Offener Brief an Bundeskanzler Christian Kern

OFFENER BRIEF: FÜR EIN GUTES INFORMATIONSFREIHEITSGESETZ

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,

Willkommen in Ihrem neuen Amt! Viele Herausforderungen liegen sicher vor Ihnen, wir konnten es aber nicht lassen, Sie auf eine davon besonders hinzuweisen. Eine Herausforderung, die symptomatisch für die von Ihnen beklagte Zukunftsvergessenheit Ihrer Vorgänger ist:

Die Abschaffung des österreichischen Amtsgeheimnisses und die Einführung eines Informationsfreiheitsgesetzes.

Seit 2013 setzen wir uns uns dafür ein – und damit für ein transparenteres Österreich. Ein Österreich, in dem das sinkende Vertrauen in demokratische Institutionen so ernst genommen wird, dass Bürgerinnen und Bürger ein starkes Recht auf Zugang zu Informationen gegenüber Politik und Verwaltung haben, und nicht mehr abgekanzelt und weggeschickt werden, sobald sie Fragen stellen – und wissen wollen. Ein Österreich, in dem Bürgerinnen und Bürger keine Bittsteller sind, sondern die Möglichkeit haben, mit öffentlichen Stellen auf Augenhöhe zu kommunizieren.

Seit 2013 gibt es auch ein Bekenntnis der Politik, dieses Amtsgeheimnis zu streichen. Der jetzige Außenminister Sebastian Kurz und der frühere Kanzleramtsminister Josef Ostermayer haben schon im Februar 2013 angekündigt, es vor der vergangenen Nationalratswahl abzuschaffen. Als sich das nicht ausging, fand das Vorhaben seinen Weg ins Regierungsprogramm.

Das Problem: Seit 2013 ist de facto nichts passiert. Zwar wurden erste Gesetzesentwürfe vorgelegt, ein echtes Recht auf Information würden diese aber nicht einführen. Unnötige, international unübliche Ausnahmen und zu enge Definitionen machen jeden Fortschritt zunichte. In vielen Aspekten wäre der Vorschlag sogar ein Rückschritt zum Status quo. Seit Jahren liegt Österreich in einer Bewertung der Rechtslage auf Informationszugang unter 103 Ländern an letzter Stelle.

Ebenso gravierend wie die bislang fehlende Ambition, die Verwaltung zu öffnen: die Verweigerung jeder öffentlichen Diskussion zum Thema; alle Verhandlungen dazu wurden im Hinterzimmer geführt. Selbst als wir alle Parlamentsparteien zur Diskussion eingeladen haben erschien kein Vertreter Ihrer Partei, beim einzigen Termin im Parlament dazu fehlte der sozialdemokratische Abgeordnete. Ein Gespräch dazu hat der SPÖ-Verfassungssprecher in über dreieinhalb Jahren kein einziges Mal mit uns gesucht.

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, um es kurz zu sagen: wir ersuchen Sie, das Thema Informationsfreiheit zur Chefsache zu erklären und konkrete Verhandlungen nicht nur mit den Parteienvertretern und Landeshauptleuten zu führen, sondern auch mit den Bürgerinnen und Bürgern. Denn diese betrifft das Thema. Direkt und ganz persönlich.

Ihr Vizekanzler Reinhold Mitterlehner kündigte in der „Klartext“-Diskussion mit Ihnen an, aus „Betroffenen künftig Beteiligte” machen zu wollen. Dieses Projekt wäre eine gute Chance dazu. 

Und wir bitten Sie um eine Bereitschaft zu jenem offenen Dialog, der von Ihren Vorgängern zwar schnell versprochen und auch öffentlich vorgetäuscht, de facto aber permanent verweigert wurde.

Gegenüber den aktuellen Entwürfen braucht es Verbesserungen in folgenden Bereichen:

  1. Schluss mit in Definitionen versteckten Ausnahmen: alle Informationen, die öffentliche Stellen haben, müssen grundsätzlich anfragbar sein.
  2. Abwägungspflicht von Ausnahmen: Informationen sollen nur verweigert werden können, wenn dies zur Abwehr von Schäden, die das öffentliche Interesse an einer Veröffentlichung überwiegen, notwendig ist. Diese Abwägung ist zu dokumentieren.
  3. Zeitgemäße Verfahrensvorschriften: Antwortfrist von höchstens drei Wochen wie auf EU-Ebene, keine Kosten für Antworten, Ablehnungen oder Begründungen von Ablehnungen (Bescheide). Der für Behörden geltende Rechtsweg muss auch bei Anfragen an staatliche Unternehmen angewendet werden.
  4. Ein rasches, bürger- und behördenfreundliches Verfahren im Fall einer ersten Ablehnung. Der Gang vor Gericht ist langwierig, bürokratisch und führte bisher in keinem unserer Verfahren zu Entscheidungen in der Sache. Verunsicherte Verwaltungsbedienstete brauchen ein zentrales Kompetenzcenter, das ihnen bei Entscheidungen über Informationsweitergabe oder Geheimhaltung zur Seite steht. International üblich ist es, einen unabhängigen Informationsbeauftragten zu schaffen, der die Umsetzung des Informationsfreiheitsrechts überwacht aber gleichzeitig auch Datenschutzagenden übernimmt.
  5. Relevante Verträge der öffentlichen Hand – etwa zu Vergaben, Privatisierungen und Förderungen – sollten, einem international bewährten Verfahren folgend, grundsätzlich erst nach einer Veröffentlichung online in Kraft treten. Wenn Gemeinden Haftungen für Projekte übernehmen, dann muss die Bevölkerung davon erfahren – auch zum Schutz der Gemeinde selbst.

In den vergangenen dreieinhalb Jahren haben wir schon zu oft von einem „neuen Stil“ gehört. Sie werden verstehen, wenn wir dem erst wieder Glauben schenken können, wenn wir diesen durch konkrete Taten auch belegt sehen.

Sollten Sie diesen aber tatsächlich verwirklichen wollen, stehen wir gern für ein konstruktives Gespräch zur Verfügung, wie sich das im Bereich von Transparenz und Informationsfreiheit verwirklichen ließe.

Um zu einer guten Lösung zu kommen. Im Sinne der Österreicherinnen und Österreicher.

Mit freundlichen Grüßen

Josef Barth, Markus Hametner und Mathias Huter

Für das Forum Informationsfreiheit (FOI)

Erste österreichische Bürgerrechts-NGO
für das Recht auf Zugang zu Information

Download: Offener Brief – Informationsfreiheitsgesetz (PDF)

Zweiter Erfolg vor Gericht für Transparenz bei Eurofighter-Kauf

  • Neues Urteil zeigt Grenzen der auch zukünftig geplanten Rechtsdurchsetzung auf
  • Wir fordern Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil auf, Transparenz zu leben und sich nicht neue Verweigerungsgründe auszudenken

Letztes Jahr durften wir uns über eine erfolgreiche Beschwerde gegen die Geheimhaltung der Liste der Eurofighter-Gegengeschäfte durch das Wirtschaftsministerium freuen, die in der Veröffentlichung der jahrelang geheim gehaltenen Liste endete.

