Wie die Stadt Wien eine Auskunftserteilung zur Farce werden lässt

Nach zwei Niederlagen vor Österreichs höchstem Verwaltungsgericht lenkt Wiens Verwaltung scheinbar ein und zeigt uns die Informationen, die sie seit Jahren zurückhält. Oder auch nicht. Ein Erfahrungsbericht über eine Frotzelei auf ganz hohem Niveau, über die auch Die Presse (etwas kompakter) berichtet hat.

Es hat fünf Jahre, zwei Monate und 26 Tage (oder 1911 Tage aber wer zählt schon mit) und mehrere Gerichtentscheidungen gedauert, bis ich endlich einen Blick auf das werfen durfte, das ich am 19. Oktober 2016 bei der Stadt Wien angefragt hatte: die Einsparungsvorschläge der Bediensteten der Stadt. Was das Ende eines langen Streits hätte werden können, war am Ende aber einmal mehr ein Zurschaustellen der eigenen Macht und was die Stadt Wien von einer transparenten Verwaltung hält. Denn: als ich anfing, sie zu fotografieren, wurden sie mir wieder weggenommen und der Termin beendet.

Aber dazu später mehr.

Der Hintergrund: Das Versprechen von Millionen Euro Einsparungen

Zuerst die Vorgeschichte: 2016 gibt Bürgermeister Michael Häupl eine Pressekonferenz, oder er lässt nur eine Presseaussendung verschicken – so genau habe ich es nicht rekonstruiert. Jedenfalls lässt er sich zitieren, dass „tabulos“ diskutiert werden soll. Denn nach einem Aufruf seien knapp 1.200 Vorschläge zu Einsparungsmöglichkeiten der Stadt von ihren MitarbeiterInnen eingegangen. Insgesamt 100 Millionen Euro könnten so über mehrere Jahre eingespart werden, sagt der Bürgermeister.

Natürlich bin ich daran sehr interessiert, Transparenz ist ja kein Selbstzweck, sondern das beste Mittel gegen Korruption und das Verschwenden von Steuergeldern. Und wenn die Stadt Wien sogar eine Pressekonferenz dazu gibt, müssten das eigentlich Informationen sein, die Wiens Regierung veröffentlicht haben will, sollte man meinen. Ich frage also: was waren die Vorschläge im Wortlaut? Eine “tabulose” Diskussion der Ideen ist nicht möglich, wie ich erfahren werde.

Die erste Anfrage wird mir zurückgeworfen. Ich hätte sie “mutwillig” gestellt und das müsse sich eine Behörde nicht gefallen lassen. Es folgt ein jahrelanges Hin und Her, in dem ich zuerst erklären muss, wieso Einsparungsmöglichkeiten von mehreren Millionen Euro im öffentlichen Interesse sind und erkämpfen muss, was “vollinhaltlich” bedeutet. Aktueller Stand: zwei höchstinstanzliche Urteile zu meiner Gunsten.

Hier sollte die Geschichte eigentlich vorbei sein: Die Stadt hat mehrere Gerichtsverfahren verloren, ihr wurde beschieden, den Zugang zu den 1.200 Vorschlägen rechtswidrig verweigert zu haben. Nur tut sie es einfach nicht. Sie verpasst wieder einmal die Auskunftsfrist – zu meinem Nachteil.

Der erste Besuch im Magistrat Finanzwesen

Womit wir endlich beim 11. Jänner 2022 wären: Ich hatte einen Termin zur Akteneinsicht beantragt, weil ich wissen wollte, was seit der letzten Entscheidung des Höchstgerichts intern passiert ist. Bei der Gelegenheit werde man auch gleich die Auskunft zur Anfrage selbst erteilen, wurde uns im Vorfeld gesagt: also die Vorschläge aus 2016!

Auf geht’s zur MA 5 – Finanzwesen, die ihren Sitz nicht einmal im Rathaus hat, sondern ums Eck neben einem Fitnesscenter. Ich fahre zur Sachbearbeiterin in den sechsten Stock, werde freundlich begrüßt und bekomme sogar Wasser und Kaffee angeboten. (Es gibt auch den notwendigen 2G-Check.)

In einem Raum liegen auch schon die zwei Aktenordner – der Verfahrensakt zur Anfrage “Einsparungsvorschläge der Stadt Wien”. Ich darf sogar Fotos machen. Nur fehlt darin jedwede Dokumentation über die internen Abläufe und Entscheidungsfindungen in dem Fall – ein Thema für sich, denn Akte sind eigentlich dazu da, Entscheidungen nachvollziehbar zu machen. Ein Problem für ein anderes Mal. Die Vorschläge selbst sind auch nicht im Akt.

Können ja, dürfen nein

Der Verfahrensakt ist fertig durchgeblättert, die Zeit für die „Auskunftserteilung“ ist gekommen: Ich bekomme endlich meine Finger an die Einsparungsvorschläge der Stadt-Wien-Bediensteten. Die Sachbearbeiterin und ein Kollege, die die ganze Zeit auf mich aufpassen, bringen zwei Stöße Papier. Jeder fast zehn Zentimeter hoch, mehrere Kilo schwer und voller loser Blätter Papier, die von zwei Pappdeckeln und Stoffbändern zusammengehalten werden. Man habe die zwei Stapel erst suchen müssen, selber arbeite man natürlich mit digitalen Versionen, immerhin hätten die zwei Stapel wohl um die 2.000 Blatt Papier, so die Sachbearbeiterin. Ein Sickerwitz, wie ich wenig später herausfinden werde.

Die Beamtin verbietet mir nämlich zu fotografieren – beim Akt durfte ich noch, bei der „Auskunftserteilung“ nicht mehr. Kopieren dürfe ich auch nicht und mit nach Hause nehmen sowieso nicht. Außerdem müsse sie in einer Stunde gehen. 

Geschlossen durfte ich die Aktenstapel noch fotografieren

1.148 Vorschläge auf geschätzten 2.000 Seiten und 60 Minuten Zeit. Also nicht mal zwei(!) Sekunden(!!) pro Seite(!!!) – allen Personen im Raum ist klar, dass das nicht machbar ist. Und auch nicht als Auskunftserteilung durchgehen kann, immerhin handelt es sich – Höchstrichterlich bestätigt – um Informationen im öffentlichen Interesse. Das hat das Gericht so festgestellt. Sie sind also nicht nur zum Anschauen da, sondern auch zum damit Arbeiten.

Was passiert, wenn ich trotzdem Fotos mache, will ich wissen. Dann werden die Stöße weggeräumt und der Termin beendet, meint die Beamtin.

Ob es denn gesetzlich verboten sei, Dokumente zu fotografieren oder mitzunehmen, ist die nächste Frage. Verboten sei es nicht, meint ihr Kollege. Es wurde intern aber so mit dem Finanzdirektor abgesprochen, ergänzt die Sachbearbeiterin. (Eine spätere Online-Recherche ergibt: sein Name ist Dietmar Griebler, er wird am 1. Juli zum höchsten Beamten der Stadt – zum Magistratsdirektor – befördert.)

Der könne seine Meinung doch wieder ändern, wenn man anruft und erklärt, dass so keine sinnvolle Auskunft erteilt werden kann, ist mein (doch recht konstruktiver) Vorschlag. Nein, sagt die Beamtin.

Ich habe wenig Möglichkeiten: entweder ich eskaliere die Situation und lasse mich rausschmeißen oder ich sichte was zu sichten ist. Ich mache also weiter und wundere mich um die außerordentlich vielen Anregungen zum Thema Essensmarken. Statt Essensmarken und rückerstatteten Einzeltickets der Wiener Linien, hätten manche lieber eine Jahreskarte. Doch das würde Mehrkosten von ungefähr 21 Millionen Euro verursachen, rechnet eine Stelle vor. Wer anderes möchte statt den Essensmarken, die jährlich um 38.000 Euro gedruckt werden müssen, lieber ein Punktesystem auf der Personalkarte.

Mehr erfahre ich an diesem Nachmittag nicht, denn meine Zeit ist um. Es gibt noch kurze Diskussionen über das Protokoll meines Ausflugs zur MA 5 und am Ende frage ich noch nach dem nächsten Termin, die Arbeit hat ja gerade erst begonnen.

Die Sachbearbeiterin muss erst Rücksprache halten. Die Schikane der Stadt Wien geht damit in die nächste Runde. Aber wer schon 1911 Tage gewartet hat, hält das auch noch ein paar Tage länger aus.

Zwei Mal ansehen und aus

Der nächste Termin lässt auf sich warten – dreieinhalb Wochen allein bis zur ersten Rückmeldung mit Terminvorschlägen, ich vereinbare den 18.2 – der krankheitsbedingt am Tag davor abgesagt wird. Nächster Versuch: 23. März. Zwei Tage zuvor: Absage, Corona. Die Sachbearbeiterin kann – oder will – sich nicht vertreten lassen. Drei Wochen später kommen die nächsten Terminvorschläge – aber erst nach Nachfrage. Vereinbart wird der 5. Mai.

Beim zweiten Termin das gleiche Spiel. Ich frage noch, ob sich die Rechtsmeinung der MA5 mit dem neuen Chef ändern wird – der Finanzdirektor wird am 1. Juli zum Magistratsdirektor befördert – aber wer der neue Chef wird, sei noch nicht entschieden. Das Vorgehen sei aber mit dem Noch-Finanzdirektor „abgesprochen“. Ich habe in der Zwischenzeit gerechnet – allein um die Vorschläge zu sichten brauche ich 2 Minuten pro Vorschlag – insgesamt also etwa 40 Stunden. Ich bitte die Sachbearbeiterin um diese Menge an Terminen und bekomme erklärt, dass der zweite, aktuelle Termin sowieso der letzte sein werde.

