Forum Informationsfreiheit in der ZIB 2

Vergangene Woche ist der Entwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz in Begutachtung gegangen. Am Sonntag war unser Vorstand Mathias Huter dazu in der “Zeit im Bild 2” bei Martin Thür.

Wir haben die wichtigsten Punkte, die wir in der ZIB 2 betont haben, zusammengefasst. An einer ausführlichen juristischen Stellungnahme zum Gesetzesentwurf arbeiten wir noch.

1. Es braucht einen Kulturwandel in der Verwaltung

Wir haben in Österreich bis heute eine Informationspolitik nach Gutsherrenart.

Der Gesetzesentwurf würde eine Informationspflicht der Behörden bringen und erstmals in Österreich ein Bürgerrecht auf Dokumenteneinsicht verankern. Die gesetzliche Lage würde verbessert.

Wir fürchten jedoch, dass der Entwurf eines nicht sicherstellen kann: einen Kulturwandel in der Verwaltung, hin zu Offenheit und echter Transparenz.

So ist etwa nicht klar definiert, welche Dokumente die Behörden aktiv veröffentlichen müssen – und wenn sie Informationen nicht aktiv veröffentlichen, gibt es keine Möglichkeit, dieses Versäumnis zu sanktionieren. Aus dem Gesetz lässt sich nicht herauslesen, ob etwa die COVID-Hilfszahlungen an Unternehmen im Detail veröffentlicht würden.

2. So viel Transparenz wie möglich, so wenig Geheimhaltung wie nötig

Die Behörden stehen in Zukunft vor der Herausforderung, mögliche Geheimhaltungsgründe und das öffentliche Interesse an Transparenz bei einzelnen Anfragen abzuwiegen. Unsere langjährigen Erfahrungen lehren uns: besonders wenn es um politisch sensible Auskünfte geht, halten Behörden im Zweifelsfall Informationen zurück.

Da braucht es eine unabhängige Stelle, die Behörden und Bürgern zur Seite steht und sicherstellt, dass all das transparent wird, was nicht unbedingt geheim bleiben muss.

3. Ein neues Informationsregister

Österreich ist das letzte Land der EU, das bis dato kein Bürgerrecht auf Dokumenteneinsicht hat.

Geplant ist nun, dass Informationen “von allgemeinem Interesse” – neben Studien und Gutachten etwa auch alle Verträge der öffentlichen Hand über 100.000 Euro – online veröffentlicht werden müssen. Diese Schwelle im Entwurf ist für uns deutlich zu hoch angesetzt. 

Dabei zeigen internationale Beispiele, dass mehr Transparenz auch zu mehr Wettbewerb führt: Seit die Slowakei jeden Vertrag der öffentlichen Hand über 1.000 Euro online veröffentlicht, bewerben sich viel mehr Firmen um öffentliche Aufträge. Schützenswerte Geschäftsinteressen können hier immer noch vereinzelt geschwärzt werden.

4. Datenschutzbehörde zur Beratung führt zu Ungleichgewicht

Ein mögliches Problem gibt es in diesem Gesetzesentwurf mit der Rolle der Datenschutzbehörde: Sie soll die Behörden mit Blick auf den Datenschutz unterstützen und beraten. Wir fürchten: das wird dazu führen, dass die Datenschutzbehörde im Zweifel zum Zurückhalten der Informationen rät und so Geheimhaltung stärkt. BürgerInnen haben aber keine Stelle, die sie berät, und die Transparenz vorantreibt. Das führt zu einem Ungleichgewicht.

Die Lösung ist ein/e unabhängige/r Informationsfreiheitsbeauftragte/r, wie international üblich. Diese Stelle würde Behörden und BürgerInnen beraten und kann zeitnahe abwägen, was veröffentlicht werden sollte und was nicht. Dazu würde die Stelle die Umsetzung des Gesetzes sicherstellen und einen Kulturwandel in der Verwaltung vorantreiben.

Positive Aspekte des geplanten IFG

Obwohl der Gesetzesentwurf einige Schwächen hat, die noch behoben werden sollten, gibt es auch positive Aspekte, die wir hier hervorheben wollen:

  • ein verfassungsmäßiges BürgerInnenrecht auf Zugang zu staatlicher Information soll kommen, das Amtsgeheimnis wird nicht mehr im Verfassungsrang stehen;
  • ein Recht auf Zugang zu staatlichen Dokumenten kommt (wie dies international üblich ist – Österreich ist das letzte Land in der EU, das bislang kein solches Recht kennt);
  • Anfragen und deren Beantwortung werden gebührenfrei sein (statt wie bisher 15 bis 30 Euro);
  • Auskunftspflichtig werden nicht nur Verwaltungsbehörden sein (wie bisher) sondern alle staatlichen Stellen, inklusive vom Rechnungshof geprüfte staatsnahe Unternehmen;
  • ein online Informationsregister soll geschaffen werden;
  • Gutachten, Studien und Verträge müssen dort automatisch von staatlichen Stellen veröffentlicht werden

Wo mehr geht

Bei einigen Punkten muss aber auch noch nachgeschärft werden, damit das IFG zu einem guten Werkzeug für JournalistInnen, BürgerInnen und alle, die eine Information suchen, wird. Besonders wichtig sind bürgerfreundliche Regelungen in den folgenden Punkten:

  • Rasche Antwort: die vorgesehene Antwort-Frist beträgt 4 Wochen und kann auf bis zu 8 Wochen verlängert werden. Das ist nicht zeitgemäß. Zum Vergleich: EU-Institutionen müssen binnen 15 Arbeitstagen Auskunft erteilen, in Estland beträgt die Frist 5 Arbeitstage.
  • Umfassender Informationsbegriff: Die Definition der Information, die nach dem Gesetz angefragt werden kann, muss – wie international üblich – möglichst breit gefasst sein.
  • Geheimhaltungsgründe: Im Hinblick auf Geheimhaltungsgründe gibt es klare internationale Standards, an denen sich Österreich orientieren soll. Essentiell ist ein klar definierter Abwägungsprozess: Es muss klar sein, wie ermittelt wird, was im öffentlichen Interesse liegt und wo Einzelinteressen überwiegen – und dass nur diese Teile zurückgehalten werden.
  • Durchsetzung der Transparenzregeln: Laut Punktuation sollen alleine die Verwaltungsgerichte die Durchsetzung der Informationsfreiheit sicherstellen. Dies ist keine zufriedenstellende Lösung:
  • Verfahren dauern in der Regel mehrere Jahre.
  • Ein langjähriges Verwaltungsverfahren wird viele BürgerInnen abschrecken.
  • Behörden können Verwaltungsgerichten ohne Sanktionen Dokumente und Informationen vorenthalten.
  • Verwaltungsgerichte entscheiden nicht über eine Herausgabe der Information und können sie gegenüber Behörden nicht durchsetzen.
  • Informationsfreiheitsbeauftragte/r: Der Gesetzesentwurf sieht keine/n unabhängige/n Informationsfreiheitsbeauftrage/n vor. Eine solche Stelle ist internationalerStandard und spielt eine essentielle Rolle dabei, eine Transparenz-Kultur voranzutreiben. In vielen Ländern unterstützt diese Stelle einerseits die Verwaltung bei der Auslegung und Anwendung der Transparenz-Bestimmungen und unterstützt BürgerInnen andererseits beim Informationszugang, und kann im Streitfall angerufen werden, um eine rasche und unbürokratische Entscheidung herbeizuführen.
  • Rolle der Datenschutzbehörde: Der Gesetzesentwurf sieht dafür vor, dass die Datenschutzbehörde (DSB) Behörden beim Informationsfreiheitsgesetz in Sachen Datenschutz beraten soll. Es steht zu befürchten, dass die DSB gemäß ihrem gesetzlichen Auftrag stets zu mehr Geheimhaltung raten wird und so ein Ungleichgewicht zum Nachteil der Anfragenden und des öffentlichen Interesses an Transparenz entstehen wird.
  • Automatische Veröffentlichung: Klar und umfassend beschrieben werden sollte im Gesetz, welche Dokumente, Entscheidungen, Statistiken, Daten und Informationen alle staatlichen Stellen automatisch im Informationsregister veröffentlichen müssen.
  • Veröffentlichung von Verträgen: Laut Entwurf sollen nur Verträge der öffentlichen Hand mit einem Wert von über 100.000 Euro veröffentlicht werden. Diese Grenze ist viel zu hoch: in Österreich müssen bereits jetzt Daten zu Aufträgen ab 50.000 Euro veröffentlicht werden (wir bereiten sie auf OffeneVergaben.at auf).
  • Durchsetzung der Veröffentlichungs-Pflichten: Es braucht effektive Durchsetzungsmechanismen, um sicherzustellen, dass sich staatliche Stellen an die Veröffentlichungspflichten halten.

Begutachtungsphase

Sie sehen, es ist noch einiges zu tun. Wir arbeiten nun an einer detaillierten Stellungnahme und sind mit zahlreichen anderen Organisationen in Kontakt, die sich ebenfalls einbringen werden.

Die Begutachtung läuft bis 19. April. Danach müssen die Anregungen eingearbeitet werden. Für einen Beschluss braucht es eine 2/3-Mehrheit in Nationalrat und Bundesrat, sowie die Zustimmung der Bundesländer. Wir hoffen, dass es in diesen politischen Verhandlungen zu weiteren Nachbesserungen kommt.

Der Weg seit 2013

Wer wissen will, wie weit wir schon gekommen sind, kann sich unseren ersten Auftritt in der “Zeit im Bild” aus 2013 anschauen. Damals haben wir ein transparenteres Österreich gefordert. 

Wir sind jetzt – 8 Jahre später – dem Ziel ein kleines Stück näher.

Aber wir kennen die österreichische Politik nur zu gut: feiern können wir erst, wenn wir ein Informationsfreiheitsgesetz haben, dass diesen Namen auch wirklich verdient.

Neues Informationsfreiheitsgesetz: Die wichtigsten Punkte

Update 22.2.: Der Entwurf liegt vor, wir werden ihn so rasch wie möglich analysieren.

Die Regierung hat am Abend des 19 Februar eine Punktation des lange erwarteten Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) an Medien übermittelt.

Die Punktation geht nur in einigen Bereichen über die bereits im Regierungsprogramm zwischen ÖVP und Grünen vereinbarten Eckpunkte hinaus. Unsere Anmerkungen zum Regierungsprogramm gelten deshalb auch weitgehend für die bislang bekannten Details des IFGs.

Eine detaillierte Analyse des IFG-Entwurfs können wir erst liefern, wenn wir den entsprechenden Gesetzestext samt Erläuterungen kennen. Wir werden etwas Zeit brauchen, um diesen im Detail durchzuarbeiten.
Für den Beschluss des Informationsfreiheitsgesetzes ist eine doppelte 2/3-Mehrheit nötig – sowohl im Nationalrat als auch im Bundesrat (bei einer Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder – Art. 44 Abs. 2 B-VG). Der Bundesrat hat in diesem Fall ein absolutes Veto. Deshalb sehen wir im weiteren Verhandlungsprozess die Möglichkeit, dass wichtige Verbesserungen in den IFG-Entwurf aufgenommen werden.

