20 November 2015 – For the first time ever journalists representing all European member states have teamed up to file complaints with the European Court of Justice against the European Parliament (EP). The institution refused to grant the journalists’ requests for access to information related to how the 751 Members of the European Parliament (MEPs) spend their allowances. Journalists filed complaints with the Court of Justice on 13 November. (The complaint concerning Irish MEPs will be filed in due course.)
The team of 29 journalists requested four years of copies of spending records of MEPs representing their own countries. Specifically, they asked for documents regarding the money MEPs receive on top of their salaries, including a general allowance, travel allowance, daily subsistence and funds for staffing. But the EP refused to open these expenditures to public scrutiny.
This European-wide freedom of information initiative – The MEPs Project – was formed in June when journalists representing all members of the EU teamed up and requested access to EP documents showing how, when and for what MEPs spent their general, travel, daily and staff allowances.
In 2014, according to the EP, 27 percent of the Parliament’s 1,756 billion euro budget was dedicated to MEPs’ expenses. This yearly amount of more than 474 million Euro consists of their salaries, costs for travel, offices and the pay of personal assistants. The European public is entitled to know how almost half a billion euros of its taxes is being spent. The European Parliament spends 3.2 million Euro each month solely on MEPs’ general expenditure allowance (almost 40 million Euro per year). No one is monitoring this spending. Meanwhile the MEPs, who are the only elected representatives of European citizens, have repeatedly voted down efforts to regulate this issue.
In September the European Parliament denied all of the journalists’ requests for access to information on the grounds of personal data protection, as well as an alleged excessive workload that granting access to these documents could cause. The EP also said it did not hold any documents related to how MEPs spent their general allowances.
The journalists are now turning to the European Court of Justice, seeking redress for the fact that the EP fails in its proclaimed function as the guardian of transparency, and thus disregards the Treaty of the EU.
“By simply denying access to requested documents the European Parliament is effectively granting MEPs the right to secretive public spending and giving them full immunity from public monitoring of their dealings. We argue that the reasons given to the reporters for denying their requests have no basis in any European regulation,” said the team’s lawyer Nataša Pirc Musar, Slovenia’s former Information Commissioner.
“The MEPs Project is unprecedented. This is the first known European-wide collaboration of journalists in the area of Freedom of Information, specifically regarding access to what we believe are inarguably public records of a European body. The MEPs’ allowances are intended to be spent exclusively for their professional, not personal needs, and should thus not be allowed to remain hidden from the European public,” said The MEPs Project’s leader, Slovenian journalist Anuška Delić.
A statement by the MEPs Project, including a list of journalists involved in it, is available here
Wien, 9. November 2015 – Das Forum Informationsfreiheit (FOI) kritisiert den heute veröffentlichten Entwurf des Informationsfreiheitsgesetzes scharf und sieht dringenden Nachbesserungsbedarf. „Das ist eine Verschlechterung, keine Verbesserung“, sagt der Vorstand des Forum Informationsfreiheit, Josef Barth. „Mit diesem Gesetz könnten Ämter noch mehr verheimlichen als bisher.“
Geheimhaltungsgründe zu breit formuliert
Laut Entwurf können BürgerInnen Informationen verwehrt werden, wenn durch die Veröffentlichung die „unbeeinträchtigte Vorbereitung einer Entscheidung“ beeinträchtigt würde. So würde etwa der Transparenz von Lobbyingaktivitäten ein Riegel vorgeschoben, bis ein Gesetz im Nationalrat verabschiedet ist. Ebenso könnten Bürgerinitiativen Studien verwehrt werden, bis das betroffene Projekt genehmigt ist.
Staatliche Stellen sollen laut Entwurf auch die Auskunft verweigern können, wenn dies im „wirtschaftlichen oder finanziellen Interesse einer Gebietskörperschaft“ ist – eine Formulierung, die auch bei kleinsten befürchteten Verlusten zutrifft und etwa zur der Geheimhaltung von Verträgen bei Privatisierungen und Beschaffungen missbraucht werden könnte.
Im Einzelfall muss zwischen dem Interesse der Öffentlichkeit und den berechtigten Interessen von Betroffenen abgewogen werden, um eine Balance der Rechte sicherzustellen – ein solcher „Public Interest Test“ ist derzeit im Gesetz nicht klar vorgesehen. Nur durch eine solche Überprüfung könnte etwa sichergestellt werden, dass beispielsweise Urheberrechtsansprüche von Anwaltskanzleien, die Vergabedokumente im Auftrag einer Behörde erstellt haben, nicht automatisch eine Geheimhaltung dieser Dokumente bedeuten.
Nach dem vorliegenden Entwurf, könnten Ämter Informationen nahezu willkürlich zurückhalten, wenn sie einfach behaupten, dass durch die Veröffentlichung ein Schaden entstehen würde. Der dafür international übliche „Harm Test“, mit dem die Behörde ihre Einschätzung auch beweisen müsste, fehlt aber im Gesetzesentwurf.
Wenn wie derzeit vorgesehen Landeshauptleuten erlaubt werden sollte, neue Geheimhaltungsgründe zur „Wahrung anderer gleich wichtiger öffentlicher Interessen“ zu erfinden, würde das verfassungsgemäße Bürgerrecht auf Informationsfreiheit komplett ausgehöhlt, was auch einen Rückschritt gegenüber der derzeitigen Regelung bedeuten würde.
Denn gegenwärtig darf das in der Verfassung verankerte Amtsgeheimnis zwar eingeschränkt, aber nicht ausgeweitet werden – dieser elementare Grundrechtsschutz würde durch die vorgeschlagene Bestimmung weitgehend ausgehebelt werden.
Was ist „Information“?
