“Die Mauer des Schweigens 2019”: Vergabe des Amtsgeheimnis-Award zum Right to Know-Day am 28.9. steht bevor

Anlässlich des internationalen Tag der Informationsfreiheit – dem Right to Know-Day am 28. September – verleiht das Forum Informationsfreiheit seit 2014 den Amtsgeheimnis-Award „Die Mauer des Schweigens“ für “besondere Verdienste um die Verweigerung amtlicher Antworten”.

Mit dem Negativ-Preis weisen wir seit fünf Jahren auf die inakzeptable Praxis der Geheimhaltung von Informationen öffentlichen Interesses vor den Bürgerinnen und Bürgern.

Mauer des Schweigens

Nominiert werden konnten alle Fälle bei denen österreichische Behörden Auskünfte verweigert haben, Informationen von Politik oder Verwaltung zurückgehalten wurden, oder öffentliche Kontrolle staatlicher Institutionen durch politische Bemühungen erschwert oder verhindert wurde. Egal ob Ihnen das selbst passiert ist, oder Sie davon in den Medien gelesen/gehört haben. Die Negativ-Preisträger der “Mauer des Schweigens” werden traditioneller Weise am Vorabend des “Right to Know-Day” gekürt.

DIE NOMINIERUNGEN 2019

Nominierung #10: Das Bundeskanzleramt, BMDW & BMNT – für die verweigerte Auskunft zu staatseigenen Unternehmen

Die Bundesregierung verweigert dem Parlament Antworten über ausgegliederte Staatsbetriebe.

Bei einem Staatsbesuch von Sebastian Kurz mit einer österreichischen Wirtschaftsdelegation in Saudi Arabien schenkt der damalige Bundeskanzler dem saudischen Kronprinzen einen Lipizzaner aus der spanischen Hofreitschule. Das Parlament will von der Regierung wissen, wie viel dieses Geschenk gekostet hat. Die Antworten aus dem Bundeskanzleramt, dem Wirtschaftsministerium und Umweltministerium sind widersprüchlich, wie die Rechercheplattform Addendum aufzeigt. Das für die spanische Hofreitschule zuständige Umweltministerium verweigert die Beantwortung der Anfrage des Parlaments zu den Kosten überhaupt zur Gänze. Der Grund: Das Parlament habe kein Recht ausgegliederte Staatsbetriebe – wie die spanische Hofreitschule – zu befragen.

Nominierung #9: Das BMASGK – für Zurückhaltung von Daten an ForscherInnen

Das Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz gibt Daten zur Qualität von Krankenhäusern nicht an ForscherInnen weiter, obwohl das im Gesetz so vorgesehen ist.

Die Gesundheitsökonomen Maria Hofmarcher und Christopher Singhuber haben beim Europäischen Forum Alpbach ein Fact Book zur Leistungskraft regionaler Gesundheitssysteme vorgestellt. Dabei wurden Krankenanstalten der Bundesländer miteinander verglichen. Mit diesen Ergebnissen können Problemfelder erkannt und behoben werden. So ist die Lebenserwartung von Frauen in Tirol um zehn Jahre höher, als bei Frauen im Burgenland. Für ihre Arbeit benötigen Gesundheitsökonomen anonymisierte Daten zur Gesundheitsversorgung. Darunter auch Daten zur Qualität der Versorgung in Krankenhäusern. Das Gesetz sieht auch vor, dass der Forschung diese Daten zur Verfügung gestellt werden müssen. Das Gesundheitsministerium hat sich laut Hofmarcher und Singhuber allerdings weitestgehend geweigert, diese Daten herzugeben. Das Fact Book beschreibt die “Beschaffung von Daten skandalös kompliziert und nur teilweise erfolgreich.”

Nominierung #8: Das Bundeskanzleramt, das Bundesministerium für Öffentlich Bedienstete und die Parlamentsdirektion – für die verweigerte Auskunft über die Fortzahlungen von MinisterInnengehältern

Das Bundeskanzleramt, Ministerium für öffentlichen Dienst und die Parlamentsdirektion verweigern die Auskunft zur Fortzahlung von MinisterInnengehältern.

Manche ausscheidende Ministerinnen und MInister haben ein Recht auf Gehaltsfortzahlungen und zwar dann, wenn sie kein Rückkehrrecht in eine politische oder wirtschaftliche Position haben. Wenn sie eine Gehaltsfortzahlung beantragen, bekommen sie monatlich knapp 13.000 Euro ausbezahlt. Plus Sonderzahlungen. Und das sechs Monate lang.
Der ORF-Journalist Martin Thür wollte vom Bundeskanzleramt und der Parlamentsdirektion wissen, welche ehemaligen Regierungsmitglieder eine Fortzahlung ihrer Bezüge beantragt haben. Auch die APA hat beim Bundeskanzleramt und beim Ministerium für öffentlichen Dienst angefragt. Diese verweigern die Auskunft und versuchen das mit dem Amtsgeheimnis zu rechtfertigen. Auch die Parlamentsdirektion verweigert die Auskunft und argumentiert wiederum mit Datenschutz. Sie stuft das Geheimhaltungsinteresse der MinisterInnen, ihre Gehaltsfortzahlungen anonym zu erhalten, höher ein, als das Interesse der ÖsterreicherInnen, wissen zu dürfen, welchem ihrer obersten PolitikerInnen sie diese Gehaltsfortzahlung mit Steuermitteln finanzieren. Einem Bürger teilt das Bundeskanzleramt nach Anfrage mit, dass drei ehemaligen Regierungsmitglieder eine Fortzahlung beantragt haben.

Nominierung #7: Das BMI – für die verweigerte Auskunft über die Vergabe von Staatsbürgerschaften im besonderen Interesse der Republik

Die Republik verweigert die Nennung der Leute, die im besonderen Interesse der Republik eine österreichische Staatsbürgerschaft verliehen bekommen haben. 

Zwischen 2007 und 2018 wurden 287 Personen nach einem Gesetz eingebürgert, das die Verleihung der Staatsbürgerschaft wegen “besonderem Interesse der Republik” regelt. Das Interesse der Republik ist oft wirtschaftlicher Natur aber auch SportlerInnen, KünstlerInnen und WissenschaftlerInnen werden mit diesem Gesetz oft eingebürgert. Die EU-Kommissarin für Justiz, Verbraucherschutz und Gleichstellung, Věra Jourová, nennt die Ausstellung dieser sogenannten “Golden Passports” ein Sicherheitsrisiko, weil oft der Ursprung der Investitionen nicht klar ist. Das Forum Informationsfreiheit wollte deswegen vom Bundesministerium für Inneres wissen, wer die Personen waren, die im besonderen Interesse der Republik 2014 und 2015 eingebürgert worden sind. Das Innenministerium verweigert die Auskunft und das obwohl die Namen 2016, 2017 und 2018 im Ministerratsprotokoll öffentlich gemacht wurden. Begründen tut das Innenministerium die Verweigerung der Beantwortung mit dem Verweis auf Datenschutz und das Amtsgeheimnis.

Nominierung #6: Das BMASGK – mit der nicht veröffentlichten Evaluierung zur “Aktion 20.000”

Das BMASGK veröffentlicht die Evaluierung zur “Aktion 20.000” seit Februar 2018 nicht. Der angekündigte Endbericht, in den die Evaluierungsergebnisse eingearbeitet werden sollen, wurde um ein Jahr auf Ende 2019 nach hinten verschoben.

Die “Aktion 20.000” war ein Projekt der rot-schwarzen Regierung, das von der türkis-blauen Regierung Ende 2017 wieder eingestellt wurde. Bei der Nationalratssitzung vom 19. September 2019 ist eine Version der “Aktion 20.000” wieder beschlossen worden. Um die Wirksamkeit der Maßnahme überprüfen zu können, hat die damalige Sozialministerin Beate Hartinger-Klein Evaluierungen angeordnet. Die Kosten der beiden Studien belaufen sich auf rund 246.000 Euro.  Diese Evaluierung liegt dem Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz zwar seit Februar 2018 vor, veröffentlicht wird sie aber nicht. Stattdessen hat die damalige Sozialministerin versprochen, dass die Ergebnisse der Evaluierung in einen Endbericht eingearbeitet werden würden. Der Endbericht hätte dem Gesetz nach bis Ende 2018 veröffentlicht werden müssen. Dieses Gesetz wurde allerdings geändert – und der Bericht auf Ende 2019 verschoben. Die Evaluierung bleibt unveröffentlicht.

Nominierung #5: FPÖ-Landesräte in Oberösterreich – für die verweigerte Auskunft über beauftragte PR-Firmen

Drei FPÖ-Mitglieder der oberösterreichischen Landesregierung wollen nicht sagen, welche Agenturen sie für ihre Öffentlichkeitsarbeit um insgesamt 88.000 Euro beauftragt haben.

Im Nationalrat gibt es immer wieder Anfragen zu Werbeausgaben der Ministerien und MinisterInnen. Dabei wird nicht nur gefragt, was wo beworben wird, sondern auch welche Agenturen beauftragt wurden. Die Ministerien liefern in ihren Beantwortungen dann eine Auflistung der beauftragten Agenturen und Kosten. Das gleiche wollte der oberösterreichische Landesabgeordnete Severin Mayr von den FPÖ-Landesräten Manfred Haimbuchner, Günther Steinkellner und den (inzwischen zurückgetretenen) Elmar Podgorschek wissen. Die sagten zwar, dass sie insgesamt über 88.000 Euro ausgegeben haben aber nicht, wer diese Zahlungen bekommt. Die Begründung der oberösterreichischen Landesräte? “Wir haben mit den Agenturen Rücksprache gehalten. Die haben ein wirtschaftliches Interesse, dass sie im Zusammenhang mit politischen Büros nicht genannt werden. Denn die Kunden dieser Agenturen sind nicht nur politischer Herkunft”, zitiert das profil den Sprecher von Haimbuchner.

Artikel zum Hintergrund:
Berichterstattung im profil

Nominierung #4: Das BMVRDJ – mit der fehlenden Antwort zu Anzeigen und Verurteilungen wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt

Das Justizministerium lässt zwei Anfragen einer NGO über Anzeigen und Verurteilungen wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt und tätlicher Angriff auf Beamte einfach unbeantwortet.

In einer Presseaussendung teilt das Bundesministerium für Inneres am 10. Mai 2019 mit, dass die Polizei mit neuer Munition ausgestattet werden wird. Bis Juni 2020 soll die Munition österreichweit ausgeliefert sein. Als Grund für die Anschaffung der neuen Munition nennt der damalige Innenminister Herbert Kickl eine steigende Gewaltbereitschaft gegenüber Polizistinnen und Polizisten. Deswegen wollte sich die NGO epicenter.works einen Überblick zur Gewalt gegen die Polizei verschaffen. Dafür hat es das Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz gefragt, wie viele Anzeigen und Verurteilungen bzw. offene Verfahren es in den letzten Jahren nach §269 StGB (Widerstand gegen die Staatsgewalt) gegeben hat. Das Justizministerium hatte zur Beantwortung der Frage acht Wochen Zeit, laut Anfragesteller kam innerhalb der Frist keine Antwort – und das obwohl sie von der NGO nach 54 Tagen auf die Überschreitung der gesetzlichen Frist hingewiesen wurde.

