wurde in der Folge durch ein von uns angestrengtes Verfahren vom Landesverwaltungsgericht NÖ bestätigt) und zuerkannte Fördermittel des Landes Tirol an Vereine und Unternehmen aus dem Umfeld des ehemaligen ÖVP-Abgeordneten Dominik Schrott (dokumentiert durch dieTiwag.org sowie durch eine Aufstellung, die wir durch ein Auskunftsbegehren vom Land Tirol erhielten). Beides Fälle, in denen ein überwiegendes öffentliches Interesse an echter Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Verwendung öffentlicher Gelder besteht.

Genauso betroffen von dieser Strafverschärfung können auch parlamentarische Anfragen von Mandataren auf Landes- und Bundesebene im Rahmen des parlamentarischen Interpellationsrechts sein.

Es braucht echte Transparenz

Um Kontrolle und Effizienz von eingesetzten Förderungen und Subventionen zu erhöhen und Nachvollziehbarkeit für Bürgerinnen und Bürger zu schaffen, sollten Details und Daten zu zuerkannten Förderungen und Subventionen zeitnah, umfassend und bürgerfreundlich als Open Data veröffentlicht werden – insbesondere solche an juristische Personen (Vereine, Stiftungen, Unternehmen, etc.).

Veröffentlicht werden sollten auch Details zu den erfolgten Zahlungen: wann welche Gelder ausbezahlt wurden, und ob es zu Rückzahlungen kam. Nur so kann eine effizientere Verwendung öffentlicher Mittel sichergestellt werden. Einzelne Städte – Salzburg, Linz, Innsbruck, Bregenz, Wels, Villach und Eisenstadt – zeigen über die „Subventionschecker“ auf OffenerHaushalt.at längst vor, dass ein Mindestmaß an aktiver Transparenz einfach umsetzbar ist.

Weiters sollte für die Öffentlichkeit klar nachvollziehbar gemacht werden, welche staatlichen Stellen Förderdaten in die „Transparenzdatenbank” einspeisen.

Wir haben die Veröffentlichung der „Transparenzdatenbank“-Evaluierung erreicht

Eine „Kosten-Nutzen-Rechnung für das Projekt Transparenzdatenbank“, die die Universität Innsbruck im Auftrag der Bundesländer erstellt hat, kam 2015 zu dem Schluss, dass die „Transparenzdatenbank“ von Ländern und Gemeinden kaum genutzt wird und keinen monetären Nutzen bringt.

Diese Evaluierung war bis vor kurzem geheim und wurde erst nach einem Auskunftsbegehren des Forum Informationsfreiheit im Oktober 2018 von der Stadt Wien veröffentlicht, wobei ein von uns wenige Monate davor erreichtes Urteil des Verwaltungsgerichtshofs, das erstmals eine Möglichkeit auf Dokumenteneinsicht einräumt, für die Herausgabe ausschlaggebend gewesen sein dürfte.

Dem Wiener NEOS-Landtagsabgeordneten Christoph Wiederkehr war die Studie in einem Auskunftsbegehren 2016 verweigert worden – eine Veröffentlichung sei „nicht vorgesehen“. Eine NEOS-Anfrage im Wiener Landtag hatte ebenso gezeigt, dass selbst die Evaluierung der Transparenzdatenbank intransparent war.

Der Rechnungshof hat die Transparenzdatenbank 2017 unter die Lupe genommen, und das Projekt ebenfalls scharf kritisiert:

„Die Zielsetzungen der Transparenzdatenbank (Transparenz, Missbrauchsverhinderung und Steuerung) waren – sechs Jahre nach ihrer Einführung und nach einem Mittelinstanz des BMF von etwa 13,6 Mio. EUR – nicht erreicht. (…) Die Inhalte der Transparenzdatenbank waren für Entscheidungsträger, abwickelnde Stellen und Öffentlichkeit weitgehend unzugänglich.”

Mauer des Schweigens bröckelt nur langsam: WWF und Forum Informationsfreiheit veröffentlichen Geheim-Kritik am Standortgesetz

Umweltministerium verweigert Herausgabe der detaillierten Kritik, zeigt aber selbst mit weichgespülter Version klare Defizite auf – Köstinger muss irreparables Gesetz stoppen

Wien, am 19. Oktober 2018. Der WWF Österreich und das Forum Informationsfreiheit veröffentlichen heute eine brisante Anfragebeantwortung zum viel kritisierten Standort-Entwicklungsgesetz. Demnach will das von Elisabeth Köstinger geführte Umweltressort entgegen erster Angaben vom 21. August keine formelle Stellungnahme zum Entwurf des Wirtschaftsministeriums abgegeben haben, sondern nur „fachliche Anmerkungen“. Selbst diese werden jetzt nur in einer weichgespülten Form übermittelt, während die Original-Aussagen unter Verschluss gehalten werden.

„Das Umweltministerium weigert sich schon seit über zwei Monaten, die detaillierte Kritik der hausinternen Experten am umstrittenen Standortgesetz zu veröffentlichen. Dadurch wird eine umfassende öffentliche Debatte aus politischem Kalkül heraus untergraben”, kritisieren Mathias Huter, Generalsekretär des Forum Informationsfreiheit, und Hanna Simons, Leiterin Naturschutz beim WWF Österreich. Deshalb war das Umweltministerium bereits im September mit dem Amtsgeheimnis-Award “Mauer des Schweigens” ausgezeichnet worden.

Aufgrund der NGO-Auskunftsbegehren übermittelte das Umweltministerium immerhin allgemeine Erläuterungen, welche Aspekte es gegenüber dem Wirtschaftsministerium am 17. August kritisiert hatte. „Selbst in dieser schöngefärbten Version werden die irreparablen Defizite des Standortgesetzes deutlich. Es dient einzig und allein dazu, den Umweltschutz auf allen Ebenen auszubremsen. Dagegen müsste sich gerade die Umweltministerin mit allen Mitteln wehren anstatt nur schaumgebremst Kritik zu üben“, sagt WWF-Sprecherin Simons.

Zumindest lassen die Angaben des Umweltressorts darauf schließen, dass es die Kritik an der mehrfach rechtswidrigen Genehmigungs-Automatik für Großprojekte teilt: “(…) Zur Genehmigung durch Zeitablauf und zu Beschränkungen des Rechtschutzes wurde auf die erforderliche Vereinbarkeit mit Vorgaben relevanten EU-Rechts, insbesondere der UVP-Richtlinie, der Judikatur des EuGH und internationaler Verpflichtungen, etwa nach der UNECE Aarhus-Konvention und Espoo-Konvention, sowie mit den bestehenden verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen des Rechtschutzes hingewiesen“, schreibt das Ressort, das indirekt auch Haftungsrisiken bestätigt: „Fragen wurden zu Folgewirkungen der vorgeschlagenen Regelungen aufgeworfen, wie möglichen Auswirkungen auf Rechte Dritter und zu Haftungsfragen.“

Völlig unverständlich ist, wieso die Umweltministerin gemäß dem Schreiben nur auf „Verbesserungen“ drängt anstatt sich für die komplette Rücknahme des Standortgesetzes einzusetzen. „Das Aushöhlen der Umweltverträglichkeitsprüfung muss gestoppt werden, die laufende UVP-Novelle richtet ohnehin schon mehr als genug Schaden an. Wer Großprojekte ohne kritische Stimmen durchboxen will, verantwortet mehr Umweltverschmutzung und Naturzerstörung“, warnt Hanna Simons.

Forum Informationsfreiheit: “Ministerium hält bewusst Informationen vor Bürgern geheim”

“Entgegen einer kürzlich durch uns erreichten richtungsweisenden VwGH-Entscheidung hat das Ministerium die Stellungnahme nicht herausgegeben und Detailfragen nicht beantwortet. Darüber hinaus wurde die maximale Antwortfrist von acht Wochen bis zum letzten Tag ausgereizt, obwohl Auskunft per Gesetz ‘ohne unnötigen Aufschub’ erteilt werden hätte müssen”, sagt Mathias Huter, Generalsekretär des Forum Informationsfreiheit. “Das Ministerium hält hier ganz bewusst und ohne rechtliche Notwendigkeit Informationen vor Abgeordneten und Bürgern geheim. Informationen, die zeigen würden, welche Politik die Ministerin machen will. Sie entzieht so ihr Tun der Kontrolle der Bürger, für die sie tätig sein sollte. Das untergräbt die Grundlage eines demokratischen Diskurses – und ist nicht zu tolerieren.”

Die vollständigen Antwortschreiben des Umweltministeriums sind unten bzw. auf der Webseite des WWF Österreich abrufbar.