Ich habe also nichts mehr zu verlieren – und beginne, fast sechs Jahre nach meiner Anfrage und nach zwei Hochstgerichtsentscheidungen in meinem Sinne, zu fotografieren. Zur allgemeinen Unverständnis der Beamten, die enttäuscht die Zettel wegnehmen, den Termin beenden und sich noch ein Protokoll unterschreiben lassen.

Es hat sich nach Majestätsbeleidigung angefühlt. Und ich glaube, das war beabsichtigt.


Welche Gründe nicht mehr gegen eine Übermittlung dieser Daten sprechen können

Datenschutz: Keines der Dokumente, die ich in der kurzen Zeit sichten konnte, war auf irgendeine Art geschwärzt. Wenn die Behörde zum Schluss kam, dass ich diese Informationen sehen darf, dürfen dies alle anderen „public watchdogs“ – Blogger, JournalistInnen, Wissenschafter – auch sehen. Der Datenschutz kann also nicht mehr gegen eine Übermittlung der Informationen sprechen. Damit würde die Stadt Wien zugeben, dass sie den Datenschutz schon verletzt haben.

Aufwand: Zu bedenken ist, dass zu meiner „Bewachung“ zwei Personen abgestellt waren. Etwa fünf Personenstunden wurden allein damit verbracht zu verhindern, dass die Informationen abfotografiert werden. In der Zeit hätte jemand leicht ein Email schicken können – oder die Infos zur Post bringen, oder sie sogar vorher einscannen. Es ist davon auszugehen, dass die Stadt Wien Zugang zu Büromaschinen wie Scannern mit Dokumenteneinzug hat. Außerdem meinten die Sachbearbeiter:innen, dass man intern mit digitalen Kopien arbeite. Es gibt also wohl schon ein fertiges PDF, das man zur Auskunftserteilung verschicken könnte. Und: die vielen Personenstunden, die die Stadt Wien in die Bekämpfung des Auskunftsbegehrens vor Gericht investiert hat, zählt natürlich niemand.

Es sind interne Informationen: Der Grund ist schon mit der ersten Höchstgerichtsentscheidung gefallen. Was in Behörden vorgeht darf mich interessieren und ist grundsätzlich zu beauskunften.

Die Anfrage war „mutwillig“: Dieser Verweigerungsgrund auch. Der Verwaltungsgerichtshof sah keine Mutwilligkeit, sonst hätte ich die Verfahren verloren und nicht zweimal gewonnen.

Die Informationen sind nicht vorhanden: Doch sind sie. Ich habe sie selbst in Händen gehalten.

Nicht zur Veröffentlichung bestimmt: Das Argument kommt oft Hand in Hand mit dem Verweis auf “interne Informationen” und ist ein Stehsatz für Informationskontrolle – aber keine rechtliche Basis, aufgrund der Informationen verweigert werden dürfen. Also verweise ich noch einmal auf das Höchstgericht, das mir hier Recht gibt.

Ich habe einen Bescheid über die abermalige Auskunftsverweigerung verlangt.

Neue Regeln zur Parteien-Transparenz: eine Übersicht des Entwurfs

Diese Woche diskutieren die Parlamentsparteien erstmals den lange erwarteten Entwurf des neuen Parteiengesetzes, den die Regierung von ÖVP und Grünen vorgelegt hat. Die Transparenz-Schwächen des aktuellen Regelwerks haben wir 2019 im Detail analysiert (mit Hubert Sickinger, Dossier und MeineAbgeordneten).

Was der Entwurf bringt – und wo es noch strengere Regeln bräuchte, um umfassende Transparenz der Parteifinanzen und eine Reduktion von Missbrauchs- und Korruptionsrisiken sicherzustellen:

Bericht zu Wahlkampfausgaben

Neu sind eigene Berichte zu den Wahlkampfausgaben, die Parteien (nur die, die Parteienförderung erhalten) innerhalb von sechs Monaten nach einer Nationalratswahl oder Wahl zum Europäischen Parlament in einem offenen und maschinenlesbaren Dateiformat an den Rechnungshof übermitteln sollen. Die Frist kann vom Rechnungshof um bis zu vier Wochen verlängert werden.

Die Aufwendungen müssen wie schon bislang in den Rechenschaftsberichten nach Posten aufgeschlüsselt werden, allerdings umfasst ein einziger Betrag etwa sämtliche Inserate und Werbeeinschaltungen im Internet (auf Websites und Social Media), ein anderer alle Kommunikations-, PR-, Schalt-, und Werbeagenturen sowie Meinungsforschungsinstitute. Detaillierte Aufschlüsselungen der Ausgaben wird es nicht geben.

Die Sozialpartner (Wirtschaftskammer, Landwirtschaftskammer, Arbeiterkammer, ÖGB) und gesetzliche berufliche Vertretungen (Kammern), müssen dem Rechnungshof vier Wochen nach der Wahl über Ausgaben für Wahlkämpfe Berichte übermitteln, die unverzüglich veröffentlicht werden sollen.

Was fehlt:

Es wird weiterhin keine vorläufige Veröffentlichung von Wahlkampf-Finanzen vor einer Wahl geben. Eine derartige Offenlegung der Wahlkampf-Finanzen vor der Wahl ist international gute Praxis und war eine Reform-Empfehlung für Österreich im Beobachtungsbericht zur Nationalratswahl 2017 von OSCE/ODIHR.

Die nun vorgeschlagene Regelung nimmt die zeitnahe Offenlegung von Spenden über €2.570 zurück. Mit einer Meldung pro Quartal werden Spenden, die im Wahlkampf an Parteien gehen, in den meisten Fällen erst nach einer Wahl offengelegt werden. Damit ist für BürgerInnen vor der Stimmabgabe am Wahltag nicht nachvollziehbar, wie Parteien den Wahlkampf finanzieren.

Die geplanten Wahlkampfberichte gelten nicht für Landtags-, Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen – entsprechende Regeln könnten auf Landesebene beschlossen werden.

Empfehlung aus dem OSCE/ODIHR Election Monitoring Report zur Nationalratswahl 2017, Seite 14.

Die Herkunft der Gelder muss nicht in dem Bericht offengelegt werden – Wahlkampfeinnahmen aus Sponsoring werden so etwa erst nach rund zwei Jahren nachvollziehbar.

Eine detaillierte Aufschlüsselung einzelner Wahlkampfausgaben, die der Öffentlichkeit ermöglichen würden, diese Ausgaben auch zu überprüfen, wäre ebenfalls gute internationale Praxis. In der Slowakei etwa müssen Wahlkämpfe über gläserne Konten geführt werden, Einnahmen und Ausgaben sind so in Echtzeit öffentlich.

Aus den Guidelines on Political Party Regulation 2nd Edition von OSCE/ODIHR und der Venice Commission des Europarats.

Jährliche Rechenschaftsberichte

Erstmals müssen die Parteien (auf den unterschiedlichen Organisationsebenen sowie für ihre Teilorganisationen) in ihren jährlichen Rechenschaftsberichten nicht nur ihre Einnahmen und Ausgaben, sondern auch eine Bilanz mit ihrem Vermögen und Schulden offenlegen. Die Berichte müssen weiterhin bis September des nächsten Jahres an den Rechnungshof geschickt werden, der diese dann veröffentlicht.

Bundes- und Landesparteien müssen Immobilienvermögen und Kredite bzw. Darlehen ab 50.000 Euro ausweisen – Details wie die Bank oder andere Personen, die den Kredit oder das Darlehen gegeben haben und zu welchen Konditionen sollen nur dem Rechnungshof gemeldet werden, aber nicht veröffentlicht werden.

Spenden ab 500€ pro Jahr und Spender sowie Mitgliedsbeiträge ab €5.000 pro Jahr sind namentlich offenzulegen, ebenso wie Unternehmensbeteiligungen ab 5% direkter Anteile oder 10% indirekter Beteiligung.

Der Rechenschaftsbericht soll nun maschinenlesbar sein, was eine Weiterverwendung der Daten wie auf Parteispenden.at erleichtern wird.

In der Bilanz müssen etwa die die Gesamtvermögen aus Grundstücken, Anteile an Unternehmen und sonstigen Finanzanlagen jeweils beziffert werden. Weitere Details dazu sind jedoch laut Entwurf nicht anzugeben.

Was fehlt: 

Bei Offenlegungen zu Immobilien und Unternehmensbeteiligungen der Parteien sollte das Beispiel der Rechenschaftsberichte in Deutschland als Referenz und Untergrenze dienen, was den Detailgrad der zu veröffentlichenden Informationen angeht: bei Grundstücken sind dort etwa jeweils Adresse und Schätzwert zu veröffentlichen; bei Parteifirmen der Wert der Beteiligung und der Gewinn/Verlust des Unternehmens.

Wer die Darlehens- und Kreditgeber einer Partei sind sollte ebenfalls öffentlich sein. Denn es ist etwa weiterhin möglich, dass ausländische Staatsbanken oder Unternehmen Parteien so finanzieren, woraus sich Möglichkeiten für politische Einflussnahme oder Interessenskonflikte ergeben könnten.

Wenn eine Partei Goldbarren im Tresor oder Bitcoin hält, wäre eine entsprechende Erläuterung im Rechenschaftsbericht wichtig, weil sich der Wert dieser Vermögenswerte von Jahr zu Jahr massiv ändern kann –, und dann auch Klarheit herrschen würde, ob Vermögen, das etwa bei einer Hausdurchsuchung gefunden wird, im Rechenschaftsbericht einer Partei aufgeschienen ist.

Wenn es nur einzelne Gesamtsummen zu den Vermögenswerten der Parteien gibt und die sich von einem Jahr aufs andere massiv ändern, wird das Fragen aufwerfen, aber es wird wohl keine Antworten geben. Mehr Details und Erläuterungen in den Bilanzen würden echte Nachvollziehbarkeit für die Bürgerinnen und Bürger sicherstellen und das Risiko von Umgehungskonstruktionen reduzieren helfen.