 

Nominierung #3: Das BMASGK – mit der fehlenden Auskunft über Pferde-Allergien

Das Gesundheitsministerium verweigert die Information, denn: Für Pferde-Allergien sei man nicht zuständig. Wer dafür zuständig wäre, sagt das Ministerium nicht.

Über Monate waren Polizeipferde ein immer wiederkehrendes Thema: Ein Bürger wollte deshalb wissen, wie viele Menschen in Österreich bzw. in Wien gegen Pferde allergisch sind. Das Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz ließ die Frist zur Beantwortung gesetzwidrig verstreichen. Der Bürger musste drei Mal auf die Fristüberschreitung hinweisen, bevor das Bundesministerium auf seine Anfrage reagierte. Das BMASGK sei nach eigenen Angaben nicht für die Anfrage zu “Allergien gegen Pferde” zuständig. Der Bürger hat daraufhin einen Bescheid verlangt – und statt einem Bescheid die gleiche Antwort noch einmal bekommen. Wer für solche Statistiken zuständig ist, hat das Ministerium nicht gesagt.

Nominierung #2: Die Stadt Wien – und die Verträge und Gutachten zum Verkauf der Semmelweis-Gründe

“Die Semmelweis-Gründe”: Die Stadt Wien hält die Verträge zum Verkauf von Grundstücken und Immobilien im 18. Bezirks geheim. Auch das Gutachten, das den Verkaufswert bestimmte, wird nicht gezeigt.

Im Jahr 2012 verkaufte die Stadt Wien mehrere Gründe auf dem “Semmelweis-Areal” in Wien-Währing. 2018 wurde bzgl Ausschreibungen und der Rolle eines Gutachter sogar von der Staatsanwaltschaft ermittelt. Jener Gutachter, dessen Gutachten für die Bemessung des Wertes herangezogen wurde, habe selbst auf diesem Areal ein Gebäude gekauft, berichten Medien. Und demnach soll der Verkaufspreis unter Wert erfolgt sein. Laut Staatsanwaltschaft sei es nicht nachvollziehbar, wieso bei beiden Verkäufen ohne öffentliche Ausschreibung verkauft wurde, obwohl dies, auch laut Rechnungshof, notwendig gewesen wäre. 

Die Stadt Wien verweigert aber nach entsprechender Anfrage die Herausgabe der Verträge über den Grundstücksverkauf in Wiener Top-Lage und des dazugehörigen Gutachtens, das den Wert dieser Liegenschaften beurteilen sollte. Sie begründet das mit dem Amtsgeheimnis und Datenschutz. Das Gutachten wollte die Stadt im Dezember 2018 wegen des Schutzes der personenbezogenen Daten des Gutachters und seines wirtschaftlichen Interesses nicht herausgeben; obwohl der Name des Gutachters bereits im September 2018 öffentlich in den Medien genannt worden war.

Artikel zum Hintergrund des Falles:
im Standard (hier und hier)
in der Wiener Zeitung

 

Nominierung #1: Das Land NÖ & FP-Landesrat Gottfried Waldhäusl – mit dem Vertrag des Asylheims Drasenhofen

Das Land Niederösterreich hält den echten Vertrag mit dem Betreiber des umstrittenen Asylheims Drasenhofen geheim.

Ein Auffangzentrum für unbegleitete jugendliche Asylwerber im niederösterreichischen Drasenhofen hat vergangenes Jahr für viel Aufsehen gesorgt. Dort wurden unbegleitete jugendliche Flüchtlinge vom zuständigen Landesrat Gottfried Waldhäusl einquartiert. Die Jugendlichen wurden von Securities mit Hunden bewacht, durften alleine nicht ins Freie und das Lager war mit Stacheldraht eingezäunt. Die Asylkoordination Österreich nennt das Asylheim ein “Straflager”. Verträge mit der Sicherheitsfirma wurden von einem Landesjuristen “nicht als sachlich und richtig” qualifiziert, er forderte eine neuerliche Überprüfung. Dazu gab es Medienberichte über angebliche Kickback-Zahlungen rund um den Vertrag. Das Forum Informationsfreiheit wollte deshalb wissen mit wem der Vertrag abgeschlossen wurde, welche Preise ausverhandelt wurden und wie viel das Land Niederösterreich schon gezahlt hat. Darüber hinaus: Welche Sicherheitsleistungen wurden vereinbart, wie lange läuft der Vertrag und zu welchen Konditionen kann der Vertrag vom Land Niederösterreich aufgelöst werden.

Geschickt hat das Land Niederösterreich einen Blanko-Standardvertrag und darauf verwiesen, dass dieser Vertrag “im Wesentlichen” bei allen Quartieren angewendet worden ist – angeblich. Der echte Vertrag wurde damit verweigert und wird weiter geheim gehalten.

Artikel zum Hintergrund des Falles:
im Profil
im Kurier
bei Addendum
im ORF
im Standard

***

“…und die “Mauer des Schweigens” ging bisher an…”

2018: Die Stadt Innsbruck und die NÖ-Gemeinden für Einschränkungen rund ums Wahlrecht

Die Mauer des Schweigens 2018 ging an:

  1. Platz: Stadt Innsbruck, für die Weigerung die Sprengelergebnisse der heurigen Bürgermeisterwahl herauszugeben;
  2. Platz: die niederösterreichischen Gemeinden (in Verbindung mit Gemeindebund, Gemeindevertreterverband und Land NÖ), dafür, Gebühren von insgesamt fast 8.000 Euro allein für die Frage anzudrohen (und teils schon verrechnen), wie vielen Menschen vor der Landtagswahl 2018 das Wahlrecht aberkannt wurde;
  3. Platz: das Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus, das seine Stellungnahme zum umstrittenen Entwurf für das sogenannte „Standortentwicklungsgesetz“ nicht veröffentlicht hat.
Mauer des Schweigens 2018: Der Goldene Informationsfilter (Sonderpreis) (Foto: Gert Nepel)

Sonderpreis und Goldener Informationsfilter an Kurz und Kickl

Der „Goldene Informationsfilter“ ging an „Innenminister Herbert Kickl und Mitarbeiter“ für den jüngsten „Versuch der Einschränkung der Pressefreiheit“.

Ein Sonderpeis ging an Bundeskanzler Sebastian Kurz: Vor 5 Jahren hat er noch als Staatssekretär und JVP-Obmann die Forderung nach einem Informationsfreiheitsgesetz unterstützt, und seither immer wieder politisches Kapital aus entsprechenden Ansagen geschlagen. Nun ist er der erste Bundeskanzler der vergangenen drei, bei dem die Abschaffung des Amtsgeheimnisses und die Einführung eines Informationsfreiheitsgesetzes nicht einmal mehr im Regierungsprogramm stehen – und dessen Haus entsprechenden Pläne zuletzt eine klare Absage erteilt hat.

2017: Die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP für die Aufrechterhaltung des Amtsgeheimnisses

Wir haben die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP mit der Mauer des Schweigens ausgezeichnet, die nach über drei Jahren parlamentarischer Behandlung nicht Willens waren, das antiquierte Amtsgeheimnis endlich durch ein Bürgerrecht auf Zugang zu staatlicher Information zu ersetzen.

2015: Das Innenministerium für die Verwehrung des Journalisten-Zugangs zum Ayselzentrum

Auf den ersten Platz gewählt wurde das Bundesministerium für Inneres für seine Informationspolitik rund um das Asyl-Erstaufnahmezentrum Traiskirchen.

Den zweiten Platz teilten sich das Büro der Wiener Umweltstadträtin Ulli Sima für die nachhaltige Weigerung von Auskunftserteilung zu einem von der Stadt über eine Tochterfirma betriebenens Tierheim und das Amt der Burgenländischen Landesregierung für die Weigerung die Kosten einer Burgenland-„Kurier“-Sonderbeilage kurz vor der Landtagswahl offenzulegen.

2014: Der Wiener Stadtschulrat – für Verweigerung von Elterneinsicht in Lesetests der Kinder

Den ersten Platz belegte der Wiener Stadtschulrat für seine Weigerung, Eltern Einsicht in den Text eines Lesetestes ihrer Kinder zu gewähren.

Der zweite Platz ging Punktegleich an das Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft für seine Weigerung, die Firmen zu nennen, die von der Republik anerkannte Eurofighter-Gegengeschäfte erhalten hatten – wir haben diese Liste erfolgreich freigeklagt – und an das Bundesministerium für Inneres, für intransparentes agieren rund um die Auftragsvergabe für den Betrieb des Schubhaftzentrums Vordernberg.

Parteienfinanzierung: Forum Informationsfreiheit kritisiert aktuellen Entwurf als „Scheinreform im eigenen Interesse“

Ibiza-Pläne wären damit nicht verhindert worden – Experte Huter: Mindeste wäre, heute noch „volle Kontrolle durch den Rechnungshof“ sowie ein umfassendes Spenden- und Sponsoringverbot durch öffentliche Stellen festzulegen

Wien – Das Forum Informationsfreiheit (FOI) kritisiert den vorliegenden Entwurf von SPÖ, FPÖ und JETZT zu Änderungen bei der Parteienfinanzierung scharf: Es fehle an Klarheit, Kontrolle und Konsequenzen.

Es handle sich dabei fast ausschließlich um Scheinreform im eigenen Interesse. SPÖ und FPÖ haben hier hauptsächlich jene Punkte geregelt, die ihren eigenen Geldquellen nicht weh tun, aber z.B. ÖVP oder Neos und auch kleinen Parteien außerhalb des Parlaments wie gerade den Grünen schaden können.

„Die Parteien waren in der Verantwortung, sich selbst neue Finanzierungsregeln aufzuerlegen, die einer modernen Demokratie angemessen sind. Leider hat sich die Mehrheit überwiegend von ihren eigenen Interessen leiten lassen, anstatt das Interesse der Bürgerinnen und Bürger an einer Demokratie mit klaren Regeln, echter Kontrolle und Konsequenzen bei Verstößen ins Zentrum einer Reform zu stellen”, sagt der Parteienfinanzierungsexperte Mathias Huter, der für das FOI-Transparenzprojekt Parteispenden.at verantwortlich zeichnet. „Faire Bedingungen für alle Parteien und echte Transparenz werden damit nicht geschaffen.“

Einen besonderen Seitenhieb ortete der Experte auf kleinere Parteien und Listen, vor allem auf die sich bisher immer für Transparenz engagierenden Grünen: Denn die höhere Gesamtspenden-Grenze  soll nur für Parteien gelten, die zum ersten Mal antreten – nicht aber für Parteien, die einmal aus dem Nationalrat gefallen sind und nun den Wiedereinzug versuchen.

Mit diesem Entwurf wären die Ibiza-Pläne weiterhin möglich

Das größte Problem der Scheinreform: Viele ihrer Punkte lassen sich wiederum ganz leicht und ganz legal umgehen. Die im Ibiza-Video gewälzten Pläne wären damit weiterhin ganz problemlos möglich. 