Essentiell ist nach Ansicht des Forum Informationsfreiheit, dass die Definition der Information, die von BürgerInnen verlangt werden kann, breit ausgelegt ist und internationalen Standards entspricht. Die im Entwurf verwendete Beschreibung von Information beschränkt sich auf „jede amtlichen bzw. unternehmerischen Zwecken dienende Aufzeichnung“ – eine für BürgerInnen wohl kaum verständliche Einschränkung. Außerdem definiert der Entwurf nicht veraktete Informationen, etwa Entwürfe und Notizen, nicht als „Information“, anstatt im Einzelfall die Abwägung von berechtigten Geheimhaltungsgründen zu erlauben. Diese Vorgehensweise würde es etwa kaum erlauben, Lobbying-Aktivitäten gegenüber der Verwaltung nachvollziehen zu können. „Dass die Regierung es für nötig hält, Allerweltsbegriffe zur Unkenntlichkeit umzudefinieren, zeigt wie wenig sie daran interessiert ist, echte Transparenz zuzulassen“, so Josef Barth.
Viele Bürger-Anfragen sind auf Seite der Behörde mittels einfacher Datenbankabfragen leicht beantwortbar – der derzeit vorliegende Gesetzesentwurf könnte so interpretiert werden, dass etwa eine durch Datenbankabfrage leicht verfügbare Information nicht veröffentlicht werden muss, da sie nicht als „Information“ definiert wäre. Auch könnte ein Passus, dass nur „gesichertes Wissen“ und „Tatsachen, die bereits bekannt sind“ an BürgerInnen herausgegeben werden würfen, eine Hintertüre zur Informationsverweigerung bieten – wie es auch jetzt gängige Praxis ist, etwa im kürzlich von uns gewonnenen Fall der Eurofighter-Gegengeschäfte.
Essentiell ist, dass BürgerInnen rasch Antworten auf ihre Fragen bekommen. Eine Frist für Behörden, Anfragen innerhalb von 15 Arbeitstagen zu beantworten (mit Möglichkeit um Verlängerung um weitere 15 Tage bei ausreichender Begründung), wie sie heute für EU-Institutionen schon gilt, würde einen solchen zeitnahen Informationszugang sicherstellen.
Die nun vorgesehene Frist beträgt zunächst acht Wochen und ist nochmals um acht Wochen verlängerbar, wenn die Behörde länger für die Bearbeitung braucht. Diese vorgeschlagene Vorgehensweise ist im Zeitalter schnelllebiger Informationen und elektronischer Datenverarbeitung weder zeitgemäß noch bürgernah.
Einmal mehr unterstreicht das Forum Informationsfreiheit seine Forderung nach einem Informationsbeauftragten, um BürgerInnen bei der Durchsetzung ihres Rechts zu unterstützen, und Behörden bei der Umsetzung des Gesetzes zu beraten.
Auch hinsichtlich der Rechtsdurchsetzung ist der vorliegende Entwurf ein Rückschritt, da die momentan meist kostenlos erfolgte Erlassung eines Bescheides – also die rechtliche Begründung einer Informationsverweigerung – in Zukunft € 30 kosten soll.
In den kommenden Wochen wird das Forum Informationsfreiheit eine detaillierte Analyse des heute veröffentlichten Entwurfs für ein Informationsfreiheitsgesetz veröffentlichen.
Über das Forum Informationsfreiheit:
Das Forum Informationsfreiheit (FOI) ist die zentrale NGO in Österreich für das Recht auf Zugang zu Information und wurde mit dem Concordia-Preis für Pressefreiheit 2013 und dem Demokratiepreis 2014 der Margaretha Lupac-Stiftung des Österreichischen Parlaments ausgezeichnet. FOI ist die Trägerorganisation der Kampagne Transparenzgesetz.at, die von mehr als 10.000 Österreicherinnen und Österreichern unterstützt wird und der Auslöser dafür war, dass die österreichische Regierung die Abschaffung des Amtsgeheimnisses versprach.
Wir suchen interessierte Programmiererinnen und Programmierer, Designer und Designerinnen, die uns helfen, unser Projekt OffenesParlament.at zu finalisieren: eine Website, die die Arbeit des Parlaments darstellt, besser durchsuchbar und nachvollziehbar macht – und das alles nutzerfreundlicher aufbereitet, als es die Homepage des Parlaments bietet.
Einfache Mitmachmöglichkeiten haben wir als Code Bounties vorbereitet: für fehlende Features ist festgelegt, wie viel sie uns Wert sind – und zwar sowohl für die Erstellung oder Anpassung von Scrapern für Parlamentsdaten als auch für die Entwicklung des Frontends. Setzt Du ein Feature um, bekommst du diesen Betrag – wenn das ganze Teamarbeit ist, könnt ihr ihn euch natürlich teilen!
Seit unserem ersten Workshop im September ist schon einiges passiert – für Petitionen und Bürgerinitiativen suchen wir jetzt besonders Frontend-Programmierer* und Designer*, die helfen die Darstellung dieses Bereichs umzusetzen!
Alle Elemente und jeglicher Code des Projekts sind Open Source und werden auf GitHub veröffentlicht.
Wir freuen uns! Euer Team von OffenesParlament.at
PS: Wenn Du nicht dabei sein kannst, aber trotzdem gerne mitmachen möchtest, kontaktiere uns über office@informationsfreiheit.at – oder poste einfach unter der entsprechenden Code Bounty auf GitHub.
Einen dritten und letzten Hackday planen wir für Mitte Dezember. Mehr Infos dazu demnächst.
Diese Woche treffen sich in Mexiko Vertreter von Zivilgesellschaft und Verwaltung aus 66 Ländern zum Open Government Partnership Global Summit. Sie präsentieren und diskutieren dort Initiativen aus ihren Ländern, bei denen innovative Herangehensweisen und neue Technologien eingesetzt werden, um demokratische Prozesse, BürgerInnenbeteiligung und die Transparenz der Verwaltung zu verbessern. Österreich ist bei dem Treffen nicht vertreten – denn wir sind bislang nicht Mitglied derOpen Government Partnership(OGP).