Jetzt haben wir in einem weiteren Verfahren zur Causa Eurofighter vom Verwaltungsgericht recht bekommen: In diesem Fall fragten wir die Eurofighter-Kaufverträge an, gegebenenfalls in geschwärzter Form.

Da der Fall Eurofighter seit über zehn Jahren immer wieder in der Öffentlichkeit steht, halten wir das öffentliche Interesse an einer Veröffentlichung der Verträge für viel höher, als das Interesse an einer Geheimhaltung sein kann – besonders wenn die Möglichkeit für Schwärzungen besteht. Dass durch eine Veröffentlichung solcher Verträge kein Schaden für die nationale Sicherheit entstehen muss zeigt auch das Faktum, dass wir ähnliche Eurofighter-Kaufverträge mit nur wenigen Schwärzungen vom Britischen Verteidigungsministerium erhalten haben – dort gibt es ein funktionierendes Recht auf Informationszugang.

Das Verteidigungsministerium dichtete unsere Auskunftsanfrage in seiner Antwort zu einer Anfrage nach Akteneinsicht um, die es prompt verweigerte. Auch nach erneuter Klarstellung unserer Rechtsauffassung behauptete das Ministerium sinngemäß, es gäbe einfach kein Recht auf Dokumentenübermittlung – und selbst wenn es ein solches Recht gäbe, würden die Geheimhaltungsinteressen der Republik überwiegen.

Wir beschwerten uns gegen diese Informationsverweigerung aufgrund von Verfahrensmängeln (Begründung nicht nachvollziehbar) und der Missachtung des Menschenrechts auf Informationszugang.

Etwa acht Monate nachdem wir die Beschwerde beim Ministerium eingebracht haben befand das Bundesverwaltungsgericht jetzt:

“Die belangte Behörde hat die notwendigen Erfordernisse zur Begründung eines Bescheides nicht erfüllt.”

Weiters stellt die zuständige Richterin fest:

“Bescheide, in denen die Behörde nicht in eindeutiger Weise aufzeigt, von welcher konkreten Sachverhaltsannahme sie ausgegangen ist und worauf sich die getroffenen Tatsachenfeststellungen in Einzelnen stützen, sind mit einem wesentlichen Verfahrensmangel behaftet. […] Den Anforderungen an die Begründung eines Bescheides wird der angefochtene Bescheid nicht gerecht. Inwieweit sich die belangte Behörde mit dem Antragsvorbringen auseinandersetzte, ist der Begründung ihres Bescheides nicht zu entnehmen. […] Aus welchem Grund eine Verschwiegenheitspflicht hinsichtlich einer “umfassenden Landesverteidigung” besteht, wird nicht erläutert. […] Damit unterschreitet der angefochtene Bescheid die Anforderungen an eine im Sinn des § 60 AVG ausreichende, nachvollziehbare Begründung.”

Einen Wunsch hat uns das Gericht nicht erfüllt, nämlich den nach einer Entscheidung über eine Veröffentlichung der von uns angefragten Information – anstatt einer reinen Aufhebung des Verweigerungs-Bescheides. Wir hatten ausführlich argumentiert, warum die Veröffentlichung des Vertrags nicht nur im öffentlichen Interesse, sondern auch konform mit Beschaffungsregeln der EU wäre. Die Richterin beschloss jedoch:

“Wegen seiner Unüberprüfbarkeit in dieser Hinsicht konnte daher auch auf die behauptete inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht eingegangen werden.”

Sie zitiert den “Aspekt der Raschheit und der Kostenersparnis” als Begründung für die Entscheidung, in dem Fall nicht selbst zu ermitteln.

Das Verteidigungsministerium muss nun erneut über die ursprüngliche Anfrage entscheiden – unter Berücksichtigung des Urteils.

Dies bedeutet für uns eine weitere Verzögerung: die Behörde kann unser Ansuchen erneut ablehnen, worauf wir erneut vor das Verwaltungsgericht ziehen können, bevor ein Gang zum Höchstgericht möglich wird. Eine direkte Entscheidung des Gerichts über die Informationsherausgabe hätte im Fall einer negativen Entscheidung einen sofortigen Gang zum Höchstgericht ermöglicht.

Wir hoffen, dass es nicht dazu kommen wird, dass wir erneut vor Gericht ziehen müssen. Deswegen fordern wir Verteidigungsminister Doskozil auf, es Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner gleichzutun. Mitterlehner hatte nach unserem letzten Erfolg vor Gericht nach dem Ministerrat angekündigt, die ursprünglich verweigerten Informationen herauszugeben, was kurz darauf auch geschah. Zitat: „Aus meiner Sicht ist da volle Transparenz angebracht.”


Der Kläger

Markus Hametner, Vorstandsmitglied des Forum Informationsfreiheit, trat als Kläger in diesem Rechtsstreit auf und erwirkte letztes Jahr erfolgreich auf Herausgabe der Eurofighter-Gegengeschäfte.

Das Forum Informationsfreiheit ist die führende österreichische Bürgerrechts-NGO für ein Recht auf Zugang zu Information. Sie hat die Abschaffung des Amtsgeheimnisses überhaupt erst auf die Agenda der Politik gebracht. Ihre Kampagne Transparenzgesetz.at wurde innerhalb von drei Wochen von mehr als 10.000 Österreichern unterstützt. Sie forderten ein österreichisches Transparenzgesetz nach Hamburger Vorbild. Damit sollte das Amtsgeheimnis abgeschafft und ein Recht der Bürger auf Information in der Verfassung verankert werden.

Dokumente:

Einladung zum OffenesParlament-Hackday #4, am 2. Februar 2016

Wir laden zu einem weiteren, und vorerst letzten 

OffenesParlament.at Hackday,
am Dienstag, 2. Februar 2016, ab 18:00
im Metalab, Rathausstraße 6, 1010 Wien

OffenesParlament.at hat das Ziel, einen besseren Zugang zu Daten über die Arbeit des Österreichischen Parlaments zu schaffen.

Wir kommen mit unserem Projekt in die Schlusskurve und suchen interessierte Programmiererinnen und Programmierer, Designer und Designerinnen, die uns helfen, es zu finalisieren: eine Website, die die Arbeit des Parlaments darstellt, besser durchsuchbar und nachvollziehbar macht – und das alles nutzerfreundlicher aufbereitet, als es die Homepage des Parlaments bietet.

Einfache Mitmachmöglichkeiten haben wir als Code Bounties vorbereitet: für fehlende Features ist festgelegt, wie viel sie uns Wert sind – und zwar sowohl für die Erstellung oder Anpassung von Scrapern für Parlamentsdaten als auch für die Entwicklung des Frontends. Setzt Du ein Feature um, bekommst du diesen Betrag – wenn das ganze Teamarbeit ist, könnt ihr ihn euch natürlich teilen!