Fehlende Kontrolle: Nur komplette Offenlegung hilft

Weiterhin fehlt eine unabhängige Kontrolle der Partei-Angaben: Geldgeber können ihr Geld weiterhin am Rechnungshof vorbeischleusen, staatliche Institutionen können weiterhin Steuergeld über Umwege in die Parteien pumpen. „Wir wissen damit wieder nicht, wen wir wirklich wählen, denn Gelder können weiterhin über Umwege in Wahlkämpfe, an Parteien und Kandidaten fließen. Und keine Behörde in Österreich bekommt volle Einsicht in die Parteifinanzen, um das zu klären“, sagt Huter.

Die absolute Untergrenze für Transparenz wären umfassende Prüfrechte für den Rechnungshof, um diesem endlich zu ermöglichen, die Parteifinanzen einzusehen und zu prüfen. Da bei verschleierten Geldflüssen weiterhin kein Straftatbestand vorgesehen ist, kann die Staatsanwaltschaft nicht tätig werden. Ohne echte Kontrolle bleiben die vorliegenden Reformschritte deshalb völlig zahnlos.

Darüber hinaus wären strengeren Transparenz-Regeln für Sponsoring und Inserate in Parteimedien sowie ein umfassendes Verbot der direkten und indirekten Parteienfinanzierung durch Spenden, Sponsoring und Inserate von Unternehmen im Staatsbesitz ganz einfach ins Gesetz zu schreiben.

Weitere Probleme: Keine Klarheit, keine Kontrolle, keine Konsequenzen

Problematisch sind darüber hinaus:

• Zwar werden die Wahlkampfausgaben von Personenkommittees erfasst, deren Finanziers aber nicht veröffentlicht. Das Spenden-Verbot kann so leicht umgangen werden. Überhaupt nicht erfasst sind andere Gruppen, die im Wahlkampf mitmischen, etwa durch Negativ-Campaigning. 

• Die Ausgaben von nahestehenden Organisationen der Parteien fallen nicht unter die Wahlkampfkosten-Obergrenze – schon aber die der ÖVP-Bünde. 

• Parteien sind weiterhin nicht verpflichtet, Details zu ihren Wahlkampfausgaben zu veröffentlichen.

• Strengere Sanktionen und ein Straftatbestand bei Verschleierung von Geldflüssen fehlen.

• Keine Transparenz gibt es weiterhin zu Vermögens- und Schulden der Partei und dazu, wer sie über Kredite und Darlehen finanziert, was weiterhin auch für ausländische Akteure legal möglich ist. 

• Durch unklare Formulierungen könnte es zu weniger Transparenz bei den Finanzen der Landesparteien kommen.

Keiner der namhaften Experten involviert

Das Forum Informationsfreiheit kritisiert darüber hinaus, dass die großen Parteien in den vergangenen Wochen den Diskurs über das Thema verweigerten. Weder wurden namhafte Experten eingebunden, noch gab es eine öffentliche Begutachtung. Das Ergebnis richtet sich entsprechend selbst. 

ÖVP-Parteispenden: Bürgerrechtsorganisation bringt Sachverhaltsdarstellung beim Parteien-Transparenz-Senat ein

Forum Informationsfreiheit konnte in bisherigen Rechenschaftsberichten keine entsprechend offengelegten Spenden identifizieren – und will komplette Offenlegung

Wien – Aufgrund aktueller Medienberichte betreffend Spenden an die Österreichische Volkspartei (ÖVP) bringt das Forum Informationsfreiheit (FOI) eine Sachverhaltsdarstellung an den „Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senat“ sowie den Rechnungshof Österreich ein.

Laut einem „Kurier“-Artikel soll es entsprechende Spenden eines Unternehmers an die ÖVP sowie die von Parteichef Sebastian Kurz zuvor geleitete Junge ÖVP gegeben haben.

Die Parteienfinanzierungs-Experten des Forum Informationsfreiheit (FOI), das auch das Transparenzportal Parteispenden.at betreibt, haben den Medienbericht mit den Rechenschaftsberichten verglichen, mit folgendem Ergebnis:

„In den Rechenschaftsberichten der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) für die Jahre 2013 bis 2016, die auf der Webseite des Rechnungshofs verfügbar sind – der Bericht für 2017 ist leider bislang nicht öffentlich – haben wir keine offengelegten Spenden identifizieren können, die Herrn Ortner oder seinen Unternehmen zuordenbar wären.

In diesen Rechenschaftsberichten müssten allfällige Spenden an die Junge ÖVP, die eine Teilorganisation der ÖVP ist, sowie an die ÖVP Bundespartei gem. § 6 Abs. 4 Parteiengesetz namentlich offengelegt werden, soweit diese den Betrag von 3.500 Euro pro Jahr übersteigen. Weiters sind Spenden, die im Einzelfall die Höhe von 50.000 Euro übersteigen, gem. § 6 Abs. 5 dem Rechnungshof unverzüglich zu melden.

Auf der Webseite des Rechnungshofes sind keine Herrn Ortner oder seinen Unternehmen zuordenbare Großspenden an die ÖVP für den Zeitraum 2013 bis heute offengelegt.“

Forum Informationsfreiheit will komplette Offenlegung von Parteifinanzen

Das Forum Informationsfreiheit will in der Sache selbst sofortige Aufklärung.

Gleichzeitig fordert die komplette Offenlegung der Parteifinanzen für alle Parteien – und die Reform der entsprechenden Transparenzgesetze unter Einbindung der Experten und Bürger. Denn für eine saubere Politik brauche es: Klarheit, Kontrolle und Konsequenzen.

– Klarheit: von wem die Parteien und Politiker Spenden bekommen, und was diese gleichzeitig mit Steuergeld und Staatseigentum machen. Das umfasse u.a. eine absolute Offenlegungspflicht von Spenden und Wahlkampfausgaben unbedingt vor der Wahl, nicht erst Jahre später, sowie Unvereinbarkeitsregeln gegen die Vermischung von Staatsdienst und Parteiarbeit.

– Kontrolllen: durch den Rechnungshof in Form von umfassenden Prüfungen der Parteifinanzen samt kompletter Veröffentlichung, und durch die Staatsanwaltschaft bei Umgehung von gesetzlichen Regelungen.

– Konsequenzen: abschreckende Sanktionen bei der Verschleierung von Geldflüssen sowie einen neuen Straftatbestand für illegale Parteienfinanzierung. Denn Gesetzesbruch dürfe sich nicht lohnen.

Forum Informationsfreiheit: Bürgerrechtsorganisation für Recht auf Information

Das Forum Informationsfreiheit (FOI) ist Österreichs erste Bürgerrechtsorganisation für das Recht auf Zugang zu Information, ist Träger der Kampagne Transparenzgesetz.at, und wurde bereits 2014 mit dem Demokratiepreis der M. Lupac Stiftung des Parlaments ausgezeichnet. Die Laudatio auf das Forum Informationsfreiheit hielt die damalige Vizepräsidentin des Verfassungsgerichtshofs und heutige Bundeskanzlerin, Brigitte Bierlein.


Rückfragehinweis:
Forum Informationsfreiheit (FOI)
Österreichs erste Bürgerrechtsorganisation für das Recht auf Information
Mathias Huter
0699 126 39 244
mathias.huter@informationsfreiheit.at
www.informationsfreiheit.at
www.transparenzgesetz.at
www.parteispenden.at

Was die SPÖ heute eingebracht hat, ist leider keine Amtsgeheimnis-Abschaffung

Eine aktuelle Stellungnahme:
In der heutigen Nationalratssitzung gibt es Fristsetzungsanträge für die Einführung eines Informationsfreiheitsgesetzes.

Die SPÖ hat Anträge für eine Gesetzesänderung und eine Verfassungsänderung eingebracht – die Kleine Zeitung schrieb schon, die SPÖ wolle das Amtsgeheimnis abschaffen.

SPÖ Anträge: 889 (B-VG Änderung) + 890 (IFG Entwurf)
https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVI/A/A_00889/index.shtml (abgelehnt)
https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVI/A/A_00890/index.shtml

JETZT Anträge: 631 (B-VG Änderung) + 632 (IFG Entwurf)
https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVI/A/A_00631/index.shtml
https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVI/A/A_00632/index.shtml

Die Anträge: Verfassungsänderung und Gesetz ähneln stark den Anträgen, die unter den SPÖ-Medienministern Josef Ostermayer und Thomas Drozda von den Beamten im Bundeskanzleramt vorgelegt wurden (Verfassungsbestimmung und Gesetz).

Sie entsprachen aber von jeher nicht den inhaltlichen Vorgaben, um tatsächliche Transparenz sicherzustellen und ein echtes Recht auf Information für die Österreicherinnen und Österreicher zu gewährleisten – und somit dem Namen “Informationsfreiheitsgesetz” auch gerecht zu werden.

Dies ist auch damit klar belegt, dass der zuständige Sektionschef im Bundeskanzleramts, dessen Abteilung den Entwurf verfasst hatte, im Verfassungsausschuss des Parlament aussagte, dass wichtige Informationen zu staatlichen Auftragsvergaben, etwa die Kosten für Grenzzäune, auch mit den im Entwurf vorgesehenen Regeln weiterhin geheim gehalten werden müssten. Auch darüber hinaus haben wir die ursprünglichen Anträge schon heftig kritisiert.

Um das Amtsgeheimnis nicht nur auf dem Papier sondern auch in der Praxis abzuschaffen, haben wir damals auch konkrete Forderungen formuliert. Um es kurz zu machen: diese Forderungen wurden großteils nicht erfüllt.

Die Änderungen in den neuen SPÖ-Anträgen im Detail (nicht beachtet: leichte Formulierungsänderungen):

  • Die Regelung, dass komplett neue Geheimhaltungsinteressen in anderen (Landes-)Gesetzen definiert werden dürfen, wurde entfernt.
  • Die vorgesehene Gebühr für die Ausstellung eines Bescheides nach einer (teilweisen) Auskunftsverweigerung wurde von 30 Euro auf 20 Euro verringert – die aktuelle Praxis ist, keine Gebühr für eine Bescheidausstellung zu verrechnen, die Regelung würde also eine Verschlechterung bringen.

Die wichtigsten Kritikpunkte, die damit aufrecht bleiben:

  • Die Dauer für eine Erstantwort bleibt bei den aktuellen acht Wochen – erweiterbar um acht weitere Wochen – anstatt sich an unseren Nachbarländern oder den EU-Institutionen ein Beispiel zu nehmen, wo eine Antwort nach zwei oder drei Wochen erfolgen muss. (Das Umweltinformationsgesetz in Österreich sieht eine Erstantwort nach einem Monat vor, das schaffen die Behörden auch.)
  • Die Definition, was eine „Information“ ist, ist verklausuliert und realitätsfremd. Jede bei einer Behörde vorliegende Aufzeichnung – egal in welcher technischen Form – sollte anfragbar sein.
  • Keine zwingende Abwägung der Ausnahmegründe mit dem Auskunftsinteresse im Einzelfall: Auftragsvergaben oder Privatisierungen könnten etwa geheim gehalten werden, wenn das “wirtschaftliche oder finanzielle Interesse” einer staatlichen Stelle irgendwie betroffen ist – egal, wie groß das öffentliche Interesse an der Causa ist.
  • Keine Kompetenz- und Kontrollstelle, die einen Kulturwandel vorantreiben könnte.
  • Werden Informationen von auskunftspflichtigen staatlichen Unternehmen (etwa ausgelagerte Verkehrsbetriebe) nicht herausgegeben, müssen diese auf dem Zivilrechtsweg eingeklagt werden, was ein existenzbedrohendes Kostenrisiko für den Anfragenden mit sich bringen würde.