Kern-Punkte eines starken Informationsfreiheitsgesetzes

Positive Aspekte des geplanten IFG (soweit bislang bekannt):

  • ein verfassungsmäßiges Bürgerrecht auf Zugang zu staatlicher Information soll kommen, das Amtsgeheimnis wird nicht mehr im Verfassungsrang stehen;
  • ein Recht auf Zugang zu staatlichen Dokumenten kommt (wie dies international üblich ist – Österreich ist das letzte Land in der EU, das bislang kein solches Recht kennt);
  • Anfragen und deren Beantwortung werden gebührenfrei sein (statt wie bisher 15 bis 30 Euro);
  • Auskunftspflichtig werden nicht nur Verwaltungsbehörden sein (wie bisher) sondern alle staatlichen Stellen, inklusive vom Rechnungshof geprüfte staatsnahe Unternehmen;
  • ein online Informationsregister soll geschaffen werden;
  • Gutachten, Studien und Verträge müssen dort automatisch von staatlichen Stellen veröffentlicht werden

Besonders wichtig sind bürgerfreundliche Regelungen in den folgenden Punkten:

  • Rasche Antwort: die vorgesehene Antwort-Frist beträgt 4 Wochen, kann jedoch auf bis zu 8 Wochen verlängert werden. Das ist nicht zeitgemäß – eine 2-Wochen Antwortfrist (die in belegten Ausnahmefällen verlängert werden kann) ist notwendig, damit etwa JournalistInnen das IFG als Recherche-Werkzeug effektiv nutzen können. Zum Vergleich: EU-Institutionen müssen binnen 15 Arbeitstagen Auskunft erteilen, in Estland beträgt die Frist 5 Arbeitstage.
  • Umfassender Informationsbegriff: Die Definition der Information, die nach dem Gesetz angefragt werden kann, muss gemäß internationalen Standards möglichst breit gefasst sein und grundsätzlich sämtliche Informationen (und Dokumente) umfassen, die bei staatlichen Stellen vorhanden sind, egal in welcher Form bzw. in welchem Format sie vorhanden sind und wer der Urheber ist.
  • Geheimhaltungsgründe: Im Hinblick auf Geheimhaltungsgründe gibt es klare internationale Standards, an denen sich Österreich orientieren soll, insbesondere Europaratskonvention zum Zugang zu offiziellen Dokumenten und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Essentiell ist ein klar definierter Abwägungsprozess: Sollte eine angefragte Information unter einen Geheimhaltungsgrund fallen (etwa in den Bereich der Nationalen Sicherheit), so sollte erst durch einen “Harm Test” festgestellt werden, ob bzw. welcher konkrete Schaden durch ein Herausgeben der Information entstehen würde. Danach müsste in einem “Public Interest Test” ermittelt werden, ob es ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Herausgabe der Information gibt, und wenn dies der Fall ist, die Information (gegebenenfalls teilweise geschwärzt) herausgegeben werden.
  • Durchsetzung der Transparenzregeln: Laut Punktuation sollen alleine die Verwaltungsgerichte die Durchsetzung der Informationsfreiheit sicherstellen. Dies ist keine zufriedenstellende Lösung:
    1. Verfahren dauern in der Regel mehrere Jahre, insbesondere da Behörden bei Niederlagen in der ersten Instanz oftmals Amtsrevision einlegen und vor den Verwaltungsgerichtshof ziehen.
    2. Viele BürgerInnen werden vor dem Aufwand eines langjährigen Verwaltungsverfahrens gegen staatliche Stellen zurückschrecken.
    3. Behörden können Verwaltungsgerichten ohne Sanktionen Dokumente und Informationen vorenthalten, wodurch diese den Fall nicht umfassend bewerten können.
    4. Verwaltungsgerichte entscheiden nicht über eine Herausgabe der Information, sondern nur über die Rechtmäßigkeit einer Informations-Verweigerung. Entscheidungen für eine Herausgabe von Informationen können sie gegenüber Behörden nicht durchsetzen.
  • Informationsfreiheitsbeauftragte/r: Die Punktuation sieht keine/n unabhängige/n Informationsfreiheitsbeauftrage/n vor. Eine solche Stelle ist international guter Standard und spielt eine essentielle Rolle dabei, eine Transparenz-Kultur voranzutreiben. In vielen Ländern unterstützt diese Stelle einerseits die Verwaltung bei der Auslegung und Anwendung der Transparenz-Bestimmungen und unterstützt BürgerInnen andererseits beim Informationszugang, und kann im Streitfall angerufen werden, um eine rasche und unbürokratische Entscheidung herbeizuführen. Darüber hinaus würde sie die Umsetzung der Transparenz-Regeln überwachen, dem Parlament zumindest jährlich Bericht dazu erstatten und sich für mehr Transparenz in der Verwaltung einsetzten, etwa um Schlupflöcher zu schließen.
  • Rolle der Datenschutzbehörde: Die Punktuation sieht vor, dass die Datenschutzbehörde (DSB) Behörden beim Informationsfreiheitsgesetz in Sachen Datenschutz beraten soll. Die DSB verfügt jedoch weder über das Mandat, die Ressourcen, oder die interne Kultur, um Transparenz voranzutreiben. Es steht zu befürchten, dass die DSB gemäß ihrem gesetzlichen Auftrag stets zu mehr Geheimhaltung raten wird und so ein Ungleichgewicht zum Nachteil der Anfragenden und des öffentlichen Interesses an Transparenz entstehen wird.
  • Automatische Veröffentlichung: Klar und umfassend beschrieben werden sollte im Gesetz, welche Dokumente, Entscheidungen, Statistiken, Daten und Informationen alle staatlichen Stellen automatisch im Informationsregister veröffentlichen müssen.
  • Veröffentlichung von Verträgen: Laut Punktuation der Regierung sollen nur Verträge der öffentlichen Hand mit einem Wert von über 100.000 Euro veröffentlicht werden. Diese Grenze ist viel zu hoch: in Österreich müssen bereits jetzt Daten zu Aufträgen ab 50.000 Euro veröffentlicht werden (wir bereiten sie auf OffeneVergaben.at auf), diese haben jedoch ohne Vertragsdokumente einen geringen Mehrwert.
  • Durchsetzung der Veröffentlichungs-Pflichten: Es braucht effektive Durchsetzungsmechanismen, um sicherzustellen, dass sich staatliche Stellen an die Veröffentlichungspflichten halten.

Unsere Positionen in den Medien

Wir haben die ersten Kernpunkte des IFGs gegenüber einigen Medien kommentiert:

Forum Informationsfreiheit kritisiert Corona-Transparenz-Etikettenschwindel

Das Forum Informationsfreiheit rätselt, wie das letzte Woche im Nationalrat beschlossene „COVID-19-Transparenzgesetz“ seinen Namen erhalten konnte. Es enthält nämlich keinerlei Veröffentlichungspflichten für Behörden, keinerlei Einsichtsrechte für Bürgerinnen und Bürger – und somit keine Transparenz-Verbesserungen und keine Möglichkeit der Kontrolle durch die Öffentlichkeit. Wenn durch das Gesetz Verbesserungen im Bereich Transparenz vorgeschrieben sind, sind sie weder aus dem Gesetzestext noch aus den Erläuterungen und Berichten der Parlamentskorrespondenz ersichtlich. All diese Probleme mit diesem – ohne Begutachtungsverfahren beschlossenen – Gesetz deuten auf ein vollkommen fehlendes Transparenz-Verständnis auf Seiten der Regierungsparteien hin. 

Die Bestimmungen des Gesetzes, das den Namen COVID-19-Transparenzgesetz nicht wert ist, enthalten hauptsächlich Berichtspflichten von Behörden gegenüber Ausschüssen des Parlaments. Diese Ausschüsse tagen üblicherweise hinter verschlossenen Türen. Großteils ändert das Gesetz, welche Ministerien welchen Ausschüssen zu berichten haben. Möglicherweise werden auch die Kontrollrechte des Parlaments gestärkt – beispielsweise durch die Einführung monatlicher Berichtspflichten. Die Kontrollrechte des Parlaments sind ein wichtiges Gut – sie haben jedoch nichts mit Transparenz, wie wir sie verstehen, zu tun.

„Dieser Etikettenschwindel trifft uns besonders, weil wir schon im April ein Corona-Transparenzgesetz gefordert haben, das Bürgerinnen und Bürgern wirklich geholfen hätte, nachzuvollziehen, was mit vielen Milliarden Euro an Steuergeld geschieht“, so Mathias Huter, Vorstandsvorsitzender des Forum Informationsfreiheit. „Mehr Transparenz in den Bereichen Staatshilfen, Beschaffungen und Entscheidungsgrundlagen hätte das Vertrauen in die Arbeit der Behörden stärken können – Vertrauen, das zunehmend schwindet, da die Informationen, auf deren Basis die Regierung agiert, weitgehend im Dunklen liegen. Die österreichische Geheimhaltung von COVID-Hilfen ist  problematisch, da das Risiko von Missbrauch aufgrund mangelnder Kontrolle besonders hoch ist. In vielen anderen europäischen Ländern sind diese Geldflüsse auf den Euro genau für die Bürgerinnen und Bürger nachvollziehbar. “.

Markus Hametner, Vorstandsmitglied des Forum Informationsfreiheit, zeigt sich fassungslos: „In einem Covid-19-Transparenzgesetz würde ich mir erwarten, dass mehr Transparenz im Bereich der Pandemiebekämpfung geschaffen wird. Davon ist im Gesetz keine Spur. Transparenzvorgaben wären gerade jetzt wichtig, wo Gesundheitsministerium und AGES Informationszugänge einschränken und beispielsweise Aufklärungsquoten nicht mehr veröffentlichen.“

Das Covid-19-Transparenzgesetz ist der letzte einer langen Reihe von Transparenz-Etikettenschwindeln Österreichischer Regierungen. Zu nennen ist beispielsweise die sogenannte Transparenzdatenbank, in der Förderempfänger und Förderungshöhen von Behörden auf allen Ebenen gesammelt werden sollen, die für Bürgerinnen und Bürger jedoch nicht einsehbar ist.

Das Forum Informationsfreiheit fordert die Regierung auf, ein Transparenzgesetz vorzulegen, das den Namen verdient. Ein Entwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz wurde nach einem eilig einberufenen Runden Tisch für „vor dem Sommer“ versprochen, jedoch nie geliefert.

So bewerten wir das Rot-Pinke Regierungsprogramm in Wien

Das Rot-Pinke Regierungsprogramm von SPÖ und NEOS für Wien enthält einen der größten politischen Erfolge des Forum Informationsfreiheit seit seiner Gründung. Erstmals wird in ihm die Schaffung eines Informationsfreiheitsbeauftragten als Schlichtungsstelle zwischen BürgerInnen und Behörden festgeschrieben. Diese Stelle soll geschaffen werden, sobald ein Informationsfreiheitsgesetz (IFG) auf Bundesebene beschlossen wurde. Auf Bundesebene konnten sich die Regierungsparteien ÖVP und Grüne noch nicht zu einer solchen bürgernahen Lösung durchringen, wie sie in zahlreichen anderen Ländern erfolgreich im Einsatz ist – der für Ende Juli 2020 versprochene Entwurf für ein IFG lässt zudem weiter auf sich warten. 