Rückfragehinweis:
Mathias Huter, Generalsekretär des Forum Informationsfreiheit (FOI)
+43 699 126 39 244
mathias.huter@informationsfreiheit.at

Volker Hollenstein, Politischer Leiter WWF Österreich
+43 664 501 31 58
volker.hollenstein@wwf.at

Antwortschreiben des Umweltministeriums an das FOI

 

Sämtliche Anfragen des Forum Informationsfreiheit zum Standort-Entwicklungsgestz auf FragDenStaat.at

 

 

 

Internationaler Right to Know-Day:
 Informationsfilterung ist „Zensur an der Quelle“

  • Forum Informationsfreiheit verleiht Amtsgeheimnis-Awards 2018:
    „Mauer des Schweigens“ an Stadt Innsbruck, niederösterreichische Gemeinden 
und Ministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus
  • „Goldener Informationsfilter“ für Innenminister Kickl und Mitarbeiter 
für den Versuch politischer Einschränkung öffentlicher Informationen
  • „Mauer des Schweigens“-Sonderpreis für Bundeskanzler Sebastian Kurz für die Nicht-Einhaltung seiner Zusagen zu einem Informationsfreiheitsgesetz

WIEN – Anlässlich des „Internationalen Right to Know-Day“ am 28. September verleiht das Forum Informationsfreiheit (FOI) heuer zum 5. Mal die jährlichen Amtsgeheimnis-Awards „Die Mauer des Schweigens“, um auf die Verletzung der Auskunftspflicht durch Politik und Verwaltung und die Intransparenz staatlichen Handelns aufmerksam zu machen.
Das Forum Informationsfreiheit betreibt seit über 5 Jahren das Portal FragDenStaat.at, über das Bürger, NGOs und Journalisten Anfragen an Behörden nach dem Auskunftspflichtgesetz richten können. Die Behörden sind gesetzlich zur Antwort verpflichtet, verweigern aber oft die Auskunft
 – mit unterschiedlichsten Begründungen.
Der Preis zeichnet die „besondere Bemühungen um die Verweigerung amtlicher Antworten“ aus, und die Geheimhaltung von Informationen von öffentlichem Interesse vor Österreichs Bürgerinnen und Bürgern.
Aus einer Shortlist von 10 Nominierten wählte eine Jury von Juristen, JournalistInnen, BürgerrechtlerInnen die heurigen Preisträger.

Jurymitglied Julia Herrnböck und Generalsekretär Mathias Huter moderierten die Preisverleihung (Foto: Gert Nepel)

Die „Mauern des Schweigens“ des Amtsgeheimnis-Awards 2018 gehen an…

Platz 1: die Stadt Innsbruck, für die Weigerung die Sprengelergebnisse der heurigen Bürgermeisterwahl herauszugeben. Abgelehnt wurde die Anfrage mit der Begründung, das Bundesministerium für Inneres verbiete eine Veröffentlichung der Sprengelergebnisse, was das Ministerium zurückwies. „Daten aus dem Kernbereich der demokratischen Entscheidungsfindung geheim zu halten, zerstört das Vertrauen in demokratische Wahlen und staatliche Institutionen“, so die Jury. Das sei „das Schlimmste, was Intransparenz überhaupt anrichten kann.“

… Platz 2: die niederösterreichischen Gemeinden (in Verbindung mit Gemeindebund, Gemeindevertreterverband und Land NÖ), dafür, Gebühren von insgesamt fast 8.000 Euro allein für die Frage anzudrohen (und teils schon verrechnen), wie vielen Menschen vor der Landtagswahl 2018 das Wahlrecht aberkannt wurde. Die im öffentlichen Interesse liegende Frage wurde von zwei Aktivisten des „Forum Informationsfreiheit“ an alle 573 Gemeinden einzeln gestellt, da das Land NÖ laut eigenen Aussagen sich diese Daten von den Gemeinden nicht mit- übermitteln ließ – und man daher jede einzeln anfragen müsse. (Der Preis geht damit auch an den NÖ Gemeindebund und den NÖ Gemeindevertreterverband, die den Gemeinden empfahlen, diese Gebühren einzuheben, und das Land NÖ, das durch den Beschluss einer schlechten Wahlrechts-Reform und einer fehlenden Erhebung der statistischen Daten dazu so viele Einzelanfragen an Gemeinden überhaupt nötig machte.)

„Es ist absolut inakzeptabel, Informationen von öffentlichem Interesse und essentieller Bedeutung für die Demokratie nur gegen Bezahlung zur Verfügung zu stellen“, so die Jury. Das sei „ein verheerendes Signal für alle aktiven Staatsbürger und NGOs, die aufgrund dieser Rechtsunsicherheit nun fürchten müssen, dass schon allein durch eine Frage in finanzielle Probleme“ gestürzt zu werden. Es zeige auch „das Fehlen eines durchdachten Informationsfreiheitsgesetzes und einer zentralen Kompetenzstelle als starkes und schnelles Schiedsgericht.“ Transparenz verursache Aufwände, beugt aber autoritären Tendenzen vor – und verhindert das Versickern von Millionen und Milliarden öffentlicher Mittel.

… Platz 3: das Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus, das seine Stellungnahme zum umstrittenen Entwurf für das sogenannte „Standortentwicklungsgesetz“ nicht veröffentlicht hat. Die Veröffentlichung einer Stellungnahme im Begutachtungsverfahren ist zwar nicht gesetzlich vorgeschrieben, jedoch absolut üblich ist zwar nicht gesetzlich vorgeschrieben, jedoch absolut üblich. Die Umweltschutzorganisation WWF beantragte die Herausgabe der Stellungnahme auf Basis des Umweltinformationsgesetzes. Diese Anfrage blieb nach Verstreichen der gesetzlich vorgeschriebenen Antwort-Frist dennoch unbeantwortet.

Begründung der Jury: „Stellungnahmen der Ministerien als Exekutive an das Parlament als Legislative sind eine wichtige Grundlage für den Gesetzgebungsprozess – und die öffentliche Debatte darüber. Diese Information der Öffentlichkeit mutwillig zu entziehen, stellt einen Sabotageakt des demokratischen Meinungsbildungsprozesses dar.“ Es lasse sich damit auch nicht mehr nachvollziehen, wessen Interessen hier möglicher Weise durch die Hintertür eingeschmuggelt würden.
Das BMMNT hat zu seinen Nominierung eine Stellungnahme abgegeben, diese finden Sie weiter unten.

Ebenfalls nominiert für den Preis waren heuer darüber hinaus u.a….
… die Stadt Wien (3,7 Millionen Euro an private Verlage für den angeblichen Ankauf von Büchern und Broschüren, die jedoch teilweise nicht geliefert wurden – Stadtführung weigerte sich gegenüber Abgeordneten und Journalisten, detaillierte Infos zu liefern, wo diese überhaupt verteilt wurden, mit dem Argument, solche Nachforschungen seien „wirtschaftlich nicht gerechtfertigt“); … oder das Land Tirol (für die Verweigerung, hunderte Seiten Unteralgen zum Projekt des Wasserkraftwerks Kalersbach nur ausgedruckt, nicht aber elektronisch zu übermitteln, mit dem Argument der USB-Stick mit den Unterlagen sei nicht Teil des elektronischen Akts).

In den vergangenen Jahren ging der Negativ-Preis für die Verhinderung von Transparenz u.a. an das Österreichische Innenministerium (für das Zutrittsverbot für Journalisten zum Flüchtlingslager Traiskirchen) oder den Stadtschulrat Wien (für die Weigerung, Eltern Einsicht in die Lesetests ihrer Kinder nehmen zu lassen).

„Goldener Informationsfilter“ für Innenminister Herbert Kickl und Mitarbeiter

Jurymitglied Julia Herrnböck und Generalsekretär Mathias Huter moderierten die Preisverleihung (Foto: Gert Nepel)

Aufgrund der aktuellen Ereignisse kreierte das „Forum Informationsfreiheit“ darüber hinaus einen eigenen Preis für den „Versuch der politischen Einschränkung von öffentlichen Informationen“ durch Zugangsbeschränkungen für anerkannte Journalisten:

Der „Goldene Informationsfilter“ geht demnach an „Innenminister Herbert Kickl und Mitarbeiter“ für den jüngsten „Versuch der Einschränkung der Pressefreiheit“.

Das Mail seines Hauses an Dienststellen im ganzen Land gebe eine klare Empfehlung für die Einschränkung des Zugangs zu Information für kritisch berichtende Medien – und gebe damit auch eine Verhaltenskultur für die Beamten seines Ressorts und der Republik vor. „Wenn Information von allgemeinem Interesse von staatlichen Stellen politisch gefiltert werden soll, indem anerkannten Journalistinnen und Journalisten der Zugang verwehrt wird, ist das Zensur an der Quelle“, so das Forum Informationsfreiheit in seiner Begründung.

Amtsgeheimnis-Award 2018: Sonderpreis für Bundeskanzler Sebastian Kurz

Einen Sonderpreis der „Mauer des Schweigens“ erhält Bundeskanzler Sebastian Kurz: Vor 5 Jahren hat er noch als Staatssekretär und JVP-Obmann die Forderung nach einem Informationsfreiheitsgesetz unterstützt, und seither immer wieder politisches Kapital aus entsprechenden Ansagen geschlagen. Nun ist er der erste Bundeskanzler der vergangenen drei, bei dem die Abschaffung des Amtsgeheimnisses und die Einführung eines Informationsfreiheitsgesetzes nicht einmal mehr im Regierungsprogramm stehen – und dessen Haus entsprechenden Pläne zuletzt eine klare Absage erteilt hat. Damit wird ein Transparenzgesetz unter seiner Amtszeit für weitere 5 Jahre verhindert.