Insbesondere freuen wir uns über Hilfe im Bereich Design und Frontend, da die meisten unserer Scraper schon fertiggestellt sind!

Details zu unseren Code-Bounties findest Du hier: https://github.com/Forum-Informationsfreiheit/OffenesParlament/issues

Eine noch unvollständige Vorschauversion von OffenesParlament.at findest Du unter http://staging.offenesparlament.at

Alle Elemente und jeglicher Code des Projekts sind Open Source und werden auf GitHub veröffentlicht. Das Projekt wird durch die Netidee unterstützt.

Wir freuen uns!

Euer Team von OffenesParlament.at

Gerichtsverfahren gegen Informationsverweigerung: Drei Verfahren, drei Unregelmäßigkeiten

2015 war ein gutes Jahr für mich: meine Beschwerde gegen die Verweigerung, Eurofighter-Gegengeschäftslisten zu übermitteln, wurde stattgegeben. Nach Jahren der Geheimniskrämerei führte das Urteil im Juni zur Veröffentlichung dieser Liste mit rund 3.3 Milliarden Euro an Eurofighter-Gegengeschäften auf der Website des Wirtschaftsministeriums.

Seit Beginn dieses Rechtsstreits wurde das Verfahren für Beschwerden gegen Informationsverweigerung geändert, deswegen warten wir gespannt auf die noch ausstehenden Entscheidungen, die nach dem neuen Verfahren vor neuen Gerichten geführt werden. Das aktuelle System der Berufung vor den Verwaltungsgerichten ist auch in den die aktuellen Entwürfen für ein Informationsfreiheitsgesetz vorgesehen.

Die 2014 eingeführten Verwaltungsgerichte ersetzen als erste Beschwerdeinstanz rund 120 Behörden und bringen auch für Beschwerdeführer einige Vorteile zum früheren System: in der ersten Instanz gibt es keine Anwaltspflicht, die Kosten für eine Beschwerde betragen 35 € statt zuvor über 200 €. In der Praxis habe ich jedoch anhand meiner drei offenen Verfahren festgestellt, dass das System hinter den Erwartungen zurück bleibt.

Gemeinsam an allen Verfahren ist die lange Dauer zwischen Beschwerde und Entscheidung: Die erste Beschwerde im neuen System wurde am 25. März 2014 eingebracht. Trotz einer gesetzlichen Verpflichtung, eine Entscheidung innerhalb von 6 Monaten zu treffen (§ 34 VwGVG), gibt es nach 21 Monaten noch keine Entscheidung. Auch eine am 17. Juni 2014 eingebrachte Beschwerde ist noch offen.

Falsche Gerichtszuweisung im Fall
LPD Wien: Platzverbote Akademikerball 2014

Im Umfeld des Akademikerball 2014 erließ die Wiener Polizei ein Platzverbot, das einen großen Teil der Wiener Innenstadt umfasste. Darauf fragte ich die Dokumente an, die im Rahmen der Gefahrenbewertung konsultiert wurden.

Die Polizei behauptete im ablehnenden Bescheid, es gäbe keine Verpflichtung, “Motive für eine Entscheidung offen zu legen bzw. eine Begründung für ein Vorgehen zu nennen”. Es gäbe außerdem keine Rechtsgrundlage für eine Akteneinsicht.

Am 25. März 2014 reichte ich eine Beschwerde ein – wie im Bescheid vorgesehen bei der Behörde selbst. Weder bekam ich eine Empfangsbestätigung, noch wurde ich über ein weiteres Vorgehen informiert. Bei telefonischer Anfrage wurde mir keine Auskunft über den Stand des Verfahrens erteilt, bis ich auf einen Termin zur Akteneinsicht pochte – erst dann habe ich erfahren, dass der Akt schon an das Wiener Verwaltungsgericht weitergeleitet worden war. Die Geschäftsziffer am Wiener Verwaltungsgericht konnte mir nicht genannt werden.

Fast ein Jahr ist der Akt am Gericht gelegen, das sich dann als das falsche herausstellte. Am 27. Februar 2015, 11 Monate nach der Beschwerde, wurde der Fall an das Verwaltungsgericht des Bundes übergeben. Eine Entscheidung steht noch aus.

Gebührentransparenz im Fall
BMWFW: Eurofighter-Geheimhaltungsbestimmung

Im ersten Fall zu den Eurofighter-Gegengeschäfte argumentierte das Wirtschaftsministerium vor dem VwGH, die Gegengeschäfte könnten nicht veröffentlicht werden, da in den Verträgen “grundsätzlich Vertraulichkeit vereinbart” wurde. Die genaue Formulierung wurde nicht zitiert, worauf ich eine Auskunft nach der genauen Art der Vertraulichkeitsvereinbarung (der Formulierung) einforderte.

Diese wurde nicht gewährt. Am 17. Juni 2014 reichte ich dagegen eine Beschwerde ein, wie im Bescheid vorgesehen. Von Gebühren war im Bescheid keine Rede, auch erreichte mich keine Zahlungsaufforderung und es waren keine Kontoinformationen am Bescheid ersichtlich. Ende September bekam ich einen Gebührenbescheid vom Finanzamt über 30 € plus 15 € Gebührenerhöhung für nicht entrichtete Gebühren. Laut Auskunft des Finanzamtes ist dies rechtmäßig, da die Gebühren per Verordnung (§ 2 BuLVwG-EGebV) festgeschrieben sind – aber es ist definitiv nicht bürgernah, besonders weil dieses System, das keine Anwaltspflicht vorsieht, recht neu ist und Bürgerinnen und Bürger in der Regel wohl nicht wissen, dass bzw. welche Gebühren vorgesehen sind.

Für den Bürger oder die Bürgerin steigen die Kosten eines Einspruchs schnell um die Hälfte, weil ein Beamter völlig rechtmäßig nicht die Kosten der Beschwerde erwähnt. Bürgerinnen und Bürger müssten explizit erfragen, ob Gebühren vorgesehen sind und an welches Konto überwiesen werden muss – bei der Stelle, gegen die sie eine Beschwerde einreichen wollen.

Verzögerung im Fall
BMLVS: Eurofighter-Vertrag

Nach der Veröffentlichung der Eurofighter-Gegengeschäfte nach dem Erfolg unseres ersten Rechtsstreits war die Formulierung der Geheimhaltungsbestimmungen für uns umso interessanter. Das Wirtschaftsministerium hatten behauptet, die Republik würde großen Schaden erleiden, wenn diese Gegengeschäfte veröffentlicht werden – dieser ist aber offensichtlich nicht eingetreten.

Weiters hatte ich eine komplette Kopie eines Eurofighter-Vertragswerks vom Verteidigungsministerium des Vereinigten Königreichs – eines Eigentümerlands von Eurofighter – angefragt und (mit nur einigen Schwärzungen) bekommen.