Wir freuen uns, dass unsere langjährige Forderung und unsere konstruktiven Vorschläge in dieser Hinsicht aufgenommen wurden und sind gespannt auf die konkrete Umsetzung.

Die Transparenz-Pläne von Rot-Pink gliedern sich einerseits in eine Reform des Wiener Auskunftspflichtgesetzes, andererseits in Pläne, die nach der Umsetzung eines Bundes-Informationsfreiheitsgesetzes umgesetzt werden sollen.

Wir begrüßen eine Reform des Wiener Auskunftspflichtgesetzes als ersten Schritt. Dieser Schritt, den wir schon in einem Gastkommentar in der Wiener Zeitung und einem Blogpost vorgeschlagen haben, ist insbesondere positiv, da auf Bundesebene derzeit keine Zeitpläne für die Umsetzung eines Informationsfreiheitsgesetzes kommuniziert werden. 

Die konkreten Pläne in Wien dafür:

  • Kürzere Auskunftsfristen: vier Wochen, Verlängerungsmöglichkeit um zwei weitere Wochen bei hoher Komplexität
  • Auskünfte sollen auch in offenem Format zu erteilen sein, wenn möglich und zweckmäßig.

Das ist ein guter Anfang, jedoch weniger als möglich und im internationalen Vergleich üblich ist. Bei einer ernst gemeinten Reform des Auskunftspflichtgesetzes sollte jedoch gleichzeitig explizit ein (teilweiser) Zugang zu Dokumenten ermöglicht werden. Ansonsten können wenige persönliche Daten in einem Dokument weiterhin ein Grund sein, die Herausgabe des ganzen Dokuments zu verweigern – in solchen Fällen sollte eine teilweise Schwärzung von Dokumenten möglich sein. Auch die Frist für die Erstellung eines Bescheides (und somit auch für Säumnisbeschwerden) müssten verkürzt werden – diese liegt aktuell bei obszönen 6 Monaten. Die konkreten Entwürfe werden dementsprechend kritisch zu analysieren sein.

Außerdem ist nicht zu übersehen, dass bei einer Verhandlungssituation zweier Parteien, die als Opposition auf Bundesebene eine bürgernahe zwei-Wochen-Frist für Anfragebeantwortungen fordern, in ihren gemeinsamen Verhandlungen bei einer vier-Wochen-Frist gelandet sind. Unser Vertrauen in öffentliche Forderungen von Parteien wird dadurch jedenfalls nicht gestärkt.

Die Abschaffung des Amtsgeheimnisses und die Schaffung eines Informationsfreiheitsgesetzes werden im Regierungsprogramm explizit begrüßt und erstmals wird unter dem Titel „Informationsfreiheits-Ombudsperson“ die Schaffung eines von uns geforderten Informationsfreiheitsbeauftragten in Aussicht gestellt. Die Beschreibung: „Diese fungiert als Beratungsstelle für Bürger_innen und Verwaltung, etwa bei Unklarheiten, ob eine Auskunft zu erteilen ist, und als einfach anrufbare Schlichtungsstelle, welche widerstreitende Interessen abwägt und vermittelt (berührt nicht die Möglichkeit den Rechtsweg zu beschreiten). Die Informationsfreiheits-Ombudsperson hat dem Gemeinderat bzw. Landtag jährlich einen Tätigkeitsbericht vorzulegen.“ Bei ausreichend unabhängiger Besetzung und budgetärer Ausstattung wäre das ein großer Schritt zu mehr Bürgernähe.

Beitritt zur Open Government Partnership

Die Koalition spricht sich auch für einen Beitritt Österreichs zur Open Government Partnership aus.  Eine Mitgliedschaft in der OGP würde dazu führen, dass sich die Politik zu einem Austausch mit der Zivilgesellschaft und zur kontinuierlichen Verbesserungen in Bereichen der Transparenz verpflichtet. Auch das ist ein Signal an die Koalition auf Bundesebene. Nach einem solchen Beitritt würde Wien demnach dem OGP Local beitreten.

Positive Vorhaben zu Transparenz, Rechenschaftspflicht und Anti-Korruption

Abseits der Verbesserungen rund um die Auskunftspflicht und das Informationsfreiheitsgesetz wird weiteren Bereichen mehr Transparenz versprochen:

  • „Einnahmen, Ausgaben und getätigte Beauftragungen“ eines Wahlkampfes müssen vor der Wahl veröffentlicht werden – das war auch eine unserer Forderungen
  • Die Anzahl der Studien und Datenbanken, die veröffentlicht werden, soll ausgeweitet werden
  • Die „städtebaulichen Verträge“ sollen transparenter werden
  • Der PID der Stadt Wien (MA53) soll ab 2021 einen Jahresbericht zur Stadtkommunikation erstellen, der über die Kommunikationsstrategien informiert
  • Der Haushalt (Budget und Rechnungsabschluss) soll maschinenlesbar als Open Data veröffentlicht werden
  • Neue Standards bei der Transparenz von Förderungen an Vereine, Institutionen, Organisationen und juristische Personen sowie der zugrunde legenden Förderkriterien (erwähnt ist ein Fördertransparenzbericht, der mit dem Rechnungsabschluss vorgelegt werden soll)
  • Die Sportförderung soll transparenter werden
  • Beschlüsse des Gemeinderates und der Bezirksvertretungen sollen mit Beschlussbogen und Motivenbericht veröffentlicht werden
  • Die Fragerechte des Gemeinderats (Interpellationsrecht) soll gestärkt werden, in Zukunft sollen Gemeinderatsmitglieder auch Fragen zu Betrieben und ausgelagerten Stellen sowie Anstalten und Fonds stellen können, die der Kontrolle des Stadtrechnungshofs unterliegen 
  • Berichte der Mitglieder der Stadtregierung zu Anträgen der GemeinderätInnen sollen veröffentlicht werden
  • Schaffung einer weisungsfreien Antikorruptions-Ombudsstelle in der Magistratsdirektion, die alle Kompetenzen im Bereich Korruptionsprävention und -bekämpfung bündeln soll. Die Stelle wird dem Gemeinderat jährlich einen Bericht zur Korruptionsbekämpfung vorlegen
  • Ein digitales System für die Übermittlung anonymer Hinweisen zu Korruption (Whistleblower-Plattform)  im Bereich des Magistrats der Stadt Wien soll eingerichtet werden
  • Hearings von KandidatInnen bei der Bestellung von weisungsfreien Organen der Stadt Wien

Analyse: Wie transparent Wien werden könnte

Diese Analyse war Basis für einen Gastkommentar, der am 12.11.2020 in der Wiener Zeitung erschienen ist.

Anlässlich der Koalitionsverhandlungen zwischen SPÖ und NEOS haben sich die Experten des Forum Informationsfreiheit angesehen, wie transparent die Stadt Wien werden könnte. Schließlich existiert auf Bundesebene das Amtsgeheimnis. Wäre ein Modell wie in Hamburg möglich, wo das Transparenzgesetz als Benchmark für die Transparenz in anderen Städten und Ländern gilt? Das Ergebnis: einiges wäre möglich!

Zuerst ein paar Worte zur politischen Lage.

Programm NEOS zur Wien-Wahl, Seite 107

Die NEOS fordern in ihrem Wahlprogramm ein fortschrittliches Informationsfreiheitsgesetz für die Stadt Wien. Auch auf Bundesebene haben sie einen Entwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz im Nationalrat eingebracht. Auf Seiten der SPÖ gibt es einen einstimmigen Beschluss für ein Wiener Transparenzgesetz vom SPÖ-Landesparteitag 2013. Außerdem fordert die SPÖ von der Türkis-Grünen Bundesregierung eine Zweiwochenfrist für ein Bundes-Informationsfreiheitsgesetz. Die Forderungen von SPÖ und NEOS sind also nicht so weit voneinander entfernt, wie die intransparente Verwaltungspraxis in Wien vermuten lassen würde.

Zu den gesetzlichen Rahmenbedingungen:

Ein Informationszugangsgesetz auf Landesebene müsste sich an Artikel 20 (3,4) des B-VG, landläufig als Amtsgeheimnis bekannt, halten. Weiters muss es dem Auskunftspflichts-Grundsatzgesetz entsprechen. Was heißt das genau?

Das Amtsgeheimnis regelt, dass öffentliche Stellen soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zur Verschwiegenheit über alle ihnen ausschließlich aus ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen verpflichtet [sind], solange die Geheimhaltung aufgrund bestimmter Gründe geboten ist. Ein Informationsfreiheitsgesetz kann also die Verschwiegenheitspflichten einschränken.

Das Auskunftspflichts-Grundsatzgesetz regelt ein Mindestmaß an Auskunftserteilung, das auf Landesebene gesetzlich zu gewähren ist. Wichtig ist jedoch: Die Landesgesetzgebung regelt, in welchem Umfang Auskünfte zu erteilen sind, und inwieweit besondere Einrichtungen mit der Erfüllung der Auskunftspflicht betraut werden können. Weiters sind sowohl Fristen (Auskünfte sind innerhalb einer durch Landesgesetz zu bestimmenden Frist zu erteilen) als auch die Verfahrensvorschriften (Die Landesgesetzgebung hat den Fall der Verweigerung einer Auskunft so zu regeln, daß auf Antrag des Auskunftswerbers hierüber ein Bescheid zu erlassen ist) weitreichend selbst per Landesgesetz festzulegen.

Die Auskunftspflichten können die Länder daher weitreichend selbst festzulegen. Der Rahmen wird nur durch die Geheimhaltungsinteressen im Amtsgeheimnis-Paragraphen des B-VG und die Bekämpfbarkeit von behördlichen Entscheidungen per Bescheid festgelegt. Außerdem existiert höchstgerichtliche Rechtsprechung, dass Artikel 10 der Menschenrechtskonvention auch ein Informationsrecht von public watchdogs vorsieht, aber das lassen wir vorerst außen vor.

Im Klartext: die bestehenden Bundesregeln halten kein Bundesland davon ab, ein Transparenzvorbildland zu sein oder zu werden. Nicht nur wäre das Modell „Hamburger Transparenzgesetz“ von jedem Land weitgehend umsetzbar, ein Wiener Transparenzgesetz könnte im deutschen Sprachraum sogar Vorbildcharakter einnehmen, wenn die Informationsfreiheitsgesetze der Slowenen als Vorbild dienen.