Über den International Right to Know Day und das Forum Informationsfreiheit:

Der International Right to Know Day wird seit 2002 von zivilgesellschaftlichen Organisationen weltweit begangen, um Transparenz und Rechenschaftspflicht in Politik und Verwaltung zu stärken. Seit 2016 feiern auch die Vereinten Nationen (UNESCO) den Internationalen Tag des universellen Zugangs zu Information.
Das Forum Informationsfreiheit ist die erste Bürgerrechts-NGO für das Recht auf Zugang zu Information und engagiert sich seit 2013 für die Abschaffung des Amtsgeheimnisses und die Einführung eines Transparenzgesetzes nach internationalen Standards. Der Verein betreibt unter anderem die Bürgerplattform https://fragdenstaat.at und das Transparenz-Portal https://www.parteispenden.at/.

Anhang 1: Die Begründungen der Jury…

…zu Platz 1: Stadt Innsbruck
„Daten aus dem Kernbereich der demokratischen Entscheidungsfindung geheim zu halten zerstört das Vertrauen in demokratische Wahlen und staatliche Institutionen – das Schlimmste, was Intransparenz überhaupt anrichten kann. Die ordentliche und detaillierte Veröffentlichung von Wahlergebnissen ist ein Gebot der Transparenz einer Demokratie. Wie sonst sollen Bürgerinnen und Bürger darauf vertrauen, dass alles korrekt gelaufen ist. Es wäre das Mindeste, dass die involvierten Behörden (Stadt Innsbruck und Innenministerium) dies nun von selbst aufklären.“

… zu Platz 2: NÖ Gemeinden (mit NÖ Gemeindebund und Land NÖ)
„Es ist absolut inakzeptabel, Informationen von öffentlichem Interesse und essentieller Bedeutung für die Demokratie nur gegen Bezahlung zur Verfügung zu stellen. Dieser Fall ist ein verehrendes Signal für alle aktiven Staatsbürger und NGOs, die aufgrund dieser Rechtsunsicherheit nun fürchten müssen, dass schon allein eine Frage zu Informationen, die auf mehrere Behörden verteilt sind, sie in finanzielle Probleme stürzen kann. Das ist eine beunruhigende Entwicklung. Es zeigt das Problem eines fehlenden, internationalen Standards entsprechenden Informationsfreiheitsgesetztes, das eine diametral andere Botschaft sendet, sowie einer zentralen Kompetenzstelle als starkes und schnelles Schiedsgericht und Aufsichtsorgan über solche Vorgänge. Transparenz verursacht Aufwände, aber beugt autoritären Tendenzen vor, schafft Vertrauen – und verhindert das Versickern von Millionen und Milliarden öffentlicher Mittel.“

… zu Platz 3: Umweltministerium
„Stellungnahmen der Ministerien als Exekutive an das Parlament als Legislative, sind eine wichtige Grundlage für den Gesetzgebungsprozess – und die öffentliche Debatte darüber. Diese Information der Öffentlichkeit mutwillig zu entziehen, stellt einen Sabotageakt des demokratischen Meinungsbildungsprozesse dar. Darüber hinaus stellt der Fall einen markanten Transparenz-Rückschritt dar, da frühere Regierungen Stellungnahmen grundsätzlich öffentlich – bzw. dem Parlament zugänglich – gemacht haben. Man darf nicht vergessen: wenn Stellungnahmen zu Gesetzesentwürfen im Hinterzimmer ausgetauscht werden, verlieren nicht nur Bürger, sondern auch Parlamentarier die Grundlagen für informiertere Entscheidungen. Und es lässt sich nicht mehr nachvollziehen, wessen Interessen hier möglicher Weise durch die Hintertür eingeschmuggelt wurden. Die Verantwortlichen sollten hier einen Blick auf die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte werfen.

Mauer des Schweigens 2018 (Foto: Gert Nepel)

Mauer des Schweigens 2018: Der Goldene Informationsfilter (Sonderpreis) (Foto: Gert Nepel)


Anhang 2: Stellungnahme des Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus zu seinen Nominierungen:

Zum Standortentwicklungsgesetz:
Das BMNT hat den Kolleginnen und Kollegen des dafür zuständigen BMDW seine Anmerkungen zu diesem Gesetzesentwurf genauso wie das BMVRDJ direkt übermittelt. Es handelt sich dabei um keine formelle Stellungnahme im Rahmen eines Begutachtungsverfahrens, auf eine formelle Stellungnahme besteht auch kein Rechtsanspruch. In Bezug auf die Nominierung zur „Mauer des Schweigens“ ist anzumerken, dass uns derzeit drei Anfragen auf Auskunft vorliegen, zwei beziehen sich auf das Auskunftspflichtgesetz, eine aufs Umweltinformationsgesetz. Die Frist zur Beantwortung nach dem Auskunftspflichtgesetz endet am 17. Oktober 2018, das BMNT wird die Anfrage des WWF und von Hr. Markus Hametner natürlich fristgerecht bis zu diesem Termin beantworten. Grundsätzlich steht das BMNT mit allen anderen Ressorts in ständigem Austausch, das zählt zu den wesentlichen Elementen gemeinsamer Regierungsarbeit und partnerschaftlicher Zusammenarbeit zwischen Ressorts.

Zur Auftragsvergabe „Grüner Bericht“:
Herr Huter hat in dieser Angelegenheit am 13.3.2018 einen Bescheid (Auskunftsbegehren) erhalten und am 16.4.2018 dagegen berufen. Zur Berufung wurden alle Unterlagen am 27.4.2018 an den Bundes-Verwaltungsgerichtshof übermittelt. Der BVwGH hat mit Beschluss vom 14.6.2018 die Beschwerde abgewiesen.
Inhaltlich ist anzumerken: Die Ausschreibungsunterlagen zu diesem Auftrag wurden 2017 von insgesamt 8 Firmen angefordert. Bis zur ausgeschriebenen Frist am 10.7.2017 ist jedoch nur ein Angebot eingegangen. Diesem Bieter wurde daher der Zuschlag auf Basis der vergaberechtlich völlig korrekten Ausschreibung erteilt.
Die Erhebungen bei den Betrieben und die notwendigen Auswertungen für den „Grünen Bericht“ sind sehr aufwändig und erfordern spezifische Kenntnisse über den Agrarsektor sowie qualifiziertes Personal. Die Ergebnisse sind übrigens jederzeit auf www.gruenerbericht.at nachzulesen. Das Ergebnis gibt auch eine Vorstellung, wie umfangreich diese Erhebungen sind. Es liegt offenbar an der der speziellen Fachkenntnis, dass es keine anderen Angebote gab. Anregungen des Rechnungshofes (basierend auf einer Prüfung im Jahr 2015) hinsichtlich Leistungsbeschreibung und Verfahrensabwicklung wurden aufgenommen; die vom Rechnungshof angeregte Beauftragung der Statistik Austria wurde von dieser selbst dezidiert mangels ausreichender Fachkenntnisse abgelehnt.

Grundsätzlich erlauben wir uns die Anmerkung, dass es problematisch erscheint, nur knapp mehr als 2 Tage Zeit für eine Stellungnahme zu einer „Nominierung“ eingeräumt zu bekommen. Das lässt auf ein nicht besonders ausgeprägtes Interesse an unserer Beantwortung schließen bzw. auf eine bereits vorgefasste einseitige Beurteilung.

„Die Mauer des Schweigens 2018“: die Nominierungen

Am Donnerstag, den 27. September 2018, verleihen wir am Vorabend des Internationalen Tags der Informationsfreiheit unseren Amtsgeheimnis-Award „Die Mauer des Schweigens 2018“.

Mit diesem Preis zeichnen wir besondere Bemühungen um die Verweigerung amtlicher Antworten und die Geheimhaltung von Informationen öffentlichen Interesses vor den Bürgerinnen und Bürgern aus.

Die Verleihung

am 27.09.2018 ab 20:00,
im Karl Kraus Saal, Schauflergasse 2 (neben Café Klimt),
1010 Wien

Kommen Sie vorbei!

Dutzende Nominierungen für die Mauer des Schweigens 2018 kamen innerhalb von nur sieben Tagen von engagierten BürgerInnen, JournalistInnen und NGOs. Vielen Dank an alle, die uns Fälle übermittelt haben!

Nominiert werden konnten Fälle, in denen
– österreichische Behörden Auskünfte verweigert
– Informationen von Politik oder Verwaltung zurückgehalten, oder
– öffentliche Kontrolle staatlicher Institutionen durch politische Bemühungen erschwert oder verhindert wurde.

Die Jury

Die Jury entscheidet jetzt über die Preisträger:

Die Fälle

Auf die Shortlist haben es unter anderem die folgenden Fälle geschafft:

Fall 1: 10-Millionen Euro Auftrag zu Buchhaltungsarbeiten

  • Das Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus verweigerte Auskunft zu einem Vertrag im Wert von 10,66 Mio. Euro für Buchführungsarbeiten für den „Grünen Bericht“ der Jahre 2019 bis 2022, der die Sektoren Land- und Forstwirtschaft analysiert. Der Auftrag wurde an die LBG Österreich GmbH Wirtschaftsprüfung & Steuerberatung vergeben – das Unternehmen, das indirekt mehreren Landwirtschaftskammern gehört, war der einzige Bieter.