Offenlegung von Immobilienbesitz im Rechenschaftsbericht der CDU (Deutschland)

Offenlegung von Immobilienbesitz im Rechenschaftsbericht der CDU (Deutschland)

Spenden

Jede Partei und ihr zuzurechnende Organisationen und Personenkommittees dürfen weiterhin nicht mehr als €750.000 pro Jahr an Spenden annehmen (beim ersten Antreten einer Partei dürfen es €1,5 Millionen sein), plus €200.000 für jede Landtagswahl.

Jeder Spender bzw. jede Spenderin, ein Unternehmen oder Verein darf nicht mehr als €7.500 pro Partei spenden. Jede Spende ab €150 muss dem Rechnungshof pro Quartal gemeldet werden, ab €500 werden diese veröffentlicht. Neu: nur mehr Name, Datum und Betrag sollen laut Entwurf veröffentlicht werden, nicht mehr jedoch die Adresse des Spenders. Das bedeutet einen Transparenz-Rückschritt: SpenderInnen können damit nicht mehr identifiziert und zugeordnet werden.

Wer spendet, kann nicht mehr recherchiert werden, weil es oft viele Personen mit dem gleichen Namen gibt. Ob etwa Personen aus dem Vorstand eines bestimmten Unternehmens oder einer bestimmten Organisation die gleiche Partei unterstützen kann nicht mehr nachvollzogen werden. Bislang, und auch etwa in Deutschland, werden die Adressen der SpenderInnen veröffentlicht. In Salzburg etwa werden auch Addressen von Spendern ab €500 publiziert.

Auch bei kleineren Spenden wäre eine Offenlegung wichtig: wenn ein lokaler Bauträger mehrere tausend Euro an eine Gemeinde-Partei oder einen Bürgermeister spendet, sollte das zeitnah nachvollziehbar sein.

Barspenden über €500 und Einzelspenden über €500 Euro von ausländischen Staatsbürgern (ausgenommen EU-Bürger mit Wohnsitz in Österreich) oder juristischen Personen werden verboten.

Was fehlt: 

Bei verbotenen Auslandsspenden könnte es Sinn machen, auf wirtschaftliche Eigentümer von Unternehmen abzuzielen – also die Personen, die ein Unternehmen oder eine Stiftung kontrollieren, nicht darauf, ob das Unternehmen in Österreich sitzt. Seit zwei Jahren gibt es in Österreich ein Register der wirtschaftlichen Eigentümer, das genützt werden könnte.

Gemäß dem Entwurf wäre es etwa möglich, dass ein ausländischer Oligarch mehrere GmbHs in Österreich besitzt (über die er vielleicht schon Immobilien hält), und diese an eine Partei spenden. Das könnte für politischen Einfluss aus dem Ausland auf österreichische Parteien missbraucht werden.

Sponsoring und Inserate

Parteien müssen in den Rechenschaftsberichten namentlich offenlegen, wenn sie von Sponsoren über €7.500 pro Jahr erhalten, und wenn sie aus Inseraten in parteieigenen Medien mehr als €2.500 pro Inserat erhalten.

Was fehlt: 

Während Behörden und staatseigenen Unternehmen verboten ist, an Parteien zu spenden, um Missbrauch öffentlichen Geldern zu verhindern, dürfen diese jedoch weiterhin ohne Einschränkungen Parteien und deren Wahlkämpfe sponsern oder in Parteimedien inserieren. Inserate und Sponsoring können als Werbungskosten steuerlich abgesetzt werden und sind dehalb für Unternehmen attraktiver als Spenden. So könnten sich Personen, die von Parteien in Vorstandsposten von staatlichen Unternehmen gehoben werden, auf Kosten der Allgemeinheit weiterhin mit Sponsoring und Inseraten erkenntlich zeigen.

Kontrolle

Erstmals soll der Rechnungshof in Zukunft die Wahlwerbungs- und Rechenschaftsberichte der Parteien prüfen dürfen, wenn er konkrete Anhaltspunkte für falsche oder unvollständige Angaben hat. Die Rechenschaftsberichte, die aktuell oft erst mit zwei bis drei Jahren Verspätung veröffentlicht werden, sollen in Zukunft am Beginn des übernächsten Kalenderjahres veröffentlicht werden.

Was fehlt: 

Die Kontrollrechte des Rechnungshofs könnten noch weiter gestärkt werden und auch Prüfungen ohne Anfangsverdacht ermöglichen, wie es etwa der frühere RH-Präsident Franz Fiedler fordert.

Sanktionen

Geldbußen gegen Parteien werden deutlich verschärft: Parteien können vom unabhängigen Parteien-Transparenz-Senat mit bis zu €50.000 Geldbuße für nicht gesetzeskonforme oder nicht abgegebene Rechenschaftsberichte sanktioniert werden – wird der Bericht nicht abgegeben kann auch die Parteienförderung ausgesetzt werden.

Für illegale Parteispenden droht eine Geldbuße bis zum Dreifachen des erlangten Betrags, mindestens jedoch in der Höhe der unzulässig angenommenen Spende.

Für Überschreitungen der Wahlkampfkosten-Obergrenze von €7 Millionen gibt es gestaffelte Geldbußen für die Partei die bis zum Doppelten des Überschreitungsbetrags gehen können.

Darüber hinaus drohen Geldstrafen von bis zu €50.000 für Partei-Manager, etwa für nicht korrekt gemeldete Spenden und unrichtige Angaben in Rechenschaftsberichten und bis zu €15.000 für Spender, die Spenden stückeln um Obergrenzen zu umgehen.

Was fehlt: 

Ein Straftatbestand der illegalen Parteienfinanzierung wäre wichtig, um neue Umgehungsstrukturen einen Riegel vorzuschieben.

Ein Straftatbestand, wie es ihn etwa in Deutschland gibt, würde bei Verdacht der Staatsanwaltschaft erlauben, zu ermitteln – falls nötig könnte sie Zeugen vernehmen, Konten öffnen und Hausdurchsuchungen vornehmen. Diese Ermittlungs-Möglichkeiten hat der Rechnungshof nicht. Den Beteiligten an illegaler Parteienfinanzierung könnte Gefängnis drohen würde, was eine abschreckende Wirkung entfalten hätte.

Parteienregister

Das Parteienverzeichnis ist voll von Karteileichen. Eine Liste von mehr als 1.200 Parteien finden sich dort aktuell, die allermeisten sind nicht (mehr) aktiv. Ein neues Parteienregister wird in Zukunft auch die zeichnungsberechtigten Personen einer Partei enthalten, auch ihre Satzungen sollen online zugänglich werden.

Klubs, Akademien, Bundespräsidentschaftswahl

Das Parteiengesetz gilt weiterhin nicht für Parlaments- und Landtagsklubs sowie für Parteiakademien, die keinen Offenlegungspflichten unterliegen. Diese können auch Spenden ohne Einschränkungen annehmen.

Auch für Wahlkämpfe von KandidatInnen für die Bundespräsidentenwahl, die heuer stattfindet, gelten die Regeln des Parteiengesetzes nicht.

Informationsfreiheitsgesetz: Wie Länder und Gemeinden Transparenz untergraben wollen

Kurz vor Weihnachten saß Werner Kogler, Vizekanzler und Parteichef der Grünen, in der ZIB 2 und erklärte, die Regierung sei sich über das geplante Informationsfreiheitsgesetz eigentlich einig. Es hake aber bei den Ländern und Gemeinden. Man müsse schauen, ob man einen Kompromiss erreiche oder auf die Tube drücken müsse, so Kogler.

Als Antwort ständig neue Chats und Affären, die auf systematischem Abtausch von Posten, Amts- und Machtmissbrauch hindeuten, könnte die Regierung endlich für echte Transparenz zu sorgen und ein internationalen Standards entsprechendes Informationsfreiheitsgesetz (IFG) auf Schiene bringen. Doch es gibt seit einem Jahr keinen erkennbaren Fortschritt.

Die Begutachtung zum Entwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz endete im April 2021. Privatpersonen wie auch Institutionen waren aufgefordert, ihre Meinung zum vorliegenden Gesetzestext zu übermitteln. Das haben auch wir getan. Einige der eingereichten Stellungnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden stehen allerdings nicht im Zeichen der Transparenz. Wieso, zeigen wir an einem konkreten Beispiel: Ein:e Bürger:in fragt um Informationen.

Stellen Sie sich folgendes vor: Sie wohnen in einer Gemeinde in Österreich, haben im Freundeskreis etwas gehört oder in der Zeitung gelesen und fragen sich, stimmt das? Der Antrag auf Information, den Sie daraufhin stellen, benötigt einiges. Es reicht jedenfalls nicht, dass Sie Bürger:in sind. Geht es nach dem Wirtschafts- und Landwirtschaftsministerium soll für jede Anfrage ein „Nachweis der Identität des Antragstellers“ erforderlich sein – anonyme Anfragen wären damit unmöglich. Und direkt nach Informationen zu fragen, erscheint auch schwierig. Wien kritisiert am IFG: „Dem Entwurf fehlt, dass Anträge auf Erteilung von Information zu begründen sind.“ Dem stimmen auch das Wirtschafts-, Landwirtschafts- und Bildungsministerium zu. 