Deswegen fragte ich das Vertragswerk für den Eurofighter-Kauf und die Gegengeschäfte vom Verteidigungsministerium an – vorsichtshalber beantragte ich die Schwärzung von Vertragsstellen, die Geschäftsgeheimnisse beinhalten. Die Auskunft wurde mir verweigert.

Die Einreichung der Beschwerde behandelte das Ministerium vorbildlich: Gebühren und Zahlungsinformationen im Fall einer Beschwerde wurden transparent im Bescheid dargestellt, die Sachbearbeiterin informierte mich sogar als der Akt der Beschwerde an das Verwaltungsgericht verschickt wurde – dies passierte bei den anderen Fällen nicht.

Allerdings habe ich die Beschwerde am 27. Juli 2015 eingereicht, das Verwaltungsgericht erreichte sie am 25. September 2015 – fast zwei Monate später.

Dies passiert scheinbar regelmäßig: die öffentliche Stelle schickt die Beschwerde mit einer Gegenschrift zum Verwaltungsgericht – und lässt sich für die Auswertung dieses Kommentars bis zu zwei Monate Zeit. In den Gesetzen ist jedoch keine Maximaldauer für die Weiterleitung definiert – Behörden können so Beschwerdeverfahren durch Nichtstun verlängern.

Verwaltungsgerichte vs Informationsfreiheitsbeauftragter

Neben den aufgezeigten Unregelmäßigkeiten und der Dauer der Verfahren haben die Verwaltungsgerichte einen weiteren Nachteil im Vergleich zu einem Informationsfreiheitsbeauftragten: das starre System. Ein Beauftragter könnte vermittelnd zwischen Beschwerdeführer und der öffentlichen Stelle tätig werden und informell helfen und die Parteien zur rechtlichen (Un)durchsetzbarkeit von extremen Positionen (“ich will das komplette, ungeschwärzte Vertragswerk” vs “es gibt kein Recht zu Informationszugang”) beraten. Dies würde dem Staat und den Gerichten lange und teure Beschwerdeverfahren in vielen Fällen ersparen.

Vernichtung der Griss-Kommissions-Akten: Forum Informationsfreiheit fordert bessere systematische Archivierung zur Sicherung von Informationszugang

Wien, 18. Dezember 2015 – Die Vernichtung von Protokollen und Akten der Griss-Kommission, die den Bericht zum Hypo-Debakel erstellt hat, ist für das Forum Informationsfreiheit problematisch da durch diesen Schritt der Informationszugang des Parlaments und der interessierten Öffentlichkeit eingeschränkt wurde.

„Insbesondere im Hinblick auf ein zukünftiges Informationsfreiheitsgesetz muss sichergestellt werden, dass Stellen, die eine mit öffentlichen Mitteln finanzierte, staatliche Aufgabe übernehmen, Dokumente und Informationen archivieren. Dass Dokumente wie die der Griss-Kommission sofort vernichtet wurden, anstatt archiviert zu werden, zeigt, dass hier dringender Verbesserungsbedarf besteht“, sagt Mathias Huter, Generalsekretär des Forum Informationsfreiheit.

„Behörden und öffentliche Stellen müssen eine ordentliche Archivierung von Information vertraglich sicherstellen, wenn sie Aufgaben an externe Akteure auslagern. Außerdem muss sich die öffentliche Hand stets ein Recht auf freie Weiterverwendung von Informationen sichern, wenn öffentliche Mittel für ihre Erstellung verwendet werden“, so Huter. „Nur so kann sichergestellt werden, dass Bürgerinnen und Bürger in Zukunft ihr Recht auf Information auch ausüben können.“

Laut Medienberichten vom 17. Dezember wurde dem parlamentarischen Hypo-Untersuchungsausschuss vom Finanzministerium mitgeteilt, dass den Abgeordneten keine Protokolle der von Irmgard Griss geleiteten Hypo-Untersuchungskommission geführten Gespräche geliefert werden können, weil diese allesamt vernichtet worden seien.

Stellungnahme zum Entwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz

Trotz mancher Verbesserungen sehen wir signifikante Verschlechterungen zur aktuellen Lage im Entwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz. Höhere Kosten, längere Fristen, unzureichende Definitionen. Hier unsere ausführliche Stellungnahme an das Parlament im Rahmen der am 17. Dezember endenden Begutachtung.

Unsere Beurteilung des Entwurfs  

Das Forum Informationsfreiheit begrüßt Teilaspekte dieses Entwurfs für ein Informationsfreiheitsgesetz (IFG), die Verbesserungen im Vergleich zur aktuellen Gesetzeslage (geregelt im Auskunftspflichtgesetz) bieten. Das sind:

  • die Festlegung eines Rechts auf direkten Zugang zu Information (z.B. zu Dokumenten und Dateien),
  • die Ermöglichung eines teilweisen Zugangs zu Dokumenten, wenn nur Teile davon unter Geheimhaltungsgründe fallen (“partial access”),
  • die nun vorgesehene Interessensabwägung einer Behörde, wenn sie über eine Veröffentlichung oder Geheimhaltung entscheidet
  • und der Fakt, dass Verwaltungsgerichte bei erfolgreichen Beschwerden gegen Informationsverweigerung eine Informationsherausgabe anordnen werden, statt wie bisher nur die Entscheidung aufheben zu können, ohne jedoch eine Veröffentlichung sicherzustellen.

Gleichzeitig bleibt der Entwurf nicht nur hinter international bewährten Vorgangsweisen und den Erwartungen zurück, die die Politik geweckt hat – er bietet sogar weitere Möglichkeiten zur Einschränkung des Informationszugangs im Vergleich zur aktuellen Rechtslage.

Das beginnt schon dabei, dass sich das IFG selbst ausschaltet, sobald in anderen betroffenen Gesetzen Regelungen betreffend Geheimhaltung oder Informationszugang vorhanden sind. In diesem Fall wären nicht einmal die Verfahrensregeln – wie Regeln zu Fristen und Kosten –  des IFG anwendbar. So könnte es in Zukunft passieren, dass Kärntner Zugang zu mehr Informationen bekommen können als Wiener.

Informationsbegriff und illegal gesammelte Daten

Die verwendete Definition von “Information” weicht – wie in der Verfassungsbestimmung – weit vom Alltagsbegriff ab. Daten, die nicht zu verakten seien, gelten laut Entwurf ebenso wenig als Information, wie solche, die sich in Entwürfen und Notizen finden. Auch sind nur amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnungen “Information” im Sinne des IFG. “Damit könnten Behörden plausibel argumentieren, dass sie rechtswidrig gesammelte Daten nicht beauskunften müssen, was den “public Watchdog”-Aspekt der Informationsfreiheit stark einschränken würde”, so Mathias Huter, Generalsekretär des Forum Informationsfreiheit. “Hier fordern wir eine einfache, international verwendete Definition: Informationen sind alle den Behörden vorliegenden Aufzeichnungen”.