Fall 2: Statistische Angaben zur Zahl ambulanter Patienten

  • Das Bundesministerium für Gesundheit, die Landesgesundheitsdirektionen und Krankenanstaltenbetreiber sahen sich nicht in der Lage, einer Journalistin von Addendum statistische Angaben zur Zahl ambulanten Patienten zu übermitteln („Kostet auch eine Spitalsambulanz Geld?“). Die Daten seien nicht verfügbar, hieß es – obwohl das Ministerium in einem Dokumentationsleitfaden die Sammlung dieser Daten verlangt. Schließlich fand die Journalistin die gesuchten Zahlen in einem nicht-öffentlichen Bericht des Ministeriums – nachdem es geheißen hatte, das Ministerium habe diese Zahlen nicht.

Fall 3: 3,7 Millionen Euro für Bücher und Broschüren – ohne Nachweis und Belege

  • Der Presse- und Informationsdienst (PID) der Stadt Wien (MA53) kaufte in den Jahren 2015 und 2016 um rund 3,7 Millionen Euro Bücher und Broschüren bei privaten Verlagen, ergaben Recherchen von Profil und Dossier. Laut Wiener Stadtrechnungshof wurde ein Großteil der Ware wurde jedoch nicht an die Stadt geliefert, schriftliche Belege für die Verteilung fehlen. Die MA 53 weigert sich, Journalisten Auskunft darüber zu erteilen, wie viel Geld die Stadt Wien in den Vorjahren für Bücher ausgegeben hat, und wo diese verteilt wurden. Anfragen von FPÖ und NEOS im Gemeinderat wurden vom zuständigen Stadtrat abgeblockt: Nachforschungen seien „wirtschaftlich nicht gerechtfertigt“.

Fall 4: Was das Umweltministerium vom Entwurf des Standortentwicklungsgesetzes hielt, ist geheim

  • Das Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus hat seine Stellungnahme zum umstrittenen Entwurf für das Standortentwicklungsgesetz nicht – wie üblich, jedoch gesetzlich nicht vorgeschrieben – veröffentlicht. Der WWF beantragte die Stellungnahme auf Basis des Umweltinformationsgesetzes. Diese Anfrage blieb nach Verstreichen der Frist unbeantwortet, ein noch laufendes Auskunftsbegehren des Forum Informationsfreiheit erhielt bislang ebenfalls keine Reaktion.

Fall 5: Wasserkraftwerks-Genehmigung: USB-Stick nicht Teil des elektronischen Akts

  • Das Land Tirol hat in einem laufenden Genehmigungsverfahren (Wasserkraftwerk Kalersbach) dem WWF, der Parteienstellung und Akteneinsicht hat, Zugang zu digitalen Projektunterlagen verweigert: die Umweltorganisation beantragte die elektronischen Dokumente zum Projekt, um diese durchsuchen zu können und um nicht hunderte Seiten händisch durcharbeiten zu müssen. Die Behörde verweigert laut Ökobüro jedoch die Herausgabe: der USB-Stick mit den entsprechenden Unterlagen sei nicht offiziell Teil des elektronischen Akts, so das Land. Die Frage ist noch nicht abschließend geklärt, Herausgabeanträge sind anhängig.

Fall 6: Detailergebnisse der Innsbrucker Bürgermeisterwahl werden zurückgehalten

  • Die Stadt Innsbruck verweigerte auf Anfrage des Journalisten Martin Thür, Sprengelergebnisse der heurigen Bürgermeisterwahl herauszugeben. Abgelehnt wurde die Anfrage mit der Begründung, das Bundesministerium für Inneres verbiete eine Veröffentlichung der Sprengelergebnisse, was das Ministerium zurückwies.

Fall 7: Niederösterreichs Gemeinden verrechnen Gebühren für Anfragen zur Aberkennung des Wahlrechts – ohne klare gesetzliche Grundlage

  • Aktivisten des Forum Informationsfreiheit beantragten im Frühjahr bei allen 573 Gemeinden in Niederösterreich statistische Angaben dazu, wie vielen Personen mit Nebenwohnsitz im Vorfeld der letzten Landtagswahl ihr Wahlrecht aberkannt wurde, weil das nach einem neuen Gesetz des NÖ Landtags auf Basis schwammiger Kriterien durch den jeweiligen Bürgermeister plötzlich möglich war. NÖ Gemeindebund (ÖVP) und Gemeindevertreter-Verband (SPÖ) entwarfen ein juristisches Schreiben, mit dem die Auskunft von vielen Gemeinden (teilweise) verweigert wurde, und wiesen die Bürgermeister darauf hin, dass schon allein für die Frage dem Fragenden eine Gebühr zu verrechnen sei. Mehr als 130 Gemeinden verrechneten uns bisher eine solche Bundesgebühr von 14,30 Euro, in einzelnen Fällen auch eine Verwaltungsabgabe. Tatsächlich gibt es keine klare gesetzliche Grundlage für eine solche Bundesgebühr, wenn eine Anfrage im öffentlichen Interesse liegt. Das gesamte Drohpotenzial an Gebühren liegt bei knapp 8.000 Euro. Das für zivilgesellschaftliche Akteure potenziell existenzbedrohende Kostenrisiko konnte nur durch eine Crowdfunding-Kampagne gedeckt werden.

Fall 8: Wer die Staatsbürgerschaft auf Beschluss der Regierung erhält, ist geheim

Fall 9: Unterlagen aus Vertragsverletzungsverfahren sind vertraulich und können keine Umweltinformationen sein

  • Das Bundeskanzleramt verweigert seit Jahren dem Ökobüro die Herausgabe von Unterlagen, die ein gegen Österreich laufendes EU-Vertragsverletzungsverfahren betreffen. Die angefragten Dokumente beschreiben etwa, welche Gebiete rund um das genehmigte Kraftwerk Schwarze Sulm als schutzwürdig oder nicht schutzwürdig befunden wurden. Laut Bundeskanzleramt handle es sich dabei nicht um Umweltinformationen – und falls doch, würde sich die Herausgabe negativ auf das laufende Vertragsverletzungsverfahren auswirken. Der Fall liegt jetzt beim Verwaltungsgerichtshof.

Fall 10: Die Hälfte der österreichischen Gemeinden ignoriert ein Auskunftsbegehren zu bezahlten Sport- und Kulturförderungen

  • Die Rechercheplattform Addendum (Markus Hametner, Mitglied des Rechercheteams, ist auch Mitgründer und im Vorstand des Forum Informationsfreiheit) beantragte Auskunft von allen österreichischen Gemeinden, welche Sport- und Kulturförderungen die Gemeinde in den Jahren 2015, 2016 und 2017 vergeben hat. Anders ist es in Österreich nicht möglich zu erfahren, wen welche Gemeinde in welcher Höhe fördert. Rund die Hälfte der Gemeinden verhielt sich klar gesetzeswidrig und reagierte überhaupt nicht auf die Anfrage.

Wir suchen Nominierungen für „Die Mauer des Schweigens” – Verleihung am 27. September

Anlässlich des Internationalen Tags der Informationsfreiheit – dem „International Right to Know Day”, der von Transparenz-Aktivisten und der UNESCO am 28. September 2018 gefeiert wird – verleihen wir dieses Jahr wieder den Amtsgeheimnis-Award „Die Mauer des Schweigens”.

Fotos: Christian MUELLER

Mit diesem Preis zeichnen wir besondere Bemühungen um die Verweigerung amtlicher Antworten und die Geheimhaltung von Informationen öffentlichen Interesses vor den Bürgerinnen und Bürgern aus.

Bis 20. September nehmen wir dafür Ihre Nominierungen entgegen:

Eingereicht werden können alle Fälle seit dem 28.9.2017, in denen
– österreichische Behörden Auskünfte verweigert
– Informationen von Politik oder Verwaltung zurückgehalten, oder
– öffentliche Kontrolle staatlicher Institutionen durch politische Bemühungen erschwert oder verhindert wurde.
Egal ob Ihnen das selbst passiert ist, oder Sie davon in den Medien gelesen/gehört haben.

Wir freuen uns über Einreichungen in diesem Formular. Einreichfrist: 20.9.2018

Den Preis verleihen wir in ungezwungenem Rahmen am Vorabend des Right to Know Day am 

27.09.2018 ab 20:00 im Karl Kraus Saal, Schauflergasse 2 (neben Café Klimt), 1010 Wien

Alle Unterstützer*innen und Interessierte sind herzlich dazu eingeladen!

In den vergangenen Jahren ging der Negativ-Preis für die Verhinderung von Transparenz u.a. an das Österreichische Innenministerium (für das Zutrittsverbot für Journalisten zum Flüchtlingslager Traiskirchen), an den Stadtschulrat Wien (für die Weigerung, Eltern Einsicht in die Lesetests ihrer Kinder nehmen zu lassen) und an die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP (für das nicht gehaltene Versprechen, das Amtsgeheimnis abzuschaffen).