In welchem Umfang Auskünfte zu erteilen sind sollte um dieses Ziel zu erreichen ausgeweitet werden um:

  • ein Recht auf (teilweise) Dokumenteneinsicht, nicht nur Auskünfte
  • wenige Ausnahmen wie dem Schutz des Datenschutzes oder der Vorbereitung von Entscheidungen
  • einen zwingenden Harm Test vor Informationsverweigerung: Auskünfte müssen erteilt werden, wenn im Einzelfall kein konkreter Schaden von schützenswerten Interessen nachweisbar ist. Die befürchteten Schäden müssen bei Auskunftsverweigerung nachvollziehbar dokumentiert werden
  • einen zwingendem public interest test vor Informationsverweigerung: Auskünfte müssen erteilt werden, wenn das öffentliche Interesse an der Informationserteilung schwerer wiegt ist als der befürchtete Schaden
  • freiwillige Transparenz auch von stadteigenen bzw durch die Stadt kontrollierten Unternehmen, Fonds, etc. Sind diese betroffen, sollte die Anfrage über die kontrollierenden Behörden eingebracht werden können

Kürzere Fristen können vorgesehen werden. Die Frist aus dem Informationsfreiheitsgesetz-Entwurf der NEOS – 2 Wochen, erweiterbar um 2 Wochen – sollte übernommen werden. Diese Frist wurde auch von der SPÖ gefordert.

Ein Wiener Informationsfreiheitsbeauftragter könnte geschaffen werden, und zwar als „besondere Einrichtung“ nach § 3 Auskunftspflicht-Grundsatzgesetz

  • Dieser kann bei einer Auskunftsverweigerung, aber vor Erstellung des ablehnenden Bescheids als Schiedsstelle angerufen werden, was die Frist um 2-4 Wochen erweitert
  • Heißt: jede Anfrage kann unkompliziert in den Fachabteilungen bearbeitet werden. Anfragesteller können wählen, ob sie sofort einen gerichtlich durchsetzbaren Bescheid beantragen, oder eine interne Überprüfung der Informationsverweigerung durch die Informationsfreiheitbeauftragte
  • Die Stelle müsste unabhängig besetzt und mit ausreichenden Ressourcen ausgestattet sein, damit die Fristen eingehalten können werden
  • Neben der Tätigkeit als Schiedsstelle sollte die Stelle auch für Unterstützung und Beratung von BürgerInnen und Verwaltung bei der Umsetzung von Transparenz und regelmäßige Berichterstattung an den Gemeinderat zuständig sein
  • Weiters sollte sie auch in die Entscheidung, ob die Stadt gegen Gerichtsentscheidungen zu Auskunftsbegehren weiter vorgeht, eingebunden werden. Dies könnte auch Kosten sparen
  • Eine solche Stelle dient auch der rechtlichen Absicherung der Behörde.

Eine proaktive Veröffentlichung von Informationen nach Vorbild Hamburg und Slowenien sollte vorgesehen werden:

  • Alle Verträge + Beilagen (außer Geschäftsgeheimnisse) müssen zwingend vor Inkrafttreten online veröffentlicht werden (inklusive Back-Out-Clause – wie von den NEOS gefordert)
  • Studien, Gutachten, Statistiken, Geschäftsordnungen, Tätigkeitsberichten, Jahresberichten, Entscheidungen, Budget, Amtsblatt, Umweltinformationen, etc. sollen automatisch online (frei zugänglich, soweit möglich als Open Data bzw. in maschinenlesbaren Formaten) verfügbar sein
  • Auch Empfänger und Beträge von Förderungen und Subventionen sollten umfassend offengelegt werden – auch als Open Data
  • Alle Geodaten sollten transparent gemacht werden, weiters sollte evaluiert werden, was im Bereich Raumordnung / Widmungen / Genehmigungen veröffentlicht werden kann
  • Ein Wiener Informations- und Dokumentenregister sollte geschaffen werden. Auch eine Liste aller vorhandenen Dokumente, Akten, Statistiken und Datenbanken mit Titel, Kurzbeschreibung und zuständiger Abteilung sollte öffentlich sein – damit klar ist, was grundsätzlich anfragbar wäre

Auch das übliche behördliche Handeln könnte transparenter werden:

  • Partnerschaften der Stadt Wien (mit Vereinen, Organisationen, Unternehmen, etc.) können umfassend offen gelegt werden – also Spenden, Sponsoring, Mitgliedschaften und Kooperationen. Das sollte auch für ausgelagerte Verwaltungsbereiche gelten (Genehmigung von Veranstaltungen auf der Donauinsel, Organisation von Christkindlmärkten)
  • Wettbewerbe und Veröffentlichungspflichten bei Verkauf/Abgabe von öffentlichem Vermögen oder Aufgaben (Grund, Boden, hoheitliche und privatwirtschaftliche Tätigkeiten der öffentlichen Hand) – auch durch Beleihung oder privatwirtschaftliches Handeln
  • Transparenz und Wettbewerb bei Postenbesetzungen

Auch die Politik sollte durch eine Reform der Wiener Parteienfinanzierung transparenter werden:

  • Eine detaillierte Echtzeitoffenlegung von Einnahmen und Ausgaben im nächsten Wahlkampf (“gläsernes Konto” nach slowenischem Vorbild) als Voraussetzung für finanzielle Zuwendungen
  • Umfassende Transparenz und Rechenschaftspflicht in der Parteienfinanzierung, inklusive Akademien, Klubs, nahestehende Organisationen

Ein solches Wiener Transparenzgesetz würde auch dem Bund als Vorbild dienen. Die NEOS sollten also auch die Zustimmung Wiens zu einem internationalen Vorbildern entsprechenden Bundes-Transparenzgesetz zur Koalitionsbedingung erklären. Vielleicht würde das Wiener Transparenzgesetz nur kurz gelten – wenn auf Bundesebene mindestens gleich bürgerfreundliche Regeln gelten.

Gewinnen würden jedenfalls die Wiener Bürgerinnen und Bürger, die einfacher an staatliche Informationen kommen und so besser in den demokratischen Prozess ihrer Heimatstadt eingebunden werden können.

 

FOI-Transparenzmeisterschaft: welches Ministerium ist das auskunftsfreudigste?

Die spannendste Meisterschaft des Jahres läuft seit vier Wochen unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Nun präsentieren wir sie erstmals offiziell: die diesjährige, erste, Österreichische Transparenz-Meisterschaft!

Die Idee ist einfach: wir stellen relevante Anfragen an alle Ministerien. In die nächste Runde kommt aus jeder Paarung (oder Tripelung) das Ministerium, das am raschesten eine inhaltliche Antwort liefert. Warum? Eigentlich sind sie verpflichtet, Auskünfte „ohne unnötigen Aufschub“ zu erteilen. Wir wollen zeigen, wie das in der Praxis funktioniert. Die KO-Paarungen dieser Runde:

Was bisher geschah

Die erste Anfrage: Wie viele Mitarbeiter des Ministeriums waren Corona-Verdachtsfälle und wie oft wurden Minister und Kabinettsmitarbeiter getestet?

Der erste Spielzug war ein überraschender: das Digitalisierungsministerium preschte schon am Tag der Anfrage mit einer Antwort vor … die sich aber als Finte, nämlich als Empfangsbestätigung inklusive Datenschutzbelehrung herausstellte. (Wir finden es löblich, wenn öffentliche Stellen Empfangsbestätigungen schicken. Das Digitalisierungsministerium war das einzige).

In der ersten Woche gab es keine Antworten. Die „fünf Arbeitstage“-Frist, die in Estland gilt und die „sieben Tage“-Frist aus Island, schafft also keines der Ministerien – trotz „ohne unnötigen Aufschub“.

Das Gesundheitsministerium benötigte nur 9 Tage für eine Erstantwort. Das Problem: in der Antwort wurde keine unserer Fragen beantwortet. Die Nachricht verwies hauptsächlich auf die Corona-Datenseite des Ministeriums, auf der keine Infos zu Mitarbeitern des Ministeriums zu finden sind.

Die „zwei Wochen“-Frist, die beispielsweise in Bulgarien, Kroatien, Finnland und Polen gilt, schafft das Finanzministerium mit einer Antwort binnen 13 Tagen, am 21.9..

Am 23.9. antworten das Kanzleramt und das Justizministerium.

Damit rücken drei Ministerien nicht nur in die nächste Runde, sie bekommen auch das Prädikat: antwortet nicht langsamer als die EU-Kommission (drei Wochen Frist).

In der Woche danach, einem Monat nach Anfrage: Die ersten Digitalisierungsnachzügler Innen- und Verteidigungsministerium antworten per Post und schaffen es in die Kategorie „wenigstens so schnell, wie die Regierung im Regierungsprogramm verspricht“.

Damit stehen in drei von fünf Gruppen schon Sieger der ersten Runde fest. 

Update 13.10.: letzte Woche beantwortete das Klimaschutzministerium unsere Anfrage.

Update 16.10.: diese Woche beantwortete das Arbeitsministerium und Kulturministerium unsere Anfrage.

Update 20.10.: letzte Woche beantwortete das Bildungsministerium unsere Anfrage. Oder auch nicht, das Ministerien beruft sich auf Datenschutz.

Wir warten immer noch auf die Antworten der anderen Ministerien.

Wer den Wettbewerb live – so aktuell, wie wir es schaffen, die Briefpost zu scannen – verfolgen will, findet die dazugehörigen Anfragen der ersten Runde in dem dazugehörigen FragDenStaat.at-Projekt.

Wir werden auch diesen Artikel aktualisieren. Und Twittern.

Der aktuelle Zwischenstand (Stand: 16.10.)

Eine Zwischenbilanz

Wir haben jetzt Antworten von (fast) allen Ministerien erhalten. Einzig das Landwirtschaftsministerium von Elisabeth Köstinger hat die gesetzliche Frist von acht Wochen verstreichen lassen ohne uns zu antworten.

Inhaltlich sieht die Sache anders aus: Nur zwei Ministerien (von 13) konnten unsere Anfrage vollständig inhaltlich beantworten und sagen, wie oft das Kabinett und die Ministerin auf Corona getestet worden sind. Das Klimaschutzministerium teilte uns mit, dass Ministerin Leonore Gewessler bis zum 8. September zweimal und das Kabinett 23 getestet wurden. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner wurde viermal getestet. In ihrem Kabinett gab es bis zum 10. September zwei weitere Testungen.

Die anderen Ministerien haben uns fast wortidente Stellungnahmen geschickt. Darin sagen sie, dass natürlich getestet wird, die Ministerien dazu aber keine Statistiken führen. Wie oft MinisterInnen und leitende MitarbeiterInnen auf Corona getestet werden, können die Ministerien also nicht sagen.

Das Halbfinale

Im Halbfinale trifft auf der einen Seite in einer Tripelung das Finanzministerium auf das Digitalisierungs- und Wirtschaftsministerium und das Justizministerium.

Auf der anderen Seite das Innenministerium auf das Kunstministerium.

Die zweite Anfrage: Wir wollten von den Ministerien wissen, wie viele MitarbeiterInnen ins Home Office geschickt wurden und wie viele Personen weiterhin aus dem Ministerium arbeiten müssen.

Wer den Wettbewerb live – so aktuell, wie wir es schaffen, die Briefpost zu scannen – verfolgen will, findet die dazugehörigen Anfragen der ersten Runde in dem dazugehörigen FragDenStaat.at-Projekt.

Wir werden auch diesen Artikel aktualisieren. Und Twittern.

FAQ

Sind das nicht mutwillige Anfragen? Ist das nicht Arbeitszeitverschwendung der Ministerien? 