Verdoppelung der Wartezeit auf Erstantwort

Ein Kernpunkt der Kritik an der aktuellen Gesetzeslage waren immer die Fristen: zwei Monate Wartezeit auf eine Erstantwort machen das Gesetz für die journalistische Arbeit unbrauchbar. Die vorgeschlagene Regelung gibt Behörden weiterhin eine achtwöchige Frist zur Beantwortung – die aber um weitere acht Wochen verlängert werden kann.

“Eine Verdoppelung dieser Frist, wenn auf EU-Ebene 15 Arbeitstage vorgesehen sind, die um weitere 15 erweitert werden können, ist eine eindeutige Verschlechterung gegenüber der aktuellen Lage und einem Informationsfreiheitsgesetz im 21. Jahrhundert nicht würdig”, so Mathias Huter. “Da Journalist_innen und engagierte Bürger_innen im Falle einer Auskunftsverweigerung noch zwei weitere Monate auf die Begründung der Ablehnung in Form eines Bescheids warten müssen wird, wird man in der Praxis oft erst ein halbes Jahr nach der Anfrage gegen die Entscheidung berufen können. Das ist nicht akzeptabel.”

Eine weitere Verschlechterung sieht das Forum Informationsfreiheit in der Darstellung der Kostenlage. So wären zukünftig Barauslagen der Behörden von Antragssteller zu bezahlen – was etwa bedeuten könnte, dass eine öffentliche Stelle auf Kosten der Fragenden externe Gutachter beiziehen kann.

Auch die vorgesehene Kostenpflicht für die Bescheiderstellung wäre eine Verdoppelung der Kosten für den Rechtsweg (30€ für Bescheid, 30€ für Verwaltungsgericht), da diese momentan üblicherweise kostenlos ausgestellt werden.

Mathias Huter: “Wir verstehen auch nicht, warum die Ausstellung eines Bescheides etwas kosten soll. Die Arbeit der Abwägung passiert ja schon zuvor bei der Entscheidung selbst, sie muss nur niedergeschrieben und dokumentiert werden”. Ein solcher Bescheid stellt nur die rechtliche Begründung einer Entscheidung dar, dessen Vorliegen den Rechtsweg ermöglicht. Für eine bessere Regelung muss man gar nicht erst ins Ausland schauen: das Umweltinformationsgesetz sieht weder Kosten noch zusätzliche Fristen für Bescheide vor.

Ein weiteres Kostenrisiko für Bürgerinnen und Bürger droht bei der Durchsetzung des Rechts auf Information gegenüber öffentlichen Unternehmen, da hier ist ein zivilrechtliches Verfahren geplant ist. Hier muss dringend nachgebessert werden – das Recht auf Information muss für alle zugänglich sein, nicht nur für wohlbetuchte Interessensvertreter.

Auch die vorgesehene Pflicht zur Veröffentlichung von Informationen im allgemeinen Interesse bleibt weit hinter dem Vorbild des Hamburger Transparenzgesetzes zurück. Gemeinden, die Verträge offenlegen wollen können aus der Regelung keine Rechtssicherheit dafür ableiten. Ohne dieser Rechtssicherheit, ohne Durchsetzungsrecht für Bürger und ohne Pflicht, die Umsetzung des IFG in regelmäßigen Berichten zu dokumentieren könnte diese Regelung als totes Recht enden.

Viel zu spätes Inkrafttreten

Nachdem sich die Diskussion über die Abschaffung des Amtsgeheimnisses seit Jahren verzögert, soll laut Entwurf das IFG erst mit Anfang 2018 in Kraft treten – eine unbegründete Verzögerung, insbesondere da die Regierungsparteien weiterhin die Schaffung eines/r Informationsbeauftragten verweigern, der/die als unabhängige Stelle die Umsetzung des Gesetzes koordinieren, überwachen und sicherstellen könnte.

Der gegenständliche Entwurf baut auf Verfassungsbestimmungen für Informationsfreiheit auf, die ebenfalls noch im Entwurfsstadium sind. Sie waren vor etwa eineinhalb Jahren in Begutachtung. Verbesserungen in den von uns kritisierten Punkten, insbesondere den sehr breit und vage formulierten Geheimhaltungsgründen, scheinen nicht vorgenommen worden zu sein. Allerdings scheinen sich Bund und Länder auf eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes geeinigt zu haben. Wie dies in der Verfassung geregelt werden soll, ist nicht bekannt, der letzte Entwurf sieht noch eine Teilung der Kompetenzen zwischen Bund und Ländern vor.

Über uns

Das Forum Informationsfreiheit brachte mit der Kampagne Transparenzgesetz.at und über 13.000 Unterstützerinnen und Unterstützern das Thema Recht auf Informationszugang auf die politische Agenda. Das Team besteht aus aktiven und ehemaligen Journalist_innen , Rechtsexpert_innen und Aktivist_innen und engagiert sich für mehr Transparenz in Politik und Verwaltung. Über die Webseite FragDenStaat.at haben Bürger_innen und Journalist_innen bereits mehr als 350 Auskunftsbegehren an die Verwaltung gerichtet.Das erfolgreiche Gerichtsverfahren des Forum Informationsfreiheit gegen Informationsverweigerung in der Causa Eurofighter-Gegengeschäfte führte 2015 zur Veröffentlichung der Liste.

 

Kontakt

Mathias Huter
Generalsekretär, Forum Informationsfreiheit
Email: office@informationsfreiheit.at
Mobil: 0699/126 39 244

Urteil gegen Dossier schränkt Presse beim Aufdecken von Missständen ein

Die Verurteilung der investigativen Journalismus-Plattform Dossier.at wegen Hausfriedensbruch ist für das Forum Informationsfreiheit aus demokratiepolitischer Sicht problematisch.

Das gemeinnützige Reporter-Kollektiv Dossier hat seit 2013 schwere Missstände in zahlreichen privaten Unterkünften für Asylwerber dokumentiert und thematisiert, und ist dafür mehrfach ausgezeichnet worden. Jetzt sind die Journalisten rechtskräftig wegen Hausfriedensbruch  verurteilt worden. Dossier hatte auf Einladung von Bewohnern, jedoch ohne Genehmigung des Besitzers, wiederholt schwere Mängel in einem Quartier im Burgenland aufgezeigt.

„Journalismus muss eine Watchdog-Funktion wahrnehmen können und dürfen”, sagt Mathias Huter, Generalsekretär des Forum Informationsfreiheit. „Private Betreiber von Asylquartieren übernehmen die staatliche Aufgabe der Versorgung von Schutzsuchenden und erhalten dafür öffentliche Gelder. In einem derartigen Fall ist das Interesse der demokratischen Öffentlichkeit an der menschenwürdigen Unterbringung und der ordnungsgemäßen Verwendung von Steuergeldern höher zu bewerten als ein Interesse an der Geheimhaltung von Missständen.”