Bereits vor unserer Preisverleihung diskutieren wir auf Einladung der Österreichischen Gesellschaft für Strafrecht und Kriminologie:

Amtsgeheimnis versus Transparenz
Welche Rolle spielen Datenschutz und Informationsfreiheit im Zusammenhang mit demokratischer Kontrolle und Korruptionsbekämpfung?

27. September 2018, 18:00, großer Vortragssaal des Bundesministeriums für Inneres,
Minoritenplatz 9, 1010 Wien

Am Podium:

  • Daniel Ennöckl, Institut für Staats- und Verwaltungsrecht, Uni Wien
  • Mathias Huter, Forum Informationsfreiheit
  • Bettina Knötzl, Transparency International – Austrian Chapter
  • Christian Manquet, Justizministerium

Verpflichtende Anmeldung bis 19.09.2018 bei Ivana Stojancic, ivana.stojancic@univie.ac.at, Tel: 01/4277/34602 (Lichtbildausweis zum Einlass zwingend notwendig).

Ankündigung: Mauer des Schweigens 2018

Geheimniskrämerei um Staatsbürgerschaften für Promis und Investoren

Die Regierung kann die österreichische Staatsbürgerschaft verleihen, wenn dies wegen „der vom Fremden bereits erbrachten und von ihm noch zu erwartenden außerordentlichen Leistungen im besonderen Interesse der Republik liegt“ (§ 10 Abs. 6 StbG).

Wer auf Basis dieser Sonderregelung einen österreichischen Pass erhält, welche Gründe und Leistungen im Interesse der Republik vorliegen, und welche politischen Fürsprecher den Antrag unterstützen, ist jedoch geheim.

Wie Addendum.org berichtet, will das zuständige Innenministerium die Namen der Betroffenen in Zukunft geheim halten.

Wir finden, es braucht hier volle Transparenz. Deshalb haben wir schon im März eine Anfrage an das Innenministerium (BMI) über FragDenStaat.at gestellt: Wir wollen Auskunft, wer in den Jahren 2014 und 2015 von der Regelung profitiert hat. Insbesondere wollen wir wissen, wer aufgrund von „wirtschaftlichen Leistungen“ die Staatsbürgerschaft erhalten hat.

Die Auskunft wurde uns mit Verweis auf Amtsgeheimnis und Datenschutz verweigert – eine kuriose Argumentation, denn 2016 und 2017 hat das Bundeskanzleramt die Namen online veröffentlicht. Wir warten derzeit auf einen Bescheid des BMI, um gegen diese Auskunftsverweigerung Beschwerde einlegen, und dann vom zuständigen Bundesverwaltungsgericht Klarheit bekommen zu können.

Statistische Angaben zur Gesamtzahl der Fälle erhielten wir auch keine – laut Recherchen von Addendum gab es von 2006 bis 2017 141 verliehene Staatsbürgerschaften und 177 abgelehnte Fälle.

Öffentliches Interesse

Die Personen, die per Regierungsbeschluss einen österreichischen Pass erhalten, leisten per Definition Außerordentliches für die Republik, und damit für die Allgemeinheit – warum sollten die Bürgerinnen und Bürger davon nicht erfahren dürfen? Für uns ist klar: das öffentliche Interesse, diese Entscheidungen nachvollziehen zu können, überwiegt klar gegenüber einem etwaigen Geheimhaltungsinteresse. Diese Ansicht vertraten im Ö1-Morgenjournal vom 1.8.2018, das über unsere Anfrage berichtete, auch die Verfassungsjuristen Daniel Ennöckl und Heinz Mayer.

Korruptionsrisiko

Ein weiterer Grund für Transparenz: bei der Verleihung einer Staatsbürgerschaft im Gegenzug für Investitionen gibt es ein hohes Korruptionsrisiko. Ausländische Oligarchen und dubiose Investoren, sogar Familienmitglieder von Diktatoren, könnten sich eine österreichische Staatsbürgerschaft quasi erkaufen. Dieses Korruptionsrisiko ist seit der “Part of the Game”-Affäre dokumentiert – der damalige stellvertretende Kärntner Landeshauptmann hatte 2009 dem Berater eines russischen Investors im Gegenzug für eine Investition (plus Parteispende) eine Staatsbürgerschaft in Aussicht gestellt. Um solchen Missbrauch zu verhindern müssen die Entscheidungen für die Öffentlichkeit nachvollziehbar sein.

Transparency International und das Organized Crime and Corruption Reporting Project (OCCRP) haben sich angesehen, wie verschiedene europäische Länder, darunter Österreich, auf fragwürdige Art und Weise Visa und Staatsbürgerschaften an ausländische Investoren verkaufen.

Unsere Forderung

  • Volle Offenlegung der Regierungsbeschlüsse zur Verleihung der Staatsbürgerschaft wegen “besonderem Interesse der Republik”, samt Namen der Betroffenen und Beruf, sowie von weiteren Angaben, insbesondere zur Begründung der Verleihung und den Unterstützern des Antrags, sowie von Angaben zu abgelehnten Fällen.

Meine zehn Lieblingspunkte aus unserem zweiten Höchstgerichtsurteil

Im Oktober 2016 las ich einige Medienberichte, laut denen die Stadt Wien bei ihren Mitarbeitern Vorschläge für Effizienzmaßnahmen – also Einsparungen – gesammelt hat. 100 Millionen Euro sollen eingespart werden, sogar Bezirkszusammenlegungen sollten “tabulos” diskutiert werden.

Als Journalist und Mitgründer des Forum Informationsfreiheit wollte ich mehr erfahren und fragte den Wortlaut der Einsparungsvorschläge und die Prüfungsergebnisse dieser Vorschläge an. Danke  an dieser Stelle Mag. Georg Bürstmayr, der mich in dem Verfahren vertreten hat, den Juristen des Forum Informationsfreiheit für die juristische Unterstützung und dem BIV – Grün-Alternativer Verein zur Unterstützung von BürgerInneninitiativen für die finanzielle Absicherung des Verfahrens.

Kurz gefasst: die Stadt Wien verweigerte eine Auskunftserteilung, das Landesverwaltungsgericht Wien gab der Stadt recht. Das Höchstgericht zerreißt im jetzt vorliegenden Urteil alle Argumente der Stadt und des Verwaltungsgerichts und lässt wenig Spielraum für eine weitere Auskunftsverweigerung.

Mit dieser von uns erreichten Grundsatzentscheidung stärkt der Verwaltungsgerichtshof das Recht auf Auskunft von Behörden.

Hier meine Lieblingspunkte aus dem Urteil.

1) Ausnahmen von der Auskunftspflicht sind nicht absolut – zumindest nicht für NGOs und Journalisten

Wir argumentieren schon lange, dass Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) auch in Österreich ein Grundrecht auf Informationsfreiheit geschaffen haben. Das Gericht folgt uns in dieser Argumentation und betont, dass jede Informationsverweigerung nicht nur vom Gesetz vorgesehen, sondern notwendig und verhältnismäßig sein müssen.

(23) Der Umfang des durch die Auskunftspflichtgesetze auf der Grundlage des

Art. 20 Abs. 4 B-VG, hier das Wiener Auskunftspflichtgesetz, eingeräumten subjektiven Rechts auf Auskunft ist […] aufgrund der in Verfassungsrang stehenden Bestimmung des Art. 10 EMRK im Lichte der dazu ergangenen Rechtsprechung des EGMR verfassungskonform auszulegen. Im hier relevanten Zusammenhang ist daher im Hinblick auf die Frage, ob gesetzliche Verschwiegenheitspflichten der begehrten Auskunftserteilung entgegenstehen, eine Abwägung unter Berücksichtigung des Art. 10 EMRK vorzunehmen. Im Zuge dieser Abwägung ist unter anderem zu prüfen, ob allfällige gesetzliche Verschwiegenheitspflichten […] einen legitimen Eingriffszweck im Sinne dieser Bestimmung verfolgen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sind und schließlich im Ergebnis verhältnismäßig sind.

(29) […] Jene Bestimmungen, die dem Auskunftspflichtigen nach den Auskunftspflichtgesetzen des Bundes und der Länder die Verweigerung einer begehrten Auskunft ermöglichen, sind daher insbesondere dann eng auszulegen, wenn ein Auskunftsersuchen als relevanter Vorbereitungsschritt für journalistische oder andere Aktivitäten, mit denen ein Forum für eine öffentliche Debatte geschaffen werden soll, zu sehen ist, die begehrten Informationen im öffentlichen Interesse liegen und dem Auskunftswerber eine Rolle als „watchdog“ im Sinne der Rechtsprechung des EGMR zukommt.

2) Pauschale Ablehnungen von Informationen sind unzulässig, auch wenn Teile der angefragten Informationen unter Verschwiegenheitspflichten fallen

Anfragen, die abgelehnt werden, weil Teile der angefragten Informationen den Datenschutz oder sonstige Verschwiegenheitspflichten berühren, zählen in Österreich zur Tagesordnung. Das Gericht stellt dazu folgendes klar:

(21) Es mag zutreffen, dass der Auskunftserteilung betreffend einzelne der erstatteten Vorschläge gesetzliche Verschwiegenheitspflichten entgegenstehen könnten […]. Da die Auskunft nach dem Gesetz jedoch nur „soweit“ nicht zu erteilen ist, als eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht entgegensteht, kann die pauschale Verweigerung der Auskunft über eine Mehrzahl von Verwaltungsvorgängen nicht damit begründet werden, dass hinsichtlich einzelner dieser Vorgänge Verschwiegenheitspflichten bestehen.