Wir sind überzeugt, dass die Fragen, die wir stellen, von höchstem öffentlichen Interesse sind. Wir hätten sie sowieso als „public watchdog“ gestellt, der Wettbewerb ist eine reine Zweitverwertung, um ein Problem, das regelmäßig auftritt – viel zu lange Antwortzeiten – anschaubar zu machen.

Warum lief der Wettbewerb in den ersten vier Wochen geheim ab?

Corona-bedingt gibt es leider auch bei uns Freiwilligenarbeitszeitausfälle.

Wie lang geht das jetzt?

Wir senden die nächsten Anfragen, sobald eine Runde entschieden ist. Sollten sich alle Ministerien an das Gesetz halten, sollten pro Runde maximal 8 Wochen vergehen. (Nach 10 Wochen werden Ministerien disqualifiziert und aus dem Bewerb genommen.)

Sollten alle Ministerien in jeder Runde die 8-Wochen-Frist ausnutzen, wird unser Turnier voraussichtlich so lange dauern wie eine ganze American-Football-Saison. Die ging 2019 151 Tage lang. Zum Vergleich: Die Fußball-Weltmeisterschaft der Männer 2018 mit 32 Nationen hat insgesamt 32 Tage gedauert. Die olympischen Winterspiele 2018 in Pyeongchang 17 Tage.

 

„Mauer des Schweigens 2020” geht an Gesundheitsbehörden, Finanz- und Infrastruktur sowie Verteidigungsministerium

Negativ-Award: Der „Goldene Informationsfilter” geht an die türkis-grüne Bundesregierung für die intransparente Fördervergabe von Corona-Hilfen durch COFAG und Wirtschaftskammer.

Anlässlich des internationalen Right to Know-Day am 28. September verleiht das Forum Informationsfreiheit seit 2014 den Amtsgeheimnis-Award „Die Mauer des Schweigens“ an staatliche Stellen für „besondere Verdienste um die Verweigerung amtlicher Antworten“.


1. Platz für Gesundheitsministerium und -behörden: Corona-Intransparenz

„Für das Transparenz-Multiorganversagen rund um die Daten der Corona-Pandemie und Corona-Ampel“

Das Gesundheitsministerium und die verantwortlichen Gesundheitsbehörden verschweigen wiederholt Entscheidungsgrundlagen und Daten zur Verbreitung von COVID-19. Ein Sinnbild für die fehlenden Transparenz-Bemühungen des Gesundheitsministers fand sich auch in der Pressekonferenz, bei der die Corona-Ampel vorgestellt wurde. Die Aussage, dass diese Maßnahme Transparenz und faktenbasierte Entscheidungen bringen werde, wurde konterkariert, indem Fragen nach den Schwellwerten, bei deren Überschreitung in der Kommission über die Ampelfarben „Orange“ und „Rot“ diskutiert werden wird, nicht beantwortet wurden. Außerdem wird immer noch nicht regelmäßig veröffentlicht, wie lange die Wartezeiten auf Tests, sowie zwischen Testergebnis und Benachrichtigung sind, und es wird nicht kommuniziert wie lange die Behörden für das „Contact-Tracing“ benötigen.

Weitere Beispiele für die Versäumnisse des Gesundheitsministeriums, die zur Verleihung des ersten Platzes führen, finden Sie in der ausführlichen Nominierungsbegründung unter Informationsfreiheit.at.

2. Platz für Finanz- und Infrastrukturministerium: AUA-Rettung

„Die geheime €450-Millionen Rettung der Austrian Airlines: hunderte Millionen Euro Steuergeld für eine private Fluglinie – ohne Transparenz und öffentliche Kontrolle”

Das AUA-Rettungspaket wurde Anfang Juni auf einer Pressekonferenz von Bundeskanzler Sebastian Kurz, Vizekanzler Werner Kogler, Finanzminister Gernot Blümel und Infrastrukturministerin Leonore Gewessler präsentiert. Außerordentlich groß war die Überraschung, als Infrastrukturministerium und Finanzministerium nach Anfragen jegliche Zuständigkeit verneinten, da die Vertragspartner doch COFAG und ÖBAG seien. Das Forum Informationsfreiheit fordert: wenn Behörden etwas in einer Pressekonferenz präsentieren, sollten sie auch kritische Nachfragen beantworten müssen.

3. Platz für Bundesministerium für Landesverteidigung: Cyberdefense

„Für das Geheimhalten von Informationen gegenüber dem Parlament, die MinisterInnen kurz darauf in Pressekonferenzen bekannt geben”

In gleich zwei parlamentarischen Anfragen erkundigte sich der Nationalratsabgeordnete Douglas Hoyos-Trauttmansdorff nach der personellen und technischen Ausstattung im Bereich Cyberdefense. Er wollte auch wissen, ob diese Abteilung in Zukunft mehr Personal bekommen soll. Das Verteidigungsministerium verweigerte die Antwort mit einem Hinweis auf die Geheimhaltung im Sinne der Landesverteidigung. Kurze Zeit später kündigte Verteidigungsministerin Klaudia Tanner die Aufstockung der Abteilung Cyberdefense von 20 auf 250 Personen an. Auf der Webseite des Bundesheeres wurden also Informationen veröffentlicht, die gegenüber den Abgeordneten vier Monate zuvor geheim gehalten wurden.

Sonderpreis: „Der goldene Informationsfilter” für die Bundesregierung

„Für die intransparente Handhabung der Corona-Hilfen und die intransparente Ausgestaltung der COFAG“

Es gibt keine zeitnahe Veröffentlichung, welche staatlichen Mittel aus welchen Corona-Fördertöpfen vergeben und ausbezahlt wurden, und keinerlei Nachvollziehbarkeit, welche Unternehmen und Organisationen welche staatlichen Hilfen erhalten haben. Alleine aufgrund des riesigen Fördervolumens wäre dies besonders wichtig, um eine effiziente Verwendung der Mittel sicherzustellen und unter Umständen auch Missbrauch aufzudecken. 

Das Konstrukt der COFAG befördert Misstrauen und behindert die Kontrolle durch Bürger, NGOs und Parlament. Eine parlamentarische Kontrolle wird verhindert, indem die Oppositionsparteien zwar VertreterInnen in einen Beirat entsenden können, dieser Beirat jedoch zu vollständiger Verschwiegenheit verpflichtet ist und überhaupt erst ab einer gewissen Förderungshöhe befasst wird. 

Auch die Auslagerung des Härtefallfonds an die Wirtschaftskammer ist eine Transparenzbremse, da die Wirtschaftskammer – anders als Behörden – nur ihren eigenen Mitgliedern gegenüber auskunftspflichtig ist. Außerdem werden Unvereinbarkeiten geschaffen: Detaillierte Finanzdaten von Betrieben gelangen in die Hände der Wirtschaftskammer, in der möglicherweise Wettbewerber der betroffenen Betriebe maßgeblichen Einfluss haben.


Die vollständigen Begründungen inklusive Quellenangaben finden Sie auf Informationsfreiheit.at.

FOI befürchtet Placebo-Transparenzgesetz

„Unter der Türkis-Grünen-Regierung gibt es bislang keine erkennbaren Fortschritte in Sachen Transparenz. Ein erster Entwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz wurde noch im Juli für ,vor dem Sommer‘ angekündigt, liegt aber immer noch nicht vor“, sagt Mathias Huter, Vorstandsmitglied des Forum Informationsfreiheit.

Die Corona-Krise und die damit verbundenen Maßnahmen und Fördertöpfe erfordern ein hohes Maß an öffentlicher Nachvollziehbarkeit und Kontrolle – auch, um sicherzustellen, dass die Regierung Grundrechtsbeschränkungen verhältnismäßig vorschreibt und dass die vielen Milliarden Steuergeld effizient eingesetzt werden. „Die Preisträger der Mauer des Schweigens zeigen jedoch, dass es gerade rund um die COVID-19 Maßnahmen der Regierung ein erschreckend viel Geheimhaltung und Intransparenz gibt. Es wäre dringend nötig, endlich volle Nachvollziehbarkeit über das Handeln der agierenden Behörden sicherzustellen, welche Unternehmen und Organisationen Millionenbeträge aus öffentlichen Fördertöpfen erhalten, und auf Basis welcher Evidenz COVID-19 bedingte Einschränkungen beschlossen werden”, sagt Huter.   

Einmal mehr fordert das Forum Informationsfreiheit von den Regierungsparteien die Vorlage eines internationalen Standards entsprechenden Informationsfreiheitsgesetzes. Ein Gesetz ohne Informationsbeauftragten oder eine vergleichbare unabhängige Kompetenz- und Kontrollstelle, die die Umsetzung von Transparenzbestimmungen vorantreiben und begleiten würde, würde zu einem Placebo-Transparenzgesetz werden. 

28. September – International Right to Know-Day

Der Internationale Right to Know-Day macht seit über 15 Jahren international auf die inakzeptable Praxis der Geheimhaltung von Informationen öffentlichen Interesses vor den Bürgerinnen und Bürgern aufmerksam, und wird mittlerweile auch von der UNESCO als „International Day for Universal Access to Information“ begangen.

Vergeben wird die “Mauer des Schweigens“ vom Forum Informationsfreiheit, das sich für Transparenz in Politik und Verwaltung und ein Recht der BürgerInnen auf Information einsetzt. Viele der nominierten Fälle stammen aus dem Anfrageportal des Forum Informationsfreiheit, FragDenStaat.at, auf dem Bürgerinnen und Bürger, JournalistInnen und VertreterInnen zivilgesellschaftlicher Initiativen ihre Anfrage direkt an die Behörden stellen können – und diese von der Verwaltung auch gemäß Auskunftspflichtgesetz beantwortet werden müsste. Die Behörden sind gesetzlich zu einer Antwort verpflichtet, verweigern aber oft die Auskunft – mit unterschiedlichsten Begründungen.

Hintergrund: Die bisherigen Negativ-Preisträger der “Mauer des Schweigens”

Im Vorjahr ging „Die Mauer des Schweigens“ an das Land Niederösterreich für die Geheimhaltung für Informationen und Verträge in der Causa Jugend-Asylheim Drasenhofen und an das Innenministerium für die Verweigerung der Nennung jener Personen, die die Staatsbürgerschaft auf Regierungsentscheid wegen “besonderem Interesse der Republik” erhalten haben. 

Der Goldene Informationsfilter wurde 2019 erstmals an die türkis-blaue Bundesregierung für deren “Message Control” verliehen.

Alle Informationen, Hintergründe und Preisträger der letzten Jahre gibt es hier.

Nominierungen für die “Mauer des Schweigens” 2020: Shortlist

Anlässlich des internationalen Tags der Informationsfreiheit – dem Right to Know-Day am 28. September – verleiht das Forum Informationsfreiheit seit 2014 den Amtsgeheimnis-Award „Die Mauer des Schweigens“ für “besondere Verdienste um die Verweigerung amtlicher Antworten”.

Mit dem Negativ-Preis weisen wir jährlich auf die inakzeptable Praxis der Geheimhaltung von Informationen öffentlichen Interesses vor den Bürgerinnen und Bürgern hin.

Nominiert werden konnten alle Fälle bei denen österreichische Behörden Auskünfte verweigert haben, Informationen von Politik oder Verwaltung zurückgehalten wurden, oder öffentliche Kontrolle staatlicher Institutionen durch politische Bemühungen erschwert oder verhindert wurde.