Zum Vergleich: die Entwürfe der Liste JETZT (Verfassung bzw Gesetz) gehen viel weiter und sind um Längen besser als die Entwürfe, die SPÖ und ÖVP davor gemeinsam gemacht haben. Darin vorgesehen ist etwa auch eine verpflichtende, automatische Veröffentlichung von bestimmten Informationen, etwa von Verträgen aus Vergabeverfahren.

Forum Informationsfreiheit fordert echte Transparenz bei der Parteienfinanzierung

Bürgerrechtsorganisation begrüßt die Vorschläge von RH-Präsidentin Kraker, spricht sich für Straftatbestand und Offenlegungen vor der Wahl aus.

Wien, 23 Mai 2019 – Die Entwicklungen der vergangenen Tage zeigen klar: die in Österreich weiter vorherrschende Intransparenz bei der Parteienfinanzierung und von Entscheidungen der Politik erleichtert Korruption und Amtsmissbrauch. Die bisherigen Regeln sind völlig ungenügend.

„Das Ibiza-Video muss ein Weckruf sein. Es braucht jetzt umfassende Offenlegungspflichten und echte Kontrolle der Parteifinanzen und das beste Transparenzgesetz Europas”, sagt Mathias Huter, Generalsekretär des Forum Informationsfreiheit (FOI). „Das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in Demokratie und Rechtsstaat muss gestärkt werden.”

Das FOI begrüßt die Vorschläge von Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker, dem Rechnungshof endlich die Kontrolle der Parteifinanzen sowie von vorgeschalteten Vereinen und Initiativen zu erlauben, und abschreckende Sanktionen bei Verstößen gegen das Parteiengesetz einzuführen.

„Es braucht darüber hinaus auch eine umfassende und zeitnahe Offenlegung der Parteifinanzen. Parteien sollten ihre Wahlkampfausgaben, erhaltene Spenden und Sponsorengelder sowie andere Geldquellen bereits eine Woche vor einer Wahl offenlegen müssen. Damit die Wählerinnen und Wähler diese Informationen haben, bevor sie ihre Stimme abgeben”, sagt Huter.

In der Slowakei etwa werden Wahlkämpfe über gläserne Parteikonten abgewickelt, die die Öffentlichkeit online in Echtzeit einsehen kann. Welche Spenden österreichische Parteien im EU-Wahlkampf erhalten haben, erfährt die Öffentlichkeit nach geltenden Regeln erst im Sommer 2021 – doch selbst diese Offenlegungspflichten können einfach und meist ohne Konsequenzen umgangen werden.

„Ein Straftatbestand der illegalen Parteifinanzierung wäre sinnvoll. Damit wäre es der Staatsanwaltschaft möglich, in schweren Fällen zu ermitteln, was sie bislang nicht kann”, sagt Huter.Eine Neuregelung der Parteienfinanzierung müsse Teil eines umfassenden Transparenzgesetzes sein, fordert das FOI:

  • Ein Bürgerrecht auf Zugang zu staatlicher Information samt Dokumentenzugang, Veröffentlichungspflichten und effektiver Durchsetzung
  • Echte Nachvollziehbarkeit bei staatlichen Auftragsvergaben, Privatisierungen und Förderungen, inklusive der Veröffentlichung von Verträgen
  • Offenlegung von wirtschaftlichen Interessen, Positionen und Funktionen von gewählten Mandataren, mit Kontrolle und Sanktionsmöglichkeiten
  • Klare Regeln, um die Grenze zwischen staatlichen Institutionen und Parteiinteressen zu markieren und den Missbrauch staatlicher Ressourcen durch Parteien zu verhindern

Das Forum Informationsfreiheit hat, zusammen mit Hubert Sickinger, Dossier.at und MeineAbgeordneten.at, bereits vor zwei Jahren umfassende Reform-Vorschläge zur Parteienfinanzierung vorgelegt: https://www.informationsfreiheit.at/2017/09/01/transparenzpaket_evaluierung/

Rückfragehinweis:
Mathias Huter
Generalsekretär, Forum Informationsfreiheit
mathias.huter@informationsfreiheit.at
+43 699 126 39 244

Sozialhilfe: Bürgerrechtsorganisationen warnen vor „gläsernem Bürger“

epicenter.works und Forum Informationsfreiheit kritisieren geplante Datensammlung zu Sozialhilfeempfängern

23. April 2019, Wien – Vor einer massiven und unverhältnismäßigen Sammlung von höchst persönlichen Daten zu den Bezieherinnen und Beziehern der geplanten „Sozialhilfe“ warnen die Bürgerrechtsorganisationen epicenter.works und Forum Informationsfreiheit vor dem für Donnerstag geplanten Beschluss des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes sowie des Sozialhilfe-Statistikgesetzes. Letzteres verlangt von den Ländern, die für die Auszahlung und Kontrolle der Sozialhilfe zuständig sind, Daten wie etwa die Staatsangehörigkeit und den Geburtsort der leiblichen Eltern der Sozialhilfe-Bezieherin bzw. des Beziehers zu sammeln und in die sogenannte Transparenzdatenbank einzuspeisen. Damit bekommt die Bundesregierung Zugang zu diesen höchst persönlichen Daten.

„Zum einen gehen die Zwecke der Verarbeitung von Daten im Gesetz weit über die Statistik hinaus. Der Bund hat zudem keine Kompetenzgrundlage für die Vollziehung der Sozialhilfe, ist also nicht zur im Statistikgesetz genannten ‚Aufrechterhaltung des Sozialwesens und der Feststellung der Voraussetzungen und Höhe der Leistung der Sozialhilfe‘ berechtigt“, sagt Iwona Laub von epicenter.works. „Aufgrund der Verarbeitung dieser großen Menge an vorwiegend sensiblen Daten bedarf es einer Datenschutz-Folgenabschätzung, die im vorliegenden Entwurf aber noch gänzlich fehlt“, sagt Laub.  

Der Begriff Transparenz werde jetzt von der Politik gezielt umgedeutet, um höchst sensible Daten über Bürger zu sammeln. Wer in Zukunft in eine soziale Notlage gerate, drohe zum „gläsernen Bürger“ zu werden, warnen die beiden Organisationen.

Bislang wurden in der sogenannten Transparenzdatenbank in erster Linie Fördergelder von zwei mitmachenden Bundesländern erfasst. Die dringend nötige Transparenz hat die Datenbank jedoch nicht geschaffen – anders als ihr Name vermuten lassen wurde, sind die darin erfassten Informationen nicht für die Öffentlichkeit zugänglich.

Bei echter staatlicher Transparenz geht es darum, dass die Bürger als Souverän des Staates kontrollieren können, welche Regierungsstellen welche Aufträge, Förderungen und Subventionen an sich darum bewerbende Unternehmen und Organisationen vergeben. Die Politik hat dabei einen großen Entscheidungsspielraum. Die Öffentlichkeit muss deshalb die Legitimität dieser Ausgaben prüfen können, um die Entscheidungsträger zur politischen Verantwortung für ihr Handeln ziehen zu können.

Bei der Sozialhilfe geht es jedoch um Bürgerinnen und Bürger, die ihren Rechtsanspruch geltend machen und in das letzte soziale Auffangnetz unserer Gesellschaft fallen. Die Landesverwaltungen haben aufgrund der detaillierten gesetzlichen Vorgaben keinen Entscheidungsspielraum, müssen anhand enger Vorgaben über die Auszahlung entscheiden und können diese auch anhand der vorgegebenen Kriterien kontrollieren. Eine exzessive Datensammlung, die Einspeisung in die sogenannte Transparenzdatenbank und die willkürliche oder gar mutwillige Verknüpfung von ganz unterschiedlichen Datenbeständen erfüllt kein Kontrollziel. Eine verantwortungsvolle Politik erkennt diesen Unterschied.

„Es ist zu befürchten, dass diese persönlichen Daten in der Folge für parteipolitische Zwecke instrumentalisiert werden könnten. Anders lässt sich die Datensammlung kaum erklären“, sagt Mathias Huter, Generalsekretär des Forum Informationsfreiheit. „Nachdem sich die Regierungsparteien jeglicher Transparenz dort verweigern, wo sie nötig ist, wird der Begriff nun dafür missbraucht, um die Bekanntgabe höchstpersönlicher Informationen von besonders bedürftigen Bürgerinnen und Bürger zu rechtfertigen“, sagt Huter.

Rückfragehinweis:

Iwona Laub, Kommunikation epicenter.works
+43 699 181 77 005
iwona.laub@epicenter.works

Mathias Huter, Generalsekretär des Forum Informationsfreiheit (FOI)
+43 699 126 39 244
mathias.huter@informationsfreiheit.at

Reform der „Transparenzdatenbank“ bringt hohe Strafdrohung für Transparenz

Die „Transparenzdatenbank“ wird kosmetisch reformiert. Förderungen der öffentlichen Hand werden für die Bürgerinnen und Bürger jedoch weiterhin nicht nachvollziehbar sein.

Schlimmer noch: die geplante Novelle des Transparenzdatenbankgesetzes 2012 (die Begutachtung endet am 4. Jänner 2019) sieht eine existenzbedrohende Geldstrafe für das Herstellen von Transparenz vor.

Wir befürchten dadurch eine massive Einschränkung der Meinungs- und Informationsfreiheit.

Klar ist: Die „Transparenzdatenbank“ verdient ihren Namen nicht, wie wir in unserer Stellungnahme an Parlament und Finanzministerium im Rahmen des Begutachtungsprozesses betonen. Es sind weiterhin keine Pläne ersichtlich, weitläufige Transparenz über die Empfänger von Förderungen zu schaffen, wie es beispielsweise bei der Transparenzdatenbank für EU-Agrarförderungen, sowie bei anderen EU-Förderungen längst der Fall ist.

Strafbestimmung

„§38. Wer über das Transparenzportal abrufbare Daten verarbeitet ohne dazu berechtigt zu sein, begeht, sofern die Tat nicht einen Tatbestand nach Art. 83 DSGVO verwirklicht oder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 50.000 Euro zu bestrafen. Auch der Versuch ist strafbar.“

Diese Verschärfung der Strafbestimmung könnte zu einer völlig unverhältnismäßigen und damit unzulässigen Einschränkung des Grundrechts auf Meinungs- und Informationsfreiheit gemäß Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention führen:

Die auf 50.000 Euro erhöhte Geldstrafe für das Verarbeiten – und damit auch das Veröffentlichen – von Daten betreffend öffentliche Subventionen und Förderungen könnte eine abschreckende Wirkung haben und Recherchen und Analysen durch Journalist_Innen, Blogger_Innen, universitäre Forscher_Innen und zivilgesellschaftliche Organisationen bedrohen.