Vielmehr wäre in einem derartigen Fall die Auskunft über jene Vorgänge, für die eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht nicht besteht, zu erteilen und – soweit die beantragte Auskunft (teilweise) auf Grund von gesetzlichen Verschwiegenheitspflichten verweigert wird – bescheidmäßig darüber abzusprechen. Im Hinblick auf den durch das Wiener Auskunftspflichtgesetz eingeräumten subjektiven Anspruch auf Auskunftserteilung erfordert dies nachvollziehbare Feststellungen über jene Umstände, auf die sich die Verweigerung gründet.

3) Wenn eine vollständige Antwort die Behörde wesentlich beeinträchtigen würde, muss immer noch ein Teil beantwortet werden

Auch “ist zu viel Aufwand” kann in Zukunft nicht mehr eine pauschale Ablehnung begründen, sondern es muss ein Weg gefunden werden, zumindest Teilauskünfte zu erteilen.

(24) Auch zum Auskunftsverweigerungsgrund der wesentlichen Beeinträchtigung der übrigen Aufgaben ist darauf hinzuweisen, dass die Berufung auf diesen Grund im Regelfall eine pauschale Auskunftsverweigerung […] nicht zu rechtfertigen vermag. Auch in diesem Fall ist nämlich die begehrte Auskunft „insoweit“ zu erteilen, als dadurch die Besorgung der übrigen Aufgaben nicht wesentlich beeinträchtigt wird, was etwa zur Folge haben kann, dass Übersichtsauskünfte zu geben sind, wenn erst die Erteilung von darüber hinaus begehrten detaillierten Auskünften zur wesentlichen Beeinträchtigung der Besorgung der übrigen Aufgaben führen würde.

4) Auch eine wesentliche Beeinträchtigung der Behörde muss nachvollziehbar argumentiert werden

“Ist zu viel Aufwand” wird von Behörden oft als Grund für eine Auskunftsverweigerung genannt. In Zukunft muss die Behörde den Aufwand genau beziffern und darlegen, woraus dieser Aufwand entsteht.

(24) […] Wie bei der Verweigerung der Auskunft aufgrund von Verschwiegenheitspflichten erfordert auch eine Verweigerung der Auskunftserteilung im Hinblick auf die wesentliche Beeinträchtigung der Besorgung der übrigen Aufgaben nachvollziehbare Tatsachenfeststellungen, insbesondere betreffend die konkreten Gegebenheiten der Verwaltungsorganisation, von denen es abhängt, welcher Aufwand mit dem Auffinden der Daten, die zur richtigen und vollständigen Erteilung der begehrten Auskünfte erforderlich sind, verbunden ist

5) Zugang zu Dokumenten ist zwar nicht vorgesehen, aber möglicherweise geboten

Behörden behaupten oft, dass Auskünfte in einem gewissen Detailgrad nicht gegeben werden können, weil dies einer Akteneinsicht entsprechen würde. Das Gericht widerspricht diesem Argument: es kann oft geboten sein, Akteneinsicht zu gewähren:

(30) [Es kann] – auch wenn das Recht auf Auskunft gemäß Art. 20 Abs. 4 B-VG und den Auskunftspflichtgesetzen des Bundes und der Länder nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keinen Anspruch auf Akteneinsicht einräumt […] – zur zweckmäßigen Erteilung einer Auskunft geboten sein, dem Auskunftswerber nicht bloß mündliche oder schriftliche Auskunft über den Inhalt von Dokumenten zu erteilen, sondern den Zugang zu den relevanten Dokumenten zu gewähren […], zumal damit gegebenenfalls der Arbeitsaufwand für das auskunftspflichtige Organ – und damit eine mögliche Beeinträchtigung der Besorgung dessen übriger Aufgaben – geringer ausfallen kann.

6) Ja, auch interne Dokumente sind von der Auskunftspflicht erfasst

Das Landesverwaltungsgericht hatte in seiner Entscheidung die abstruse Rechtstheorie entwickelt, dass interne Dokumente nicht in den Wirkungsbereich der Behörde fallen, da dieser sowohl die Hoheitsverwaltung als auch die Privatwirtschaftsverwaltung betrifft, aber interne Dokumente weder das eine noch das andere seien.

(13) […] die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach sich die Auskunftspflicht nach § 1 Wiener Auskunftspflichtgesetz „sowohl auf Angelegenheiten der Hoheitsverwaltung als auch auf solche der Privatwirtschaftsverwaltung“ bezieht [kann] nicht dahingehend verstanden werden, dass davon ein dritter Bereich „verwaltungsinterner“ Akte zu unterscheiden wäre, der vom Anwendungsbereich desWiener Auskunftspflichtgesetzes ausgenommen wäre.

(14) […] Zu den Angelegenheiten im Wirkungsbereich einer Verwaltungsbehörde in diesem Sinne […] gehören daher auch die im vorliegenden Fall durch das Auskunftsersuchen des Revisionswerbers angesprochenen Angelegenheiten der Verwaltungsorganisation und des innerbehördlichen Vorschlagswesens.

7) Ablehnungsgründe sollten mit der ursprünglichen Anfrage zu tun haben

Die Stadt Wien hatte behauptet, zur Beantwortung der Anfrage (nach dem Wortlaut der Vorschläge und Prüfungsergebnisse) wären umfangreiche Auswertungen nötig – beispielsweise, welche der Vorschläge schon umgesetzt wurden. Allerdings: Solche Auswertungen wurden nicht angefragt.

(27) Dem ist entgegenzuhalten, dass der Revisionswerber nach dem Wortlaut seines Antrags keine Ausarbeitung über den Stand der Umsetzung eines Reformprojektes, sondern Auskunft über den Wortlaut der erstatteten Vorschläge sowie über das Ergebnis der laut Medienberichten erfolgten Prüfung begehrt hat.

8) Vermutungen über Inhalte können nicht als Verweigerungsgrund herhalten

Die Stadt Wien hatte behauptet, dass einige der 1000 Einsparungsvorschläge persönliche Daten, persönliche Untergriffigkeiten oder geheimzuhaltende Daten beinhalten müssen, weswegen natürlich keine der Vorschläge beauskunftet werden können. Das Landesverwaltungsgericht hat diese Behauptung ungeprüft übernommen. Das Höchstgericht dazu:

(21) […] Im Übrigen kann die bloße Vermutung, es könnten in den Informationen, auf deren Erlangung das Auskunftsbegehren abstellt, auch Daten enthalten sein, die aus Gründen gesetzlicher Verschwiegenheitspflichten nicht herausgegeben werden dürften, zur Begründung einer Auskunftsverweigerung nicht ausreichen, da es auf das tatsächliche Vorliegen dieser Gründe ankommt, wozu die Behörde bzw. im Beschwerdeverfahren das Verwaltungsgericht entsprechende Feststellungen zu treffen hat.

9) Wenn man Eigenwerbung mit Reformprojekten macht, kann man lästige Fragen von Journalisten grundlos als »mutwillig« verleumden, das bringt aber nix

Im Gegenteil, das Gericht sieht es wie wir. Wenn eine Anfrage unseres Mitgründers das nächste Mal als mutwillig bezeichnet wird, erwartet er zumindest eine genaue Erklärung, warum sie das sein soll.

(27) […] Allein der Umstand, dass die begehrte Auskunft auf die Mitteilung einer Vielzahl von Vorschlägen […] gerichtet ist, indiziert für sich nicht die Mutwilligkeit, wurde doch – wie sich aus dem vom Revisionswerber in seiner Beschwerde ausdrücklich zitierten Medienbericht ergibt – offenbar von Mitgliedern des Stadtsenats der Stadt Wien selbst über das Reformprojekt, wenn auch in allgemeiner Form, informiert und in diesem Zusammenhang die Zahl der erstatteten Vorschläge genannt. Der Revisionswerber konnte daher davon ausgehen, dass diese Vorschläge gesammelt vorliegen und auf einfache Art zugänglich gemacht werden könnten. Vor diesem Hintergrund liegt kein Anhaltspunkt dafür vor, dass der Revisionswerber aus Freude an der Behelligung der Behörde und damit mutwillig gehandelt hätte. Es wäre gegebenenfalls an der Behörde gelegen, den Revisionswerber über Umstände zu informieren, aus denen sich hätte ergeben können, dass die Erlangung der begehrten Auskunft aussichtslos wäre.

10) Die Erteilung von Auskünften zu internen Reformvorhaben ist explizit im öffentlichen Interesse – insbesondere, wenn schon öffentlich darüber berichtet wurde

Abschließend platziert das Gericht gefühlt ein “Seal of Approval” unter unsere ursprüngliche Anfrage:

(31) Für den vorliegenden Fall ist festzuhalten, dass sich die begehrte Auskunft auf (Vorschläge für) Verwaltungsreformmaßnahmen bezieht, über die – nach dem diesbezüglich unwidersprochenen Vorbringen des Revisionswerbers – auch in Medien bereits, wenn auch in allgemeiner Form, berichtet wurde und bei denen nach einem vom Revisionswerber zitierten Medienbericht ein Einsparungspotenzial von rund 100 Millionen Euro im Jahr 2017 geortet worden sei. Die begehrte Auskunft scheint damit geeignet, zur Transparenz über die Art und Weise der Führung von Amtsgeschäften („the manner of conduct of public affairs“[…]) beizutragen, sodass nicht zu erkennen ist, dass der Zugang zu den begehrten Informationen nicht im öffentlichen Interesse gelegen wäre.