Shortlist:

Gesundheitsministerium und -behörden

„Für das Transparenz-Multiorganversagen rund um die Daten der Corona-Pandemie und Corona-Ampel“

Seit Beginn der Corona-Krise werden regelmäßig Entscheidungsgrundlagen der Behörden verschwiegen und Informationen über die Arbeit der Gesundheitsbehörden geheim gehalten. Insbesondere wird beispielsweise nicht veröffentlicht, wie lange die Gesundheitsbehörden benötigen, um Fälle nachzuverfolgen oder Verdachtsfälle zu testen. Diese Zahlen, die auch für die Festlegung der Corona-Ampel verwendet werden, werden weiterhin geheim gehalten oder nur selten oder – wenn überhaupt – vereinzelt kommuniziert.

Ein Sinnbild für die Transparenz-Bemühungen des Gesundheitsministers fand sich auch in der Pressekonferenz, bei der die Corona-Ampel vorgestellt wurde. Wiederholt wurde betont, dass diese Maßnahme Transparenz und faktenbasierte Entscheidungen bringen werde. Fragen nach den Schwellwerten, bei deren Überschreitung in der Kommission über die Ampelfarben „Orange“ und „Rot“ diskutiert werden wird, wurden jedoch nicht beantwortet.

Das sind leider nur einige Beispiele. Weitere Transparenz-Versäumnisse im Schnelldurchlauf:

  • Die Protokolle der „Taskforce Corona“ wurden wochenlang geheim gehalten, Stand Ende September sind nur die ersten 11 Protokolle öffentlich.
  • Zahlen zu bestätigten Fällen in den Gemeinden findet man – außer in Vorarlberg und Tirol, wo eigene Dashboards dafür geschaffen wurden – zwar in einzelnen Gemeindezeitungen, Anfragen danach werden jedoch mit dem Argument „Datenschutz“ abgelehnt (obwohl die Dashboards der Länder Tirol und Vorarlberg zeigen, dass eine Veröffentlichung problemlos möglich wäre).
  • Zahlen zu den Wiener Gemeindebezirken werden zwar vereinzelt durch Leaks öffentlich, jedoch nicht strukturiert und auf Anfrage.
  • Selbst eindeutige Antwort- und Bescheidfristen wurden vom Gesundheitsministerium bei Auskunftsbegehren nicht beachtet [siehe Addendum-Zeitung, Ausgabe 16, @jawei].
  • Probleme bei der Datenveröffentlichung wie fehlende Zeitreihen oder inkonsistente Definitionen.
  • Keine oder nur besonders kurze Begutachtungsfristen bei wichtigen Gesetzesvorlagen zu Gesundheits- und Grundrechtsfragen. 

Finanz- & Infrastrukturministerium: die geheime €450-Millionen Rettung der Austrian Airlines

“Hunderte Millionen Euro Steuergeld für eine private Fluglinie – ohne Transparenz und öffentliche Kontrolle”

Mit einem Zuschuss von 150 Millionen Euro Steuergeld sowie bis zu 300 Millionen Euro an staatlich besicherten Krediten hat die Republik Österreich im Juni die Fluglinie Austrian Airlines AG, die der Lufthansa gehört, gerettet. 

Das Rettungspaket wurde auf einer Pressekonferenz von Bundeskanzler Sebastian Kurz, Vizekanzler Werner Kogler, Finanzminister Gernot Blümel und Infrastrukturministerin Leonore Gewessler präsentiert. Doch die Details abseits des politischen Spins bleiben geheim.

Auf ein Auskunftsbegehren nach dem Inhalt des Rettungsvertrages – interessant wäre etwa, ob sich das Management des geretteten Unternehmens Boni auszahlen lassen kann – verneinten sowohl Finanzministerium als auch das Infrastrukturministerium jegliche Zuständigkeit. Beide Minister sprachen jedoch bei der Pressekonferenz ausführlich zur AUA-Rettung. Vertragspartner in der AUA-Rettung seien die bundeseigene Österreichische Beteiligungs AG (ÖBAG) bzw. die staatliche COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG). Deshalb könne man keine Auskunft gewähren. Beide staatlichen Unternehmen liegen laut Ansicht der Ministerien außerhalb des Anwendungsbereichs des Auskunftspflichtgesetzes – und somit außerhalb jeglicher öffentlichen Kontrolle. Auch dem Nationalrat teilte der Finanzminister in der Beantwortung einer parlamentarische Anfrage der NEOS mit: COFAG und ÖBAG, und damit der Vertrag der Austrian-Rettung, seien nicht vom parlamentarischen Fragerecht umfasst.

Bundesregierung: Förderungen/Corona-Hilfen 

„Für die intransparente Handhabung der Corona-Hilfen und die intransparente Ausgestaltung der COFAG“

Es gibt keine zeitnahe Veröffentlichung, welche staatlichen Mittel aus welchen Corona Förder-Töpfen vergeben und ausbezahlt wurden. Keinerlei Nachvollziehbarkeit gibt es bei der Frage, welche Unternehmen und Organisationen welche staatlichen Hilfen erhalten haben. Öffentliche Nachvollziehbarkeit und Kontrolle wäre schon alleine aufgrund des riesigen Fördervolumens besonders wichtig, um eine effiziente Verwendung der Mittel sicherzustellen. 

Die Schaffung einer eigenen Stelle für die Auszahlung von Corona-Hilfen ist nachvollziehbar. Transparenz über die Finanzierungen und eine parlamentarische Kontrolle werden jedoch verhindert, indem die Parteien zwar Vertreter in einen Beirat entsenden können, dieser Beirat jedoch kein Mitspracherecht hat, erst ab gewissen Finanzierungshöhen befasst wird und zu vollständiger Verschwiegenheit verpflichtet ist. Dieses Konstrukt befördert Misstrauen und behindert die Kontrolle durch Bürger, NGOs und das Parlament.

Auch die Auslagerung des Härtefallfonds an die Wirtschaftskammer ist eine Transparenzbremse, da die Wirtschaftskammer nur ihren eigenen Mitgliedern gegenüber Auskunftspflichtig ist. Außerdem werden durch dieses Konstrukt Unvereinbarkeiten geschaffen: Detaillierte Finanzdaten von Betrieben gelangen in die Hände der Wirtschaftskammer, wo in den Fachgruppen möglicherweise Konkurrenten der betroffenen Betriebe vertreten sind.

BMLV: Cyberdefense – Pressekonferenz-Aussagen sind für das Parlament geheim 

“Für das Geheimhalten von Informationen, die Minister in Pressekonferenzen bekannt geben, gegenüber dem Parlament”

Der Neos-Abgeordnete Douglas Hoyos-Trauttmansdorff erkundigte sich in zwei parlamentarischen Anfragen nach der personellen Ausstattung der Cyber-Defense-Abteilung des BMLV. Ihm wurde vom BMLV mitgeteilt, dass ihm diese Informationen nicht mitgeteilt werden könnten, weil damit die nationale Sicherheit gefährdet werden würde. 

Zwei Monate nach dieser Antwort verkündete das Bundesheer auf seiner Webseite, dass das Personal der Cyber-Defense von 20 auf 250 Personen aufgestockt werden wird.

Auf Anfrage nach Auskunftspflichtgesetz erklärt das Ministerium die verweigerte Aussageverweigerung so: “Da die parlamentarische Anfrage zu detailliert gestellt wurde und damit Rückschlüsse auf Personen, Organisationsdetails, Planungen, Einsätze etc. ermöglicht hätte und damit für potentielle Gegner (Hacker, fremde staatliche Akteure etc.) eine leichtere Einschätzbarkeit/Angreifbarkeit der IKT-Struktur des Bundesministeriums für Landesverteidigung (BMLV) gegeben wäre, hat sich das BMLV (nach reiflicher Abwägung) entschlossen sich in diesem Fall auf das Amtsgeheimnis zu berufen.”

Die Frage Hoyos’ zur personellen Ausstattung (5.3.20):  Die Antwort des Ministeriums zur pers. Ausstattung (8.5.20):  
Beabsichtigen Sie die personelle wie technische Ausstattung der Cyberdefence in Zukunft zu verstärken?

a.    Wenn ja, wie und in welchem Ausmaß?

Wie viele Planstellen sind für die kommenden Jahre vorgesehen? (Bitte um getrennte Darstellung nach Jahr.)

Im Hinblick auf die Sensibilität dieses Bereiches ersuche ich aber um Verständnis, dass diese Fragen aus Gründen der Amtsverschwiegenheit im Interesse der Umfassenden Landesverteidigung (Art. 20 Abs. 3 B-VG) nicht geeignet sind, öffentlich erörtert zu werden und daher eine

inhaltlichen Beantwortung nicht möglich ist.

Die Frage Hoyos’ zur personellen Ausstattung (15.4.20): Die Antwort des Ministeriums zur pers. Ausstattung  (15.6.20):
Wie ist die Zusammenarbeit und Konstellation in Sachen Cyberabwehr mit dem BMI und dem BKA angedacht?

a. Welche aktuell vorhandenen Teams aus welchen Ministerien werden dafür zum Einsatz kommen?

b. Ist geplant, zusätzliche Personen einzustellen?

i. Wenn ja, für welche Positionen?

Da für Personalmaßnahmen im Bereich der ÖSCS das Bundeskanzleramt zuständig ist, betreffen diese Fragen keinen Gegenstand der Vollziehung des BMLV.

Auch das Ministerium (3.7.20): “Zur Cyber Defence wird gemeinsam mit dem Bundeskanzleramt und dem Innenministerium ein Cybersicherheitszentrum auf dem neuesten Stand der Technik geschaffen. Die Ministerin plant hier eine massive Personalaufstockung von 20 auf 250 Personen durch Umschichtung von Planstellen.”

Innenministerium: Zuständigkeiten der Kabinetts-MitarbeiterInnen

“Für das Geheimhalten der Zuständigkeiten von Kabinetts-MitarbeiterInnen”

Während andere Ministerien auf ihrer Webseite transparent auflisten, wer im Kabinett der jeweiligen MinisterInnen arbeitet und wofür diese MitarbeiterInnen zuständig sind, verweigert das BMI die Herausgabe dieser Informationen. Begründet wird das mit “Besonderheiten der umfassenden Aufgabenstellungen des Bundesministeriums für Inneres “. Andere Ministerien haben diese Informationen auf ihrer Webseite öffentlich und transparent einsehbar.

Land Niederösterreich: Geheime Miete für eine ÖVP-nahe Werbeagentur im NÖ Landhaus

“Für Intransparenz bei der Vermietung öffentlichen Eigentums”

Im Gebäude des niederösterreichischen Landhauses in St. Pölten haben sich neben Bundes- und Landeseigenen Unternehmen und Stellen auch eine Werbeagentur sowie ein mit ihr verbundener Verlag (gleiche Eigentümer und Geschäftsführer, zum Teil gleiche MitarbeiterInnen), der mehrere ÖVP-Mitgliederzeitungen herausgibt, eingemietet.