Das Einbringen eines Auskunftsbegehrens zu ausbezahlten Förderungen, etwa über unser Bürgerportal FragDenStaat.at, könnte in Zukunft existenzbedrohend werden – und zwar sowohl für Anfragende, als auch für die Mitarbeiter_Innen der Verwaltung, die eine Auskunft auf Basis der anwendbaren Auskunftspflichtgesetze erteilen. Besorgniserregend ist insbesondere, dass die Strafbestimmung auf Fälle abzielt, in denen dezidiert kein Straftatbestand wie Amtsmissbrauch oder Verletzung des Amtsgeheimnisses und keine Verletzung der DSGVO vorliegt.

Ebenso ist unser Projekt Parteispenden.at von der Geldstrafe bedroht, weil wir dort Daten zu Förderungen an Parteien und parteinahen Organisationen so weit als möglich recherchieren und aufbereiten – die auch in der Transparenzdatenbank erfasst sein könnten (was wir nicht nachprüfen können, denn die Daten dort sind ja geheim).

Daten zu öffentlichen Förderungen finden sich in (oft unvollständigen und kaum zugänglichen und weiterverwendbaren) jährlichen Förder- bzw. Subventionsberichten, die das Finanzministerium, einige Bundesländer und Städte in verschiedenen Formen und Formaten veröffentlichen, sowie etwa auch in Rechenschaftsberichten, die Parteien an den Rechnungshof übermitteln müssen und von diesem veröffentlicht werden. Wer „berechtigt“ ist, derartige Daten weiterzuverarbeiten, ist nicht geregelt.

Werden solche Daten weiterverwendet, oder auf andere Weise recherchiert und aufbereitet – oder wird dies auch nur versucht – so sollen nun 50.000 Euro Geldstrafe drohen, ohne dass abgewogen wird, ob ein öffentliches Interesse an der Verarbeitung und Veröffentlichung der Daten besteht, oder auf welchem Wege die Daten erworben bzw. erhoben wurden. Diese Novelle schafft somit zusätzlich Rechtsunsicherheit in einem nicht zu tolerierenden Ausmaß.

Abschreckung von Whistleblowern, die fragwürdige Förderungen bekannt machen

Abschreckend wirkt die Gesetzesänderung auch auf Whistleblower, die Informationen zu Förderungen der öffentlichen Hand öffentlich machen.

Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit sind etwa geheime Förderungen des Landes Niederösterreich an die Dr. Erwin Pröll Privatstiftung (aufgedeckt durch den „Falter“ nach Hinweis eines Whistleblowers – der Zugang zur Förderentscheidung wurde in der Folge durch ein von uns angestrengtes Verfahren vom Landesverwaltungsgericht NÖ bestätigt) und zuerkannte Fördermittel des Landes Tirol an Vereine und Unternehmen aus dem Umfeld des ehemaligen ÖVP-Abgeordneten Dominik Schrott (dokumentiert durch dieTiwag.org sowie durch eine Aufstellung, die wir durch ein Auskunftsbegehren vom Land Tirol erhielten). Beides Fälle, in denen ein überwiegendes öffentliches Interesse an echter Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Verwendung öffentlicher Gelder besteht.

Genauso betroffen von dieser Strafverschärfung können auch parlamentarische Anfragen von Mandataren auf Landes- und Bundesebene im Rahmen des parlamentarischen Interpellationsrechts sein.

Es braucht echte Transparenz

Um Kontrolle und Effizienz von eingesetzten Förderungen und Subventionen zu erhöhen und Nachvollziehbarkeit für Bürgerinnen und Bürger zu schaffen, sollten Details und Daten zu zuerkannten Förderungen und Subventionen zeitnah, umfassend und bürgerfreundlich als Open Data veröffentlicht werden – insbesondere solche an juristische Personen (Vereine, Stiftungen, Unternehmen, etc.).

Veröffentlicht werden sollten auch Details zu den erfolgten Zahlungen: wann welche Gelder ausbezahlt wurden, und ob es zu Rückzahlungen kam. Nur so kann eine effizientere Verwendung öffentlicher Mittel sichergestellt werden. Einzelne Städte – Salzburg, Linz, Innsbruck, Bregenz, Wels, Villach und Eisenstadt – zeigen über die „Subventionschecker“ auf OffenerHaushalt.at längst vor, dass ein Mindestmaß an aktiver Transparenz einfach umsetzbar ist.

Weiters sollte für die Öffentlichkeit klar nachvollziehbar gemacht werden, welche staatlichen Stellen Förderdaten in die „Transparenzdatenbank” einspeisen.

Wir haben die Veröffentlichung der „Transparenzdatenbank“-Evaluierung erreicht

Eine „Kosten-Nutzen-Rechnung für das Projekt Transparenzdatenbank“, die die Universität Innsbruck im Auftrag der Bundesländer erstellt hat, kam 2015 zu dem Schluss, dass die „Transparenzdatenbank“ von Ländern und Gemeinden kaum genutzt wird und keinen monetären Nutzen bringt.

Diese Evaluierung war bis vor kurzem geheim und wurde erst nach einem Auskunftsbegehren des Forum Informationsfreiheit im Oktober 2018 von der Stadt Wien veröffentlicht, wobei ein von uns wenige Monate davor erreichtes Urteil des Verwaltungsgerichtshofs, das erstmals eine Möglichkeit auf Dokumenteneinsicht einräumt, für die Herausgabe ausschlaggebend gewesen sein dürfte.

Dem Wiener NEOS-Landtagsabgeordneten Christoph Wiederkehr war die Studie in einem Auskunftsbegehren 2016 verweigert worden – eine Veröffentlichung sei „nicht vorgesehen“. Eine NEOS-Anfrage im Wiener Landtag hatte ebenso gezeigt, dass selbst die Evaluierung der Transparenzdatenbank intransparent war.

Der Rechnungshof hat die Transparenzdatenbank 2017 unter die Lupe genommen, und das Projekt ebenfalls scharf kritisiert:

„Die Zielsetzungen der Transparenzdatenbank (Transparenz, Missbrauchsverhinderung und Steuerung) waren – sechs Jahre nach ihrer Einführung und nach einem Mittelinstanz des BMF von etwa 13,6 Mio. EUR – nicht erreicht. (…) Die Inhalte der Transparenzdatenbank waren für Entscheidungsträger, abwickelnde Stellen und Öffentlichkeit weitgehend unzugänglich.”

Mauer des Schweigens bröckelt nur langsam: WWF und Forum Informationsfreiheit veröffentlichen Geheim-Kritik am Standortgesetz

Umweltministerium verweigert Herausgabe der detaillierten Kritik, zeigt aber selbst mit weichgespülter Version klare Defizite auf – Köstinger muss irreparables Gesetz stoppen

Wien, am 19. Oktober 2018. Der WWF Österreich und das Forum Informationsfreiheit veröffentlichen heute eine brisante Anfragebeantwortung zum viel kritisierten Standort-Entwicklungsgesetz. Demnach will das von Elisabeth Köstinger geführte Umweltressort entgegen erster Angaben vom 21. August keine formelle Stellungnahme zum Entwurf des Wirtschaftsministeriums abgegeben haben, sondern nur „fachliche Anmerkungen“. Selbst diese werden jetzt nur in einer weichgespülten Form übermittelt, während die Original-Aussagen unter Verschluss gehalten werden.

„Das Umweltministerium weigert sich schon seit über zwei Monaten, die detaillierte Kritik der hausinternen Experten am umstrittenen Standortgesetz zu veröffentlichen. Dadurch wird eine umfassende öffentliche Debatte aus politischem Kalkül heraus untergraben”, kritisieren Mathias Huter, Generalsekretär des Forum Informationsfreiheit, und Hanna Simons, Leiterin Naturschutz beim WWF Österreich. Deshalb war das Umweltministerium bereits im September mit dem Amtsgeheimnis-Award “Mauer des Schweigens” ausgezeichnet worden.

Aufgrund der NGO-Auskunftsbegehren übermittelte das Umweltministerium immerhin allgemeine Erläuterungen, welche Aspekte es gegenüber dem Wirtschaftsministerium am 17. August kritisiert hatte. „Selbst in dieser schöngefärbten Version werden die irreparablen Defizite des Standortgesetzes deutlich. Es dient einzig und allein dazu, den Umweltschutz auf allen Ebenen auszubremsen. Dagegen müsste sich gerade die Umweltministerin mit allen Mitteln wehren anstatt nur schaumgebremst Kritik zu üben“, sagt WWF-Sprecherin Simons.

Zumindest lassen die Angaben des Umweltressorts darauf schließen, dass es die Kritik an der mehrfach rechtswidrigen Genehmigungs-Automatik für Großprojekte teilt: “(…) Zur Genehmigung durch Zeitablauf und zu Beschränkungen des Rechtschutzes wurde auf die erforderliche Vereinbarkeit mit Vorgaben relevanten EU-Rechts, insbesondere der UVP-Richtlinie, der Judikatur des EuGH und internationaler Verpflichtungen, etwa nach der UNECE Aarhus-Konvention und Espoo-Konvention, sowie mit den bestehenden verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen des Rechtschutzes hingewiesen“, schreibt das Ressort, das indirekt auch Haftungsrisiken bestätigt: „Fragen wurden zu Folgewirkungen der vorgeschlagenen Regelungen aufgeworfen, wie möglichen Auswirkungen auf Rechte Dritter und zu Haftungsfragen.“

Völlig unverständlich ist, wieso die Umweltministerin gemäß dem Schreiben nur auf „Verbesserungen“ drängt anstatt sich für die komplette Rücknahme des Standortgesetzes einzusetzen. „Das Aushöhlen der Umweltverträglichkeitsprüfung muss gestoppt werden, die laufende UVP-Novelle richtet ohnehin schon mehr als genug Schaden an. Wer Großprojekte ohne kritische Stimmen durchboxen will, verantwortet mehr Umweltverschmutzung und Naturzerstörung“, warnt Hanna Simons.

Forum Informationsfreiheit: “Ministerium hält bewusst Informationen vor Bürgern geheim”

“Entgegen einer kürzlich durch uns erreichten richtungsweisenden VwGH-Entscheidung hat das Ministerium die Stellungnahme nicht herausgegeben und Detailfragen nicht beantwortet. Darüber hinaus wurde die maximale Antwortfrist von acht Wochen bis zum letzten Tag ausgereizt, obwohl Auskunft per Gesetz ‘ohne unnötigen Aufschub’ erteilt werden hätte müssen”, sagt Mathias Huter, Generalsekretär des Forum Informationsfreiheit. “Das Ministerium hält hier ganz bewusst und ohne rechtliche Notwendigkeit Informationen vor Abgeordneten und Bürgern geheim. Informationen, die zeigen würden, welche Politik die Ministerin machen will. Sie entzieht so ihr Tun der Kontrolle der Bürger, für die sie tätig sein sollte. Das untergräbt die Grundlage eines demokratischen Diskurses – und ist nicht zu tolerieren.”