Beim vorliegenden Urteil wurde die essentielle Rolle von investigativem Journalismus in einer demokratischen Gesellschaft nicht bewertet. Ein Kern-Problem scheinen Verträge der öffentlichen Hand mit den Quartierbetreibern zu sein, die werder ausreichende Transparenz sicherstellen noch unabhängige Kontrollen erlauben. Hier müssen Behörden und Politik dringend nachbessern. Wie der Standard berichtet haben Asylwerber laut Urteil nicht wie Mieter das Recht, Besuch zu empfangen, ohne den Quartiers-Besitzer zu informieren.

Recherchen zeigen, dass im konkreten Fall nach der Veröffentlichung von Missständen die dokumentierten Probleme – darunter massiver Schimmelbefall – vom Besitzer des Quartiers nur teilweise kosmetisch ausgebessert, aber nicht behoben wurden.

„Die Recherchen von Dossier haben systematische Schwächen aufgezeigt, die wohl auf mangelnde Kontrollen von Mindeststandards durch die zuständigen Behörden zurückzuführen sind”, sagt Mathias Huter. „Das vorliegende Urteil macht es Medien kaum noch möglich, im Interesse der Öffentlichkeit über Asyl-Quartiere zu berichten, und ist deshalb eine problematische Einschränkung der Pressefreiheit beim Aufzeigen von Missständen. Wenn Journalismus durch ein Verbot der einzig möglichen objektiven Recherche effektiv unterbunden wird, so liefert man die rechtlich und sozial Schwächsten der Willkür von Missbrauchs-Profiteuren aus.”

Kontakt:
Mathias Huter
Generalsekretär, Forum Informationsfreiheit
Email: office@informationsfreiheit.at

Einladung zum OffenesParlament.at-Hackday im Parlament

Das Forum Informationsfreiheit und die Direktion des Österreichischen Parlaments laden gemeinsam zu einem OffenesParlament.at-Hackday.

Am Samstag, den 12. Dezember 2015, von 10:00 bis 16:00 Uhr
Lokal VIII, Parlament
Für den Einlass wird ein Lichtbildausweis benötigt.

Anmeldung nicht nötig, aber erbeten auf Eventbrite.

10:00
Begrüßung
Einführung in Funktionen von der offiziellen Webseite des Parlaments, Parlament.gv.at
Fragen und Diskussion
Vorstellung des Projekts OffenesParlament.at durch das Team des Forum Informationsfreiheit
11:00
Arbeit an Scraping und Darstellung von Parlamentsdaten und -Inhalten
16:00
Ende der Veranstaltung

Im Rahmen der Veranstaltung wird das Forum Informationsfreiheit eine erste Version der Webseite OffenesParlament.at präsentieren. Dieses Open Source-Projekt hat zum Ziel, Informationen und Daten rund um das Parlament und seine Tätigkeit auf alternative und benutzerfreundlichere Weise aufzubereiten.

Die Veranstaltung bietet NutzerInnen der Parlaments-Webseite Gelegenheit, sich mit ExpertInnen der Parlamentsverwaltung über Funktionalität und Inhalte von Parlament.gv.at auszutauschen.

Interessierte ProgrammiererInnen und DesignerInnen sind dazu eingeladen, an Lösungen für weitere Parlamentsdatensätze zu arbeiten und innovative sowie nutzerfreundliche Darstellungs-Formen der gewonnenen Information zu erarbeiten. Details zu diesen „Code Bounties“ gibt es unter https://github.com/Forum-Informationsfreiheit/OffenesParlament/issues.

Hinweis:
Mit der Teilnahme an der Veranstaltung stimmen Sie der Veröffentlichung von Fotos, Film- und Tonaufnahmen, die im Rahmen der Veranstaltung entstehen, ausdrücklich zu.

Foto: © Parlamentsdirektion / Peter Korrak

Download der Einladung

Engagement für Bürgerrechte muss als “gemeinnützig” anerkannt werden

Spenden an Bürger- und Menschenrechtsorganisationen, an gemeinnützigen Journalismus, und an Vereine, die für eine Stärkung der Demokratie eintreten, sind in Österreich nicht von der Steuer absetzbar. Der fehlende steuerliche Anreiz für Zuwendungen ist ein wichtiger Grund dafür, dass die heimische Zivilgesellschaft in diesem Bereichen kaum über Ressourcen verfügt und weitestgehend durch unbezahltes, ehrenamtliches Engagement getragen wird.

Mit dem neuen Gemeinnützigkeitsgesetz sollen demnächst Privatstiftungen in Österreich neu geregelt werden. Ziel der Regierung ist, mehr Anreize dafür zu schaffen, dass privates Stiftungsvermögen gemeinnützigen Zwecken zu Gute kommt.

Das Forum Informationsfreiheit hat im Rahmen der Begutachtung des neuen Gesetzes darauf hingewiesen, dass leider auch die neue Regelung keine Absetzbarkeit für Zuwendungen an Organisationen vorsieht, die sich für die Wahrung von Grundrechten sowie eine Stärkung demokratischer Institutionen und Werte einsetzen, weil solche Vereine nicht als gemeinnützig anerkannt werden.

In zahlreichen Nachbarländern bietet der Staat Anreize für Zuwendungen an derartige gemeinnützige Initiativen – etwa auch dadurch, dass ein Prozentsatz der Lohn- oder Einkommenssteuer im Rahmen der Steuererklärung direkt an eine entsprechende Organisation abgeführt werden kann.

Auch spielen derzeit Stiftungen bei der Förderung gemeinnütziger Initiativen in Österreich derzeit nur eine kleine Rolle: Während laut einer Schätzung der Wirtschaftsuniversität Wien in Österreich insgesamt jährlich nur rund 3 Euro pro Einwohner (insgesamt 20 bis 25 Millionen Euro) von gemeinnützigen Stiftungen ausgeschüttet werden, sind es in der Schweiz 160 Euro pro Einwohner – 1,2 Milliarden Euro pro Jahr – und in Deutschland sogar 183 Euro pro Einwohner (15 Milliarden Euro), und damit mehr als fünfzig Mal so viel wie in Österreich.

Das Forum Informationsfreiheit fordert: auch Organisationen im Bereich Journalismus, Demokratie, Menschen- und Bürgerrechte müssen endlich als gemeinnützig anerkannt werden können, um durch steuerlich absetzbare Spenden diesem bislang völlig unterfinanzierten Bereich der österreichischen Zivilgesellschaft eine nachhaltige Finanzierung zu ermöglichen.

Geheime Ausgaben der Europa-Parlamentarier: Österreichische und europäische JournalistInnen klagen auf Herausgabe

Das Europäische Parlament verweigert Einsicht in die Abrechnungen der EU-ParlamentariererInnen. Zum ersten Mal überhaupt reichen jetzt JournalistInnen aus allen EU-Mitgliedsstaaten akkordiert Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof gegen das Europäische Parlament (EP) ein. Das EP verweigert ihnen Zugang zu Informationen von öffentlichem Interesse. Genauer, Einsicht in die Abrechnungen der Abgeordneten des Europäischen Parlaments.