Auf eine Anfrage durch NEOS im niederösterreichischen Landtag nach den Mietkonditionen für die dort ansässigen Unternehmen lautete die Antwort durch die Landeshauptfrau, dass die Konditionen für alle Mieter gleich wären, sich an der Marktlage orientieren würde – und dem Datenschutz unterliege. Dass der Vermieter im Eigentum der öffentlichen Hand ist sei dabei irrelevant. 

Anonymisierungspflicht für Dokumente ist Kernaspekt eines Informationsfreiheitsgesetz

Forum Informationsfreiheit zu Städtebund-Forderungskatalog: Anonymisierungspflicht für Dokumente ist Kernaspekt eines Informationsfreiheitsgesetz
Unabhängige Kompetenzstelle soll Gemeinden bei Umsetzung der Transparenz-Regeln unterstützen

„Es braucht eine unabhängige Kompetenzstelle, die die Verwaltung insbesondere auf lokaler und regionaler Ebene bei der Umsetzung von Transparenz-Bestimmungen in Zukunft fachlich unterstützt“, sagt Mathias Huter, Vorstand des Forum Informationsfreiheit. Das mache der am Montag bekannt gewordene Forderungskatalog von Städtebund, Gemeindebund und dem Verband der Öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft in Bezug auf das geplante Informationsfreiheitsgesetz deutlich.

„In den vergangenen Jahren haben sich immer wieder GemeindevertreterInnen an uns gewandt, mit der Frage: ‚was dürfen wir eigentlich alles veröffentlichen?‘ Es gibt einen großen Bedarf an klaren Handlungsanleitungen, um einen Kulturwandel hin zu einer wirklich offenen Verwaltung zu ermöglichen. Ohne die entsprechenden Ressourcen lassen sich Transparenz-Regeln nicht so einfach umsetzen“, sagt Huter.

Die Stelle eines unabhängigen Informationsbeauftragten – der vom Forum Informationsfreiheit sowie von Journalisten-Vertretern und anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen gefordert wird  – würde genau diese Rolle ausfüllen: „Der Beauftragte würde die Verwaltung darin beraten, wie im Einzelfall Geheimhaltungsgründe mit dem öffentlichen Interesse an Transparenz abzuwägen sind. Eine solche Stelle sollte auch Bürgerinnen und Bürgern beim Informationszugang zur Seite stehen, im Streitfall über die Herausgabe von Information vorentscheiden können, und die Umsetzung des Gesetzes sicherstellen. Das würde die Verwaltung und die Verwaltungsgerichte entlasten und durch echte Transparenz und eine Nachvollziehbarkeit der Verwendung von Steuergeldern um ein vielfaches höhere Beträge einsparen.“

Experte Huter: „Ein Informationsfreiheitsbeauftragter gilt international als gute Praxis und wurde in vielen europäischen Ländern längst umgesetzt. Es hat sich gezeigt: wenn es eine unabhängige Kontrolle gibt, funktioniert die Umsetzung von Transparenz-Bestimmungen in der Regel gut. Fehlt so ein unabhängiges Kompetenz-Zentrum, so untergräbt dies die Möglichkeit der Bürger, zeitnah Zugang zu Informationen zu erhalten. Wir sind gespannt, wie die im Regierungsprogramm angekündigte Beratungs- und Servicestelle ausgestaltet sein wird – fürchten aber, dass es keine Bürger- und transparenzfreundliche Lösung sein wird“

Die Forderungen von Städten und Gemeinden für eine Zugänglichmachung von bislang nicht öffentlichen Datenbanken und Registern, deren Geheimhaltung nicht erforderlich ist, begrüßt das Forum Informationsfreiheit.

Österreich ist das letzte EU-Land ohne Bürgerrecht auf Zugang zu staatlichen Dokumenten. Städten und Gemeinden wollen jedoch keine Anonymisierungpflichten, wodurch ein teilweiser Zugang zu Dokumenten, etwa zu einem von der öffentlichen Hand in Auftrag gegebenen Gutachten, das die persönlichen Kontaktinformationen der Autoren enthält, verunmöglicht werden würde. „Akten können so geführt werden, dass eine Anonymisierung nicht nötig ist. Der Druck der Anonymisierungspflicht ist jedoch nötig, damit dies auch wirklich passiert“, so Huter.

Download: Die Stellungnahme von Städtebund, Gemeindebund und VOEWG

Was wir im Kanzleramt beim Runden Tisch und beim Verfassungsdienst eingebracht haben

Im Juni hatten wir zwei Termine im Kanzleramt: einen Runden Tisch mit der Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler und ein Gespräch auf Fachebene mit Vertretern des Verfassungsdiensts, der für die Erstellung eines Entwurfs für ein Informationsfreiheitsgesetz (und die nötige Verfassungsbestimmung) zuständig ist.

Am 4. Juni wurden wir – zwei Tage vor dem Termin – zu einem Runden Tisch bei Kanzleramtsministerin Edtstadler geladen. Kernpunkte, die wir erwähnen konnten, waren in Kürze:

 

    • Öffentliches Hearing mit den Autoren im Parlament
      Es hat sich bei komplexer Materie bewährt, die Autoren des Gesetzes sowie Experten  auch direkt zu den konkreten Auswirkungen des Gesetzes befragen zu können. So erteilte auch beim letzten Mal ein Beamter, der öffentlich lobte, dass das neue Gesetz mehr Transparenz bringen würde die Auskunft, dass grundlegende Vergabedaten weiterhin geheim gehalten werden würden
    • Internationale Standards & Expertise
      – Österreich ist das letzte Land ohne IFG in der EU. Heißt: von allen anderen kann man lernen. Internationale Experten wären einzuladen, etwa aus Deutschland und Slowenien
      – Die Frage wurde gestellt, ob Österreich die Mindeststandards der Europaratskonvention zum Zugang zu öffentlichen Dokumenten, die im Herbst in Kraft tritt, umsetzen wird. 
    • Ein ordentliches Begutachtungsverfahren sollte in solchen Fällen eine Selbstverständlichkeit sein und wurde von uns auch so gefordert
    • Durchsetzbares Recht – heißt: Kompetenz- und Schiedsstelle
      Fall Wien: was passiert, wenn die Behörde die Informationen nicht einmal dem Verwaltungsrichter vorlegt? Missbrauchsparagraph für Behörden & IFG-Beauftragter wäre nötig, wenn man es ernst meint.
    • Kurze Fristen
      Auch in den letzten Krisen gab es ein riesiges Informationsdefizit. Behörden lassen sich gerne Zeit mit Antworten, sobald man sich auf ein Gesetz bezieht. Heißt: die Erstantwortsfrist muss wie internationale Vorbilder vorleben kurz sein, in begründeten Einzelfällen muss nachvollziehbar dargelegt werden, dass es länger dauern wird.
    • Harm Test & Public Interest Test
      Ausnahmen vom Recht auf Information müssen eng ausgelegt werden. Die Behörden müssen im Einzelfall argumentieren, warum die Geheimhaltungstatbestände im öffentlichen Interesse überwiegen – und nachvollziehbar darlegen, welche Interessen durch eine Offenlegung gefährdet wären.
    • Was heißt gebührenfrei?
      Nicht nur Anfragen, auch Eingaben und Bescheide müssen kostenlos sein. 
    • Maschinenlesbarkeit der Informationen
      und teilweise auch automatische Veröffentlichungspflichten
    • Policy Group
      der Vorschlag, weitere Gespräche auch auf der Fachebene führen zu können, da das auch unter Drozda so gehandhabt wurde

Detailfragen dazu, ob der Informationsbegriff auf breit genug definiert ist und welche Dokumente einer aktiven Veröffentlichungspflicht unterliegen werden, und ob alle relevanten staatlichen Stellen dem IFG unterliegen, können wir erst beurteilen, wenn wir einen ersten Entwurf vorliegen haben.

Auch in Mediengesprächen haben wir die Wichtigkeit betont, dass es eine breite Einbindung der Zivilgesellschaft während des gesamten Gesetzgebungsprozesses braucht (siehe z.B. APA-Meldung auf ORF.at: https://orf.at/stories/3168279/). 

Antworten, ob und wie unsere Forderungen aufgenommen werden, wurden am runden Tisch nicht abgegeben. Der Verfassungsdienst hat jetzt den Auftrag, einen Entwurf auszuarbeiten, dieser soll bis Ende Juli vorliegen und dann in Begutachtung gehen. 

Anwesend waren neben der Kanzleramtsministerin und ihrem Kabinettschef sowie dem Leiter des Verfassungsdienstes auch der Presseclub Concordia, Transparency International Austria, VÖZ, der Chef der Beamtengewerkschaft, der Präsident des VwGH, die Vizepräsidentin des VwGH, eine Vertreterin des Rechnungshofs, die Industriellenvereinigung, das Land OÖ (als Vertreter der Landeshauptleutekonferenz), Städtebund, Gemeindebund und der Datenschutzrat.

 

Beim Gespräch mit Vertretern des Verfassungsdienstes am 30. Juni konnten wir viel weiter ins Detail gehen.

Mit dem Leiter des Verfassungsdiensts Albert Posch, der für den Entwurf zuständigen Mitarbeiterin und einer Mitarbeiterin aus dem Ministerkabinetts diskutierten wir einige Details, die wir für die geplante gesetzliche Umsetzung für wichtig halten.

Wir wurden gebeten, unser Feedback auf im Rahmen des Koalitionsvertrags umsetzbare Punkte zu beschränken, da die Beamten den Auftrag erhalten hatten, die Bestimmungen des Koalitionsvertrags in ein Gesetz zu gießen – Diskussionen zum Informationsfreiheitsbeauftragten oder zur Länge von Fristen waren also explizit nicht Thema, da diese auf politischer Ebene zu klären sind. Einige der Punkte, die wir diskutiert haben, waren folgende:

  • Eine gesetzliche Regelung zur Durchführung und Dokumentation der Interessensabwägung in Form eines Public Interest Test und Harm Test. Diese soll im Gesetz festgeschrieben werden, damit Gerichte eine Basis für die Überprüfung der Entscheidung von Behörden haben.
  • Unsere bisherigen Erfolge vor Gericht. Unserer Meinung nach sollten alle bisher erzwungenen Auskünfte auch unter einem neuen Gesetz weiterhin zu erteilen sein.
  • Erfahrungen mit den Behörden und Gerichten, beispielsweise mit der ungerechtfertigten Verrechnung von Gebühren oder Nichteinhaltung von Fristen.
  • Fehlende Fristen für die Übermittlung von Beschwerden an die Gerichte, wodurch Verfahren verzögert werden können.
  • Die augenscheinlich fehlende Ermächtigung von Gerichten, Akten anzufordern.
  • Möglichkeiten von Befugnissen und Berichtspflichten für die im Regierungsprogramm vorgesehen Servicestelle für Informationsfreiheit.
  • Die von der Ministerin vorgesehene Mutwilligkeitsschranke und unserere Erfahrungen mit der aktuellen Gesetzeslage dazu – hier brachten wir ein, dass es natürlich auch Konsequenzen zur Mutwilligkeit von Behörden geben müsse.
  • Mögliche Belehrungspflichten (in Form von Empfangsbestätigungen mit Hinweisen auf die Rechtslage und die gültigen Fristen) für Behörden

Positiv war für uns die ausgezeichnete Vorbereitung unserer Gesprächspartner. Sie brachten konkrete Fragen ins Gespräch ein. Ein lang nach Abschluss des letzten Begutachtungsverfahrens zum SPÖ-ÖVP-Entwurf erschienenes Paper von Wiederin war den Legisten nicht nur ein Begriff, sie hatten auch vor, die darin aufgeworfenen Probleme im neuen Entwurf zu umschiffen.