Bonus: verklausulierte Kritik an die Vorinstanzen

Wenn man schon eine ordentliche Revision ausschließt, sollte man das bitte auch halbwegs begründen können, liebes Landesverwaltungsgericht, kann man zwischen den Zeilen des VwGH-Urteils herauslesen:

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(12) Die Revision ist – entgegen der nur formelhaft und damit nicht gesetzmäßig ausgeführten Begründung im angefochtenen Erkenntnis – aus den von der Revision aufgezeigten Gründen zulässig. Sie ist auch berechtigt.

Der Wortlaut war klar, liebe Vorinstanzen!

(14) Die Verpflichtung der Organe des Landes und der Gemeinde Wien zur Auskunftserteilung erstreckt sich nach dem klaren Wortlaut des §1 Wiener Auskunftspflichtgesetz…

Wir könnten eigentlich nach drei Absätzen aufhören, aber wir zerreißen lieber in den 20 folgenden Absätzen eure Entscheidung:

(15) Das Verwaltungsgericht hat die Abweisung der Beschwerde des Revisionswerbers alleine auf die – wie dargelegt unzutreffende – Rechtsansicht gestützt, wonach über „verwaltungsinterne“ Akte keine Auskunft zu erteilen sei und damit das angefochtene Erkenntnis schon deshalb mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.

Liebes Landesverwaltungsgericht, du bekommst Pluspunkte für den Versuch, aber er war schon recht … rudimentär

(16) Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht auch eine rudimentäre Abwägung im Hinblick auf die vom Revisionswerber geltend gemachten, durch Art. 10 EMRK geschützten Interessen auf Zugang zu Informationen vorgenommen.

Liebes Landesverwaltungsgericht, du verkennst das Wesen des Gesetzes:

(17) Damit verkennt das Verwaltungsgericht das Wesen der gesetzlichen Auskunftspflicht, die als Jedermannsrecht ausgestaltet ist und die insbesondere nicht voraussetzt, dass ein „schutzbedürftiges Interesse der Öffentlichkeit“ an der begehrten Auskunft besteht.

Das Landesverwaltungsgericht hätte etwas mehr prüfen können:

(20) Das Verwaltungsgericht hat – ausgehend von seiner unzutreffenden Rechtsansicht – weder geprüft, ob der Erteilung der begehrten Auskunft eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht entgegenstünde, noch ob durch die Erteilung der begehrten Auskunft die Besorgung der übrigen Aufgaben wesentlich beeinträchtigt würde, oder ob die Auskunft offenkundig mutwillig begehrt wurde.

Und die Behörde und das Landesverwaltungsgericht hätten etwas mehr ermitteln können:

(34) Wie sich aus den vorgelegten Verfahrensakten ergibt, hat die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde jedwede Ermittlungstätigkeit unterlassen. Das Verwaltungsgericht hat zwar eine mündliche Verhandlung durchgeführt, in der jedoch keine für die Beurteilung der maßgeblichen Rechtsfragen zielführenden Ermittlungsschritte gesetzt wurden.

 

 

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Presseinformation – Gerichtsentscheidung: Journalisten müssen Zugang zu Dokumenten erhalten

PRESSEINFORMATION

Forum Informationsfreiheit (FOI) gewinnt richtungsweisenden Prozess vor dem Verwaltungsgerichtshof:
– Stadt Wien muss Journalisten mehr als 1.000 Einsparungsvorschläge aushändigen
– Land NÖ muss die Landesregierungsbeschlüsse für die Förderung der „Dr. Erwin Pröll Privatstiftung“ offenlegen

WIEN – Das Forum Informationsfreiheit (FOI) hat in seinem Kampf um staatliche Transparenz in Österreich einen richtungsweisenden Sieg errungen – und damit die Weichen für neue Informationsrechte für Journalistinnen und Journalisten gegenüber Politik und Verwaltung gestellt.

Das FOI gewann in zwei weichenstellenden Verfahren: vor dem höchstgerichtlichen Verwaltungsgerichtshof gegen die Stadt Wien, und vor dem Landesverwaltungsgericht in St. Pölten gegen das Land Niederösterreich. In beiden Fällen wollte der Journalist und FOI-Vorstand Markus Hametner Zugang zu Dokumenten der Verwaltung, in beiden Fällen lehnten die Behörden das ab, in beiden Fällen klagte Hametner vor den Gerichten – und in beiden Fällen bekam er nun jeweils Recht.

Der Verwaltungsgerichtshof stärkt mit dieser höchstgerichtlichen Grundsatzentscheidung das Recht von Journalisten und NGOs auf Information, und verpflichtet die Behörden damit nicht nur zur Auskunft, sondern in entsprechenden Fällen sogar zur Herausgabe von Dokumenten.

„Watchdog-Funktion“: Neue Informationsrechte für Journalisten und NGOs

Daraus ergibt sich zum Teil auch eine neue rechtliche Situation für Journalisten und NGOs, die im Rahmen ihrer vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bereits bestätigten „Watchdog“-Rolle tätig sind.

  • Zugang zu Dokumenten ist geboten („Access to documents“)
    Im österreichischen Auskunftspflichtgesetz war bislang lediglich davon die Rede, dass „Auskünfte“ erteilt werden müssen. Die Verpflichtung, auch „Zugang zu Dokumenten“ zu gewähren – wie in Informationsfreiheitsgesetzen nach internationalen Standards üblich – fehlte dort bisher.
    Der Verwaltungsgerichtshof hat mit seinem Erkenntnis nun bestätigt, dass dies oft geboten ist. Damit können Behörden in Zukunft nicht mehr behaupten, die Übermittlung von Dokumentkopien wäre nicht rechtens.
  • Nur weil Dokumente „teilweise“ vertrauliche Daten enthalten,
    darf nicht die komplette Herausgabe verweigert werden („Partial Access“)
    Selbst wenn geheimzuhaltende Informationen in angefragten Dokumenten zu finden seien, darf eine Anfrage nicht pauschal abgelehnt werden, so der VwGH in seinem wegweisenden Urteil. Im Gegenteil: wenn die Mehrzahl der angefragten Informationen nicht von Verschwiegenheitspflichten berührt sind, muss dazu Auskunft erteilt werden.
  • Das Amtsgeheimnis wird entscheidend geschwächt – zumindest für Journalisten und NGOs („Interessensabwägung“)
    Der Verwaltungsgerichtshof verpflichtet Behörden zur Abwägung zwischen Geheimhaltungs- und Öffentlichkeitsinteresse, wobei im Zweifel das Öffentlichkeitsinteresse überwiegen muss. Eine etwaige Geheimhaltung muss sowohl „in einer demokratischen Gesellschaft notwendig“ als auch „verhältnismäßig“ sein. Das Höchstgericht folgt damit dem Wortlaut von Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.
  • Behauptung, dass die Antwort zu viel Arbeit sei, ist kein Geheimhaltungsgrund
    Weiters hat der VwGH klargestellt: Auch behördeninterne Dokumente sind grundsätzlich von der Auskunftspflicht erfasst. Das oft verwendete Behörden-Argument „Ist zu viel Aufwand“ gilt nicht mehr als pauschaler Grund für Auskunftsverweigerung. Eine Behörde muss nun genau darlegen, welcher Aufwand ihr bei einer Beantwortung entstehen würde.

Der Verwaltungsgerichtshof stärkt damit das Recht auf Informationszugang in Österreich.

Die Stadt Wien muss dem Urteil folgen und dem Journalisten und FOI-Mitbegründer Markus Hametner die Anfrage nach dem Wortlaut von Einsparungsvorschlägen und den zugehörigen Prüfungsergebnissen beantworten. Laut Medienberichten können durch die Umsetzung dieser Einsparungsvorschläge 100 Millionen Euro eingespart werden. Als Journalist wollte der Kläger die Umsetzung der Vorschläge überprüfen und publizistisch begleiten.

Landesverwaltungsgericht: Entscheidungen der NÖ Landesregierung offenzulegen

Einen weiteren Erfolg konnte das Forum Informationsfreiheit in Niederösterreich erzielen: Beschlüsse der Landesregierung können nicht einfach pauschal geheimgehalten werden, entschied das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich. Der Journalist Hametner hatte die Übermittlung der Tagesordnungen und Beschlüsse der Landesregierung beantragt, um den Beschluss der Landesförderungen an die Dr. Erwin Pröll Privatstiftung nachzuvollziehen, deren Millionen-Subvention österreichweit Thema war. Das Amt der NÖ Landesregierung verweigerte das in einem entsprechenden Bescheid, Hametner berief dagegen. Der Richter hob den Bescheid des Landes auf und entschied für den Journalisten und das Forum Informationsfreiheit.