(Update Nov. 2016: vor dem Jahrestreffen in Paris im Dezember 2016 gibt es bereits 70 Mitgliedsländer, weitere, darunter Deutschland, haben ihren Beitritt angekündigt).
OGP Mitgliedsländer, Stand Nov 2016
Erklärtes Ziel der OGP ist, die Qualität der Verwaltung und deren Leistungen für BürgerInnen durch mehr Offenheit, verbesserte Rechenschaftspflicht der Regierenden und eine stärkere Einbeziehung der BürgerInnen zu verbessern. Erreicht werden soll das durch einen Dialog zwischen Regierung, Verwaltung und Zivilgesellschaft, sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene.
Kern dieses Dialogs ist in jedem Mitgliedsland einnationaler Aktionsplan mit konkreten Reformschritten, den die Regierung und Zivilgesellschaft zusammen entwickeln. Dieser Plan wird dann innerhalb von zwei Jahren umgesetzt, dann kommt der nächste Aktionsplan. Sowohl Regierung als auch Zivilgesellschaft beobachten die erzielten Fortschritte, die dann auch auf internationaler Ebene diskutiert werden.
Bürgernahe Verwaltung: von anderen Ländern lernen
Eine Teilnahme am OGP würde Verwaltungsvertretern und Zivilgesellschaft ein Forum dafür bieten, sich über funktionierende, innovative Herangehensweisen und Mechanismen aus anderen Ländern zu informieren, und diese zu adaptieren. Man könnte sich mit Experten aus anderen Ländern auf Augenhöhe austauschen und aus den Fehlern der anderen lernen. Das Rad muss ja nicht ständig neu erfunden werden.
Derzeit gibt es einen engen Austausch der heimischen Verwaltung im Bereich Open Government mit Kollegen der anderen deutschsprachigen Länder im Rahmen der D-A-CH-LI-Kooperation. Doch viele innovative Lösungen für eine bürgernahe Verwaltung kommen derzeit etwa aus südamerikanischen Ländern, aus Osteuropa, dem Baltikum, und aus England.
Gemeinsam Reform-Plan entwickeln
Bisherige Fortschritte im Bereich Open Data in Österreich sind weitgehend auf das Engagement von einzelnenMitarbeiterInnen der beteiligten Stellen zurückzuführen – eine nationale Strategie für mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung gibt es bislang nicht.
Staatssekretärin Sonja Steßl hat angekündigt, dass 2016 eineRoadmap zum digitalen Wandel erarbeitet wird. Diese Roadmap soll jedoch viele, sehr breite Themenkomplexe umfassen: Begriffe wie “Industrie 4.0” und “Cloud-Working” sollen darin ebenso abgehandelt werden wie Bildung, Forschung und Infrastruktur, die Sicherung der Grundrechte, digitale Politik und Verwaltungsinnovationen.
Ein konkreter, auf einige Aspekte fokussierter OGP-Aktionsplan mit spezifischen Reformplänen würde in diesem Rahmen Sinn machen. Verwaltung und Zivilgesellschaft könnten gemeinsam Prioritäten erarbeiten, und diese dann gemeinsam verfolgen. Dafür bräuchte es natürlich auch die entsprechenden Ressourcen – und den politischen Mut, Reformen anzugehen und zuzulassen.
Mut zu echter Transparenz
In den vergangenen Jahren haben zahlreichen öffentliche Stellen in Österreich – in erster Linie Städte – damit begonnen, durch den gezielten Einsatz innovativer Technologie-Anwendungen die Verwaltung für die Bürger zu öffnen, etwa indem Daten als weiterverwendbare offene Datensätze viadata.gv.at veröffentlicht werden.
Doch diese Anstrengungen müssen weiter gehen: Österreich hinkt im internationalen Vergleich dort hinterher, wo es um die Transparenz von öffentlichen Mitteln geht. Dort, wo es um Informationen geht, deren Veröffentlichung möglicherweise politisch unangenehme Fragen aufwerfen könnte. Und dort, wo es um Prozesse und Dokumente geht, deren Offenheit BürgerInnen wirklich erlauben würde, amtliches Handeln besser nachzuvollziehen, und sich dadurch auch besser in Diskussionsprozesse einbringen zu können.
Um der OGP beitreten zu können, muss ein Land Transparenz-Mindeststandards in mehreren Bereichen erfüllen: Budgets müssen transparent sein, Grundrechte geschützt, und Nebeneinkommen von Politikern nachverfolgbar sein. Außerdem muss es einen gesetzlich geregelten Informationszugang für BürgerInnen geben. Auch wenn Österreichs Regelungen in mehreren dieser Bereiche nicht internationalen Standards entsprechen: OGP listet Österreichals qualifiziert, um beitreten zu können.
Das Forum Informationsfreiheit fordert daher:
Österreich soll der Open Government Partnership beitreten, die Regierung sollte ausreichende Ressourcen für damit verbundene Maßnahmen bereitstellen
In einem offenen Prozess mit breiter Beteiligung von BürgerInnen und zivilgesellschaftlichen Organisationen sollte ein nationaler Aktionsplan für Open Data, mehr Transparenz, und innovative Bürgerbetiligung erarbeitet werden
Mehr Verwaltungsinformationen- und Dokumente sollten automatisch und regemäßig als Open Data online veröffentlicht werden – insbesondere betreffend Budgets der öffentlichen Hand, Förderungen, Vergaben und Verträge. Zahlreiche internationale Beispiele zeigen, dass mehr Transparenz möglich ist, ohne dadurch schutzwürdige Interessen zu verletzen.