Laut dem Österreichischen Städtebund sollen Behörden bei Anfragen die Antragsteller:innen nicht nur auffordern können, ihr Auskunftsinteresse zu begründen, sondern „auf Verlangen glaubhaft zu machen“. Was als „glaubhaft“ definiert wird und ab wann eine Anfrage glaubhaft genug ist, bleibt offen. Ginge es nach dem Städtebund wäre das Recht auf Information sogar auf den jeweiligen Hauptwohnsitz begrenzt. Sie sind nicht in der Gemeinde gemeldet, welche die Informationen hat, die Sie interessieren? Oder haben vielleicht nur einen Nebenwohnsitz? Schlecht für Sie: „Das Informationsrecht ist zwingend auf das Vorliegen des Hauptwohnsitzes in der Gemeinde zu reduzieren. Zudem ist schwer vorstellbar, dass die BürgerInnen anderer Gemeinden ein sachliches Interesse an Informationen einer anderen Gemeinde haben.“

Eine Einschränkung des Fragerechts auf Österreicher oder Leute, die in der Gemeinde den Hauptwohnsitz haben, wäre nicht nur international absolut unüblich – üblich ist ein „Jedermannsrecht“, eine Diskriminierung zwischen Österreichern und EU-Bürgern wäre wohl auch verboten. Es wäre auch eine Verschlechterung gegenüber der aktuellen, auch schon völlig inakzeptablen Gesetzeslage. Das Auskunftspflichtgesetz ist als Jedermannsrecht ausgestaltet. Wenn Anfragende ein berechtigtes Interesse an einer gesuchten Information Anfrage vorweisen zu müssen würde die Idee der Informationsfreiheit völlig untergrabenInternational ist es gute Praxis, auch anonyme Anfragen oder Anfragen ohne Identitätsnachweis zuzulassen, wie wir sie etwa über FragDenStaat.at ermöglichen (falls ein Bescheid beantragt wird, muss die Identität offen gelegt werden).

Wie eine Anfrage gestellt werden kann

Laut dem Gesetzesentwurf sollen Anfragen auch telefonisch oder mündlich erfolgen können, das ist auch derzeit schon auf Basis des Auskunftspflichtgesetzes möglich. Das Gesundheitsministerium fürchtet allerdings, dass die „Realisierung des Gesetzesvorhabens zu einer nicht unbeträchtlichen Anzahl von Anfragen bzw. Informationsbegehren an die öffentliche Verwaltung führen wird, die umso höher ausfallen könnten, je niederschwelliger diese eingebracht werden können.“ Wien verlangt daher auch, „dass die Behörde jederzeit die Möglichkeit hat, eine schriftliche Fixierung des Informationsbegehrens verlangen zu können“ und hält gleich fest: „Für die Praxis wäre es zudem ohnehin besser, wenn auf die telefonische Möglichkeit des Anbringens in dieser Materie verzichtet wird.“

Sie stellen also eine schriftliche Anfrage. Wer aber noch nie oder nur selten einen Antrag auf Information gestellt hat, macht dabei vielleicht einen Fehler.

Eine Einschränkung auf schriftliche Anfragen würde außerdem bedeuten, dass alle mündlichen Anfragen vollkommen im rechtsfreien Raum stattfinden.

Wie schnell geantwortet werden muss

Es kann dauern, bis Sie eine Antwort auf Ihre Anfrage erhalten, unabhängig davon, ob Ihnen die Information mitgeteilt oder verwehrt wird. Aktuell (nach dem Auskunftspflichtgesetz von 1987 – aus einer Zeit vor der elektronischen Datenberarbeitung) haben Behörden acht Wochen Zeit, um auf Anfragen zu reagieren.

Der geplante Gesetzesentwurf schlägt vor, diese Frist auf vier Wochen zu reduzieren, wobei eine Verlängerung um weitere vier Wochen möglich ist. Vonseiten der Länder, Gemeinden und Bundesministerien ist diese Änderung nicht gewollt. „Sollte auf Grund eines mangelhaften Informationsbegehrens ein Verbesserungsauftrag erteilt werden, so sollte die Frist (…) erst mit Behebung des Mangels zu laufen beginnen“, schreibt das Bundesministerium für Kunst, Kultur und Sport. Falls die Behörde beschließt, die Anfrage an eine andere zuständige Stelle weiterzuleiten, solle die Frist „erst ab dem Zeitpunkt des Einlangens des Informationsbegehrens bei der zuständigen Stelle zu laufen beginn[en]“, heißt es aus Wien. In Salzburg schlägt man sogar vor, dass Behörden überhaupt nicht mehr begründen, wieso eine Frist verlängert wird. 

Eine Antwortfrist von vier Wochen wäre unambitioniert. Andere Länder schaffen Auskunftsfristen von ein bis zwei Wochen, selbst die EU-Bürokratie schafft drei Wochen. Üblicherweise können solche Fristen bei Bedarf, also bei komplexen Anfragen, verlängert werden. Wenn eine Frist erst beim Eintreffen bei der zuständigen Stelle beginnt, würde das Behörden dazu ermutigen, Anfragesteller im Kreis herum zu schicken – und wie würden die Anfragesteller erfahren, dass die Frist endlich begonnen hat, wenn Behörden aktuell nicht einmal Bitten nachkommen, den Empfang von Anfragen zu bestätigen?

Zwar sind Behörden auch derzeit schon angehalten, so schnell wie möglich auf eine Anfrage zu antworten. In der Praxis lassen sich staatliche Stellen damit jedoch oft bis zum Ende der Frist Zeit. 

Mutmaßlich mutwillige Anfragen

Anfragen, die „mutwillig“ oder „mutmaßlich“ gestellt worden sind, sollen schlicht abgelehnt oder sogar mit Strafen sanktioniert werden. Auch hier ist der Interpretationsrahmen, was als mutwillig oder missbräuchlich eingestuft werden kann, groß. Das sieht man in Niederösterreich ähnlich, weshalb eine „Konkretisierung, um zwischen missbräuchlichem und nicht- missbräuchlichem Informationsbegehren unterscheiden zu können“ gefordert wird. Ansonsten ist man sich allerdings einig: „Der Informationszugang sollte auch dann nicht erteilt werden, wenn er offenbar ‘mutwillig’ beantragt wird und keinem tatsächlichen Informationsbedürfnis entspringt“ (BM für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort). 

Wie bereits das „glaubhafte Auskunftsinteresse“ scheint auch die Definition von Missbrauch ergebnisoffen gestaltet zu sein. Kärnten würde gerne Anfragen als missbräuchlich definieren wenn „der Informationszugang umfangreiche Ausarbeitungen erfordern würde.“

Mutwillensstrafen existieren jetzt schon und werden bevorzugt zur Einschüchterung verwendet. Uns wurde schon mehrfach „Mutwilligkeit“ vorgeworfen, Gerichte haben das immer verworfen. Die Mutwilligkeitsstrafen sollten nicht auf Auskunftsbegehren anwendbar werden.

Gebühren für Anfragen

Nicht nur vermeintlich missbräuchliche Anfragen sollen etwas kosten. Der IFG-Entwurf sieht explizit vor, dass Anfragenden keine Gebühren entstehen sollen. Das ist mehreren Stellen aber zu bürgerfreundlich: „Gebühren [hätten] auch eine gewisse Wirkung als Schranke gegen mutwillige Informationsbegehren“ (Österreichischer Städtebund) und „Es ist daher nicht nur angemessen, sondern schlicht auch aus diesen Gründen [zur Verhinderung missbräuchlicher Anfragen] notwendig, für den entstehenden Aufwand eine angemessene Gebühr verlangen zu können.“ (Österreichischer Gemeindebund). „Zusätzlich muss in derartigen Fällen auch die Verhängung von empfindlichen Ordnungsstrafen oder Verwaltungsstrafen rechtlich möglich sein und somit gesetzlich vorgesehen werden“, schreibt man in Wien. „Ein Zugang zu Informationen bedeutet noch nicht, dass dieser kostenlos erfolgen muss“, schreibt man in der Steiermark. Der Städtebund ist klarer: „Sowohl die Anträge, als auch Bescheide sollen zwingend einer Gebührenpflicht unterliegen. Es ist mit nichts zu rechtfertigen, dass der Steuerzahler hierfür aufkommen muss.“

Laut Städtebund sollen zum Beispiel der Antrag, ein Bescheid (der benötigt wird, um z.B. Informationsverweigerungen juristisch anzufechten) als auch der „Zeitaufwand bei umfangreicherem Verwaltungsaufwand, Ersatz von Barauslagen wie Einholung von Expertenmeinungen, etc.“ den Antragsteller:innen etwas kosten.

Nochmal, weil es so wichtig ist: Gebühren werden beispielsweise in der Schweiz gerade abgeschafft und sind im IFG-Entwurf explizit nicht vorgesehen, was wir begrüßen. Derzeit werden BürgerInnen in den meisten Fällen für Auskunftsbegehren keine Gebühren verrechnet, einige Städte und Gemeinden, insbesondere in Niederösterreich, verrechnen jedoch Bundesgebühren und Verwaltungsabgaben für Anfragen, was einen großen Verwaltungsaufwand mit sich bringt. Städtebund und Gemeindebund fordern auch hier eine Verschlechterung gegenüber dem Status Quo.

Was all diese Einschränkungen und Erschwernisse Sie, die Antragsteller:in, vor allem kosten würde, ist ein umfassendes Recht auf Information.

Informationsfreiheitsbeauftragte:r

Ein:e Informationsbeauftragte:r, die sowohl die Bürger:innen als auch die Behörden in diesem Prozess begleiten und beraten könnte, ist in dem Gesetzesentwurf übrigens nicht vorgesehen. Zwar fordern der Städte- und Gemeindebund, dass eine “Stelle auf Bundesebene”, die Gemeinden unterstützt und bei Abwägungsschwierigkeiten helfe, aber “zusätzliche bürokratische Strukturen wie etwa ein „Informationsbeauftragter“ werden abgelehnt. Nur Wien schreibt, es solle „als Beratungsinstanz eine unabhängige und weisungsfreie mit den Agenden der Informationsfreiheit beauftragte Person gesetzlich vorgesehen werden. Internationale Beispiele im Bereich der Informationsfreiheit zeigen, dass eine entsprechende unabhängige Einrichtung oftmals vorgesehen ist.“

Die analysierten Stellungnahmen
Länder: Niederösterreich, Steiermark, Wien, Verbindungsstelle der Bundesländer, Tirol, Vorarlberg, Burgenland, Salzburg, Kärnten. Ministerien für Justiz, Öffentlicher Dienst und Sport, Landesverteidigung, Landwirtschaft, Wirtschaft, Bildung, Äußeres, Gesundheit, Arbeit. Städtebund, Gemeindebund.