Die 751 Mitglieder des EP beziehen neben Gehalt und Taggeld unter anderem Zulagen für Büro, Sekretariat, Öffentlichkeitsarbeit, Studien, Rechtsberatung und Reisen. Im Jahr 2014 beliefen sich die Gesamtkosten für Gehalt, Taggeld und sämtliche Zulagen der EU-ParlamentarierInnen auf insgesamt 474 Millionen Euro. Das sind 27 Prozent des gesamten EP-Budgets. Allein die monatliche Bürokostenpauschale, eine Art allgemeine Kostenvergütung, beläuft sich auf 3,2 Millionen Euro, das sind knapp 38,4 Millionen Euro pro Jahr. Dieser Ausgabeposten wird derzeit nicht überprüft.

Im Mai und Juni 2015 beantragten 29 JournalistInnen aus allen EU-Mitgliedsländern daher Einsicht in die Abrechnungen der EU-ParlamentarierInnen auf Grundlage der Verordnung Nr. 1049/2001, die den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission regelt.

Alle Anträge wurden vom Europäischen Parlament abgelehnt, ebenso die Beschwerden dagegen, die von den JournalistInnen im August und September 2015 eingereicht worden waren. Das EP begründete seine Entscheidung mit dem Schutz persönlicher Daten und dem enormen Arbeitsaufwand, der dafür notwendig sei.

Nun wird gegen diese Entscheide des Europäischen Parlaments Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof eingelegt. Die JournalistInnen vertritt die Juristin Nataša Pirc Musar. Sie war von 2004 bis 2014 parlamentarische gewählte Kommissarin für Informationsfreiheit und Datenschutz in Slowenien. Die europaweite Initiative wird von der Journalistin Anuška Delič von der slowenischen Tageszeitung Delo koordiniert.

Aus Österreich beteiligt ist an dem Verfahren die ORF-Journalistin Tanja Malle, die sich auch beim Forum Informationsfreiheit engagiert.

  • Stellungnahme der beteiligten JournalistInnen (auf Englisch).

Die an dem Verfahren beteiligten Journalisten sind:

Tanja Malle Österreich ORF
Kristof Clerix Belgien MO*
Atanas Tchobanov Bulgarien bivol.bg
Matilda Bačelić Kroatien Lider
Maria Psara Zypern Phileleftheros
Pavla Holcová Tschechien, Slowakei Czech Center for Investigative Journalism
Nils Mulvad Dänemark Investigative Reporting Denmark
Peter Jeppesen Dänemark Ekstra Bladet
Sanita Jemberga Estland, Lettland, Littauen Re:Baltica
Gundega Tupina Estland, Lettland, Littauen Re:Baltica
Minna Knus-Galán Finnland YLE
Mark Lee Hunter Frankreich freelance/INSEAD
Dirk Liedtke Deutschland Stern
Nina Plonka Deutschland Stern
Harry Karanikas Griechenland protagon.gr
Balázs Tóth Ungarn atlatszo.hu
Tamás Bodoky Ungarn atlatszo.hu
Gavin Sheridan Irland thestory.ie
Guia Baggi Italien IRPI
Delphine Reuter Luxembourg freelancer
Jacob Borg Malta The Malta Independent
Hugo van der Parre Niederlande NOS
Wojciech Ciesla Polen Newsweek Poland
Rui Araujo Portugal TVI Portugal/ICIJ
Crina Boroş Rumänien, Vereinigtes Königreich data journalist
Anuška Delić Slowenien Delo
Tina Kristan Slowenien Delo
Marcos García Rey Spanien freelance
Staffan Dahllöf Schweden freelance/Wobbing Europe

 

European Parliament taken to Court by journalists from all EU countries over denial to provide allowance records

20 November 2015 – For the first time ever journalists representing all European member states have teamed up to file complaints with the European Court of Justice against the European Parliament (EP). The institution refused to grant the journalists’ requests for access to information related to how the 751 Members of the European Parliament (MEPs) spend their allowances. Journalists filed complaints with the Court of Justice on 13 November. (The complaint concerning Irish MEPs will be filed in due course.)

The team of 29 journalists requested four years of copies of spending records of MEPs representing their own countries. Specifically, they asked for documents regarding the money MEPs receive on top of their salaries, including a general allowance, travel allowance, daily subsistence and funds for staffing. But the EP refused to open these expenditures to public scrutiny.

This European-wide freedom of information initiative – The MEPs Project – was formed in June when journalists representing all members of the EU teamed up and requested access to EP documents showing how, when and for what MEPs spent their general, travel, daily and staff allowances.

In 2014, according to the EP, 27 percent of the Parliament’s 1,756 billion euro budget was dedicated to MEPs’ expenses. This yearly amount of more than 474 million Euro consists of their salaries, costs for travel, offices and the pay of personal assistants. The European public is entitled to know how almost half a billion euros of its taxes is being spent. The European Parliament spends 3.2 million Euro each month solely on MEPs’ general expenditure allowance (almost 40 million Euro per year). No one is monitoring this spending. Meanwhile the MEPs, who are the only elected representatives of European citizens, have repeatedly voted down efforts to regulate this issue.

In September the European Parliament denied all of the journalists’ requests for access to information on the grounds of personal data protection, as well as an alleged excessive workload that granting access to these documents could cause. The EP also said it did not hold any documents related to how MEPs spent their general allowances.

The journalists are now turning to the European Court of Justice, seeking redress for the fact that the EP fails in its proclaimed function as the guardian of transparency, and thus disregards the Treaty of the EU.

“By simply denying access to requested documents the European Parliament is effectively granting MEPs the right to secretive public spending and giving them full immunity from public monitoring of their dealings. We argue that the reasons given to the reporters for denying their requests have no basis in any European regulation,” said the team’s lawyer Nataša Pirc Musar, Slovenia’s former Information Commissioner.

“The MEPs Project is unprecedented. This is the first known European-wide collaboration of journalists in the area of Freedom of Information, specifically regarding access to what we believe are inarguably public records of a European body. The MEPs’ allowances are intended to be spent exclusively for their professional, not personal needs, and should thus not be allowed to remain hidden from the European public,” said The MEPs Project’s leader, Slovenian journalist Anuška Delić.