(Nachtrag: Zur entscheidenden Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht kam nicht einmal mehr jemand seitens des Landes Niederösterreich. Stattdessen übermittelte das Land mittlerweile per Post ein dickes Paket mit Ausdrucken der entsprechenden Beschlüsse.)

Rückfragehinweis
Forum Informationsfreiheit (FOI)
Generalsekretär Mathias Huter
+43 699 126 39 244
mathias.huter@informationsfreiheit.at
www.informationsfreiheit.at

Wählerverzeichnis: Diese NÖ Gemeinden haben unsere Fragen bürgerfreundlich beantwortet

Unsere Anfrage an alle 573 Gemeinden Niederösterreichs

Unsere Anfragen an die niederösterreichischen Gemeinden zum Umfang der Streichungen aus dem Wählerregister haben gezeigt, wie weit der Weg zu transparenter Bürokratie noch ist – viele Gemeinden haben uns für die Eingabe der Anfrage eine Gebühr von 14,3 Euro in Rechnung gestellt.

Umso wichtiger ist es uns, jene Gemeinden hervorzuheben, die in unserem Fall transparent und bürgerfreundlich agiert haben.

Von vielen Gemeinden sind die Antworten noch ausständig. Wir hoffen, dass zahlreiche weitere Gemeinden bis zum Ende der Antwortfrist (10. Mai) uns die beantragten Informationen ohne Gebührenvorschreibung erteilten und der Anteil der vorbildlich beantworteten Anfragen mit dem Eintreffen der restlichen Antworten noch deutlich steigert.

Auskunft ohne Gebühr erteilt

Folgende Gemeinden haben uns die angefragten Auskünfte erteilt, ohne eine Gebühr zu verrechnen (Stand: 24.4. – viele Gemeinden schicken uns Antworten per Post – trotz unserer Bitte, wenn möglich Email zu verwenden. Deshalb kann es einige Tage dauern, bis wir eine Antwort erhalten und eine Gemeinde in diese Liste aufnehmen):

 

Sehr aufschlussreiche Antwort der Stadtgemeinde Retz auf unsere Anfrage, erteilt binnen einer halben Stunde

  • Altenmarkt an der Triesting,
  • Andlersdorf,
  • Baden,
  • Bischofstetten,
  • Breitenstein,
  • Dürnkrut,
  • Eisgarn,
  • Gablitz,
  • Großdietmanns,
  • Gutenbrunn,
  • Haugsdorf,
  • Hirschbach,
  • Hollenstein an der Ybbs,
  • Kirchstetten,
  • Krems an der Donau,
  • Krumau am Kramp,
  • Langenlois,
  • Leobendorf,
  • Lichtenau im Waldviertel,
  • Litschau,
  • Ludweis-Aigen,
  • Marchegg,
  • Matzen-Raggendorf,
  • Muckendorf-Wipfing (Gebührenforderung „ruhend gestellt“),
  • Nappersdorf-Kammersdorf,
  • Neustift-Innermanzing,
  • Pernersdorf,
  • Puchenstuben,
  • Randegg,
  • Rastenfeld,
  • Reinsberg,
  • Retz,
  • Schönberg am Kamp,
  • Schrems,
  • Schwarzau im Gebirge,
  • St. Andrä-Wördern,
  • Ulrichskirchen-Schleinbach,
  • Wilfersdorf,
  • Zistersdorf,
  • Zwölfaxing.

Vielen Dank dafür!

Weitere Infos zu unserer Anfrageserie:

Auskunft zum Teil erteilt (ohne Gebühr)

Die folgenden Gemeinden haben die angefragten Zahlen zwar nur teilweise geliefert, dafür aber keinen Zahlschein in ihr Antwortschreiben angehängt:

  • Absdorf
  • Aggsbach
  • Alberndorf im Pulkautal
  • Albrechtsberg an der Großen Krems
  • Allentsteig
  • Allhartsberg
  • Altmelon
  • Arbesbach
  • Asparn an der Zaya
  • Asperhofen
  • Bernhardsthal
  • Bisamberg
  • Buchbach
  • Burgschleinitz
  • Dunkelsteinerwald
  • Dürnstein
  • Ennsdorf
  • Ernstbrunn
  • Eschenau
  • Falkenstein
  • Gaming
  • Gerasdorf bei Wien
  • Gersten-Land
  • Gießhübl
  • Göllersdorf
  • Grafenbach-St. Valentin
  • Grafenschlag
  • Groß-Enzersdorf
  • Groß Gerungs
  • Großgöttfritz
  • Großrußbach
  • Gutenbrunn
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Viele der zuletzt genannten Gemeinden haben mit demselben standardisierten Brief geantwortet, wie jene Gemeinden, die uns für die Anfrage eine Gebühr in Rechnung stellten. Dass also eine gewisse Willkür im Umgang mit unseren Anfragen und vor allem bei der Gebührenforderung herrscht, dürfte selbst den Gemeindevertretern klar sein.

Mehr als 7.000 Euro in 96 Stunden: Gebührenforderungen abgesichert

Hunderte Bürger übernahmen „Transparenz-Patenschaften“ für über 500 Gemeinden zur Aufklärung von Wahlrechtsaberkennungen in Niederösterreich

Mehr als 7.000 Euro in knapp 96 Stunden hat das Forum Informationsfreiheit (FOI) von Bürgerinnen und Bürger erhalten. Hunderte Menschen haben spontan eine Transparenz-Patenschaft für die insgesamt 573 Gemeinden übernommen. Die Bürgerrechtsorganisation ist zuversichtlich, dass auch noch die letzten paar hundert Euro in den kommenden Tagen gespendet werden.

Damit ist die Transparenz-NGO gegen die drohenden Gebührenforderungen von bis zu 7.500 Euro vorerst abgesichert.

„Herzlichen Dank an alle engagierten Bürgerinnen und Bürgern, die uns spontan geholfen haben, uns mit ihrer Spende gegen die Gebührendrohung abzusichern“, sagt Josef Barth, Vorstand des Forum Informationsfreiheit. „Wir freuen uns sehr über die vielen aufmunternden Reaktionen und den überwältigenden Zuspruch mit unserem Engagement weiterzumachen.”

„Da viele Menschen bei uns nachgefragt haben, wollen wir klarstellen welche Gemeinden problemlos agiert haben, und unsere Fragen zu Zahlen der Wahlrechtsaberkennungen beantwortet haben, ohne Gebühren zu verrechnen”, sagt Mathias Huter, Generalsekretär des Forum Informationsfreiheit.

FOI veröffentlicht Liste von mehr als 40 Gemeinden, die nichts verrechnen

Deshalb wird das Forum Informationsfreiheit heute eine Liste von mehr als 40 Gemeinden veröffentlichen, die Anfragen umfassend und ohne Gebührenvorschreibung beantwortet haben, oder zumindest einen Teil der Auskünfte kostenlos erteilt haben.

Die Vorgehensweise zahlreicher Gemeinden zeigt: sie müssen keine Gebühr verlangen, um Bürgern Auskünfte zu erteilen. Viele Bürgermeisterinnen und Bürgermeister haben im Sinne des NÖ Auskunftsgesetzes und einer offenen Demokratie gehandelt, und nichts dafür in Rechnung gestellt.

FOI-Generalsekretär Mathias Huter, der die Anfrage-Serie selbst durchführte, appelliert an all die Gemeinden, deren Reaktion auf die Anfrage noch aussteht: „Bitte bedenken Sie bei Ihrer Antwort, auf welcher Seite Sie mit Ihrer Gemeinde stehen und welches Signal Sie senden wollen: Bürger, die sich engagieren, durch eine Gebühr abschrecken zu wollen – oder ihr Partner zu sein und durch Offenheit und Transparenz ihr aktives Interesse an der Demokratie zu fördern.”

Das FOI hofft, dass weitere Gemeinden diesem Beispiel folgen und anerkennen, dass Transparenz beim Wahlrecht im öffentlichen Interesse ist und somit umfassend Auskunft ohne Gebühren erteilt werden sollte.

„In unserem Fall lässt sich unsere Recherche rund um das Wahlrecht jedenfalls durch Gebühren ohnehin nicht mehr abblocken”, sagt Huter.

Anfragen zur Wahlrechtsaberkennung

Wie berichtet wollte das Forum Informationsfreiheit von niederösterreichischen Gemeinden wissen, wie vielen Bürgern in Niederösterreich das Wahlrecht aberkannt wurde und musste dazu – laut Gesetz – alle 573 Gemeinden einzeln anschreiben. Diese schickten oft statt den beantragten Informationen jedoch eine Gebührenforderung von je 14,30 Euro.

Das Forum Informationsfreiheit hatte eine Anfrage nach dem Auskunftspflichtgesetz an jede niederösterreichische Gemeinde gestellt, und statistische Daten dazu beantragt, wie viele Bürger vor der Landtagswahl aus dem Wählerverzeichnis gestrichen worden waren, und wie die Gemeinden dabei vorgegangen sind. Viele Gemeinden koordinierten ihre Reaktion und schreiben dem Verein eine Eingabegebühr vor, da die Anfrage im „Privatinteresse” liege.