Stadt Wien muss 1.000 Einsparungsvorschläge offenlegen (schon zum zweiten Mal)

  • Einsparungsvorschläge selbst angekündigt – und dann geheim gehalten:
    Forum Informationsfreiheit gewinnt Transparenz-Prozess gegen Stadt Wien
  • Magistrat kam Höchstgerichtsurteil nicht nach – und wurde erneut verurteilt
  • Bürgerrechtler bekamen in 80-seitigem Urteil des Verwaltungsgerichts in jedem Punkt Recht
  • Gerichtsurteil: Bürger haben Recht auf Information – doch nicht mal Richter erhielt Einsicht in Akt

Die Entscheidung als Download

Einen neuen Zwischenerfolg vor Gericht im Einsatz für mehr Transparenz und Informationszugang hat die Bürgerrechtsorganisation Forum Informationsfreiheit (FOI) erreicht: Das Verwaltungsgericht Wien gab dem Transparenz-Aktivisten und Journalisten Markus Hametner in einem Transparenz-Verfahren gegen die Stadt Wien Recht. 

Hametner hatte Auskunft von der Stadt Wien nach dem Wiener Auskunftspflichtgesetz beantragt. Konkret ging es um mehr als 1.000 Einsparungsvorschlägen, die laut einer eigenen Presseaussendung 2016 von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gesammelt wurden. Die Stadt Wien verweigerte den Zugang zu diesen Informationen und übermittelte selbst nach einem Höchstgerichtsurteil, das Hametner Recht gab, nur eine Liste von wenig aussagekräftigen Schlagworten, nicht jedoch die eingereichten Einsparungsvorschläge. 

„Die Stadt Wien behauptete einfach, meine Anfrage doch vollständig beantwortet zu haben. Der Richter bestätigt jetzt, was sowieso klar war: sie hat die angefragten Auskünfte nur teilweise erteilt. Der Wortlaut eines Vorschlags ist nicht nur die – von irgendjemand ausgedachte – Kurzbezeichnung für diesen Vorschlag. Und wenn zuvor ein konkretes Einsparungsvolumen veröffentlicht wurde, ist ein Prüfungsergebnis auch nicht nur die Liste der Vorschläge, die nach irgendeinem Schritt übrig blieben.“

Kurios: Das Verfahren zieht sich bereits seit vier(!) Jahren. In der Causa hatte das Forum Informationsfreiheit bereits 2018 vom Verwaltungsgerichtshof Recht bekommen, der erstmals in der österreichischen Rechtsprechung festhielt, dass Journalisten und Vertreter von NGOs – sogenannte Social Watchdogs – ein Recht auf Informationszugang haben und unter gewissen Umständen auch Akteneinsicht erhalten können. 

Doch selbst nach dieser höchstgerichtlichen Entscheidung hielt die Stadt Wien die Informationen zu Einsparungsvorschlägen geheim. Jetzt hat das Verwaltungsgericht klargestellt: Hametner erhält Akteneinsicht. Allerdings konnte der Richter etwaige Geheimhaltungsgründe nicht selbst prüfen: selbst ihm übermittelte die Stadt Wien die relevanten Dokumente nicht. Die neueste Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, die Stadt Wien könnte erneut Revision bei dem Höchstgericht einlegen.

Hametner weiter: „Selbst nach vier Jahren, dutzenden investierten ehrenamtlichen Arbeitsstunden, zwei Gerichtsverfahren und einer Höchstgerichtsentscheidung konnte die Behörde willkürlich Informationen von großem öffentlichem Interesse vor JournalistInnen und BürgerInnen geheim halten – ohne Konsequenzen zu fürchten. Vertrauen in eine funktionierende Verwaltung schafft man so nicht, und ein funktionierender Rechtsschutz sieht auch anders aus.“

Informationsrecht gegen Behörde nicht durchsetzbar – nicht mal von einem Gericht

„Österreich braucht dringend ein Informationsfreiheitsgesetz nach internationalen Standards, samt einer unabhängigen Informationsfreiheitsbeauftragten oder einer vergleichbaren Stelle, die zeitnah Transparenz für die Bürgerinnen und Bürger durchsetzen kann. Der Rechtsschutz, der in früheren Gesetzesentwürfen von SPÖ- und ÖVP geplant war, ist genau der, der in diesem Fall versagt hat“, sagt Mathias Huter, Vorstandsmitglied des Forum Informationsfreiheit. „Wären wir in Slowenien, könnte die Informationsbeauftragte – nach einer Bürgerbeschwerde wie dieser – mit Hilfe der Polizei die relevanten Akten bei der Behörde abholen und könnte so einerseits eine informierte Entscheidung treffen, andererseits aber auch die Informationen gleich herausgeben. In Österreich muss der Richter wohl um Akten bitten – und kann nichts unternehmen, wenn die Behörde sie nicht liefert, oder sie ein Urteil nicht umsetzt.“

Kürzlich vorgebrachte Vorschläge von Regierungsmitgliedern müssen im Kontext dieses Falls neu bewertet werden: „Wenn Politiker Missbrauchsklauseln für Bürger fordern ist zu bedenken: genau eine solche Klausel wurde in diesem Verfahren von der Behörde vorgebracht. Es ist eher zu überlegen, ob man Missbrauchsklauseln für Behörden einführt.“

Hametner stellte die Anfrage über die vom Forum Informationsfreiheit betriebene Plattform FragDenStaat.at, über die Bürger und Bürgerinnen einfach Anfragen an Verwaltungsbehörden stellen können. Bislang hat die Plattform bereits knapp 2.000 Bürgeranfragen abgewickelt. 

Die nächste Anfrage ist schon geplant: danach, wie viel Arbeitszeit und Geld die Stadt Wien darin investiert hat, um die gesammelten Einsparungsvorschläge vor der Öffentlichkeit geheim zu halten. 

Über das FOI

Das Forum Informationsfreiheit engagiert sich seit 2013 für die Abschaffung des Amtsgeheimnisses, ein Bürgerrecht auf Zugang zu staatlicher Information sowie für mehr Transparenz in Politik und Verwaltung. Der Verein betreibt unter anderem die Bürgerplattform FragDenStaat.at sowie die neue Transparenzplattform OffeneVergaben.at, über die erstmals in Österreich staatliche Aufträge über 50.000 Euro nachvollziehbar werden.

Rückfragehinweis

Mathias Huter, Vorstandsmitglied des  Forum Informationsfreiheit
+43 699 126 39 244
mathias.huter@informationsfreiheit.at

 

Update Sommer 2020: Die Stadt Wien hat erneut Revision beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht.

Forum Informationsfreiheit begrüßt Transparenzpaket-Beratungen im Parlament

Von Grünen-Klubobfrau Maurer angekündigte Einbindung von Opposition und Zivilgesellschaft in Gesetzesvorbereitungen sind wichtiger Schritt Richtung echter Transparenz 

Wien, 21. Mai 2020 – Das Forum Informationsfreiheit (FOI) begrüßt die Ankündigung der Klubobfrau der Grünen, Sigrid Maurer, dass im Parlament über den Sommer Beratungen zum Beschluss eines Transparenzpaketes stattfinden werden. Bis zum Herbst sollen Gesetzesentwürfe entwickelt und bis Jahresende beschlossen werden, sagte Maurer im Ö1-Mittagsjournal und einem Kurier-Bericht am Mittwoch.

Besonders erfreulich ist die Ankündigung, dass in die Beratungen zum Transparenzpaket alle Oppositionsparteien sowie Experten aus der Zivilgesellschaft einbezogen werden sollen. „Unter früheren Regierungen wurde ausschließlich hinter verschlossenen Türen über ein mögliches Transparenzgesetz verhandelt. Das Ergebnis ist bekannt: es blieb beim Amtsgeheimnis, die Entwürfe der SPÖ-ÖVP-Regierung waren äußerst unambitioniert. Beratungen für ein Transparenzpaket im Parlament mit breiter Einbindung von Zivilgesellschaft und Opposition sind ein erfolgversprechender Weg, um sicherzustellen, dass am Ende auch wirklich mehr Transparenz im Interesse der Bürgerinnen und Bürger herauskommt”, sagt FOI-Vorstand Mathias Huter.

„Mit dem Antrag der Grünen aus dem Jahr 2013 zu einer Verfassungsbestimmung für ein Bürgerrecht auf Zugang zu staatlicher Information sowie dem jüngsten Antrag der NEOS, der bereits einen Entwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz liefert, gibt es bereits eine gute Grundlage für Gespräche”, sagt Huter. „Das Ziel ist klar: Österreich muss endlich vom europäischen Transparenz-Schlusslicht zum Vorreiter werden. Dafür braucht es neben mehr Transparenz der Parteifinanzen und einer Stärkung der Kontrollrechte des Rechnungshofs insbesondere ein Informationsfreiheitsgesetz nach internationalen Standards. Dazu gehört neben einem Bürgerrecht auf Informationszugang auch eine Veröffentlichungspflicht von Dokumenten, Daten und Informationen durch die öffentliche Hand, die von öffentlichem Interesse sind.”

Solche Veröffentlichungspflichten würden etwa in Zukunft ermöglichen, dass die Bürgerinnen und Bürger nachvollziehen können, welche Unternehmen von Milliarden-Hilfen der öffentlichen Hand profitieren, auf welcher Informationsgrundlage politische Entscheidungen getroffen werden und wie Steuergelder im Detail verwendet werden.

Österreich ist das letzte EU-Staat, der JournalistInnen, Nicht-Regierungsorganisationen und BürgerInnen kein Recht auf Zugang zu staatlichen Dokumenten einräumt. So bleiben etwa staatliche Studien, Gutachten, Aufträge und Unternehmens-Förderungen bislang bis auf Ausnahmen geheim.

Das Forum Informationsfreiheit engagiert sich seit 2013 für die Abschaffung des Amtsgeheimnisses, ein Bürgerrecht auf Zugang zu staatlicher Information sowie für mehr Transparenz in Politik und Verwaltung. Der Verein betreibt die Bürgerplattform FragDenStaat.at, über die BürgerInnen bereits knapp 2.000 Auskunftsbegehren an die Verwaltung gestellt haben, sowie die neue Transparenzplattform OffeneVergaben.at, über die erstmals in Österreich staatliche Aufträge über 50.000 Euro nachvollziehbar werden. Im Herbst hat das FOI, in Zusammenarbeit mit Hubert Sickinger, Dossier.at, und MeineAbgeordneten, einen aktualisierten Forderungskatalog für nötige Transparenz-Verbesserungen vorgelegt.

 

Rückfragehinweis:
Mathias Huter
Mitglied des Vorstands, Forum Informationsfreiheit
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