Georg Holzer – ein Bürger, der einen Unterschied machte

Nachruf auf einen Mitbegründer unserer Initiative, der zu früh ging, und uns viel hinterließ.

„In Zukunft wird es für ALLE Ämter schwieriger, 
Zahlen und Daten vor den Bürgern geheim zu halten.“
– Georg Holzer, 2012

Amtsgeheimnis.at war unsere erste Initiative. Ein Watchblog, das dokumentieren sollte, „was Österreichs Bürger nicht wissen dürfen“. Es war Ende 2010, die Zeit als in Österreich von einer kleinen Community von Engagierten gerade entdeckt wurde, wie man die verkrusteten Verwaltungsstrukturen der Republik („das hamma scho immer so g’macht“) und die intransparente Politik der Parteien („werden das in den Gremien besprechen“) ein wenig aufbrechen könnte könnte: und zwar mit Hilfe dieses Internets („Neuland“, wie es Angela Merkel damals noch nannte). Ein Fenster, durch das man helles Licht und frischen Wind in die Amtstuben und Hinterzimmer bringen könnte. 

Einer davon war Georg Holzer. Einer, der wirklich was verändern wollte. So haben wir ihn kennengelernt. Ein Bürger, im besten Sinn des Wortes. Der es nicht hinnehmen wollte, dass sich’s die Mächtigen richten können, und einen dann auch noch für dumm verkaufen. Und der am Ende dadurch einen Unterschied machte.

Georg Holzer

Er war einer der ersten, denen ich von unseren Plänen zu Amtsgeheimnis.at erzählte. Und er war begeistert: Das Internet dafür zu nutzen, um das Schweigen zum Thema zu machen – das gefiel ihm. Denn Georg glaubte an die Kraft der Öffentlichkeit, an die Gestaltung des Staates durch aktive Bürgerinnen und Bürger.

Er war uns sogar schon einen Schritt voraus: Georg Holzer brachte die erste politisch relevante Klage nach Auskunftspflichtgesetz ein. Ende 2009 wollte er vom Amt der Kärntner Landesregierung wissen, wieviel Steuergeld der Bürgerinnen und Bürger der Kärntner Landeshauptmann und seine Landesräte als „Land Kärnten“ just im Wahlkampfjahr davor ausgegeben hatten. Er wollte es einfach nicht hinnehmen, dass sich Politiker mit staatlichem Geld einen Vorteil für ihre private Partei verschaffen konnten.

Das Land Kärnten verweigerte ihm die Antworten. Begründung: Es sei zu viel Aufwand das zu erheben. Darauf klagte Georg Holzer das Land beim damals zuständigen Unabhängigen Verwaltungssenat. Der stützte sich nur auf die Aussagen des Landes und entschied wieder: Zu viel Aufwand fürs Land Kärnten, keine Info für Bürger Holzer.

Doch Georg gab nicht auf. Er, der Bürger, nahm den Aufwand auf sich das Verfahren drei Jahre lang zu führen. Die Urteile aus zwei Instanzen bereits gegen sich, klagte er schließlich vorm Höchstgericht: dem Verwaltungsgerichtshof. Und er gewann. Das Höchstgericht entschied für ihn; und damit für die Bürgerinnen und Bürger.

Georg Holzer hatte damit ein richtungsweisendes Urteil erreicht. Wenn seither in anderen Verfahren entschieden werden muss, stützen sich Richterinnen und Richter immer wieder auch auf dieses Urteil.

Georg hat damit auf jedenfalls eines gemacht: einen Unterschied. Es ist schön zu wissen, dass ihm das damals schon bewusst war. In seinem Blog hielt er in klaren Worten fest: „Mein Fazit des VwGH-Urteils: In Zukunft wird es für ALLE Ämter schwieriger, Zahlen und Daten vor Bürgern geheim zu halten.“

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Nur kurze Zeit danach schrieb er uns: „Hallo, ich spiele mich mit dem Gedanken so etwas wie in Hamburg auf die Beine zu stellen. Dort entstand ein Transparenzgesetz aus einer Bürgerbewegung. Ich rede in den nächsten Wochen mit ein paar Leuten, ob das Ganze in Kärnten Sinn machen würde. Frage: Planst du etwas mit deiner Domain transparenzgesetz.at?“

Wir planten bereits. Und Georg plante sofort mit. Wenige Wochen später startete die bundesweite Kampagne Transparenzgesetz.at zur Abschaffung des Amtsgeheimnisses, die das Thema eines Informationsfreiheitsgesetzes erstmal auf die Agenda der damaligen Bundesregierung und seither zwangsläufig all ihrer Nachfolger:innen setzte. Denn ein Informationsfreiheitsgesetz macht nicht nur in Kärnten Sinn, sondern in ganz Österreich. Und Georg Holzer wurde von der neuen Landesregierung sogar als Transparenzexperte eingeladen, wie man sowas für Kärnten umsetzen könnte.

Unsere erste Mail nach Launch der Kampagne Transparenzgesetz.at

… enthielt die Liste der InitiatorInnen …

… prominent dabei: Georg Holzer.

Verfahren wie seines führen wir seither im Dutzend, und immer mehr Journalist:innen in ganz Österreich erkennen die Notwendigkeit solcher Klagen nach dem Auskunftspflichtgesetz, und trauen sich immer öfter drüber.

Die Idee von Transparenz und Informationsfreiheit hat sich mittlerweile breit verankert, fast so breit wie das Internet selbst. Die kleine Community von Engagierten ist mittlerweile groß geworden, und das Verlangen nach Antworten eine Selbstverständlichkeit.

Georg Holzer hat den Grundstein dafür gelegt. Mit seinem Engagement.
Es wird seinen festen Platz in unserer Geschichte haben,
in jener der Republik, und in jener seiner Bürgerinnen und Bürger.

Wir danken Dir dafür.
Das Forum Informationsfreiheit (FOI)

Forum Informationsfreiheit kritisiert Geheimhaltung von Beinschab-Studien durch das Finanzministerium

Das Forum Informationsfreiheit zeigt sich äußerst verwundert, dass das Finanzministerium selbst nach Fertigstellung des Berichts der Internen Revision offenbar beschlossen hat, die bei „Research Affairs“ beauftragten Studien weiterhin geheim zu halten. Damit wird es der interessierten Bevölkerung, aber auch Journalisten verunmöglicht, sich ein eigenes Bild über die Qualität der durch die Behörde unter Einsatz von mehr als einer Million Euro an Steuergeld beauftragten Studien zu bilden.

Gegenüber FOI-Vorstand Markus Hametner wurde die Auskunftsverweigerung damit begründet, dass es keine gesetzliche Grundlage für Anfragen zur Weitergabe von Dokumenten gebe. „Das ist absurd, weil ich dem BMF die Rechtsgrundlage schon in meiner Anfrage übermittelt hatte: eine eindeutige Entscheidung des Höchstgerichts zu meiner Anfragen auf Übermittlung des Eurofighter-Vertrags“, so Hametner. Das Bundesverwaltungsgericht hat Hametner mittlerweile Recht gegeben, das Verteidigungsministerium muss die Eurofighter-Kaufverträge herausgeben, mit Ausnahme der (wenigen) noch geheimzuhaltenden Stellen. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Das Finanzministerium behauptet währenddessen weiterhin, dass man einfach nicht nach Dokumenten fragen dürfte – und verschickt Briefe mit Aufforderung, sich innerhalb von 2 Wochen auszuweisen, weil sonst der Verfahren eingestellt wird.

Dem Falter wurde offenbar ein anderer Grund für die Geheimhaltung genannt: die Veröffentlichung würde Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gefährden. „Die Studieninhalte werden wohl allen bekannt sein, denen in ihrem Zusammenhang Vorwürfe gemacht werden. Eine ähnliche vorgeschobene angebliche Gefährdung von Ermittlungen hatten wir bei den Eurofighter-Gegengeschäften. Der Geheimhaltungsgrund verpuffte nach einem politischen Umdenken – trotz unverändert aufrechter Ermittlungen der Staatsanwaltschaft“, so Hametner, der mit Unterstützung des Forum Informationsfreiheit 2015 Beschwerde gegen die Geheimhaltung der Eurofighter-Gegengeschäfte einbrachte – und Recht bekam.

Der Inhalt der von Research Affairs für das Finanzministerium durchgeführten Umfragen ist klar von öffentlichem Interesse: es geht um Vorwürfe, dass vom Ministerium mit Steuergeld beauftragte Studien parteipolitisch für die ÖVP relevante Fragen abgetestet haben – und diese dann als Teil von Inseratenschaltungen in der Zeitung Österreich platziert wurden.  