Intransparenz-Preis „Mauer des Schweigens“ für verweigerten Zugang von Journalisten zum Flüchtlingszentrum Traiskirchen – Platz 2 ex aequo an Land Burgenland und Wiener Stadtratbüro von Ulli Sima
Der heurige Internationale Right to Know Day steht auch bei der Verleihung des jährlichen Intransparenzpreises des Forum Informationsfreiheit im Zeichen der Menschenrechte.
Der heurige Amtsgeheimnis-Award 2015, „die Mauer des Schweigens 2015“, geht an das Bundesministerium für Inneres und seine Informationspolitik im Falle des Asyl-Erstaufnahmezentrum Traiskirchen. Journalisten hatten hier gerade in der heißen Phase der massiven Überbelegung über Wochen immer wieder versucht Zutritt zum Lager zu bekommen, um den ÖsterreicherInnen ein transparentes Bild der Lage zu vermitteln und etwaige Missstände zu dokumentieren. Das Innenministerium verweigerte jedoch mehrfach Zutritt. Eine Anfragebeantwortung über die Plattform FragDenStaat.at zeigt außerdem, dass das Innenministerium zwischen Mitte Februar und Ende Juni 2015 keinen dokumentierten Fall der Zutrittsmöglichkeit für JournalistInnen nennen kann. Erst nach der Anfrage einer Journalistin gemäß Auskunftspflichtgesetz wurden JournalistInnen eingelassen – dann jedoch unter sehr limitierten Bedingungen, wie die Anfrage zeigt. Der Fall wurde auch von „Reporter ohne Grenzen“ für den heurigen Intransparenz-Preis nominiert.
FOI-Generalsekretär Mathias Huter: „Der Journalismus erfüllt eine maßgebliche Watchdog-Funktion für unsere Gesellschaft. In diesem Fall wurde er über einen wesentlichen Zeitraum daran gehindert die Zustände in Traiskirchen den Österreicherinnen und Österreichern unabhängig zu dokumentieren.“
Die Jury begründete die Ihre Entscheidung unter anderem damit, dass „Flüchtlinge in Erstaufnahmestellen dem Handeln der dort agierenden Behörden und Firmen ausgeliefert sind – dies allein ist schon ein Grund für ein erhöhtes öffentliches Interesse am Zugang zu Informationen über diese Lager. Die (schon durch ihre Position im Lager eingeschränkte) Privatsphäre von Flüchtlingen gegen das Informationsinteresse von JournalistInnen – die ja den Staat kontrollieren sollten – auszuspielen, ist eine transparente Ausrede, um Intransparenz zu ermöglichen.“
Die Stimmen der Jury, die aus JournalistInnen und BürgerrechtlerInnen bestand, sorgten dafür, dass sich zwei weitere Preisträger den zweiten Platz ex aequo teilen: Die weiteren Preisträger sind das BÜRO VON UMWELTSTADTRÄTIN ULLI SIMA für die nachhaltige Weigerung von Auskunftserteilung zu einem von der Stadt über eine Tochterfirma betriebenes Tierheim. Und das DAS AMT DER BURGENLÄNDISCHEN LANDESREGIERUNG für die Weigerung die Kosten einer Burgenland-„Kurier“-Sonderbeilage kurz vor der Landtagswahl offenzulegen. (Details zu den Fällen siehe unten.)
In der folgenden Podiumsdiskussion betonten der ungarische Investigativ-Journalist András Pethő (direkt36.hu) skizzierte die Problemen bei den mangelnden Informationsfreiheitsrechten bei Recherchen in seinem Land, Marianne Schulze von der Liga für Menschenrechte kritisierte die Säumigkeit Österreichs in Bezug auf gesetzliche Informationsfreiheitsrechte.
Verleihung des österreichischen Amtsgeheimnis-Award: “Die Mauer des Schweigens” 2015
Das Forum Informationsfreiheit (FOI) vergibt den Österreichischen Amtsgeheimnis-Award: “Die Mauer des Schweigens“ 2015 – für besondere Verdienste um die Verweigerung amtlicher Antworten. Dies geschieht einmal jährlich anlässlich des Internationalen Right to Know Day 2015 am 28. September.
Nominiert sind Behörden die Bürgern Informationen vorenthalten, die eigentlich öffentlich zugänglich sein sollten. Dieser Intransparenz-Preis wird heuer bereits zum zweiten Mal vergeben und soll sichtbar machen, welche Behörden sich in welchen Fällen hinter dem Amtsgeheimnis und anderen Begründungen verschanzen, wenn des um Transparenz geht.
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PLATZ 1
BUNDESMINISTERIUM FÜR INNERES
für die wiederholte Weigerung JournalistInnen Zugang zur Asyl-Erstaufnahmestelle Traiskirchen zu gewähren
Erläuterung
Um ihre Watchdog-Funktion wahrnehmen zu können, fragten JournalistInnen beim Innenministerium mehrfach um Zugang zur – angeblich überfüllten – Erstaufnahmestelle Traiskirchen an, um sich vor Ort ein Bild der Lage machen zu können. Dies wurde vor allem in jener Zeit mehrfach abgelehnt, als es – wie Bilder von Flüchtlingen aus dem Lager zeigten – zu großen Missständen im Lager kam. Über lange Zeit wurde argumentiert, das würde die Privatsphäre der hier untergebrachten AsylwerberInnen verletzen und in jüngerer Vergangenheit – als die Erstaufnahmestelle überfüllt war und Menschen am Boden schlafen mussten -, das sei wegen der Überfüllung organisatorisch nicht möglich.
Flüchtlinge in Erstaufnahmestellen sind dem Handeln der dort agierenden Behörden und Firmen ausgeliefert – dies allein ist schon ein Grund für ein erhöhtes öffentliches Interesse am Zugang zu Informationen über diese Lager. Die (schon durch ihre Position im Lager eingeschränkte) Privatsphäre von Flüchtlingen gegen das Informationsinteresse von JournalistInnen – die ja den Staat kontrollieren sollten – auszuspielen, ist eine transparente Ausrede, um Intransparenz zu ermöglichen.