Die vollständigen Antwortschreiben des Umweltministeriums sind unten bzw. auf der Webseite des WWF Österreich abrufbar.

Rückfragehinweis:
Mathias Huter, Generalsekretär des Forum Informationsfreiheit (FOI)
+43 699 126 39 244
mathias.huter@informationsfreiheit.at

Volker Hollenstein, Politischer Leiter WWF Österreich
+43 664 501 31 58
volker.hollenstein@wwf.at

Antwortschreiben des Umweltministeriums an das FOI

 

Sämtliche Anfragen des Forum Informationsfreiheit zum Standort-Entwicklungsgestz auf FragDenStaat.at

 

 

 

Internationaler Right to Know-Day:
 Informationsfilterung ist „Zensur an der Quelle“

  • Forum Informationsfreiheit verleiht Amtsgeheimnis-Awards 2018:
    „Mauer des Schweigens“ an Stadt Innsbruck, niederösterreichische Gemeinden 
und Ministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus
  • „Goldener Informationsfilter“ für Innenminister Kickl und Mitarbeiter 
für den Versuch politischer Einschränkung öffentlicher Informationen
  • „Mauer des Schweigens“-Sonderpreis für Bundeskanzler Sebastian Kurz für die Nicht-Einhaltung seiner Zusagen zu einem Informationsfreiheitsgesetz

WIEN – Anlässlich des „Internationalen Right to Know-Day“ am 28. September verleiht das Forum Informationsfreiheit (FOI) heuer zum 5. Mal die jährlichen Amtsgeheimnis-Awards „Die Mauer des Schweigens“, um auf die Verletzung der Auskunftspflicht durch Politik und Verwaltung und die Intransparenz staatlichen Handelns aufmerksam zu machen.
Das Forum Informationsfreiheit betreibt seit über 5 Jahren das Portal FragDenStaat.at, über das Bürger, NGOs und Journalisten Anfragen an Behörden nach dem Auskunftspflichtgesetz richten können. Die Behörden sind gesetzlich zur Antwort verpflichtet, verweigern aber oft die Auskunft
 – mit unterschiedlichsten Begründungen.
Der Preis zeichnet die „besondere Bemühungen um die Verweigerung amtlicher Antworten“ aus, und die Geheimhaltung von Informationen von öffentlichem Interesse vor Österreichs Bürgerinnen und Bürgern.
Aus einer Shortlist von 10 Nominierten wählte eine Jury von Juristen, JournalistInnen, BürgerrechtlerInnen die heurigen Preisträger.

Jurymitglied Julia Herrnböck und Generalsekretär Mathias Huter moderierten die Preisverleihung (Foto: Gert Nepel)

Die „Mauern des Schweigens“ des Amtsgeheimnis-Awards 2018 gehen an…

Platz 1: die Stadt Innsbruck, für die Weigerung die Sprengelergebnisse der heurigen Bürgermeisterwahl herauszugeben. Abgelehnt wurde die Anfrage mit der Begründung, das Bundesministerium für Inneres verbiete eine Veröffentlichung der Sprengelergebnisse, was das Ministerium zurückwies. „Daten aus dem Kernbereich der demokratischen Entscheidungsfindung geheim zu halten, zerstört das Vertrauen in demokratische Wahlen und staatliche Institutionen“, so die Jury. Das sei „das Schlimmste, was Intransparenz überhaupt anrichten kann.“

… Platz 2: die niederösterreichischen Gemeinden (in Verbindung mit Gemeindebund, Gemeindevertreterverband und Land NÖ), dafür, Gebühren von insgesamt fast 8.000 Euro allein für die Frage anzudrohen (und teils schon verrechnen), wie vielen Menschen vor der Landtagswahl 2018 das Wahlrecht aberkannt wurde. Die im öffentlichen Interesse liegende Frage wurde von zwei Aktivisten des „Forum Informationsfreiheit“ an alle 573 Gemeinden einzeln gestellt, da das Land NÖ laut eigenen Aussagen sich diese Daten von den Gemeinden nicht mit- übermitteln ließ – und man daher jede einzeln anfragen müsse. (Der Preis geht damit auch an den NÖ Gemeindebund und den NÖ Gemeindevertreterverband, die den Gemeinden empfahlen, diese Gebühren einzuheben, und das Land NÖ, das durch den Beschluss einer schlechten Wahlrechts-Reform und einer fehlenden Erhebung der statistischen Daten dazu so viele Einzelanfragen an Gemeinden überhaupt nötig machte.)

„Es ist absolut inakzeptabel, Informationen von öffentlichem Interesse und essentieller Bedeutung für die Demokratie nur gegen Bezahlung zur Verfügung zu stellen“, so die Jury. Das sei „ein verheerendes Signal für alle aktiven Staatsbürger und NGOs, die aufgrund dieser Rechtsunsicherheit nun fürchten müssen, dass schon allein durch eine Frage in finanzielle Probleme“ gestürzt zu werden. Es zeige auch „das Fehlen eines durchdachten Informationsfreiheitsgesetzes und einer zentralen Kompetenzstelle als starkes und schnelles Schiedsgericht.“ Transparenz verursache Aufwände, beugt aber autoritären Tendenzen vor – und verhindert das Versickern von Millionen und Milliarden öffentlicher Mittel.

… Platz 3: das Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus, das seine Stellungnahme zum umstrittenen Entwurf für das sogenannte „Standortentwicklungsgesetz“ nicht veröffentlicht hat. Die Veröffentlichung einer Stellungnahme im Begutachtungsverfahren ist zwar nicht gesetzlich vorgeschrieben, jedoch absolut üblich ist zwar nicht gesetzlich vorgeschrieben, jedoch absolut üblich. Die Umweltschutzorganisation WWF beantragte die Herausgabe der Stellungnahme auf Basis des Umweltinformationsgesetzes. Diese Anfrage blieb nach Verstreichen der gesetzlich vorgeschriebenen Antwort-Frist dennoch unbeantwortet.

Begründung der Jury: „Stellungnahmen der Ministerien als Exekutive an das Parlament als Legislative sind eine wichtige Grundlage für den Gesetzgebungsprozess – und die öffentliche Debatte darüber. Diese Information der Öffentlichkeit mutwillig zu entziehen, stellt einen Sabotageakt des demokratischen Meinungsbildungsprozesses dar.“ Es lasse sich damit auch nicht mehr nachvollziehen, wessen Interessen hier möglicher Weise durch die Hintertür eingeschmuggelt würden.
Das BMMNT hat zu seinen Nominierung eine Stellungnahme abgegeben, diese finden Sie weiter unten.

Ebenfalls nominiert für den Preis waren heuer darüber hinaus u.a….
… die Stadt Wien (3,7 Millionen Euro an private Verlage für den angeblichen Ankauf von Büchern und Broschüren, die jedoch teilweise nicht geliefert wurden – Stadtführung weigerte sich gegenüber Abgeordneten und Journalisten, detaillierte Infos zu liefern, wo diese überhaupt verteilt wurden, mit dem Argument, solche Nachforschungen seien „wirtschaftlich nicht gerechtfertigt“); … oder das Land Tirol (für die Verweigerung, hunderte Seiten Unteralgen zum Projekt des Wasserkraftwerks Kalersbach nur ausgedruckt, nicht aber elektronisch zu übermitteln, mit dem Argument der USB-Stick mit den Unterlagen sei nicht Teil des elektronischen Akts).

In den vergangenen Jahren ging der Negativ-Preis für die Verhinderung von Transparenz u.a. an das Österreichische Innenministerium (für das Zutrittsverbot für Journalisten zum Flüchtlingslager Traiskirchen) oder den Stadtschulrat Wien (für die Weigerung, Eltern Einsicht in die Lesetests ihrer Kinder nehmen zu lassen).

„Goldener Informationsfilter“ für Innenminister Herbert Kickl und Mitarbeiter

Jurymitglied Julia Herrnböck und Generalsekretär Mathias Huter moderierten die Preisverleihung (Foto: Gert Nepel)

Aufgrund der aktuellen Ereignisse kreierte das „Forum Informationsfreiheit“ darüber hinaus einen eigenen Preis für den „Versuch der politischen Einschränkung von öffentlichen Informationen“ durch Zugangsbeschränkungen für anerkannte Journalisten:

Der „Goldene Informationsfilter“ geht demnach an „Innenminister Herbert Kickl und Mitarbeiter“ für den jüngsten „Versuch der Einschränkung der Pressefreiheit“.

Das Mail seines Hauses an Dienststellen im ganzen Land gebe eine klare Empfehlung für die Einschränkung des Zugangs zu Information für kritisch berichtende Medien – und gebe damit auch eine Verhaltenskultur für die Beamten seines Ressorts und der Republik vor. „Wenn Information von allgemeinem Interesse von staatlichen Stellen politisch gefiltert werden soll, indem anerkannten Journalistinnen und Journalisten der Zugang verwehrt wird, ist das Zensur an der Quelle“, so das Forum Informationsfreiheit in seiner Begründung.

Amtsgeheimnis-Award 2018: Sonderpreis für Bundeskanzler Sebastian Kurz

Einen Sonderpreis der „Mauer des Schweigens“ erhält Bundeskanzler Sebastian Kurz: Vor 5 Jahren hat er noch als Staatssekretär und JVP-Obmann die Forderung nach einem Informationsfreiheitsgesetz unterstützt, und seither immer wieder politisches Kapital aus entsprechenden Ansagen geschlagen. Nun ist er der erste Bundeskanzler der vergangenen drei, bei dem die Abschaffung des Amtsgeheimnisses und die Einführung eines Informationsfreiheitsgesetzes nicht einmal mehr im Regierungsprogramm stehen – und dessen Haus entsprechenden Pläne zuletzt eine klare Absage erteilt hat. Damit wird ein Transparenzgesetz unter seiner Amtszeit für weitere 5 Jahre verhindert.

Über den International Right to Know Day und das Forum Informationsfreiheit:

Der International Right to Know Day wird seit 2002 von zivilgesellschaftlichen Organisationen weltweit begangen, um Transparenz und Rechenschaftspflicht in Politik und Verwaltung zu stärken. Seit 2016 feiern auch die Vereinten Nationen (UNESCO) den Internationalen Tag des universellen Zugangs zu Information.
Das Forum Informationsfreiheit ist die erste Bürgerrechts-NGO für das Recht auf Zugang zu Information und engagiert sich seit 2013 für die Abschaffung des Amtsgeheimnisses und die Einführung eines Transparenzgesetzes nach internationalen Standards. Der Verein betreibt unter anderem die Bürgerplattform https://fragdenstaat.at und das Transparenz-Portal https://www.parteispenden.at/.