Das Forum Informationsfreiheit regt an, dass sich der Finanzminister an die Aussage seines ehemaligen Parteichefs Sebastian Kurz in Alpbach halten sollte. Im Jahr 2016 sagte dieser während einer Panel-Diskussion: „Wenn der Steuerzahler eine Studie finanziert, wenn der Steuerzahler Statistiken finanziert, wenn der Steuerzahler Erhebungen finanziert, wenn der Steuerzahler Informationen möglich macht, die in Ministerien gesammelt werden, dann sollte auch der Steuerzahler ein Recht darauf haben, darauf zuzugreifen.“

Der Falter hat schon angekündigt, gegen die Geheimhaltung Beschwerde einlegen zu wollen. Auch das Forum Informationsfreiheit wird dies tun. Die Behörde könnte jedoch jederzeit ihren Ermessensspielraum wahrnehmen und dem schon gut ausgelasteten Bundesverwaltungsgericht ein Verfahren sparen. Lässt es das Ministerium auf ein Verfahren ankommen, dann blühen allen Beteiligten lange Verfahrens- und Wartezeiten. Das Forum Informationsfreiheit hat einen Bescheid beantragt, in dem das Finanzministerium die Geheimhaltung der Studien begründen muss. Mit der Ausstellung kann sich das Ministerium jetzt bis zu sechs Monate Zeit lassen.

Parteienfinanzierung: Forum Informationsfreiheit begrüßt Rechnungshof-Initiative 

Transparenz-NGO für Straftatbestand der illegalen Parteienfinanzierung und volle Transparenz noch vor dem Wahltag

Das Forum Informationsfreiheit (FOI) begrüßt, dass der Rechnungshof die Befangenheiten der Parteien und ParteipolitikerInnen durchbricht, und als unabhängige Instanz einen sehr guten Vorschlag für mehr Transparenz und Kontrolle der Parteienfinanzierung gemacht hat, der sich gut mit weiteren nötigen Punkten ergänzen lässt.

Das FOI hält darüber hinaus unter anderem einen Straftatbestand für illegale Parteienfinanzierung für Verantwortliche in den Parteien für nötig, damit in schweren Fällen auch die Staatsanwaltschaft tätig werden und ermitteln kann. Als Vorbild kann hier Deutschland dienen, aber auch das Beispiel Frankreich zeigt, dass derartige Gesetzesverstöße in anderen Ländern zu klaren Konsequenzen führen.

Ebenso muss ein „gläsernes Wahlkampfkonto“ vor der Wahl das Gebot der Stunde sein, nicht erst ein veröffentlichter Bericht sechs Monate nach der Wahl. Anleihen könnte man sich hier an Nachbarn im Osten nehmen, insbesondere am Modell der Slowakei, wo die Öffentlichkeit in Echtzeit online Wahlkampfkonten von Parteien und KandidatInnen einsehen kann. „Die Bürgerinnen und Bürger müssen nachvollziehen können, wie die Parteien ihren Wahlkampf finanzieren, und zwar bevor sie ihre Stimme am Wahltag abgeben“, sagt FOI-Vorstand Mathias Huter.

FOI-Vorstand Huter dankt jedoch RH-Präsidentin Margit Kraker seitens der Transparenz-NGO für die wichtige Initiative und ist „überzeugt, dass sich diese und andere nötigen Erweiterungen auf Basis des neuen Entwurfs sicher noch gut ergänzen lassen.“

Zusammen mit dem dem Parteienfinanzierungs-Experten und FOI-Beirat Hubert Sickinger hat das Forum Informationsfreiheit zuletzt 2019 die Regelungen zu den Parteifinanzen im Detail analysiert und umfassende Reformvorschläge vorgelegt. Auf Parteispenden.at versucht das FOI außerdem, Licht ins Dunkel der Parteifinanzen zu bringen – was jedoch wegen der Lücken im Gesetz und den mit mehreren Jahren Verzögerung erscheinenden Rechenschaftsberichten der Parteien nur bedingt möglich ist.

 

Rückfragen: 

Mathias Huter
Vorstand, Forum Informationsfreiheit
mathias.huter@informationsfreiheit.at
0699 126 39 244

Datenlöschungen im Kanzleramt würde Auskunftspflicht-Verfahren von Transparenz-NGO betreffen

Forum Informationsfreiheit fordert sofortigen Stopp der geplanten Datenlöschung – NGO beantragte schon am 5. Oktober die Übermittlung von Kalendereinträgen aus 2020 – Keine Notwendigkeit für Löschung, sondern demokratiepolitische Notwendigkeit der Aufbewahrung.

Das Forum Informationsfreiheit (FOI) zeigt sich entsetzt, dass nach seiner Forderung nach Löschverboten für Informationen über Amtsgeschäfte und einem Dokumentationsgesetz offenbar große Löschaktionen im Bundeskanzleramt (weiter) geplant wurden. Laut einem Bericht des STANDARD sollten E-Mails und Kalendereinträge, die älter als ein Jahr sind, am 10. November automatisch gelöscht werden.

 

Die Transparenz-NGO hält eine Löschung von Kommunikationsdaten und Kalendereinträgen für demokratiepolitisch höchst problematisch, da die Nachvollziehbarkeit der Entscheidungsprozesse im ersten Halbjahr der Pandemie und zu zahlreichen weiteren politischen Themen dadurch erschwert, auch die Klärung der politischen Verantwortung nahezu verunmöglicht würde.

 

Deswegen hatte das Forum Informationsfreiheit schon am 5. Oktober jene Kalendereinträge auf Basis des Auskunftspflichtgesetz angefragt, die seit der Regierungsbildung im Jahr 2020 von hohen Mitarbeitern – auch Kabinettsmitarbeitern – angefertigt wurden. Diese Informationen sind nach Ansicht des FOI aktuell Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Verfahrens – und damit Beweismittel.

 

„Es ist uns kein Rechtsmittel ersichtlich, mit dem wir eine angedachte Löschung bis zur Entscheidung über diese Anfrage effektiv verhindern können.“, so Anfragesteller und Vorstandsmitglied des Forum Informationsfreiheit Markus Hametner. „Sollte die Löschung doch noch vorgenommen werden, würde das laufende Auskunftsverfahren wohl ins Leere laufen.“ Damit entstünde beim Forum Informationsfreiheit der begründete Verdacht etwaiger Beweismittelunterdrückung betreffend ein Verwaltungsverfahren gemäß § 295 StGB durch MitarbeiterInnen des Bundeskanzleramts.

 

„Wir sehen die Notwendigkeit nicht, Informationen über die Zusammenarbeit in der Verwaltung zu löschen – im Gegenteil: es gibt eine demokratiepolitische Notwendigkeit, die Informationen zu sichern. Die Regierung muss eine volle Aufklärung von Vorwürfen ermöglichen und Transparenz sicherstellen, um das schwer beschädigte Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Politik wieder zu reparieren. Eine Datenlöschung wäre ein völlig gegenteiliges Signal an die Öffentlichkeit, nämlich dass Aufklärung verhindert werden soll und die Notwendigkeit für mehr Nachvollziehbarkeit und Offenheit von der Regierung nicht erkannt wird“, sagt FOI Vorsitzender Mathias Huter.

 

In Irland ist die Löschung von Informationen nach Erhalt einer sie betreffenden Anfrage explizit strafbar. Außen- und Verteidigungsminister Simon Coveney behauptet aktuell, Nachrichten gelöscht zu haben, bevor sie angefragt wurden. Andere Länder haben noch strengere Regeln, nach denen Löschungen nur dann straffrei bleiben, wenn sie im Einzelfall durch eine unabhängige Archivbehörde genehmigt wurden. Das fordert das Forum Informationsfreiheit auch für Österreich.

 

Anfragen nach Kalendereinträgen des irischen Ministers wurden übrigens vollständig beantwortet, in zahlreichen anderen Demokratien sind die Kalender politischer Entscheidungsträger ohnehin frei online zugänglich.

 

Erst am Dienstag hatte das Forum Informationsfreiheit ein Dokumentationsgesetz und ein Löschverbot für berufliche Kommunikation von AmtsträgerInnen gefordert. Ein entsprechender Entschließungsantrag wurde von der SPÖ im Nationalrat eingebracht.

Korruptionsaffäre: Transparenz-NGO fordert Löschverbot für Handys von Amtsträgern der Republik

Forum Informationsfreiheit fordert volle Aufklärung und umfassende Transparenzregeln:

  • Dokumentationsgesetz soll Amtsträger zu beruflichen Kommunikationsgeräten verpflichten und das Löschen von Nachrichten unter Strafe stellen
  • Beschluss eines effektiven Informationsfreiheitsgesetzes darüber hinaus nun Gebot der Stunde

WIEN – Das Forum Informationsfreiheit (FOI) ortet dringenden Handlungsbedarf für schärfere Transparenzgesetze: Berichte über mutmaßlich missbräuchliche Verwendung von Steuergeld für persönliche und parteipolitische Zwecke müssten bei den Verantwortlichen alle Alarmglocken schrillen lassen. Das FOI fordert daher nicht nur volle Aufklärung der bisherigen Vorgänge, sondern vor allem umfassende Transparenzregeln für die Zukunft.

Nachdem erste politische Konsequenzen gezogen wurden, sei es nun das Gebot der Stunde, ein effektives Informationsfreiheitsgesetz zu beschließen, das den Namen auch verdiene. „Es gilt nicht nur, Amtsmissbrauch und Korruption in Zukunft zu verhindern, sondern auch das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in Politik und Verwaltung zurückzugewinnen. Das geht nur mit echter Transparenz und echter öffentlicher Kontrolle”, sagt Mathias Huter, Vorstand des Forum Informationsfreiheit.

Darüber hinaus fordert das Forum Informationsfreiheit ein neues Dokumentationsgesetz, das Amtsträger der Republik zu beruflichen Kommunikationsgeräten verpflichtet und das Löschen von Nachrichten auf offiziellen Geräten und Kanälen unter Strafe stellt.

„Wenn eine solche Affäre erst fünf Jahre später bekannt wird, und dann nur durch einen Zufallsfund, zeigt das, wie sehr es Reformen braucht, um Machtmissbrauch effektiv zu verhindern“, so Mathias Huter.

Politische Verantwortung darf nicht verschleiert werden können

Mit der Kommunikation über Handys werde immer mehr Macht ausgeübt und damit Fakten geschaffen: Staatliches Handeln müsse dabei nachvollziehbar bleiben, Entscheidungsprozesse von Amtsträgern im Nachhinein rekonstruierbar sein, um die politische Verantwortung klären zu können.