Journalisten berichten aus Gefängnissen, Hospizen, Obdachlosenheimen. Über Menschen “in schwierigen Lebenssituationen” zu schreiben, wie es das Innenministerium nennt, gehört zum Wesen des Journalismus. JournalistInnen hier prinzipiell fehlenden Respekt zu unterstellen, bedeutet: Die Sozialreportage an sich in Frage zu stellen. Da dies auch sonst – siehe die anfangs erwähnten Beispiele – nicht passiert, beschleicht einen der Verdacht, dass es hier andere Beweggründe als den Schutz der Privatsphäre gegeben hat.
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PLATZ 2
BÜRO VON UMWELTSTADTRÄTIN ULLI SIMA
für die nachhaltige Weigerung von Auskunftserteilung zu einem von der Stadt über eine Tochterfirma betriebenes Tierheim
Erläuterung
In Wien wurde öffentlich um Spenden für ein Tierheim geworben, das von einer Tochtergesellschaft der Stadt Wien betrieben wird. Antworten zu diesem Projekt sowie zur Verwendung des Geldes bleibt das zuständige Büro von Stadträtin Ulli Sima schuldig – und das trotz mehrfachen klaren Anfragemails und mehrfachen telefonischen Versuchen. Über Wochen hinweg.
Über Wochen und Monate hier eine Antwort zu verweigern zeugt davon, dass das Ressort seine Informationspflicht gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern eher als freiwillige Tätigkeit ansieht. Das Ressort Sima verdient den Preis für die buchstabengetreue Umsetzung des “Mauer des Schweigens”-Preises.
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PLATZ 2
DAS AMT DER BURGENLÄNDISCHEN LANDESREGIERUNG
für die Weigerung die Kosten einer Burgenland-„Kurier“-Sonderbeilage kurz vor der Landtagswahl offenzulegen
Erläuterung
Das Amt der Burgenländischen Landesregierung hat die Antwort nach den Kosten für die besagte Beilage verweigert. Seine Begründung: Man habe diese schon gemäß dem Medienkooperations- und -förderungs-Transparenzgesetz an die KommAustria gemeldet – was erstens gar nicht unbedingt stimmen muss, zweitens die Behörde gar nicht von ihrer Informationspflicht gegenüber dem Bürger entbinden würde – und drittens vom Bürger schon gar nicht nachvollzogen werden kann… Zu einer konkreten Zahl als Antwort auf seine Frage kommt er damit jedenfalls nicht.
Begründung der Jury
Ein Gesetz, das Transparenz in einen Teilbereich staatlichen Handelns bringen soll, zu zitieren, um detailliertere Auskünfte zu verweigern, ist kreativ. Besonders, wenn Rechnungshofberichte die Effektivität des Gesetzes schon mehrfach in Frage gestellt haben. Bürgerinnen und Bürger Und dafür lässt man sie auch noch selbst bezahlen. Wie viel das ist, will man natürlich geheim halten.
Am 28. September, dem Internationalen Tag der Informationsfreiheit (Right To Know Day) verleihen wir wie schon im Vorjahr die „Mauer des Schweigens”.
Diese Auszeichnung wurde vom Forum Informationsfreiheit (FOI) ins Leben gerufen, und wird Behörden für „besondere Bemühungen um die Verweigerung amtlicher Antworten“ verliehen. Der Award bezieht sich auf ganz konkrete Fälle, in denen BürgerInnen konkrete individuelle Auskünfte verweigert oder den ÖsterreicherInnen Informationen von öffentlichem Interesse vorenthalten werden.
Nominierungen
Über mehrere Wochen haben wir dazu eingeladen, Fälle von Auskunftsverweigerung für die “Mauer des Schweigens” zu nominieren. Mehr als 30 Einreichungen haben wir erhalten.
Unter den Nominierungen finden sich unter anderem:
Das Land Burgenland, für die Weigerung, Kosten einer Burgenland-Kurier-Sonderbeilage kurz vor der Landtagswahl offenzulegen
Das Bundesministerium für Inneres, für die Nichtbeantwortung einer parlamentarischen Anfrage nach genehmigten Waffenexporten wegen Datenschutzes des Erzeugers
Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW), der Umweltsenat Wien (jetzt: Landesverwaltungsgericht Wien), und das Landesverwaltungsgericht Kärnten, für die nachhaltige Weigerung, Pegelstände offenzulegen
Die Bezirksvorsteherin der Wiener Josefstadt, für die Argumentation, dass wegen dem Briefgeheimnis keine Auskunft zu einem Rechtsgutachten über die mögliche Unvereinbarkeit zwischen dem Berufsverbot für Bezirksvorsteher und einem Aufsichtsratsmandat gegeben werden kann
Das Bundesministerium für Inneres, für die Weigerung, Journalisten Zugang zur Asyl-Erstaufnahmestelle Traiskirchen zu erlauben
Das Büro der Wiener Stadträtin Ulli Sima, für mangelnde Auskunftserteilung zu einem von der Stadt über eine Tochterfirma betriebenen Tierheim
Das Bundesministerium für Finanzen, für die Auskunftsverweigerung zu von der Republik gewährten Exportkrediten an heimische Unternehmen
Die Österreichische Nationalbank, für die Verweigerung von Auskünften zu ihren Immobilienverkäufen
Der Niederösterreichische Musikschulbeirat, für mangelnde Transparenz bei Fördermittelvergaben
Das Bundesministerium für Inneres, für unzureichende Transparenz betreffend die Vereinbarungen mit ORS Service AG (Betreuungsvertrag Traiskirchen)
Jury und Auswahl
Aus den über 30 Nominierungen wählt eine aus BürgerrechtsaktivistInnen und JournalistInnen bestehende Jury besonders gravierende Fälle von Intransparenz.