Forum Informationsfreiheit kritisiert vorliegenden Entwurf zur „angeblichen Abschaffung des Amtsgeheimnisses“

Wien, 9. November 2015 – Das Forum Informationsfreiheit (FOI) kritisiert den heute veröffentlichten Entwurf des Informationsfreiheitsgesetzes scharf und sieht dringenden Nachbesserungsbedarf. „Das ist eine Verschlechterung, keine Verbesserung“, sagt der Vorstand des Forum Informationsfreiheit, Josef Barth. „Mit diesem Gesetz könnten Ämter noch mehr verheimlichen als bisher.“

Geheimhaltungsgründe zu breit formuliert

Laut Entwurf können BürgerInnen Informationen verwehrt werden, wenn durch die Veröffentlichung die „unbeeinträchtigte Vorbereitung einer Entscheidung“ beeinträchtigt würde. So würde etwa der Transparenz von Lobbyingaktivitäten ein Riegel vorgeschoben, bis ein Gesetz im Nationalrat verabschiedet ist. Ebenso könnten Bürgerinitiativen Studien verwehrt werden, bis das betroffene Projekt genehmigt ist.

Staatliche Stellen sollen laut Entwurf auch die Auskunft verweigern können, wenn dies im „wirtschaftlichen oder finanziellen Interesse einer Gebietskörperschaft“ ist – eine Formulierung, die auch bei kleinsten befürchteten Verlusten zutrifft und etwa zur der Geheimhaltung von Verträgen bei Privatisierungen und Beschaffungen missbraucht werden könnte.

Im Einzelfall muss zwischen dem Interesse der Öffentlichkeit und den berechtigten Interessen von Betroffenen abgewogen werden, um eine Balance der Rechte sicherzustellen – ein solcher „Public Interest Test“ ist derzeit im Gesetz nicht klar vorgesehen. Nur durch eine solche Überprüfung könnte etwa sichergestellt werden, dass beispielsweise Urheberrechtsansprüche von Anwaltskanzleien, die Vergabedokumente im Auftrag einer Behörde erstellt haben, nicht automatisch eine Geheimhaltung dieser Dokumente bedeuten.

Nach dem vorliegenden Entwurf, könnten Ämter Informationen nahezu willkürlich zurückhalten, wenn sie einfach behaupten, dass durch die Veröffentlichung ein Schaden entstehen würde. Der dafür international übliche „Harm Test“, mit dem die Behörde ihre Einschätzung auch beweisen müsste, fehlt aber im Gesetzesentwurf.

Wenn wie derzeit vorgesehen Landeshauptleuten erlaubt werden sollte, neue Geheimhaltungsgründe zur „Wahrung anderer gleich wichtiger öffentlicher Interessen“ zu erfinden, würde das verfassungsgemäße Bürgerrecht auf Informationsfreiheit komplett ausgehöhlt, was auch einen Rückschritt gegenüber der derzeitigen Regelung bedeuten würde.

Denn gegenwärtig darf das in der Verfassung verankerte Amtsgeheimnis zwar eingeschränkt, aber nicht ausgeweitet werden – dieser elementare Grundrechtsschutz würde durch die vorgeschlagene Bestimmung weitgehend ausgehebelt werden.

Was ist „Information“?

Essentiell ist nach Ansicht des Forum Informationsfreiheit, dass die Definition der Information, die von BürgerInnen verlangt werden kann, breit ausgelegt ist und internationalen Standards entspricht. Die im Entwurf verwendete Beschreibung von Information beschränkt sich auf „jede amtlichen bzw. unternehmerischen Zwecken dienende Aufzeichnung“ – eine für BürgerInnen wohl kaum verständliche Einschränkung. Außerdem definiert der Entwurf nicht veraktete Informationen, etwa Entwürfe und Notizen, nicht als „Information“, anstatt im Einzelfall die Abwägung von berechtigten Geheimhaltungsgründen zu erlauben. Diese Vorgehensweise würde es etwa kaum erlauben, Lobbying-Aktivitäten gegenüber der Verwaltung nachvollziehen zu können. „Dass die Regierung es für nötig hält, Allerweltsbegriffe zur Unkenntlichkeit umzudefinieren, zeigt wie wenig sie daran interessiert ist, echte Transparenz zuzulassen“, so Josef Barth.

Viele Bürger-Anfragen sind auf Seite der Behörde mittels einfacher Datenbankabfragen leicht beantwortbar – der derzeit vorliegende Gesetzesentwurf könnte so interpretiert werden, dass etwa eine durch Datenbankabfrage leicht verfügbare Information nicht veröffentlicht werden muss, da sie nicht als „Information“ definiert wäre. Auch könnte ein Passus, dass nur „gesichertes Wissen“ und „Tatsachen, die bereits bekannt sind“ an BürgerInnen herausgegeben werden würfen, eine Hintertüre zur Informationsverweigerung bieten – wie es auch jetzt gängige Praxis ist, etwa im kürzlich von uns gewonnenen Fall der Eurofighter-Gegengeschäfte.

Essentiell ist, dass BürgerInnen rasch Antworten auf ihre Fragen bekommen. Eine Frist für Behörden, Anfragen innerhalb von 15 Arbeitstagen zu beantworten (mit Möglichkeit um Verlängerung um weitere 15 Tage bei ausreichender Begründung), wie sie heute für EU-Institutionen schon gilt, würde einen solchen zeitnahen Informationszugang sicherstellen.

Die nun vorgesehene Frist beträgt zunächst acht Wochen und ist nochmals um acht Wochen verlängerbar, wenn die Behörde länger für die Bearbeitung braucht. Diese vorgeschlagene Vorgehensweise ist im Zeitalter schnelllebiger Informationen und elektronischer Datenverarbeitung weder zeitgemäß noch bürgernah.

Einmal mehr unterstreicht das Forum Informationsfreiheit seine Forderung nach einem Informationsbeauftragten, um BürgerInnen bei der Durchsetzung ihres Rechts zu unterstützen, und Behörden bei der Umsetzung des Gesetzes zu beraten.

Auch hinsichtlich der Rechtsdurchsetzung ist der vorliegende Entwurf ein Rückschritt, da die momentan meist kostenlos erfolgte Erlassung eines Bescheides – also die rechtliche Begründung einer Informationsverweigerung – in Zukunft € 30 kosten soll.

In den kommenden Wochen wird das Forum Informationsfreiheit eine detaillierte Analyse des heute veröffentlichten Entwurfs für ein Informationsfreiheitsgesetz veröffentlichen.

Über das Forum Informationsfreiheit:

Das Forum Informationsfreiheit (FOI) ist die zentrale NGO in Österreich für das Recht auf Zugang zu Information und wurde mit dem Concordia-Preis für Pressefreiheit 2013 und dem Demokratiepreis 2014 der Margaretha Lupac-Stiftung des Österreichischen Parlaments ausgezeichnet. FOI ist die Trägerorganisation der Kampagne Transparenzgesetz.at, die von mehr als 10.000 Österreicherinnen und Österreichern unterstützt wird und der Auslöser dafür war, dass die österreichische Regierung die Abschaffung des Amtsgeheimnisses versprach.

Rückfragehinweis:

Forum Informationsfreiheit
office@informationsfreiheit.at
Web: https://www.informationsfreiheit.at
Twitter: @amtsgeheimnisAT