Die Nichtlieferung von Akten und das Zurückhalten von Emails von Ministern im U-Ausschuss sowie die Nutzung privater Handys durch den ehemaligen Bundeskanzler hätten gezeigt, wie die Kontrollfunktion des Parlaments durch die Regierung konterkariert werden kann.

Diensthandys kein rechtsfreier Raum

Es könne nicht sein, dass die Republik mit den geschaffenen Fakten leben müsste, aber die politisch Verantwortlichen ihre Spuren verwischen könnten, und sich damit ihrer Verantwortung entledigen. Daten von Diensthandys müssten genauso gesichert werden, wie alle anderen Kommunikationsdaten der Ministerien auch, damit die Kontrollfunktion wahrgenommen werden kann. Denn Diensthandys dürfen kein rechtsfreier Raum sein. Das gelte auch für Handys und Mails von Kabinettsmitarbeitern.

„Um Missbrauch und Korruption in Zukunft so weit wie möglich zu erschweren und zu verhindern, braucht es einen Paradigmenwechsel. Wo es Macht gibt, braucht es Transparenz um Kontrolle sicherzustellen. Das lässt sich nur mit einer lückenlosen Dokumentation und Archivierung der beruflichen Kommunikation von Amtsträgern gewährleisten“, sagt Huter.

Löschverbote in anderen Staaten bereits verankert

Eine rasche Umsetzung eines starken Transparenzgesetzes würde öffentliche Kontrolle ermöglichen und den Missbrauch von öffentlichen Geldern und anvertrauter Macht verhindern, da sich das Risiko für die Beteiligten, ertappt zu werden, massiv erhöhen würde.

In anderen Ländern sei man da bereits weiter: In Deutschland wurde die Debatte bereits im vergangenen Jahr begonnen, in Irland wurden Ermittlungen gegen einen Minister nach einer Löschung gestartet – und englischsprachige Staaten wie die USA oder Neuseeland hätten schon lange klare Löschverbote in ihren Gesetzen.

Auto-Burn-Funktionen absolutes No-Go, Kontrollstelle soll Ausnahmen genehmigen

Ein Transparenzgesetz wie das Informationsfreiheitsgesetz kann jedoch keine Nachvollziehbarkeit sicherstellen, wenn Amtsträger ihre Kommunikation über private Handys und Email-Konten führen dürfen, und Daten einfach ohne Konsequenzen vernichten können.

Vor allem Messenger-Apps oder Software mit “Auto-Burn”-Funktion, wie sie zuletzt in Ministerien angeschafft oder angedacht worden sein sollen, seien daher ein absolutes No-Go im Verwaltungsbereich. Auch das Löschen beruflicher Terminkalender dürfe es in Zukunft nicht mehr geben, so FOI-Vorstand Mathias Huter.

Derzeit überlasse das Archivgesetz dem Personal in Behörden die Entscheidung, ob ihre eigene Kommunikation zu archivieren sei. “Kommunikation wird in der Regel nur archiviert, wenn sie einem bestimmten Akt zugeordnet wird“, so FOI-Vorstandsmitglied Markus Hametner. „Das muss in Zukunft anders sein: Löschungen dürften nur in Ausnahmefällen erfolgen, und müssten bei einer eigenen Stelle explizit beantragt und genehmigt werden“.

Wichtiger Nebeneffekt: Ein Verbot, das private Smartphone für Republiks-Angelegenheiten zu nutzen, sei schon im Sinne der Informationssicherheit staatlicher Information wichtig.

Rückfragehinweis: 

Mathias Huter,
Vorsitzender, Forum Informationsfreiheit
mathias.huter@informationsfreiheit.at
+43 699 126 39 244

Veröffentlichung des Eurofighter-Vertrags: Zwischenerfolg für Forum Informationsfreiheit vor dem VwGH

  • Höchstgericht: Fragen um Dokumentenübermittlung fallen unter das Auskunftspflichtgesetz, Zugang zu Eurofighter-Kaufvertrag grundsätzlich im öffentlichen Interesse
  • Anfrage aus dem Jahr 2015 nunmehr zum vierten Mal beim Bundesverwaltungsgericht

 

Sechseinhalb Jahre nach der Anfrage des Kaufvertrags der Eurofighter vom Verteidigungsministerium – und zweieinhalb Jahre nachdem das Forum Informationsfreiheit eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht hat – hat FOI-Vorstandsmitglied Markus Hametner eine positive Zwischenentscheidung des Höchstgerichts erhalten. Die Anfrage falle tatsächlich unter das Auskunftspflichtgesetz, so der Verwaltungsgerichtshof (VwGH). Das Ministerium hatte argumentiert, eine Anfrage nach der Übermittlung des Vertrags sei nicht vom Auskunftspflichtgesetz gedeckt. Der VwGH konnte nicht erkennen, wie der Zugang zu den angefragten Informationen „des ursprünglichen und des abgeänderten Kaufvertrags bezüglich [der] Anschaffung von Flugzeugen des Typs Eurofighter Typhoon“ nicht im öffentlichen Interesse wäre.

Entscheidung stärkt Recht auf Dokumenteneinsicht für JournalistInnen und NGOs

Damit fällt das immer wieder durch Behörden vorgebrachte Argument, Anfragen nach Dokumenten seien nicht durch das Auskunftspflichtgesetz durchsetzbar. Die VwGH-Entscheidung folgt den Argumenten des Forum Informationsfreiheit und stärkt damit die Position von JournalistInnen und zivilgesellschaftlichen Organisationen („Public Watchdogs“), Dokumente durch Anfragen zu erhalten. Auch wenn Österreich ohne Informationsfreiheitsgesetz weiterhin das letzte Land der Europäischen Union bleibt, in dem das Recht auf Zugang zu staatlichen Dokumenten für Bürgerinnen und Bürger immer noch nicht im Gesetz steht. 

Sechs Jahre Verfahren und kein Ende in Sicht

Die Entscheidung zeigt allerdings erneut, wie unzulänglich der Rechtsweg ist, um das Recht auf Informationszugang in Österreich durchzusetzen. Schon das Bundesverwaltungsgericht hat erst im dritten Anlauf entschieden – zwischen 2015 und 2017 wurde dem Verteidigungsministerium drei Mal Gelegenheit gegeben, die Begründung für die Informationsverweigerung zu verbessern, da die Argumentation der Auskunftsverweigerung jeweils mangelhaft war. Die Verfahrenskosten – glücklicherweise nur 30 Euro – fielen damit drei Mal an. Die erste Entscheidung in der Sache – mit der entschieden wurde, dass der Zugang zu den Verträgen nicht zu erteilen ist – wurde nun vom Höchstgericht gekippt.

Selbst auf die Einleitung(!) des Verfahrens am VwGH musste Markus Hametner fast eineinhalb Jahre warten: Im April 2019 reichte Hametner Revision gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ein. Erst am 3. August 2020 wurde das Verfahren eingeleitet und die Behörde zur Stellungnahme aufgefordert.

Intransparenz heimischer Groß-Beschaffungen 

Für das Forum Informationsfreiheit ist klar: „Das Vertragswerk  ist ganz klar von höchstem öffentlichem Interesse”, sagt FOI-Vorstandsmitglied Markus Hametner, “das wurde nun auch gerichtlich bestätigt. Die Bürgerinnen und Bürger haben also ein Recht auf diese Information – und es gibt keine Rechtfertigung für Politik und Verwaltung es den Bürgerinnen und Bürgern weiter vorzuenthalten.“

Warum die Unterlagen um korruptionsumwitterten Eurofighter-Kauf, der schon Gegenstand mehrerer parlamentarischer Untersuchungsausschüsse war, nicht schon proaktiv veröffentlicht wurden, ist nicht nachvollziehen. Die wenigen Vertragsdetails, die tatsächlich noch geheim bleiben müssten, weil bei ihnen das öffentliche Interesse nicht überwiegt – könnten leicht geschwärzt werden. 

2014 hatte Hametner vom britischen Verteidigungsministerium einen Eurofighter-Kaufvertrag des vereinigten Königreichs angefragt – und erhielt daraufhin ein mehrere tausend Seiten umfassendes Vertragswerk, dass zwar einige Schwärzungen enthielt, aber klar als militärisch nicht sensibles Dokument eingeordnet war.  

„Eine unserer Forderungen ist, generell alle Kaufverträge der öffentlichen Hand proaktiv offen zu legen. Da die Regierung das selbst – mit einer Kostengrenze ab 100.000 Euro – schon im Entwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz vorgesehen hat wäre dieser Fall eine gute Gelegenheit, mit gutem Beispiel voran zu gehen“, so Mathias Huter, Vorstandsvorsitzender des Forum Informationsfreiheit. Tatsächliche militärische Geheimnisse könnten weiterhin geschwärzt werden.

Das Verfahren – also die Frage, ob der Eurofighter-Kaufvertrag nun endlich herausgegeben werden wird –  muss nun erneut vom Bundesverwaltungsgericht entschieden werden – sechseinhalb Jahre nach der ursprünglichen Anfrage.

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Wir suchen Nominierungen für „Mauer des Schweigens” – Verleihung am 28. September

Im Rahmen des „International Right to Know Day”, der von Transparenz-Aktivisten und der UNESCO am 28. September 2018 gefeiert wird, verleihen wir dieses Jahr wieder die „Mauer des Schweigens” – einen Preis für besondere Bemühungen um die Verweigerung amtlicher Antworten und die Geheimhaltung von Informationen öffentlichen Interesses vor den Bürgerinnen und Bürgern.