Die Jury-Mitglieder haben unabhängig voneinander aus den Einreichungen ihre Top 5 Fälle ausgewählt. Für jeden ersten Platz erhält ein Fall 5 Punkte, für jeden zweiten Platz vier Punkte, usw. Die drei Fälle mit der höchsten Punktezahl werden mit der “Mauer des Schweigens” ausgezeichnet.
Verleihung
Die Verleihung findet am Montag, den 28.9.2015, im Presseclub Concordia statt. Beginn: 19:00. Das detailierte Programm der Veranstaltung finden Sie hier.
Warum dieser Preis?
Der Zugang zu Information ist ein Menschenrecht. Information ist die Grundlage der Demokratie und der sinnvollen Partizipation an politischen Prozessen. Am Tag der Informationsfreiheit werden international Zeichen für das Recht der Bürger auf Zugang zu den Informationen ihres Staates gesetzt.
Österreich eine der letzten Demokratien ohne etabliertes Recht auf Informationszugang – und wohl die einzige mit einem Amtsgeheimnis in der Verfassung. In einer Bewertung der Rechtslage zum Informationszugang findet sich Österreich seit Jahren unter 102 Ländern an letzter Stelle.
Das Forum Informationsfreiheit (FOI) ist die zentrale NGO in Österreich für das Recht auf Zugang zu Information und wurde mit dem Concordia-Preis für Pressefreiheit 2013 und dem Demokratiepreis 2014 der Margaretha Lupac-Stiftung des Österreichischen Parlaments ausgezeichnet.
Das Forum Informationsfreiheit ist die Trägerorganisation der Kampagne Transparenzgesetz.at, die von mehr als 10.000 Österreicherinnen und Österreichern unterstützt wird und der Auslöser dafür war, dass die österreichische Regierung die Abschaffung des Amtsgeheimnisses versprach.
Über die vom Forum Informationsfreiheit betriebene Webseite FragDenStaat.at können BürgerInnen unkompliziert und öffentlich Auskunftsbegehren an öffentliche Stellen richten.
Am Internationaler Tag der Informationsfreiheit laden wir vom Forum Informationsfreiheit auch heuer zur Verleihung der „Mauer des Schweigens“. Mit diesem Preis zeichnen wir Behörden für besondere Bemühungen um die Verweigerung amtlicher Antworten aus.
Montag, 28. September Presseklub Concordia, Bankgasse 8, 1010 Wien
18:30 – Einlass
19:00 – Beginn
In den vergangenen Wochen sind über 30 Nominierungen für die „Mauer des Schweigens 2015“ bei uns eingetroffen. Aus diesen Einreichungen wählt eine Jury von Transparenz-Experten, Bürgerrechts-Aktivisten und Journalisten nun herausragende Fälle von Auskunftsverweigerung. Alle Details zur Mauer des Schweigens 2015 haben wir hier zusammengefasst.
Es würde uns sehr freuen, wenn Sie bei der Verleihung dabei sind!
Zum Thema Transparenz diskutieren mit uns ab 19:30:
Marianne Schulze, Vorstandsmitglied der Österreichischen Liga für Menschenrechte über Informationsfreiheit und Transparenz im Menschenrechtskontext
András Pethő, Mitgründer und Senior Editor von Direct36.hu über Informationsfreiheit und investigativen Journalismus in Ungarn unter Orban (auf Englisch)
Davor verleihen wir die Mauer des Schweigens 2015.
Ende der Veranstaltung: Gegen 20:30
Wir bedanken uns sehr herzlich beim Presseclub Concordia für die Unterstützung bei dieser Veranstaltung!
— Dieser Beitrag wurde am 21.9. und am 24.9. aktualisiert —
OffenesParlament.at Hackday: Samstag, 12. September, 11:00 bis 16:00 Uhr im Sektor 5, Siebenbrunnengasse 44, 1050 Wien
Anmeldung bitte auf der Eventbrite-Seite oder an office@transparenzgesetz.at
Das Team hinter OffenesParlament.at hat die letzten Monate damit verbracht, Infrastruktur für einen besseren Zugang zu Daten über die Arbeit des Österreichischen Parlaments zu schaffen.
Jetzt kommst Du ins Spiel!
Wir suchen Programmiererinnen und Programmierer, Designer und Designerinnen, die uns helfen, unser Projekt zu finalisieren: eine Website, die die Arbeit des Parlaments darstellt, besser durchsuchbar und nachvollziehbar macht – und das alles nutzerfreundlicher als die Homepage des Parlaments.
Dafür haben wir Code Bounties vorbereitet: für alle fehlenden Features ist festgelegt, wie viel sie uns Wert sind – und zwar sowohl für die Erstellung oder Anpassung von Scrapern für Parlamentsdaten als auch für die Entwicklung des Frontends. Setzt Du ein Feature um, bekommst du diesen Betrag – wenn das ganze Teamarbeit ist, könnt ihr ihn euch natürlich teilen!
Beim OffenesParlament.at Hackday wird unser Team all jenen mit Rat und Tat zur Seite stehen, die uns dabei helfen wollen, die Daten des Parlaments zu öffnen und besser zu verpacken.
Die genauen Beträge und Bedingungen für den Hackathon findet ihr hier. Eure Hilfe brauchen wir beispielsweise beim Parsen und Darstellen von Parlamentarischen Anfragen, von Reden und bei einer nutzerfreundlichen Darstellung des Gesetzgebungsprozesses.
Alle Elemente und jeglicher Code des Projekts sind Open Source und werden auf GitHub veröffentlicht.
Wir freuen uns!
Euer Team von OffenesParlament.at
OffenesParlament.at ist ein Projekt des Forum Informationsfreiheit.
OffenesParlament.at wird durch die Internet Foundation Austria (IPA) / netidee.at gefördert und ermöglicht.