Anhang 1: Die Begründungen der Jury…

…zu Platz 1: Stadt Innsbruck
„Daten aus dem Kernbereich der demokratischen Entscheidungsfindung geheim zu halten zerstört das Vertrauen in demokratische Wahlen und staatliche Institutionen – das Schlimmste, was Intransparenz überhaupt anrichten kann. Die ordentliche und detaillierte Veröffentlichung von Wahlergebnissen ist ein Gebot der Transparenz einer Demokratie. Wie sonst sollen Bürgerinnen und Bürger darauf vertrauen, dass alles korrekt gelaufen ist. Es wäre das Mindeste, dass die involvierten Behörden (Stadt Innsbruck und Innenministerium) dies nun von selbst aufklären.“

… zu Platz 2: NÖ Gemeinden (mit NÖ Gemeindebund und Land NÖ)
„Es ist absolut inakzeptabel, Informationen von öffentlichem Interesse und essentieller Bedeutung für die Demokratie nur gegen Bezahlung zur Verfügung zu stellen. Dieser Fall ist ein verehrendes Signal für alle aktiven Staatsbürger und NGOs, die aufgrund dieser Rechtsunsicherheit nun fürchten müssen, dass schon allein eine Frage zu Informationen, die auf mehrere Behörden verteilt sind, sie in finanzielle Probleme stürzen kann. Das ist eine beunruhigende Entwicklung. Es zeigt das Problem eines fehlenden, internationalen Standards entsprechenden Informationsfreiheitsgesetztes, das eine diametral andere Botschaft sendet, sowie einer zentralen Kompetenzstelle als starkes und schnelles Schiedsgericht und Aufsichtsorgan über solche Vorgänge. Transparenz verursacht Aufwände, aber beugt autoritären Tendenzen vor, schafft Vertrauen – und verhindert das Versickern von Millionen und Milliarden öffentlicher Mittel.“

… zu Platz 3: Umweltministerium
„Stellungnahmen der Ministerien als Exekutive an das Parlament als Legislative, sind eine wichtige Grundlage für den Gesetzgebungsprozess – und die öffentliche Debatte darüber. Diese Information der Öffentlichkeit mutwillig zu entziehen, stellt einen Sabotageakt des demokratischen Meinungsbildungsprozesse dar. Darüber hinaus stellt der Fall einen markanten Transparenz-Rückschritt dar, da frühere Regierungen Stellungnahmen grundsätzlich öffentlich – bzw. dem Parlament zugänglich – gemacht haben. Man darf nicht vergessen: wenn Stellungnahmen zu Gesetzesentwürfen im Hinterzimmer ausgetauscht werden, verlieren nicht nur Bürger, sondern auch Parlamentarier die Grundlagen für informiertere Entscheidungen. Und es lässt sich nicht mehr nachvollziehen, wessen Interessen hier möglicher Weise durch die Hintertür eingeschmuggelt wurden. Die Verantwortlichen sollten hier einen Blick auf die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte werfen.

Mauer des Schweigens 2018 (Foto: Gert Nepel)

Mauer des Schweigens 2018: Der Goldene Informationsfilter (Sonderpreis) (Foto: Gert Nepel)


Anhang 2: Stellungnahme des Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus zu seinen Nominierungen:

Zum Standortentwicklungsgesetz:
Das BMNT hat den Kolleginnen und Kollegen des dafür zuständigen BMDW seine Anmerkungen zu diesem Gesetzesentwurf genauso wie das BMVRDJ direkt übermittelt. Es handelt sich dabei um keine formelle Stellungnahme im Rahmen eines Begutachtungsverfahrens, auf eine formelle Stellungnahme besteht auch kein Rechtsanspruch. In Bezug auf die Nominierung zur „Mauer des Schweigens“ ist anzumerken, dass uns derzeit drei Anfragen auf Auskunft vorliegen, zwei beziehen sich auf das Auskunftspflichtgesetz, eine aufs Umweltinformationsgesetz. Die Frist zur Beantwortung nach dem Auskunftspflichtgesetz endet am 17. Oktober 2018, das BMNT wird die Anfrage des WWF und von Hr. Markus Hametner natürlich fristgerecht bis zu diesem Termin beantworten. Grundsätzlich steht das BMNT mit allen anderen Ressorts in ständigem Austausch, das zählt zu den wesentlichen Elementen gemeinsamer Regierungsarbeit und partnerschaftlicher Zusammenarbeit zwischen Ressorts.

Zur Auftragsvergabe „Grüner Bericht“:
Herr Huter hat in dieser Angelegenheit am 13.3.2018 einen Bescheid (Auskunftsbegehren) erhalten und am 16.4.2018 dagegen berufen. Zur Berufung wurden alle Unterlagen am 27.4.2018 an den Bundes-Verwaltungsgerichtshof übermittelt. Der BVwGH hat mit Beschluss vom 14.6.2018 die Beschwerde abgewiesen.
Inhaltlich ist anzumerken: Die Ausschreibungsunterlagen zu diesem Auftrag wurden 2017 von insgesamt 8 Firmen angefordert. Bis zur ausgeschriebenen Frist am 10.7.2017 ist jedoch nur ein Angebot eingegangen. Diesem Bieter wurde daher der Zuschlag auf Basis der vergaberechtlich völlig korrekten Ausschreibung erteilt.
Die Erhebungen bei den Betrieben und die notwendigen Auswertungen für den „Grünen Bericht“ sind sehr aufwändig und erfordern spezifische Kenntnisse über den Agrarsektor sowie qualifiziertes Personal. Die Ergebnisse sind übrigens jederzeit auf www.gruenerbericht.at nachzulesen. Das Ergebnis gibt auch eine Vorstellung, wie umfangreich diese Erhebungen sind. Es liegt offenbar an der der speziellen Fachkenntnis, dass es keine anderen Angebote gab. Anregungen des Rechnungshofes (basierend auf einer Prüfung im Jahr 2015) hinsichtlich Leistungsbeschreibung und Verfahrensabwicklung wurden aufgenommen; die vom Rechnungshof angeregte Beauftragung der Statistik Austria wurde von dieser selbst dezidiert mangels ausreichender Fachkenntnisse abgelehnt.

Grundsätzlich erlauben wir uns die Anmerkung, dass es problematisch erscheint, nur knapp mehr als 2 Tage Zeit für eine Stellungnahme zu einer „Nominierung“ eingeräumt zu bekommen. Das lässt auf ein nicht besonders ausgeprägtes Interesse an unserer Beantwortung schließen bzw. auf eine bereits vorgefasste einseitige Beurteilung.

„Die Mauer des Schweigens 2018“: die Nominierungen

Am Donnerstag, den 27. September 2018, verleihen wir am Vorabend des Internationalen Tags der Informationsfreiheit unseren Amtsgeheimnis-Award „Die Mauer des Schweigens 2018“.

Mit diesem Preis zeichnen wir besondere Bemühungen um die Verweigerung amtlicher Antworten und die Geheimhaltung von Informationen öffentlichen Interesses vor den Bürgerinnen und Bürgern aus.

Die Verleihung

am 27.09.2018 ab 20:00,
im Karl Kraus Saal, Schauflergasse 2 (neben Café Klimt),
1010 Wien

Kommen Sie vorbei!

Dutzende Nominierungen für die Mauer des Schweigens 2018 kamen innerhalb von nur sieben Tagen von engagierten BürgerInnen, JournalistInnen und NGOs. Vielen Dank an alle, die uns Fälle übermittelt haben!

Nominiert werden konnten Fälle, in denen
– österreichische Behörden Auskünfte verweigert
– Informationen von Politik oder Verwaltung zurückgehalten, oder
– öffentliche Kontrolle staatlicher Institutionen durch politische Bemühungen erschwert oder verhindert wurde.

Die Jury

Die Jury entscheidet jetzt über die Preisträger:

Die Fälle

Auf die Shortlist haben es unter anderem die folgenden Fälle geschafft:

Fall 1: 10-Millionen Euro Auftrag zu Buchhaltungsarbeiten

  • Das Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus verweigerte Auskunft zu einem Vertrag im Wert von 10,66 Mio. Euro für Buchführungsarbeiten für den „Grünen Bericht“ der Jahre 2019 bis 2022, der die Sektoren Land- und Forstwirtschaft analysiert. Der Auftrag wurde an die LBG Österreich GmbH Wirtschaftsprüfung & Steuerberatung vergeben – das Unternehmen, das indirekt mehreren Landwirtschaftskammern gehört, war der einzige Bieter.

Fall 2: Statistische Angaben zur Zahl ambulanter Patienten

  • Das Bundesministerium für Gesundheit, die Landesgesundheitsdirektionen und Krankenanstaltenbetreiber sahen sich nicht in der Lage, einer Journalistin von Addendum statistische Angaben zur Zahl ambulanten Patienten zu übermitteln („Kostet auch eine Spitalsambulanz Geld?“). Die Daten seien nicht verfügbar, hieß es – obwohl das Ministerium in einem Dokumentationsleitfaden die Sammlung dieser Daten verlangt. Schließlich fand die Journalistin die gesuchten Zahlen in einem nicht-öffentlichen Bericht des Ministeriums – nachdem es geheißen hatte, das Ministerium habe diese Zahlen nicht.

Fall 3: 3,7 Millionen Euro für Bücher und Broschüren – ohne Nachweis und Belege

  • Der Presse- und Informationsdienst (PID) der Stadt Wien (MA53) kaufte in den Jahren 2015 und 2016 um rund 3,7 Millionen Euro Bücher und Broschüren bei privaten Verlagen, ergaben Recherchen von Profil und Dossier. Laut Wiener Stadtrechnungshof wurde ein Großteil der Ware wurde jedoch nicht an die Stadt geliefert, schriftliche Belege für die Verteilung fehlen. Die MA 53 weigert sich, Journalisten Auskunft darüber zu erteilen, wie viel Geld die Stadt Wien in den Vorjahren für Bücher ausgegeben hat, und wo diese verteilt wurden. Anfragen von FPÖ und NEOS im Gemeinderat wurden vom zuständigen Stadtrat abgeblockt: Nachforschungen seien „wirtschaftlich nicht gerechtfertigt“.

Fall 4: Was das Umweltministerium vom Entwurf des Standortentwicklungsgesetzes hielt, ist geheim

  • Das Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus hat seine Stellungnahme zum umstrittenen Entwurf für das Standortentwicklungsgesetz nicht – wie üblich, jedoch gesetzlich nicht vorgeschrieben – veröffentlicht. Der WWF beantragte die Stellungnahme auf Basis des Umweltinformationsgesetzes. Diese Anfrage blieb nach Verstreichen der Frist unbeantwortet, ein noch laufendes Auskunftsbegehren des Forum Informationsfreiheit erhielt bislang ebenfalls keine Reaktion.

Fall 5: Wasserkraftwerks-Genehmigung: USB-Stick nicht Teil des elektronischen Akts

  • Das Land Tirol hat in einem laufenden Genehmigungsverfahren (Wasserkraftwerk Kalersbach) dem WWF, der Parteienstellung und Akteneinsicht hat, Zugang zu digitalen Projektunterlagen verweigert: die Umweltorganisation beantragte die elektronischen Dokumente zum Projekt, um diese durchsuchen zu können und um nicht hunderte Seiten händisch durcharbeiten zu müssen. Die Behörde verweigert laut Ökobüro jedoch die Herausgabe: der USB-Stick mit den entsprechenden Unterlagen sei nicht offiziell Teil des elektronischen Akts, so das Land. Die Frage ist noch nicht abschließend geklärt, Herausgabeanträge sind anhängig.