Bis 20. September nehmen wir deswegen Ihre Nominierungen entgegen: 

Wenn Ihnen Informationen, die im öffentlichen Interesse wären, verweigert wurden, freuen wir uns über Einreichungen in folgendem Formular.

Zum Einreichformular

Den Preis verleihen wir am 28.09.2021 per Aussendung und Newsletter.

In den vergangenen Jahren ging der Negativ-Preis für die Verhinderung von Transparenz u.a. an die Bundesregierung für die Intransparenz rund um Corona, an das Innenministerium (für das Zutrittsverbot für Journalisten zum Flüchtlingslager Traiskirchen), an den Stadtschulrat Wien (für die Weigerung, Eltern Einsicht in die Lesetests ihrer Kinder nehmen zu lassen) und an die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP (für das nicht gehaltene Versprechen, das Amtsgeheimnis abzuschaffen).

Gibt es Transparenz-Vorreiter?

Dieses Jahr suchen wir außerdem erstmals Nominierungen für einen Transparenz-Positivpreis: Sie können äußerst positive Erfahrungen nominieren, die Sie mit auskunftsfreudigen Behörden gemacht haben – oder Sie nominieren die  Behörde, für die Sie arbeiten, die sich als besonders transparent wahrnimmt! Wir können jedoch nicht garantieren, dass dieser tatsächlich verliehen wird – es bräuchte mehrere Nominierungen für echte Anstrengungen in Richtung Transparenz.

 

Offener Brief von NGOs zum Gesetzgebungsprozess Informationsfreiheitsgesetz

Forum Informationsfreiheit, Amnesty International, Presseclub Concordia, Epicenter.works, Ökobüro, Reporter ohne Grenzen Österreich und WWF Österreich wenden sich heute per offenem Brief an die Ministerinnen, die für den Gesetzgebungsprozess zum Informationsfreiheitsgesetz zuständig sind. Wir fordern einen auch nach der ersten Begutachtungsphase offenen Gesetzgebungsprozess: zumindest ein öffentliches Hearing mit den Autoren des Gesetzes sowie einen klaren Zeitplan.

Außerdem fordern wir, dass die vorgesehene Veto-Möglichkeit für alle Landeshauptleute bei künftigen Gesetzesänderungen entfällt. „International bewährte Vorgangsweise wäre, nach wenigen Jahren eine Evaluierung des Gesetzes durchzuführen und entsprechende Nachschärfungen vorzunehmen. Österreich plant genau das Gegenteil – eine Einzementierung in die Realverfassung, bei der jeder falsche Beistrich, jeder vage Begriff, jede international unüblich lange Frist schwerer zu ändern wäre als die Bundesverfassung“, so Mathias Huter, Vorstandsvorsitzender des Forum Informationsfreiheit.

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Forum Informationsfreiheit: Entwurf für Amtsgeheimnis-Abschaffung stellt keinen Transparenz-Kulturwandel in Verwaltung sicher

Fehlender Informationsfreiheitsbeauftragter und mangelhafter Rechtsschutz sind zentrale Schwachstellen des Informationsfreiheitsgesetzes

Wien – 15 April 2021. Der Regierungs-Entwurf für das Informationsfreiheitsgesetz, mit dem das Amtsgeheimnis abgeschafft und ein Bürgerrecht auf Zugang zu staatlicher Information eingeführt werden soll, würde zwar Verbesserungen im Vergleich zur aktuellen Rechtslage bringen, in vielen wichtigen Aspekten ist der Entwurf jedoch äußerst unambitioniert. Das betont das Forum Informationsfreiheit (FOI), das sich seit Jahren für ein internationalen Standards entsprechendes Informationsfreiheitsgesetz einsetzt, in einer ausführlichen Stellungnahme. Österreich ist das letzte demokratische Land Europas ohne Bürgerrecht auf Zugang zu staatlichen Dokumenten.

„Das selbstgesetzte Ziel der Regierung, dass Bürgerinnen und Bürger in Zukunft rasch, unbürokratisch und ohne finanziellen Aufwand Informationen und Dokumente erhalten können, wird in der vorliegenden Fassung nicht erreicht. Insbesondere dann nicht, wenn es um politisch relevante Informationen geht, die eine staatliche Stelle nicht öffentlich machen möchte. Unsere Erfahrung zeigt: monatelange Fristen werden von Politik und Behörden oft ausgereizt. Die Verwaltungsgerichte, die im Streitfall entscheiden, können angefragte Informationen nicht einmal selbst einsehen, und Behörden können sogar höchstgerichtliche Entscheidungen zur Transparenz einfach ignorieren“, so FOI-Vorstandsvorsitzender Mathias Huter.

Zentrale Schwäche: Fehlen einer unabhängigen Kompetenz-Stelle

Zentrale Schwäche des Gesetzesentwurfs ist das Fehlen einer unabhängigen Kompetenz-Stelle in Form eines/r unabhängigen Informationsfreiheitsbeauftragten, die Behörden umfassend bei der Auslegung und Anwendung von Transparenz-Bestimmungen beraten, als Anlaufstelle für BürgerInnen im Streitfall rasch und unbürokratisch über die Herausgabe von Informationen entscheiden, und die Umsetzung des Gesetzes kontrollieren würde.

„Ohne Informationsfreiheitsbeauftragte wird es keinen Kulturwandel in Politik und Verwaltung hin zu mehr Transparenz und Offenheit geben. In vielen europäischen Ländern zeigt sich klar, dass Informationsfreiheit in der Praxis nur gelebt wird, wenn es eine Kompetenz- und Kontrollstelle für staatliche Transparenz gibt. Ohne solche Stelle steht zu befürchten, dass BürgerInnen ihr Recht auf Zugang zu staatlicher Information kaum durchsetzen werden können, und dass Behörden weiterhin bei Anfragen zu politisch brisanten Themen mauern können, ohne Konsequenzen und Sanktionen befürchten zu müssen”, sagt Huter.

Echte Kontrolle kann weiterhin verhindert werden

„So kann echte öffentliche Kontrolle darüber, wie Steuergeld und öffentliche Ressourcen verwendet werden und auf welcher Informationsbasis die öffentliche Hand Entscheidungen trifft, auch in Zukunft effektiv verhindert werden”, sagt Huter.

Eine vierwöchige Frist bis zur Auskunftserteilung, die noch verlängert werden kann, untergräbt die Möglichkeit für JournalistInnen und die Zivilgesellschaft, rasch wichtige Informationen zu aktuellen Diskussionen erhalten zu können. Die vorgesehene automatischen Veröffentlichung von staatlichen Verträgen und Informationen allgemeinen Interesses sollte deutlich ambitionierter gestaltet werden. „Hier gibt es keinen Mechanismus, der die Veröffentlichungspflicht mit Leben erfüllt – wie bei Open Data wird es viele Behörden geben, die sich dafür einsetzen – und einige, die ihre Pflichten ohne Konsequenzen vernachlässigen.“

Hauptsächlich gesetzliche Festschreibung schon geltender Gerichtsentscheidungen

Der Gesetzesentwurf ist eine Verbesserung gegenüber früheren Entwürfen und den derzeit geltenden Auskunftspflichtgesetzen und enthält wichtige Klarstellungen – etwa dazu, dass alle Arten von Informationen und auch Dokumente grundsätzlich anfragbar sind und dass – wenn Geheimhaltungsinteressen zutreffen – ein teilweiser Informationszugang statt vollständiger Geheimhaltung geboten ist. Viele dieser Klarstellungen sind jedoch Festschreibungen der aktuell aufgrund von Entscheidungen der Höchstgerichte und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte geltenden Rechtslage, über diese Mindeststandards wird kaum hinaus gegangen.

So ist zwar für Anfragen eine grundsätzliche Gebührenfreiheit vorgesehen, als erste Beschwerdeinstanz ist jedoch das Verwaltungsgericht vorgesehen, das nur gebührenpflichtig befasst werden kann. Diese Gebühren fallen auch dann an, wenn Behörden den Informationszugang klar zu Unrecht verweigern – und werden bei Erfolg vor Gericht nicht rückerstattet. FOI-Vorstandsmitglied Markus Hametner, der schon zahlreiche erfolgreiche Verfahren gegen Behörden geführt hat: „Gegen Behörden, die sich unwillig zeigen und das Mindestmaß an Transparenz anstreben, wird jedes Informationsbegehren ein bürokratischer Albtraum bleiben. Konsequenzen für Behörden, die sich intransparent zeigen, gibt es nicht – nur Gebühren und Mühen für Anfragesteller.“

Mathias Huter: „Seit Jahren beschwören Politiker und Parteien einen dringend nötigen Kulturwandel. Nun hätte die Politik die Gelegenheit, ihn durchzusetzen. Von Strukturen und Systemen, die ihn wirklich voran bringen könnten, ist in diesem Entwurf leider keine Spur.“

Bestrebungen verschiedener Institutionen, gegen Transparenz-Reformen im jeweiligen Einflussbereich aufzutreten, kritisiert das FOI: „All die in letzter Zeit ans Licht gekommenen Korruptions-Vorwürfe und Affären machen klar: Es braucht einen wirklich großen Wurf bei staatlicher Transparenz. Öffentliche Kontrolle muss nicht nur auf dem Papier, sondern in der Praxis sichergestellt werden.“

Das Forum Informationsfreiheit (FOI) engagiert sich seit zehn Jahren mit Projekten wie dem Watchblog Amtsgeheimnis.at, der Kampagne Transparenzgesetz.at und der Anfrageplattform FragDenStaat.at für ein Bürgerrecht auf Informationsfreiheit und ein transparentes Österreich. Es hat mehrfach Musterverfahren gegen Behörden geführt und wegweisende höchstgerichtliche Entscheidungen erreicht.

 

Rückfragen:
Mathias Huter, Forum Informationsfreiheit
0699 126 39 244
office@informationsfreiheit.at