(Update 7.9.: Ursprünglich hatten wir eine Seite für die Veranstaltung auf Meetup.com angelegt. Nachdem Meetup unsere Veranstaltung gelöscht hat sind wir auf Eventbrite ausgewichen. Update 9.9.: wir haben das Dokument mit Details zu den Code Bounties verlinkt.)
Letztes Jahr haben wir erstmals zum internationalen Right to Know Day – dem weltweiten Tag des Bürgerrechts auf Informationszugang – einen Negativpreis für intransparentes Behördenverhalten vergeben.
Auch dieses Jahr wollen wir die “Mauer des Schweigens” verleihen, und zwar wieder am internationalen Right to Know Day, dem 28. September.
Dafür brauchen wir Kandidaten – Behörden, die euch Informationen verweigert haben.
Reicht eure Vorschläge bitte über dieses Formular ein.
Alternativ könnt ihr Nominierungen bis 14. September an office@informationsfreiheit.at(Betreff: Nominierung Mauer des Schweigens) schicken.
Mit der Beschwerde unseres Vize-Präsidenten Markus Hametner haben damit nun das Wirtschaftsministerium dazu gebracht die Liste der Gegengeschäfte zu veröffentlichen! (Zu finden unter diesem Link.) Eine Liste, die das Ministerium seit 12 Jahren(!) unter Verschluss hielt. Dass die Informationen auf dem Stand von 2012 sind ist ein Wermutstropfen, dem wir ebenfalls noch begegnen werden…
Wir freuen uns riesig darüber.
Causa Eurofighter-Gegengeschäfte
Von vorne: Im Februar 2013 stellten wir beim Launch von FragDenStaat.at eine Anfrage nach der Liste der Eurofighter-Gegengeschäfte. Diese wurde uns vom Wirtschaftsministerium verweigert. Begründung: die Liste sei kein “gesichertes Wissen” (weil noch nicht endgültig), außerdem ermittle gerade die Staatsanwaltschaft. Wir hielten die Begründung für juristisch höchst fragwürdig und legten dagegen am 24. Oktober 2013 Beschwerde ein.
“Dass dem Minister keine abschließende Liste von Unternehmen mit anerkannten Gegengeschäften vorliege, ist keine nachvollziehbare Begründung, um die Auskunft über die bereits anerkannten Gegengeschäfte zu verweigern. Der pauschale Hinweis auf nicht näher bezeichnete “laufende Verfahren” und Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zeigt nicht, inwiefern die bloße Nennung der Unternehmen geeignet wäre, diese Verfahren zu beeinträchtigen. Schließlich war auch die erforderliche Abwägung zwischen den Interessen der von der Auskunftserteilung betroffenen Unternehmen einerseits und dem Informationsinteresse des Beschwerdeführers andererseits nicht durchgeführt worden.”
Wirtschaftsminister und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) musste auf den Erfolg des Forum Informationsfreiheit (FOI) reagieren und kündigte nach dem Ministerrat am 23. Juni an, die Gegengeschäfts-Liste veröffentlichen zu wollen (seine Reaktion ist in diesem Video zu sehen). Die Liste der Gegengeschäfte wurde am 25. Juni online veröffentlicht.
In der gleichen Antwort behauptete Mitterlehner allerdings auch, durch die rechtswidrige Auskunftsverweigerung seines Ministeriums sei kein Schaden entstanden.
Das sehen wir anders: zum Beispiel konnte im letzten Nationalratswahlkampf Frank Stronach behaupten, dass seine Firma Magna keine Gegengeschäfte erhalten hätte – was sich anhand der Liste leicht widerlegen lässt. Dass NEWS vor wenigen Monaten die Liste aus anderer Quelle veröffentlichte ändert nichts daran: durch die Verschleppung wurde verhindert, dass sich Bürger und Bürgerinnen ausreichend über eine Causa informieren können, die jetzt schon 12 Jahre lang regelmäßig in die Medien findet.
Ein weiteres Verfahren, das wir in der Causa Eurofighter eingeleitet haben, ist allerdings noch offen: die Begründung der Informationsverweigerung baute auch darauf auf, dass in den Verträgen “grundsätzlich Vertraulichkeit vereinbart” wäre. Die Information, wie diese Vereinbarung denn formuliert sei, bleibt uns das Wirtschaftsministerium bis heute schuldig. Unsere Beschwerde darüber wurde am 17. Juni 2014 eingebracht und liegt beim Bundesverwaltungsgericht.
Die Parlamentarier im Hypo-Untersuchungsausschuss sind derzeit in einer ungewohnten Rolle: Sie sind Bittsteller bei Behörden. Nun wollen sie ein Zwei-Klassen-System: einen Beauftragten, der ihnen hilft – nicht aber dem Bürger. Jetzt bekommen auch die Abgeordneten die Restriktionen zu spüren.
Tausende Schwärzungen auf tausenden Seiten: Mit dem, was Ministerien dem Hypo-Untersuchungsausschuss an Dokumenten geliefert hatten, zensurierten sie nicht gerade zimperlich Informationen vor den Abgeordneten. Es stellt sich die Frage: Mit Recht?
Den Parlamentsabgeordneten geht es nun so wie einfachen Bürgern. Egal, wofür man Information braucht – ob als Mitglied einer Bürgerinitiative, die sonst nicht weiterarbeiten kann, ob als Journalistin, die eine wichtige Story nicht ordentlich recherchieren kann: Wenn die Behörde entscheidet, Informationen geheimzuhalten, ist das einfach so. Doch wer kann kontrollieren, ob Geheimhaltung der Behörde zu Recht erfolgt?