Fall 6: Detailergebnisse der Innsbrucker Bürgermeisterwahl werden zurückgehalten

  • Die Stadt Innsbruck verweigerte auf Anfrage des Journalisten Martin Thür, Sprengelergebnisse der heurigen Bürgermeisterwahl herauszugeben. Abgelehnt wurde die Anfrage mit der Begründung, das Bundesministerium für Inneres verbiete eine Veröffentlichung der Sprengelergebnisse, was das Ministerium zurückwies.

Fall 7: Niederösterreichs Gemeinden verrechnen Gebühren für Anfragen zur Aberkennung des Wahlrechts – ohne klare gesetzliche Grundlage

  • Aktivisten des Forum Informationsfreiheit beantragten im Frühjahr bei allen 573 Gemeinden in Niederösterreich statistische Angaben dazu, wie vielen Personen mit Nebenwohnsitz im Vorfeld der letzten Landtagswahl ihr Wahlrecht aberkannt wurde, weil das nach einem neuen Gesetz des NÖ Landtags auf Basis schwammiger Kriterien durch den jeweiligen Bürgermeister plötzlich möglich war. NÖ Gemeindebund (ÖVP) und Gemeindevertreter-Verband (SPÖ) entwarfen ein juristisches Schreiben, mit dem die Auskunft von vielen Gemeinden (teilweise) verweigert wurde, und wiesen die Bürgermeister darauf hin, dass schon allein für die Frage dem Fragenden eine Gebühr zu verrechnen sei. Mehr als 130 Gemeinden verrechneten uns bisher eine solche Bundesgebühr von 14,30 Euro, in einzelnen Fällen auch eine Verwaltungsabgabe. Tatsächlich gibt es keine klare gesetzliche Grundlage für eine solche Bundesgebühr, wenn eine Anfrage im öffentlichen Interesse liegt. Das gesamte Drohpotenzial an Gebühren liegt bei knapp 8.000 Euro. Das für zivilgesellschaftliche Akteure potenziell existenzbedrohende Kostenrisiko konnte nur durch eine Crowdfunding-Kampagne gedeckt werden.

Fall 8: Wer die Staatsbürgerschaft auf Beschluss der Regierung erhält, ist geheim

Fall 9: Unterlagen aus Vertragsverletzungsverfahren sind vertraulich und können keine Umweltinformationen sein

  • Das Bundeskanzleramt verweigert seit Jahren dem Ökobüro die Herausgabe von Unterlagen, die ein gegen Österreich laufendes EU-Vertragsverletzungsverfahren betreffen. Die angefragten Dokumente beschreiben etwa, welche Gebiete rund um das genehmigte Kraftwerk Schwarze Sulm als schutzwürdig oder nicht schutzwürdig befunden wurden. Laut Bundeskanzleramt handle es sich dabei nicht um Umweltinformationen – und falls doch, würde sich die Herausgabe negativ auf das laufende Vertragsverletzungsverfahren auswirken. Der Fall liegt jetzt beim Verwaltungsgerichtshof.

Fall 10: Die Hälfte der österreichischen Gemeinden ignoriert ein Auskunftsbegehren zu bezahlten Sport- und Kulturförderungen

  • Die Rechercheplattform Addendum (Markus Hametner, Mitglied des Rechercheteams, ist auch Mitgründer und im Vorstand des Forum Informationsfreiheit) beantragte Auskunft von allen österreichischen Gemeinden, welche Sport- und Kulturförderungen die Gemeinde in den Jahren 2015, 2016 und 2017 vergeben hat. Anders ist es in Österreich nicht möglich zu erfahren, wen welche Gemeinde in welcher Höhe fördert. Rund die Hälfte der Gemeinden verhielt sich klar gesetzeswidrig und reagierte überhaupt nicht auf die Anfrage.

Wir suchen Nominierungen für „Die Mauer des Schweigens” – Verleihung am 27. September

Anlässlich des Internationalen Tags der Informationsfreiheit – dem „International Right to Know Day”, der von Transparenz-Aktivisten und der UNESCO am 28. September 2018 gefeiert wird – verleihen wir dieses Jahr wieder den Amtsgeheimnis-Award „Die Mauer des Schweigens”.

Fotos: Christian MUELLER

Mit diesem Preis zeichnen wir besondere Bemühungen um die Verweigerung amtlicher Antworten und die Geheimhaltung von Informationen öffentlichen Interesses vor den Bürgerinnen und Bürgern aus.

Bis 20. September nehmen wir dafür Ihre Nominierungen entgegen:

Eingereicht werden können alle Fälle seit dem 28.9.2017, in denen
– österreichische Behörden Auskünfte verweigert
– Informationen von Politik oder Verwaltung zurückgehalten, oder
– öffentliche Kontrolle staatlicher Institutionen durch politische Bemühungen erschwert oder verhindert wurde.
Egal ob Ihnen das selbst passiert ist, oder Sie davon in den Medien gelesen/gehört haben.

Wir freuen uns über Einreichungen in diesem Formular. Einreichfrist: 20.9.2018

Den Preis verleihen wir in ungezwungenem Rahmen am Vorabend des Right to Know Day am 

27.09.2018 ab 20:00 im Karl Kraus Saal, Schauflergasse 2 (neben Café Klimt), 1010 Wien

Alle Unterstützer*innen und Interessierte sind herzlich dazu eingeladen!

In den vergangenen Jahren ging der Negativ-Preis für die Verhinderung von Transparenz u.a. an das Österreichische Innenministerium (für das Zutrittsverbot für Journalisten zum Flüchtlingslager Traiskirchen), an den Stadtschulrat Wien (für die Weigerung, Eltern Einsicht in die Lesetests ihrer Kinder nehmen zu lassen) und an die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP (für das nicht gehaltene Versprechen, das Amtsgeheimnis abzuschaffen).


Bereits vor unserer Preisverleihung diskutieren wir auf Einladung der Österreichischen Gesellschaft für Strafrecht und Kriminologie:

Amtsgeheimnis versus Transparenz
Welche Rolle spielen Datenschutz und Informationsfreiheit im Zusammenhang mit demokratischer Kontrolle und Korruptionsbekämpfung?

27. September 2018, 18:00, großer Vortragssaal des Bundesministeriums für Inneres,
Minoritenplatz 9, 1010 Wien

Am Podium:

  • Daniel Ennöckl, Institut für Staats- und Verwaltungsrecht, Uni Wien
  • Mathias Huter, Forum Informationsfreiheit
  • Bettina Knötzl, Transparency International – Austrian Chapter
  • Christian Manquet, Justizministerium

Verpflichtende Anmeldung bis 19.09.2018 bei Ivana Stojancic, ivana.stojancic@univie.ac.at, Tel: 01/4277/34602 (Lichtbildausweis zum Einlass zwingend notwendig).

Ankündigung: Mauer des Schweigens 2018

Geheimniskrämerei um Staatsbürgerschaften für Promis und Investoren

Die Regierung kann die österreichische Staatsbürgerschaft verleihen, wenn dies wegen „der vom Fremden bereits erbrachten und von ihm noch zu erwartenden außerordentlichen Leistungen im besonderen Interesse der Republik liegt“ (§ 10 Abs. 6 StbG).

Wer auf Basis dieser Sonderregelung einen österreichischen Pass erhält, welche Gründe und Leistungen im Interesse der Republik vorliegen, und welche politischen Fürsprecher den Antrag unterstützen, ist jedoch geheim.

Wie Addendum.org berichtet, will das zuständige Innenministerium die Namen der Betroffenen in Zukunft geheim halten.

Wir finden, es braucht hier volle Transparenz. Deshalb haben wir schon im März eine Anfrage an das Innenministerium (BMI) über FragDenStaat.at gestellt: Wir wollen Auskunft, wer in den Jahren 2014 und 2015 von der Regelung profitiert hat. Insbesondere wollen wir wissen, wer aufgrund von „wirtschaftlichen Leistungen“ die Staatsbürgerschaft erhalten hat.

Die Auskunft wurde uns mit Verweis auf Amtsgeheimnis und Datenschutz verweigert – eine kuriose Argumentation, denn 2016 und 2017 hat das Bundeskanzleramt die Namen online veröffentlicht. Wir warten derzeit auf einen Bescheid des BMI, um gegen diese Auskunftsverweigerung Beschwerde einlegen, und dann vom zuständigen Bundesverwaltungsgericht Klarheit bekommen zu können.

Statistische Angaben zur Gesamtzahl der Fälle erhielten wir auch keine – laut Recherchen von Addendum gab es von 2006 bis 2017 141 verliehene Staatsbürgerschaften und 177 abgelehnte Fälle.

Öffentliches Interesse

Die Personen, die per Regierungsbeschluss einen österreichischen Pass erhalten, leisten per Definition Außerordentliches für die Republik, und damit für die Allgemeinheit – warum sollten die Bürgerinnen und Bürger davon nicht erfahren dürfen? Für uns ist klar: das öffentliche Interesse, diese Entscheidungen nachvollziehen zu können, überwiegt klar gegenüber einem etwaigen Geheimhaltungsinteresse. Diese Ansicht vertraten im Ö1-Morgenjournal vom 1.8.2018, das über unsere Anfrage berichtete, auch die Verfassungsjuristen Daniel Ennöckl und Heinz Mayer.

Korruptionsrisiko

Ein weiterer Grund für Transparenz: bei der Verleihung einer Staatsbürgerschaft im Gegenzug für Investitionen gibt es ein hohes Korruptionsrisiko. Ausländische Oligarchen und dubiose Investoren, sogar Familienmitglieder von Diktatoren, könnten sich eine österreichische Staatsbürgerschaft quasi erkaufen. Dieses Korruptionsrisiko ist seit der “Part of the Game”-Affäre dokumentiert – der damalige stellvertretende Kärntner Landeshauptmann hatte 2009 dem Berater eines russischen Investors im Gegenzug für eine Investition (plus Parteispende) eine Staatsbürgerschaft in Aussicht gestellt. Um solchen Missbrauch zu verhindern müssen die Entscheidungen für die Öffentlichkeit nachvollziehbar sein.

Transparency International und das Organized Crime and Corruption Reporting Project (OCCRP) haben sich angesehen, wie verschiedene europäische Länder, darunter Österreich, auf fragwürdige Art und Weise Visa und Staatsbürgerschaften an ausländische Investoren verkaufen.

Unsere Forderung

  • Volle Offenlegung der Regierungsbeschlüsse zur Verleihung der Staatsbürgerschaft wegen “besonderem Interesse der Republik”, samt Namen der Betroffenen und Beruf, sowie von weiteren Angaben, insbesondere zur Begründung der Verleihung und den Unterstützern des Antrags, sowie von Angaben zu abgelehnten Fällen.