Seit zwei Jahren verspricht die Regierung, der Forderung nach Abschaffung des Amtsgeheimnisses und einem echten Informationsfreiheitsgesetz nachzukommen. Der zuständige SPÖ-Minister, Josef Ostermayer, besteht aber darauf, dass bei Auskunftsverweigerung Bürger ihr Recht auf Wissen bei den Verwaltungsgerichten einklagen sollen. Die Abgeordneten müssten also das in die Verfassung schreiben, was im U-Ausschuss nun Probleme bereitet: das Recht auf Information nur durch den langwierigen Gang vor Gericht durchzusetzen.
Das Problem im Untersuchungsausschuss ist damit die beste Nagelprobe für das von der Regierung geplante System: Also liebe Abgeordnete: Klagt doch! Setzt euer Recht auf Akteneinsicht so durch, wie ihr es künftig den Bürgern dieses Landes zumuten wollt. Geht vor Gericht und lasst jedes Dokument, jede Schwärzung prüfen. So wie das nach euren Vorstellungen auch jeder Bürger tun muss. Ihr habt es sogar leichter: Denn ihr dürft die Überholspur direkt zum Verfassungsgerichtshof nehmen. Die Bürger müssen erst einmal zum Landesverwaltungsgericht. Eine endgültige Entscheidung kostet euch nur Wochen (und keinen Cent), den Bürger aber Monate oder Jahre (und sein eigenes Geld für Anwälte, Gutachten etc.).
Auch eure Erfolgsaussichten sind größer: Für Bürger bedeutet ein Urteil gegen Schwärzung noch nicht, die gewünschte Information auch tatsächlich zu bekommen. Neun(!) Jahre kämpfte sich ein Verein mit tausenden Euro Verfahrenskosten durch alle Instanzen. Am Ende verurteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Tiroler Landesbehörde dazu, die verweigerten Informationen herauszurücken. Das ist bis heute nicht geschehen.
Wenn Abgeordnete von SPÖ und ÖVP nun vorschlagen, die Anliegen der Parlamentarier von einem Ermittlungsbeauftragter statt von einem Gericht prüfen zu lassen, würde das ein Zweiklassensystem bedeuten. Denn gerade diesen „Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit“ lehnt die Regierung seit zwei Jahren vehement ab. Diese Kontrollinstanz aber ist Standard in zig Ländern. Sie wägt zwischen Datenschutz und Informationsfreiheit ab, entscheidet schnell, unbürokratisch und unabhängig, ob Schwärzungen gerechtfertigt sind oder das Recht der Bürger auf Wahrheit überwiegt.
Wenn die Abgeordneten einen solchen Beauftragten für die Bürger nicht wollen, sollen sie auch selbst keinen in Anspruch nehmen können. Wenn aber doch, sollte ein solcher Beauftragter für ganz Österreich eingeführt werden, damit er allen Bürgern zugutekommt. Diese zahlen das Ganze ja auch – und für so eine Kontrollinstanz tun sie es sicher sogar gern.
Mathias Huter (31) und Josef Barth (39) führen das Forum Informationsfreiheit (FOI). Für die Kampagne Transparenzgesetz.at, die die Abschaffung des Amtsgeheimnisses und ein Bürgerrecht auf Information forderte, wurden sie mit dem Concordia-Preis für Pressefreiheit und dem Demokratie-Preis des Österreichischen Parlaments ausgezeichnet.
Wien, 13. April 2015 – Das Forum Informationsfreiheit (FOI) fordert mehr Transparenz rund um den parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Hypo-Affäre. Die Geheimhaltung von in den Ausschuss geladenen Auskunftspersonen und die damit verbundene Einschränkung der Medien, über die Arbeit des Ausschusses zu berichten, untergräbt die Rolle des Parlaments als bürgerInnennahe Kontrollinstitution.
“Das Parlament muss sicherstellen, dass der neue U-Ausschuss ein Instrument der Aufklärung, und nicht ein Instrument der Verschleierung wird”, sagt der Generalsekretär des Forum Informationsfreiheit, Mathias Huter.
Das FOI – das vor wenigen Wochen just erst von Nationalratspräsidentin Doris Bures mit dem Demokratiepreis des österreichischen Parlaments ausgezeichnet worden war – hat bereits vor Einführung der neuen Regelungen davor gewarnt, dass das Parlament durch seine sogenannte Informationsordnung (vormals Geheimschutzordnung) den Österreicherinnen und Österreichern wesentliche Informationen vorenthalten könnte, die aber von öffentlichem Interesse sind, und jeden Bürger und jede Bürgerin etwas angehen.
Mehr Offenheit
Der Untersuchungsausschuss könnte endlich mehr Licht in die Hypo-Affäre bringen, die den ÖsterreicherInnen bereits viele Milliarden an Steuergeldern kostet hat. Diese Chance muss genützt werden.
“Wegen des überwiegenden öffentlichen Interesses an weiterer Aufklärung sind Beschränkungen kaum zu rechtfertigen”, sagt Huter. “Politisch unangenehme Fragen verhindern zu wollen ist kein ausreichender Grund, Details zum Ausschuss geheim zu halten.”
Bereits in den vergangenen Monaten hat das Forum Informationsfreiheit mehr Offenheit vom Parlament eingefordert. Das österreichische Parlament gehört zu den wenigen in Europa, in dem Ausschusssitzungen weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden und etwa auch bei namentlichen Abstimmungen keine auf Abgeordnete heruntergebrochenen Abstimmungsergebnisse veröffentlicht werden.
Forum Informationsfreiheit (FOI) und Transparenzgesetz.at
Das Forum Informationsfreiheit (FOI) ist die erste österreichische Bürgerrechtsorganisation, die sich speziell dem Recht auf Information verschrieben hat. Ihre Kampagne Transparenzgesetz.at wurde von mehr als 10.000 Menschen unterstützt und führte zur Diskussion über die Änderung des Amtsgeheimnisses. Dafür wurde sie mit dem Concordia-Preis für Pressefreiheit und dem Demokratiepreis des österreichischen Parlaments ausgezeichnet.